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Hip­hop ist tot – es lebe der Hiphopreneur!

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»Hip­hop ist tot. Ist mir egal, was ande­re sagen, aber Hip­hop liegt in den letz­ten Zügen.« Die­ser Satz fiel mir ges­tern auf, nicht zuletzt weil man ihn so oder so ähn­lich seit über zwan­zig Jah­ren immer wie­der mal liest. Kaum ein Gen­re dürf­te man so oft tot­ge­sagt haben wie Hip­hop. Es gehe im Hip­hop, so lese ich da, nicht mehr um Spaß und Krea­ti­vi­tät; jeder möch­te im Gefol­ge von NWA und Geto Boys Gangs­ta sein. Aber was, so heißt es wei­ter, haben die Leu­te wirk­lich erreicht? Eini­ge ver­die­nen einen Hau­fen Geld, sicher, aber letzt­lich nur Klein­geld gegen­über den wirk­lich Rei­chen. Und gehö­ren tue ihnen auch nichts– Hier stut­ze ich und suche nach dem Datum des Arti­kels. Interessant…

Beim Auf­räu­men mei­nes Archivs fand ich ges­tern einen Arti­kel aus dem Jah­re 1998 mit dem Titel »Why Hip hop is dead«. Geschrie­ben hat ihn ein »vom Hip­hop zuneh­mend frus­trier­ter jun­ger Mann« unter dem Pseud­onym Lethal Won­der. Ich den­ke, ich habe ihn mal auf Davey D’s Hip Hop Cor­ner abge­grif­fen; er ist jedoch auch im Früh­jahr 1999 in Cross­roads erschie­nen,  einer revo­lu­tio­nä­ren Pos­til­le aus Chi­ca­go, die sich dem Kampf der Schwar­zen Ame­ri­kas und Afri­kas im Sin­ne der Black Pan­thers ver­schrie­ben zu haben scheint. Jeden­falls hört sich die Rhe­to­rik, über­fliegt man die ein­zel­nen Aus­ga­ben, ganz danach an. Aber zurück zum Thema.

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Wie gesagt, die Argu­men­te der Nach­ru­fe auf den Hip­hop als Gen­re sind immer die­sel­ben; es sind die oben genann­ten und vor allem, dass die Leu­te die Kunst­form nicht mehr inter­es­sie­re, es gehe allen nur ums Geld. Und trotz­dem, so der Autor des Arti­kels aus dem Jah­re 1998, gehö­re den Schwar­zen nichts. Man müss­te jetzt nach­se­hen, was die schwar­zen Rap­per damals mit ihrem Geld gemacht haben, sicher, aber das lohnt noch nicht mal; wir brau­chen nur noch mal auf das Datum sehen: 1998. Das ist von den Zah­len her ein Jahr bevor der gro­ße Kata­ly­sa­tor explo­dier­te, der wie einst Elvis dem Rock ’n’ Roll dem Rap zum gro­ßen Durch­bruch bei der zah­lungs­kräf­ti­gen wei­ßen Jugend ver­half: Emi­nem. Und weiß hin oder her, Em wirk­te auf den Ver­kauf des Gen­res. Was immer vor­her ver­dient wor­den war, mär­chen­haft wur­den die Zah­len erst mit Emi­nem. Und mit 50 Cent hat er wenigs­tens einem der Groß­ver­die­ner der Nuller­jah­re selbst zu Ruhm und Kne­te verholfen.

Und was die­se Leu­te haben? Außer Geld. Nun, ich habe kei­ne Ahnung, was die ande­ren, die älte­ren Groß­ver­die­ner der Musik­bran­che »haben«, Paul McCart­ney etwa, Mick und Keith; bei John Len­non hät­te man sei­ner­zeit ohne­hin nicht hören wol­len, dass ihm, was weiß ich, ein Label gehört, und ich mei­ne damit nicht Apple Records son­dern eines für Duft­was­ser und Jeans. Aber Len­non ist da natür­lich ein Son­der­fall und wird es immer blei­ben.1 Ansons­ten sind die Leu­te eben stein­reich. Kei­ner ver­langt von ihnen, dass sie Kon­zer­ne besit­zen; das ist etwas, was man nur von den schwarz­ame­ri­ka­ni­schen Künst­lern ver­langt – oder viel­leicht auch nur die schwar­zen Ame­ri­ka­ner von ihren Brothers.

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Der Autor des Arti­kel spricht zwar Suge Knight an, der mit Death Row Records selbst­ver­ständ­lich etwas beses­sen hat­te, aber der bru­ta­le Macher aus dem Ghet­to saß damals bereits im Knast. Er hat­te alles ver­lo­ren. Dann gab es natür­lich Def Jam Records, das 1984 von Rick Rubin und Rus­sell Sim­mons gegrün­de­te Hip­hop-Label, das aber schon mal finan­zi­el­ler Schwie­rig­kei­ten wegen Tei­le hat­te ver­kau­fen müs­sen, bevor Sim­mons – der schwar­ze Teil des Grün­der­ge­spanns – 1998 den Rest sei­ner Antei­le für angeb­lich sat­te $100.000.000 an Uni­ver­sal abtrat.

Man soll­te viel­leicht mal nach­se­hen, wie vie­le Labels und in wel­cher Grö­ße denn nun wirk­lich ’98 in schwar­zer Hand waren. Aber belas­sen wir es dabei, wenn über­haupt, dann besa­ßen die Schwar­zen in den 90er-Jah­ren viel­leicht tat­säch­lich »nur« Plat­ten­la­bels, von mir aus; in den Nullern jeden­falls hat sich in die­ser Hin­sicht ganz gewal­tig etwas getan.

Gehen wir zu den Leu­ten, die was von Geld, Erfolg und Reich­tum ver­ste­hen: For­bes fiel mir spä­tes­tens im August 2007 mit Arti­keln wie »Hip Hop’s Cash Kings« auf. Da ist erst mal von Jay‑Z die Rede, dem alten Käm­pen, der als Rap­per bereits im Ruhe­stand gewe­sen war. Er war mitt­ler­wei­le nicht nur Prä­si­dent von Def Jam, er hat­te mit Roc-A-Fel­la auch sei­ne eige­ne Fir­ma, bevor er zu einem Come­back antrat. Dar­über hin­aus gehör­te ihm schon eine Ket­te von Sport­bars und ein Stück­chen des Bas­ket­ball­teams New Jer­sey Nets. Er war also nicht nur For­bes’ ers­ter Hip-Hop Cash King,2 er besaß auch etwas.

Und in die­sem For­bes-Arti­kel fin­det sich auch ein ent­schei­den­der Satz: »Im Gegen­satz zu tra­di­tio­nel­len Musik­gen­res wie Pop, Rock und Coun­try, deren Künst­ler den Löwen­an­teil ihres Gel­des mit Album­ver­käu­fen und Tou­ren ver­die­nen, hat Hip­hop einen beein­dru­cken­den Kader an Musi­ker-Unter­neh­mern her­vor­ge­bracht, die ihren Ruhm in lukra­ti­ve Enter­tain­ment-Impe­ri­en umzu­mün­zen ver­stan­den.« Hier ist von Besitz die Rede, nicht nur vom gro­ßen Geld. 50 Cent war die Num­mer zwei die­ser Lis­te, Sean »Did­dy« Combs die Num­mer drei. Auch sie gehö­ren bereits zu den Besit­zen­den. Aber gehen wir ein Jahr weiter.

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2008 führ­te Fid­dy die Lis­te der Groß­ver­die­ner im Hip­hop an. Und er ver­dient nicht nur klot­zig, er besitzt eben auch was: er macht in Vit­amin­was­ser, Video­spie­len, Kla­mot­ten und hat eben einen Mil­li­ar­den-Deal mit dem süd­afri­ka­ni­schen Berg­werks­ma­gna­ten Patri­ce Mot­se­pe abge­schlos­sen, der – selbst schwarz – im sel­ben Jahr von For­bes por­trä­tiert wur­de. For­bes wid­me­te Fid­dy im sel­ben Jahr einen Arti­kel mit dem Titel »The 50 Cent Machi­ne«. Und auch die Leu­te hin­ter 50 Cent, Jay‑Z, Puffy und Kanye West, ver­dien­ten 2008 nicht nur; sie besa­ßen etwas. Das gilt auch für den Rest der Lis­te – außer Tupac viel­leicht, aber nur weil der als Ver­bli­che­ner kräf­tig mit verdient.

Und so geht das erst mal wei­ter. So wie Hip­hop bzw. Rap zuerst die ande­ren Gen­res beein­flusst hat, so mischt man mitt­ler­wei­le selbst bei den Gangs­tern über blo­ße Samples hin­aus aller­hand ande­re Gen­res in den Rap. Das mag mit den alten Zie­len oder dem Under­ground nichts mehr zu tun haben, aber den Bank­kon­ten scha­det es kei­nes­wegs. Und damit wer­den immer mehr die­ser Leu­te zu Unter­neh­mern werden.

Inter­es­sant ist, dass der Mit­ver­ant­wort­li­che für die­sen Reich­tum, Emi­nem, nicht zu den größ­ten Ver­die­nern gehört. Er hat zwar in den Nuller­jah­ren zwar mehr Plat­ten ver­kauft als irgend­ei­ner, scheint aber ent­we­der nichts vom Fir­men­be­sitz an sich zu hal­ten oder hat ein­fach zu viel Per­sön­li­ches um die Ohren, um sich auch noch mit sowas Belas­ten zu wollen.

Inter­es­sant ist auch, dass Jay‑Z wie gesagt, noch ein­mal aus dem Ruhe­stand kam, weil er Freu­de an der Musik hat­te, wäh­rend Fid­dy gestand, das Gan­ze von Anfang an nicht der Musik wegen gemacht zu haben, son­dern des »Busi­ness« wegen zu rap­pen begann.

Eine Klei­nig­keit, die aber dem Arti­kel des zor­ni­gen jun­gen Man­nes auch kei­ne Sub­stanz mehr zu geben vermag.

  1. Man soll­te mal dem Gedan­ken nach­ge­hen, ob Len­non nicht der Ers­te war, auf den man das Kon­zept der Street Cre­di­bi­li­ty hät­ten anwen­den sol­len. []
  2. die Lis­te erschien 2007 zum ers­ten Mal []

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