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Pseud­onym bit­te! (Nach­trag)

Lie­ber Herr Brandt,

Als klei­ner Nach­trag, zu dem Sie sich ger­ne äußern kön­nen. Die Kom­men­ta­re sind freigegeben. 

Unse­re »Auf­fas­sun­gen« gehen nicht nur in Sachen Lek­to­rat »doch sehr« aus­ein­an­der, son­dern auch in Sachen Spra­che. Sie spre­chen von »Zusam­menarbeit«, oben­drein noch von einer »guten«. Auf wel­chem Pla­ne­ten, um mich mal selbst zu zitie­ren, könn­te man das, was sich da in die­sem Jahr abge­spielt hat, als »Zusam­men­ar­beit« bezeichnen?

Hier ist viel­mehr ein nun fast 25-jäh­ri­ger Alp­traum wahr gewor­den: Dass die Ände­run­gen, die man mir ver­lags­sei­tig in die Arbeit prak­ti­ziert, an mir vor­bei unter mei­nem Namen in die Dru­cke­rei gehen.

Der Sach­ver­halt ist, so schlicht als mög­lich, folgender:

Ich habe im Fal­le des Slash ein pro­fes­sio­nell in drei Durch­gän­gen über­setztes und kor­ri­gier­tes Manu­skript abge­lie­fert. Die­ses hät­te als Manu­skript »mit fri­schem Auge« gele­sen und – wie sich das bei Manu­skrip­ten gehört – dort, wo es ange­zeigt gewe­sen wäre, kor­ri­giert bzw. am Rand mit Ände­rungs­vor­schlä­gen ver­se­hen gehört.

Mit die­sen Kor­rek­tur­vor­schlä­gen hät­te das Ms. wie­der an mich zurück­ge­hen sol­len. Ich hät­te ein­ge­ar­bei­tet, was immer mir sinn­voll erschie­nen wäre. Sie hät­ten das Ergeb­nis set­zen las­sen und mir dann Fah­nen bzw. Umbruch zurück­schi­cken sollen.
Nach mei­ner aber­ma­li­gen Durch­sicht hät­te das Ms. noch an einen spe­zia­li­sier­ten Kor­rek­tor gehen müs­sen, der das Gan­ze noch ein­mal auf Recht­schreib- und Satz­feh­ler durchsucht.
Dann erst hät­te man damit in die Dru­cke­rei gehen können.

Das wäre eine Zusam­men­ar­beit gewe­sen. Was ist nun tat­säch­lich passiert?

Ich lie­fe­re das Manu­skript in besag­tem Zustand ab – und höre nichts mehr davon. Irgend­wann bekom­me ich zwei Beleg­ex­em­pla­re, die ich nach fünf Minu­ten Dau­men­ki­no in die Müll­ton­ne wer­fe. Der gedruck­te Text hat mit dem, was ich abge­lie­fert habe, näm­lich nicht das Gerings­te zu tun.

Zusam­men­ar­beit?

Sie müs­sen doch von allen guten Geis­tern ver­las­sen sein! Ich hat­te ja noch nicht ein­mal Gele­gen­heit wenigs­tens kor­ri­gie­rend gegen­zu­steu­ern bzw. das Hand­tuch wer­fend ein­fach auf einem Pseud­onym zu bestehen.

Zusam­men­ar­beit?

Allein die Tat­sa­che, dass ich kei­ner­lei Kon­takt mit dem Redak­teur hat­te, ja noch nicht ein­mal des­sen Namen ken­ne. Ich weiß über die­se Per­son jetzt noch nicht mehr, als dass sie für eine so kom­ple­xe Arbeit wie die Redak­ti­on eines Manu­skripts nicht qua­li­fi­ziert ist.

Sie haben es da mit jeman­dem zu tun, der – un­re­flektiert ver­steht sich, denn Gedan­ken über das Über­set­zen hat sich so jemand nie gemacht – nach der Maß­ga­be arbei­tet, dass man einer Über­set­zung nicht nur anse­hen muss, dass es sich um eine sol­che han­delt, son­dern dass das Räder­werk einer Über­set­zung selbst noch für den letz­ten Analpha­be­ten durch­schau­bar sein muss.

Eine pro­fes­sio­nel­le Überset­zung muss aber zwangs­läu­fig über den Hori­zont des Ama­teurs hinaus­gehen – man braucht sich bloß den Unter­schied zwi­schen der Schwalben­schwanzverbindung eines gelern­ten Tisch­lers und den mit Nägeln zusam­men­gerammelten Bret­tern des Ama­teur­re­gal­bau­ers vor Augen zu füh­ren.  Oder noch deut­li­cher: Ich könn­te Ihnen ver­mut­lich auch den Blind­darm her­aus­neh­men; die Fra­ge ist nur, ob Sie die Ope­ra­ti­on über­le­ben. (Mei­ne Über­set­zung ist unter den inkom­pe­ten­ten Fin­gern des von Ihnen bestall­ten Schmier­fin­ken einen qual­vol­len Tod gestor­ben!) Jede pro­fes­sio­nel­le Arbeit, soll sie nicht schlud­rig aus­fal­len, hat sich von der eines Ama­teurs zu unterscheiden.

(Rein rhe­to­risch: Schi­cken Sie mir doch eine Lis­te mit zwei, drei Dut­zend von Ihnen bzw. Ihrem Redak­teur besorg­ten Über­set­zun­gen. Nicht Redak­tio­nen! Eige­ne Über­set­zun­gen! Ich sehe mir gern eine davon an. Und falls Sie das nicht kön­nen, sind Sie bei­de — völ­lig wert­frei — eben kei­ne Über­set­zer. Trotz­dem wol­len Sie es um die­ses “doch sehr” bes­ser wis­sen? I don’t think so.  Der Pro­fi hat sich eben jene hilf­lo­sen Lösun­gen abge­wöhnt, mit denen der Pen­nä­ler dem Leh­rer zu zei­gen hat, dass er auch ja jedes Wort ver­stan­den & nichts über­se­hen hat, die jedoch weit ent­fernt sind von der Maß­ga­be allen Über­set­zens, eine dem Anspruch des Aus­gangs­tex­tes ent­spre­chen­de Über­tra­gung anzufertigen.)

Das Gan­ze gepaart mit der gera­de­zu phan­tas­ti­schen (aber nicht weni­ger reflek­tier­ten) Wahn­vor­stel­lung, ganz selbst­ver­ständ­lich mit der Mut­ter­milch auf­gesogen zu haben, was ein ande­rer sich in einem vier­zig­jäh­ri­gen Lern­pro­zess ange­eig­net hat. (Nach dem Para­dig­ma: Ich habe zwei Bei­ne, die mich zum Ein­kau­fen tra­gen; was soll­te mir da ein Pro­fi­läu­fer übers Lau­fen erzählen?)

Das wie­der­um mul­ti­pli­ziert mit einer noch phantas­ti­scheren Schlam­pig­keit, Fol­ge des Irr­glau­bens, am Bild­schirm – direkt am Text! – kor­ri­gie­ren zu kön­nen! Ich dru­cke mei­ne Tex­te nicht nur seiten‑, son­dern para­gra­phen­wei­se aus! Lese sie mit Line­al. Laut! Arbei­te etwa­ige Ände­run­gen auf Papier ein! Dann erst in den elek­tro­ni­schen Text! Dru­cke den Para­gra­phen noch mal aus. Lese sie mit Line­al. Laut! Das geht so lan­ge, bis ich kei­ne Feh­ler mehr fin­de. (Was nicht bedeu­tet, dass der Text kei­ne mehr ent­hal­ten kann. Hier schlägt die ein­set­zen­de Betriebs­blind­heit zu Buche. Ihret­wegen gibt es ein Lek­to­rat. Ihret­we­gen spricht man vom »fri­schen Auge«.)
Die »Metho­de«, Ände­run­gen direkt am Bild­schirm vor­zu­neh­men und nicht zuerst mit dem Stift auf Papier, begüngs­tigt nicht nur neue Recht­schreib­feh­ler, son­dern dar­über hin­aus auch noch ver­se­hent­li­che Löschun­gen bzw. Dou­blet­ten. (Ich fin­de in Umbrü­chen immer wie­der feh­len­de Neben­sät­ze, ja feh­len­de Absät­ze, die sehr wohl im Manu­skript ste­hen. Ich habe schon andert­halb Kapi­tel dop­pelt im Um­bruch gefunden!)

Dazu kommt, dass eine Redak­ti­on, die schon vom Umfang her einer völ­li­gen Über­ar­bei­tung gleich­kommt und damit prak­tisch eine Neu­über­set­zung dar­stellt, doch – das ist doch nur logisch – wie­der­um des Lek­to­rats bedürf­te. Der Pro­zess wür­de güns­tigs­ten­falls zur Matrosch­ka gera­ten, deren letz­tes klei­nes Püpp­chen wenigs­tens noch ein ver­tret­ba­rer Text wäre. Aber nein, Sie dru­cken die­se Neu­über­set­zung, offen­sichtlich unbe­se­hen, denn kein pro­fes­sio­nel­ler Kor­rek­tor hät­te so etwas lesen kön­nen, ohne sofort Laut zu geben.

Feh­ler sind im Eifer des Gefechts nie aus­zu­schlie­ßen. Des­halb ja die­ser lang­wie­ri­ge Pro­zess, bei dem alle Betei­lig­ten an einem Strang zie­hen soll­ten. (Man bekam frü­her mal grund­sätzlich das redi­gier­te Manu­skript, dann Fah­nen, dann ein, zwei Umbrü­che. Und die gin­gen dar­über hin­aus noch durch ein Kor­rek­to­rat. Was heißt frü­her? Ich hat­te das die­sen Herbst erst wie­der bei mei­ner Emi­nem-Über­set­zung. Ori­gi­nal­ton des dor­ti­gen Lek­tors übri­gens: “Ihre Über­set­zung ist abso­lut klas­se!” Aber viel­leicht ist das eben auch ein “rich­ti­ger” Ver­lag.)

Ich mache – im Eifer des Gefechts, wie Die­ter E. Zim­mer ein­mal schrieb – selbst­ver­ständ­lich Feh­ler wie jeder ande­re auch, die ich jedoch größ­ten­teils bis zum Liefer­termin auch selbst fin­de. Mit Sicher­heit jedoch brau­che ich kei­nen Dol­met­scher, der ein so kom­ple­xes Geflecht wie das einer profes­sionellen Über­set­zung Satz für Satz mit dem klo­bi­gen Fäus­tel der ihm zu Gebo­te ste­hen­den phy­si­schen wie geis­ti­gen Werk­zeuge sei­ner bes­ten­falls rudi­men­tär aus­ge­bil­de­ten Vor­stel­­lung von Spra­che und Über­setzen entgegen­zu­dengeln versucht.

Die Ver­ant­wor­tung für das, was gedruckt wird, trägt immer der Ver­lag. Selbst wenn die dreis­te Behaup­tung von einer Zusam­men­ar­beit der Wahr­heit ent­sprä­che (es han­delt sich um eine kom­plet­te Über­ar­bei­tung ohne mein Zutun!), so hät­te der Ver­lag dafür Sor­ge zu tra­gen gehabt, das Resul­tat die­ser Zusam­men­ar­beit zu korrigieren.

Stellt aber die­se Fas­sung eine Kor­rek­tur dar?

Wenn die­se Fas­sung eine ver­bes­ser­te Fas­sung der mei­nen ist, dann hat der Redak­teur aber gründ­lich versagt.

Nein, umge­kehrt näm­lich wird ein Schuh draus: Wem immer deart vie­le Feh­ler durch die Lap­pen gehen, der schreibt sie schlicht selbst hin­ein. Und sieht sie dann nicht. Im Gegen­satz zum Profi.

Rein rhe­to­risch: Wie wär’s mit einer Ban­de­ro­le? »Ver­bes­sert von Mar­ten Brandt«. Aber das wür­de natür­lich ein Min­dest­maß an Anstand voraus­setzen. Und dass Sie den auf Ihrem Pla­ne­ten — eben­so wie »Lek­to­rat«, »gute Zusam­men­ar­beit« & Sprach­ge­fühl — anders defi­nie­ren, habe ich das gan­ze Jahr über zu spü­ren bekom­men. Bis hin zu der Auf­for­de­rung, Ihnen den Ham­mer of the Gods »zurück­zu­schi­cken«, den ich mir selbst gekauft hat­te. »Zurück­schi­cken«, lie­ber Herr Brandt, setzt vor­aus, dass einem jemand über­haupt erst ein­mal etwas geschickt hat.

(Nicht nur haben Sie mir das – eigent­lich im Ver­trag ver­an­ker­te – Über­set­zungs­exem­plar nie geschickt, Sie haben es über­haupt ver­säumt, sich kun­dig zu machen, was denn da nun eigent­lich zu über­set­zen war! Dass es zwi­schen ers­ter tele­fo­ni­scher Auf­trags­ver­ga­be im Janu­ar und Ver­trags­ab­schluss am Lie­fer­ter­min eine vom Autor über­ar­bei­te­te Neu­auf­la­ge gab, hät­ten Sie noch nicht ein­mal gemerkt, hät­te ich Ihnen mein eige­nes Exem­plar tat­säch­lich geschickt. Und auch hier haben Sie die Chuz­pe, das Ver­se­hen mir unter­schie­ben zu wol­len… Aber jetzt begin­ne ich mich selbst zu langweilen.)

Aber ste­hen Sie bit­te zu Ihrer umfas­sen­den Über­ar­bei­tung sowohl des Slash als auch des Ham­mer of the Gods. Zu Ihrem End­sieg über mei­ne Über­tra­gung­wie auch über das Ori­gi­nal. Sagen Sie den Leu­ten, dass das, was in die­sen Büchern steht, nicht von mir ist. Ich mei­ne, wenn es schon um die­ses gewich­ti­ge “doch sehr” bes­ser ist als mein Manuskript…

(Soll­te etwas nicht den Tat­sa­chen ent­spre­chen, Herr Brandt, Sie dür­fen das hier ger­ne sagen. Ich bit­te Sie sogar dar­um. Und wer­fen Sie noch mal einen Blick in “Der Lek­tor sieht das eben anders”: Nach­dem Sie näm­lich bis­her jeder mei­ner dor­ti­gen Aus­füh­run­gen ent­spro­chen haben, wer­den Sie jetzt auch noch den letz­ten Schritt tun: Sich einen Über­set­zer suchen, den Sie tat­säch­lich kor­ri­gie­ren kön­nen. So dass Ihre “Kor­rek­tu­ren” denn tat­säch­lich eine Ver­bes­se­rung darstellen.) 

Lesen Sie dazu auch hier & hier.

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