Abrakadabra — er bleibt verschwunden…
Bei der bevorstehenden Buchmesse wird einmal mehr eines unter den Tisch fallen: dass es sich nämlich bei einem Gutteil der dort gleich hallenweise feilgebotenen Titel um Übersetzungen handelt. Dass folglich buchstäblich kein Wort, von dem, was in einem dieser Bücher steht, von seinem Autor stammt, sondern von seinem Statthalter im jeweiligen Land. Umberto Eco, Roddy Doyle, Dan Brown, J.K. Rowling, Michel Houellebecq – wer deren Bücher auf Deutsch liest, der liest sie in Übersetzung und damit das Werk eines Übersetzers.
Um die Würdigung seiner Arbeit, die Würdigung der Tatsache, dass es – um ein Klischee zu bemühen – ohne den Übersetzer keine Weltliteratur gäbe, ist es allerdings gar nicht so toll bestellt, wie man meinen möchte, hält man ihr Ausmaß gegen die Tatsache, dass hierzulande ohne ihn kaum einer je von Don Quijote, Candide oder Moby Dick gehört hätte, geschweige denn dass sich jemand daran als geneigter Leser hätte erfreuen können. Umgekehrt gilt das natürlich auch für unsere Autoren, sei es ein Patrick Süskind, ein Heinrich Böll oder ein Günter Grass.
Der Leser einer Übersetzung ist sich dieser Tatsache meist nicht bewusst. Er liest in der Illusion, das Werk des Autors zu lesen. Für ihn steht der Name des Autors außen drauf und auf der Klappe und innen drin; für ihn ist die Übersetzung das Original. Nun, gegen Illusionen ist an sich nichts einzuwenden. Wer gibt sich nicht gern den Illusionen eines David Copperfield hin? Und ist Lesen an sich nicht schon eine Art Illusion, das Gelesene selbst zu erfahren? Nur ist der Illusionist hierbei in der Regel nicht weniger gefragt als die Illusion. Karl May, Edgar Wallace, Georges Simenon, wir lesen die Werke dieser Leute, weil ihre – sprich große – Namen dahinter bzw. darauf stehen. Und für David Copperfield gilt das nicht weniger. (mehr …)