Wenn man als Übersetzer von etwas nicht genug haben kann, dann sind das Bücher. Oder wenigstens eine Bibliothek in der Nähe. Weswegen ich immer die Kollegen in München, Frankfurt, Hamburg oder Berlin beneide. Nicht dass ich mich über die Nürnberger Bibliotheken beschweren möchte. Aber es ist halt keine Staatsbibliothek darunter. Umso wichtiger ist für mich, was an Bibliotheken so im Web zu finden ist. Und an diesem verregneten Morgen habe ich etwas ausprobiert, was ich mir schon vor einiger Zeit notiert hatte.
Ich spreche von meinem Besuch bei einer Einrichtung namens Open Library. Auf die bin ich irgendwann über das Internet Archive gekommen. Ich brauche das in San Francisco beheimatete und längst als gemeinnützige Bibliothek anerkannte Buch‑, Film- und Musikmonster nicht eigens vorzustellen. Man kann sich dort aus Millionen von gemeinfreien Titeln bedienen. Im Medium seiner Wahl. Und irgendwann begann ich dort auf Bücher zu stoßen, die eben nicht einfach als Pdf- oder txt-Datei zu ziehen waren; sie waren mit einem Verweis auf eine Open Library versehen. Dort hieß es dann Registrieren, Lesegerät, Babbeldiba, und das macht man nicht einfach so nebenbei; da zerschießt man sich schnell mal mitten unter der Arbeit die Installation. Zu schweigen, dass man sich Nutzernamen & Passwörter ausdenken und notieren muss. Also hab ich’s mir notiert. Und hin und wieder empfiehlt es sich, all die Notizen abzuarbeiten, die man sich so macht. Oder wenigstens ein paar davon. Heute habe ich mich da, wie gesagt, mal angemeldet.
Falls Sie es ausprobieren wollen.
1) Ziehen Sie sich auf der Adobe-Site das Programm Adobe Digital Editions und installieren es auf Ihrem PC. Das sieht etwas anders aus als gewohnte Installationsroutinen, geht jedoch reibungslos, jedenfalls wenn Ihr PC nicht aus dem letzten Jahrhundert ist. Ich hatte heute die Version 1.7.2. Das Programm ist kostenlos.
2) Richten Sie sich ein Konto bei der Open Library ein. Das kostet Sie ebenfalls nichts. Denken Sie daran, Cookies für diese Seite freizugeben. Dann Name, Username, Passwort & E‑Mail. Und schließlich noch den Link anwählen, den man Ihnen per E‑Mail zuschickt. Dann können Sie sich die Geschichte mal von innen ansehen.
Einfach mal einen Titel aus der Auswahlseite anklicken. Das nächste Fenster bietet Ihnen rechts die Auswahl: »Borrow«. Dort drücken sie auf pdf oder ebook. Im nächsten Fenster nehmen Sie »Download PDF«. Und wenn Ihr Browser Sie dann fragt, was er mit der zu ladenden Datei machen soll, sagen Sie ihm, er soll sie mit Adobe Digital Editions öffnen. Der Reader öffnet sich dann, sofern installiert, und dann lädt sich das Buch. Es lässt sich darin blättern, Anmerkungen machen etc. Ich habe die Funktionen selbst noch nicht alle ausprobiert. Wichtig ist, dass man lesen und nach etwas suchen kann, falls man das Buch um der Recherche willen ausgeliehen hat. Wie lange man das Buch behalten kann, steht auf Ihrer Kontoseite; offensichtlich sind es 14 Tage. Und man kann bis zu fünf Titel auf einmal ausleihen.
Der Vorteil? Nun, es sieht ganz so aus, als gebe es dort auch Titel, die noch nicht gemeinfrei sind. Bevor ich Gegenteiliges finde, nehme ich mal an, dass das alles seine Ordnung hat. Als »Initiative des Internet Archive« gehe ich mal davon aus. Vielleicht läuft das Ganze darauf hinaus, dass es irgendwann kommerzielle Anwendung findet, wenn das Modell sich bewährt.
Und natürlich können Sie als angemeldeter Leser auch mitmischen, ganz wie bei der Wikipedia. Jedes Buch hat seine eigene Seite. Um das auszuprobieren, habe ich mal »Die zweite Geshichte von Emil und den Detektiven« in »Die zweite Geschichte…« korrigiert. Und mich dann bei der Begründung mit »›Geschichte‹ German vor ›story‹« auch gleich vertippt. Peinlich. »For« hätt’s heißen sollen. Aber ich wollte ja nur sehen, ob’s geht. Und es geht. Ohne weiteres. Es heißt jetzt richtig »Die zweite Geschichte von Emil und den Detektiven«. Ob man das von einem akzeptiert, der zwischen »vor« und »for« nicht unterscheiden kann, sei dahingestellt.
Ich habe es mal mit zwei Titeln aus dem Internet Archive ausprobiert. Das Buch lässt sich nur auf diesem PC öffnen. Man kann sich aber auch bei der Installation von Adobe Digital Editions registrieren; dann kann man es wohl auch auf anderen PCs lesen. Aber das habe ich mir mal geschenkt. Ich persönlich denke ja nicht, dass ich Bücher wirklich als Ebooks lesen möchte, aber zu Recherchezwecken oder überhaupt um mal reinzugucken, bevor man sich den Titel – etwa gebraucht – bestellt. Mit über einer Million Titeln ist die Open Library nicht zu verachten, auch wenn die meisten sich wohl aus dem einfacher zu ziehenden Angebot des Internet Archive überschneidet. Probieren Sie’s doch auch mal aus…