Wer sich ein bisschen umschaut im Supermarkt, hat sie vielleicht in den Grabbelkisten rumliegen sehen: Jerry Cotton im Taschenbuch, drei Romane in einem Band. Ein Beleg für die unverwüstliche Popularität der alten Heftchenserie. Was viele vielleicht nicht wissen ist, dass der »G‑man«1 auch für eine deutsche Redewendung gesorgt hat — oder wenigstens in Berlin.
Wenn ich »Trivialliteratur« höre, dann fällt mir merkwürdigerweise immer das dümmste Argument »gegen sie« ein, dass ich je gehört habe. Wir hatten im Deutschunterricht am Gymnasium seinerzeit ein schmales Heftchen mit dem Titel, so weit ich mich erinnere, Materialien zur Trivialliteratur. Und so lehrreich das nun auch gewesen sein mag, es enthielt auch so ziemlich den doofsten Satz, den ich je im Bereich der Literaturkritik gelesen habe. Sinngemäß lautete der: Jerry Cotton-Hefte können ja wohl nichts taugen, denn welcher deutsche Leser würde schon etwas mit einem Helden namens Jeremias Baumwolle lesen?
Ich schwör’s!
Mal abgesehen davon, dass es dem literaturwissenschaftlichen Rohrkrepierer, der das Heftchen verbrochen hat, definitiv an Humor mangelt – gerade einen Jeremias Baumwolle würde ich jederzeit als Held akzeptieren –, er heißt nun mal nicht so sondern Jerry Cotton. Und was bitte hat das mit Literatur zu tun? Wie viele großartige Romane müsste man in die Tonne kloppen, wenn der Name des Helden ein Kriterium wäre. Mit einiger Sicherheit so manchen pikaresken Roman, angefangen beim Simplicissimus Teutsch.
Aber sei’s drum, »Jerry Cotton«, der Held der laut Wikipedia erfolgreichsten Krimiserie im deutschsprachigen Raum aus dem Bastei-Verlag, steht hinter der Wendung »Kotten schieben«, was in dieser Schreibweise gar nicht so offensichtlich ist. Ich finde, Sie hätte nicht weniger Beachtung verdient als etwas »einen auf dicke Hose machen«.
Markiert heute eigentlich noch einer den großen Max?
~~~
Kotten schieben
Cotton schieben
<Rw.> (auch »den Kotten schieben«) angeben; sich aufspielen; sich dicketun.
» Also wir [in Berlin] haben damals in’ 70ern und 80ern oft den Satz gebracht: ›Der Typ schiebt hier’n Cotton.‹ oder ›Der macht hier een’ uff Cotton.‹« WWW »›Ein Kotten schieben‹ ist ein Berliner Slangwort und bedeutet so viel: der Coolste sein, den Besten raushängen lassen, über allen zu stehen.« WWW »Viele würden einen ›Kotten‹ schieben und weitertrinken.« WWW »Bei mir is bis jetz auch alles glatt gelaufen, man darf halt keinen Kotten schieben, und wenn polizei in sicht is, nen gang hochschalten, und untertourig fahren.« WWW »An jeder Ampel Kotten schieben würd ich mir damit halt verkneifen.« WWW »Aber genau diese Sorte von Driftern meine ich, die nur den Kotten schieben, aber nicht mal annähernd ’ne Peilung haben, einen Mazda RX‑7 locker und schnell um die Runden zu bringen!«
sinnverw.: auf dicke Hose machen; sich dicketun; bis zum Ellenbogen reinlangen; die Backen vollnehmen; dicke Töne spucken.
den Cotton schieben
<Rw.> (auch »Cotton schieben«) siehe: Kotten schieben.
~~~
© slangtimes.com
Bitte mit Herkunftsangabe zitieren.
- »G‑men«, kurz für »government men«, nannte man vor langer Zeit mal Regierungsbeamte, vor allem die Agenten des FBI. [↩]