SlangGuy's Blog ...

Algo­rith­men, Syn­ony­me, Dumm­heit & Bücherverbrenner

Natür­lich weiß ich, dass es kein Schwein wirk­lich inter­es­siert, dass man einen Traum­be­ruf gewählt hat, der sich dann als lau­sig bezahl­tes Geran­gel mit klug­schei­ßen­den Analpha­be­ten erweist. War­um soll­te es auch, es geht heu­te einer gan­zen Rei­he von Berufs­grup­pen schlecht, nicht nur den Über­set­zern. Aber so wie der kuli­na­risch Inter­es­sier­te sich heu­te mit aller­hand The­men rund um die Küche befasst, so soll­te auch der lite­ra­risch Inter­es­sier­te – oder wer immer sonst im Feuil­le­ton blät­tert – hier und da ein Auge auf den All­tag des Über­set­zens ris­kie­ren. Er gibt ja immer­hin Geld für das durch Über­set­zen ent­stan­de­ne Pro­dukt aus und schmückt sich mit dem (i.e. reisst das Maul damit auf), was er alles »gele­sen« hat. Dass das hier lang­sam zur Gran­tel­ecke wird, nun, lesen Sie ein­fach mal wei­ter und Sie wer­den ver­ste­hen warum.

Es bedürf­te kei­ner wei­te­ren Dis­kus­si­on, dass man ein sel­ten dum­mes Stück Mensch sein muss, meint man auch nur einen Teil eines Motors durch einen ande­ren erset­zen zu kön­nen, wenn man Auf­bau und Funk­ti­ons­wei­se des betref­fen­den Motors nicht kennt. Dass beim Lek­to­rie­ren von Über­set­zun­gen die­se Art von Dumm­heit – eben­so dis­kus­si­ons­los – an der Tages­ord­nung ist, habe ich hier oft genug gesagt. Und natür­lich kön­nen Sie jetzt sagen, es spie­le ja nun wirk­lich im Rah­men eines gan­zen lie­ben lan­gen Buches kei­ne Rol­le, was da nun in einem bestimm­ten Satz steht. Kön­nen Sie schon, ja, nur dann haben Sie a) kei­ne Ahnung von der Mate­rie und b) leug­nen Sie damit selbst den Sinn von Lek­tor & Lek­to­rat. Denn wenn es kei­ne Rol­le spielt, war­um dann nicht ein­fach mei­ne Ver­si­on las­sen?1

P1260811_bUnd das ist die Ver­si­on von jeman­dem, der seit Jahr­zehn­ten über­setzt gegen­über der Ver­si­on eines ein­ge­bil­de­ten Kran­ken, der in der Regel auch nicht einen ein­zi­gen Titel, geschwei­ge denn 100 und mehr über­setzt hat.
Nein, so leid es mir tut, aber in der Art, wie ich sie in nun­mehr Jahr­zehn­ten pope­li­gen Über­set­zer­da­seins ken­nen­ge­lernt habe, grenzt die Lek­to­ren­tä­tig­keit – mit noch nicht mal einer Hand­voll Aus­nah­men! – an das Tun lal­len­der Schwach­köp­fe. Tat­sa­che ist, dass, was durch­aus sei­nen Sinn hät­te, wür­de es gehand­habt, wie klein Häns­chen sich das vor­stellt, eben nichts wei­ter ist als eine ABM-Maß­nah­me für Hirn­lo­se, die – wie soll­te es anders sein – ihre nicht zu recht­fer­ti­gen­de Exis­tenz zu recht­fer­ti­gen haben. Ergo, um unse­re Ana­lo­gie wie­der auf­zu­grei­fen: in den ver­damm­ten Motor, der da zu tunen wäre, müs­sen eben – sor­ry – »Sei­te für Sei­te« Tei­le rein, ob sie nun rein­pas­sen oder nicht. Und glau­ben Sie mir, fah­ren wür­den die­se Bücher nicht…

Neh­men wir einen ande­ren Ansatz: Stel­len Sie sich vor, Sie haben ein Rie­sen­kreuz­wort­rät­sel, in dem viel­leicht drei, vier Fel­der leer geblie­ben sind, und geben das jeman­dem mit der Bit­te, doch mal aus­zu­hel­fen… Und der geht her, nimmt einen fet­ten schwar­zen Filz­stift und fängt an, ihre fili­gran mit Blei­stift kor­rekt aus­ge­füll­ten Käst­chen mit irgend­wel­chem Schwach­sinn zu über­schmie­ren. So krie­gen Sie das dann zurück – und die paar lee­ren Fel­der, bei denen Sie Hil­fe erwar­tet hät­ten, sind nach wie vor leer. Sie mei­nen, so etwas gibt es nicht? Von wegen, es ist Übersetzeralltag …

Natür­lich ist das Sys­tem des Lek­to­rats, so wie es in der Regel gehand­habt wird, von Haus aus absurd: Da haben Leu­te das letz­te Wort, die tat­säch­lich der Über­zeu­gung sind,mit der Mut­ter­milch auf­ge­so­gen zu haben, was man sich als Pro­fi in jahr­zehn­te­lan­gem Rin­gen mit dem Satz drauf­ge­schafft hat. Leu­te, die allen Erns­tes der Über­zeu­gung sind, sie könn­ten aus dem Steg­reif eine Über­set­zung ver­bes­sern, von der sie weder den Aus­gangs­text gele­sen haben noch die Über­set­zung selbst, bevor sie den ers­ten Satz verschmieren…

Aber das habe ich hier ja schon des Öfte­ren gesagt. Der­lei Moni­ten sind zu all­ge­mein, als dass sie für den Lai­en so ein­fach nach­zu­voll­zie­hen wären. Ich will auch jetzt nicht Tau­sen­de von Ein­zel­bei­spie­len für lal­len­den Schwach­sinn anfüh­ren, die da unter mei­nem Namen gedruckt wur­den – oder die man wir wenigs­tens unter­ju­beln hat wol­len. Ich mei­ne, jemand, der aus dem Jus­tiz­mord an Sac­co & Van­zet­ti einen »Rechts­streit in der lin­ken Sze­ne« macht, soll­te Bücher noch nicht mal kau­fen dür­fen – noch nicht mal um wackeln­de Möbel ins Was­ser zu brin­gen –, geschwei­ge denn dass so ein Schwach­kopf über den Inhalt eines der bes­ten Bücher über Bob Dylans musi­ka­li­sche Wur­zeln bestimt. Ich könn­te gan­ze Bücher mit Bei­spie­len für der­lei der­lei lal­len­den Schwach­sinn fül­len. Und glau­ben Sie mir, Sie hal­ten danach Schü­ler­auf­sät­ze und Poli­zei­be­rich­te, tra­di­tio­nell die Gold­mi­nen für Stil­blü­ten, für höhe­re Lite­ra­tur. Nur, was hät­te es für einen Sinn? Nach dem fünf­ten Bei­spiel nickt selbst der geneig­tes­te Leser hier ein…P1260787_b

P1260796_bLas­sen Sie mich hier lie­ber zwei kon­kre­te Bei­spie­le für Feh­ler­ka­te­go­rien anfüh­ren – die eine letzt­lich uralte Pra­xis, die aber aus­zu­ar­ten droht, die ande­re eine neue Pra­xis, die eben­falls zu wuchern beginnt. Bei­de haben nichts mit Über­set­zen zu tun, son­dern die­nen ledig­lich dazu, irgend­ei­nem Ama­teur dabei zu hel­fen, in einem Manu­skript Sei­te für Sei­te die Blei­stift­lo­sung zu hin­ter­las­sen, die sei­ne – nicht zu recht­fer­ti­gen­de Exis­tenz – recht­fer­ti­gen soll …

Nach­dem ich Ihnen hier nun mit drei Ein­lei­tun­gen hin­ter­ein­an­der die Zeit gestoh­len habe, machen wir doch lie­ber meh­re­re Hap­pen draus. Und wer immer hin & wie­der das Wort »Kul­tur« bemüht, soll­te sich das zu Gemü­te füh­ren, also dem­nächst wie­der hier vorbeischauen.

  1. Es wäre alle­mal bil­li­ger & ich kann bele­gen, dass es unterm Strich (für Analpha­be­ten: »am Ende des Tages«) in jedem Fall der bes­se­re Text wäre. []