Delia Derbyshire war eine Pionierin der elektronischen Musik und eine Pionierin der Hörspiel- und Filmmusik, die hierzulande kein Mensch gekannt hat. Von der vermutlich auch in ihrer englischen Heimat kaum je einer wirklich gehört hatte. Und die 2001 entsprechend einsam, nach einer Brustoperation, an Nierenversagen starb. Wir wissen alle, wie wichtig der Zufall im Leben ist, Zufall und Zeitgeist, und sie ist so offensichtlich eine der Menschen, die haarscharf am alles entscheidenden Zufall in ihrem Leben vorbeigeschrammt ist, trotz ihrer Bekanntschaft mit Größen wie Paul McCartney …
Seit den 70ern, als all der Kram mit Frauen & deren Pionieren aufkam – wogegen ich nichts habe, im Gegenteil –, nervt mich an diesem Trend, dass immer nur die angesagten Frauen abgefeiert werden. Nicht eine Komilitonin, die ihre Magister- oder was weiß ich welche Arbeit über eine Frau geschrieben hätte, die ihr tatsächlich persönlich – und gottverdammtnochmal nur ihr! – am Herzen lag. Und wär’s Joni Mitchell gewesen. Immer waren es die Frauen, die gerade in aller Munde waren. Und daran hat sich womöglich bis heute nichts geändert. Umso mehr freut es mich, dass man – nach über 50 Jahren! – eine Frau zu ehren / verehren beginnt, die ich persönlich faszinierend gefunden hätte, graue Maus, die sie offensichtlich im richtigen Leben für die meisten ihrer Zeitgenossen gewesen sein mochte…
So wie kein Mensch mehr nachvollziehen kann, dass mal 75% aller Stifte – ich meine die zum Schreiben – aus dem englischen »wasteland« Birmingham kamen,1 so weiß vermutlich auch niemand mehr, was eine Manchester-Hose ist / war.2 Was nichts daran ändert, dass ich – ein Stubenhocker reinsten Wassers, wenigstens seit er Übersetzer wurde – heute gerne dort wäre, in Manchester. Wo ich mir über eine Frau reinziehen würde , was immer zeitlich möglich wäre: Delia Derbyshire.
Ich weiß nicht genau, was diese Frau mit Manchester verbindet, außer dass man andernorts mit ihrem produktiven Nachlass nichts anzufangen wusste, so dass dieser schließlich an einen gewissen David Butler von der Universität Manchester ging. Aber das ist mir ehrlich gesagt auch schnuppe. Ebenso schnuppe wie mir Karl Heinz Stockhausen ist / war, der auf ihrem Gebiet, dem der elektronischen Musik, früher zugange war als sie.3 Delia Derbyshire war die / eine Pionierin der elektronischen Musik, die mich seit Brian Eno – nicht Stockhausen – fasziniert.
Natürlich war ich damals, als Delia Derbyshire 1960 bei der BBC anfing, nicht alt genug, um zu … Quatsch, ganz Deutschland und der Rest der Welt war noch nicht so weit, um groß was für elektronische Musik übrig zu haben. Mit Sicherheit nicht der Bayerische Rundfunk. Aber so um 1967 aufwärts, als man immerhin mal eine englische Zeitung kaufte, weil einen diese Sprache zu faszinieren begann, da fiel der Name Delia Derbyshire mit dem von Paul McCartney und Yoko Ono. Und damit hatte es sich auch schon wieder.
Viel, viel später dann, längst im Zeitalter von Astra und ADR, gab’s dann auf dem Hörspielsender BBC74 ein merkwürdiges Hörspiel über Delia Derbyshire, das ich irgendwann auch auf einer faszinierenden Doppel-CD entdeckte, die sich über amazon.uk kaufen ließ. Auf dieser befinden sich neben dem Hörspiel auch noch andere Soundscapes, für insbesondere für Dokumentarfilme, die diese Frau ins rechte Licht rücken.
Bedenkt man dass sie 1973 schon aufhörte, Musik zu machen, wird einem klar, wie klein sich gegen sie so viele andere namhafte Pioniere der elektronischen Musik ausnehmen, und ich meine das noch nicht mal hegativ. Und sie hatte keine Computer zur Verfügung; sie machte ihre Musik einsam in einem Keller der BBC mit allerhand altem elektronischem Gerät, das ausrangiert dort gelandet war…
Dort schuf sie auch die Musik zur ältesten und langlebigsten ScienceFiction-Serie des britischen Fernsehens: Dr. Who. Sie hat sie nicht direkt komponioert, nein, aber sie hat sie geschaffen, sie hat die Vorgaben des Komponisten auf eine Weise umgesetzt, die für jeden anderen Filmkomponisten unvorstellbar gewesen wäre…
267 Tapes hat man auf ihrem Dachboden gefunden; nichts davon kann man auf Platte kaufen. Offensichtlich sind sie mittlerweile digitalisiert. Die paar Sachen, die es auf Platte gibt, stammen aus ihren Arbeiten für die BBC. Vielleicht zeitigt dieser erste Delia Derbyshire Day in Manchester ja zu einigen CDs. Eine Auswahl auf ogg, flac oder mp3 würde mir auch schon genügen.
Über 20 Jahre hatte sich kein Mensch für diese Frau interessiert, und als Ende der 90er-Jahre jemand bei der Einsiedlerin klingelte, um sie auf ihre Musik anzusprechen, mit ihr zu arbeiten, wusste sie noch nicht einmal, was dieser Mensch von ihr will.
Das ist einer der merkwürdigen Augenblicke in dem Hörspiel, von dem ich sprach… Martyn Wade — Blue Veils and Golden Sands …
Delia Derbyshire Day 2013 is a special day and evening event of performances, screenings and talks celebrating the work of the fascinating electronic pioneer Delia Derbyshire, who is best known for creating the original BBC Doctor Who theme tune in 1963 using all electronic production.
Daytime “mini-symposium” event 3pm-6pm includes:- Screening of award-winning documentary “The Delian Mode”
- Q&A with The Delian Mode director Kara Blake exciting panel of ‘Delian’ experts from around the UK
- Deep listening session and sharing of some of Delia Derbyshire archive material
Evening event 8pm-10.30pm includes:- Premiere performances of new commissions by:
Ailís Ní Ríain (contemporary classical)
caro c (was caro snatch — experimental electronic)Naomi Kashiwagi (gramophonica)
With live visual accompaniment by Kara BlakePlus DJ Tukatz playing Delia inspired experimental music
Evening event will present new commissions by Manchester based caro c (experimental electronic), Ailís Ní Ríain (contemporary classical) and Naomi Kashiwagi (gramophonica) inspired by spending time with Delia Derbyshire archives held at University of Manchester. Plus DJ Tukatz playing Delian sounds and live visual accompaniment by Kara Blake.
Zu gerne würde ich in Manchester die Doku über ihr Leben sehen und alle möglichen anderen Veranstaltungen besuchen, aber das ist für einen Übersetzer nun wirklich SciFi…
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