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Schnod­der, Schnud­der Schnud­del & Schnull – Rotz ohne Ende

Nach­dem ich mich neu­lich hier bereits mit aller­hand »Schnod­der« beschäf­tigt habe, möch­te ich heu­te in einem zwei­ten Kapi­tel noch eini­ge, Par­don, Fäden – um nicht zu sagen, »Rotz­glo­cken«, wie sie in Bay­ern hei­ßen – auf­drö­seln, die noch so hän­gen geblie­ben sind. Passt ja auch zu dem früh­zei­ti­gen, feuch­ten Herbstanfang.

Letz­tes Mal ging’s um Schnod­der / Schnud­der, heu­te soll’s denn um Schnu­del / Schnud­del gehen. (Und da hält man den Japa­nern vor, sie könn­ten »r« und »l« nicht aus­ein­an­der halten!) 

Die Wur­zeln sind die­sel­ben. Wenn ich mal Köbler’s Alt­deut­sches Wör­ter­buch zitie­ren darf:

 

snū­derõ­ta 1, ahd., st. F. (æ): nhd. Schleim­fluss, Katarrh; ne. catarrh; ÜG.: lat. catar­r­hus Gl; Q.: Gl (12. Jh.); I.: Lsch. lat. catar­r­hus?; E.: s. snū­den; s. germ. *snuþæ‑, *snuþæn, *snuþa‑, *snuþan, Sb., Schnup­fen; vgl. idg. *snõ‑, *sný‑, *snõu‑, *sneu‑, V., Sb., flie­ßen, Feuch­tig­keit, Pokor­ny 971

Und noch mal, zur Erin­ne­rung, Lexers Mit­tel­hoch­deut­sches Hand­wör­ter­buch:

snu­der stm. (Arti­kel im BMZ II2. 453a) catar­r­hus, fleg­ma, mucus, poli­pus, reu­ma, screa, screa­tus: snu­der, schnu­der, schno­der DFG. 106b. 239b. 369c. 445a. 497b. 520c. vgl. KWB. 224 u. snu­del; snu­der stf. katarrh. wer hât die schnu­der, der sol wênig eჳჳen etc. SCHM. Fr. 2,573;

Aber uns inter­es­siert natür­lich eher die Neu­zeit. Also gucken wir mal in den Grimm der unter »Schnuddel‑, Schnud­der-« auf »Schnu­del« ver­weist. Dort fin­den wir u.a. folgendes: 

schnu­del, der rotz, als hes­sisch und frän­kisch bei CAMPE ver­zeich­net; das wort ist aber wei­ter ver­brei­tet, die for­men schwan­ken; s. über den ety­mo­lo­gi­schen zusam­men­hang oben unter schnau­den sp. 1205. mhd. snu­del LEXER mhd. hand­wör­terb. 2, 1043. schno­der, schnu­der, schnu­del KRAMER deutsch-ita­li­en. dict. (1702) 2, 634a. schnū­del VILMAR 365 (dane­ben häu­fi­ger schnut­tel, schnud­del); schnu­del, schnud­del, schnurl, schnull KEHREIN 364, schnud­del SCHMIDT 205, schnu­del ALBRECHT 205b (hier auch von andern unsau­ber­kei­ten, beson­ders wenn sie beim essen vor­kom­men), schnu­del SCHÖPF …

Ein Blick in das Pfäl­zi­sche Wör­ter­buch von Christ­mann & Krä­mer bringt folgendes:

Schnu­del m. (f.): 1. ‘Nasen­schleim’, Schnud­del (šnu­dəl) [IB-Ensh (GLASS 107)]; vgl. Butz 2 7 a; Syn. s. Rotzbollen.

Prak­tisch das­sel­be bie­tet das Rhei­ni­sche Wör­ter­buch von Mül­ler, Ditt­mai­er, Schüt­zei­chel und Zen­der:

Schnu­del 1. ‘Nasen­schleim’, Schnud­del (šnu­dəl) [IB-Ensh (Glass 107)]; vgl. Butz …

Das Elsäs­si­sche Wör­ter­buch von Mar­tin und Lien­hart bie­tet unter Schnu­del als ers­te Bedeutungen:

Schnu­del [ ̜Snùtl U. W.] m. (f. Geisp. Avolsh.) 1. Nasen­schleim, Rotz. Butz dini S.! Geisp. Du hest e S. wie e Wëlsch­hahn Lobs. … 2. schlei­mi­ge Mas­se in der Nuss, ehe der Kern sich ent­wi­ckelt. In denen Nus­sen ist noch S.

Foll­manns Loth­rin­gi­sches Wör­ter­buch von 1909 unter­schei­det sich kaum von den ande­ren Quellen:

 

Schnu­del [šnù­dəl fast allg.; šnú­dəl D. Si.] m. u. f.
1. Nasen­schleim. –
2. Rotz. –
3. schlei­mi­ge Mas­se in der Nuß, ehe der Kern sich ent­wi­ckelt. Das Wort hängt mit Schnud, Schnû­te Nase u. Maul der Tie­re zusam­men. – bai­er. 2, 573 Schnu­der, Schnu­del; els. 2, 494 u. lux. 393 Schnu­del; hess. 365 Schnutz, Schnûdel.

Ich den­ke mal, das genügt, was Schnud­del / Schnu­del sowie Schnud­der / Schnod­der in der Bedeu­tung Nasen­schleim anbe­langt. Zu erwäh­nen wäre hier noch, dass es zu allen die­sen Wör­tern neben abge­lei­te­ten Sub­stan­ti­ven auch ent­spre­chen­de Adjek­ti­ve und Ver­ben gibt, auf die wir ein ander­mal ein­ge­hen kön­nen. Weit­aus inter­es­san­ter schei­nen mir übri­gens nach soviel Rotz all die Kon­no­ta­tio­nen, die man land­läu­fig damit so ver­knüpft, von »frech«, »dreist« und »nase­weis« über »grün«, »unreif« bis hin zu »schlam­pig«.

Beson­ders wit­zig fin­de ich aber eini­ge der Dut­zen­den von Kom­po­si­ta, von der sich natür­lich anbie­ten­den »Schnu­del­na­se« über den »Schnu­del­bu«, der bei uns ein »Rotz­bub« ist, den »Schnud­del­lap­pen« (Taschen­tuch bzw. viel her­um­lau­fen­des Mäd­chen) und die herr­li­che »Schnud­del­rut­sche« (Mund­har­mo­ni­ka) bis hin zum »Schnu­del­gin­kel«, den Trut­hahn, da »Fleisch­lap­pen am Hal­se des Trut­hahns« eine der vie­len ande­ren Bedeu­tun­gen des Schnu­dels ist.

Der ers­te Arti­kel zu »Schnod­der« befin­det sich hier.

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