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Trump-Wör­ter­buch #46: Shots fired! Schüs­se auf Donald Trump

Man könn­te kaum sagen, was schlim­mer ist: dass wir in einer Welt leben, in der sich eine angeb­lich so frei­heits­lie­ben­de Nati­on wie die Ame­ri­ka­ner eine faschis­to­ide Pest­beu­le wie Donald Trump an den Hals wählt oder dass einer die­ser Idio­ten die­ses Geschwür auf pro­ba­te ame­ri­ka­ni­sche Wei­se durch eine Kugel zu hei­len ver­sucht. Was für eine erneu­te Wen­dung in der ame­ri­ka­ni­schen Wahl-Soap: Da mate­ria­li­siert sich eines schö­nen Sams­tag­abends aus hei­te­rem Him­mel eine von Trumps bevor­zug­ten Pro­jek­tio­nen – die Libe­ra­len trach­ten mir nach dem Leben! Wenn auch mit dem iro­ni­schen klei­nen Dreh, dass der Schüt­ze anschei­nend einer sei­ner eige­nen Wäh­ler war! Wird der Anschlag die Nati­on etwas näher zusam­men­rü­cken las­sen oder wei­ter spal­ten? Dum­me Fra­ge! Er besie­gelt Donald Trumps nächs­te Präsidentschaft.

Woll­te man zynisch sein, so könn­te man sagen: Das war knapp vor­bei! Was, du Dumpf­ba­cke, hat dir dei­ne bis an die Zäh­ne bewaff­ne­te Leib­gar­de, was haben dir dei­ne aus­ge­bil­de­ten Scharf­schüt­zen auf den Dächern rund­um genutzt? Und da denkst du Voll­trot­tel, unbe­darf­te Leh­rer mit Schieß­ei­sen in die Klas­sen zu stel­len, könn­te zu mehr Sicher­heit an Schu­len füh­ren? Aber mal im Ernst, auch wenn man sich womög­lich in nicht all­zu lan­ger Zeit die »Hit­ler-Fra­ge« stel­len wird, der poli­ti­sche Mord ist selbst im Fal­le eines metasta­sie­ren­den Krebs­ge­schwürs wie Donald Trump nicht akzep­ta­bel. Schon gar nicht durch einen picke­li­gen klei­nen Schwach­ma­ten, der »Stauf­fen­berg« noch nicht ein­mal buch­sta­bie­ren hät­te kön­nen. Das ist die eine Facet­te dar­an, die ande­re ist, dass ein Mord den Mann, der sich ohne­hin schon als Mär­ty­rer und Chris­tus ver­kauft (mein Kör­per ist vol­ler Wun­den), voll­ends ver­klä­ren würde …

Wäh­rend die Demo­kra­ten das Atten­tat geschlos­sen ver­ur­teilt haben, schei­nen die MAGA-Repu­bli­ka­ner bereits wie­der an der Hass-Schrau­be zu dre­hen. Joe Biden habe den Befehl zu den Schüs­sen gege­ben! Ver­ges­sen wir nicht, dass die­ser Vor­wurf bereits nach Mar-a-Lago laut gewor­den war. Mar­jo­rie Tay­lor Gree­ne, die repu­bli­ka­ni­sche Abge­ord­ne­te aus Geor­gia, hat­te die Raz­zia damals als einen von Jus­tiz­mi­nis­te­ri­um und FBI gemein­sam aus­ge­heck­ten Ver­such eines Atten­tats auf Trump bezeich­net. Den Befehl dazu, so Paul Gos­ar, ein repu­bli­ka­ni­scher Abge­ord­ne­ter aus Ari­zo­na, habe Prä­si­dent Joe Biden gege­ben.1 Selbst wenn der­lei Vor­wür­fe auch dies­mal wie­der eher von Spin­nern wie den bei­den zitier­ten kom­men, die Repu­bli­ka­ner wer­fen Biden durch­aus vor, was sie selbst von Anbe­ginn aller Tage getan haben, näm­lich Gewalt zu schü­ren: »Trumps Ver­bün­de­te geben sofort der Rhe­to­rik Bidens und der Demo­kra­ten die Schuld. Trumps Dar­stel­lung als Gefahr für die Demo­kra­tie habe die­se Gewalt­tat pro­vo­ziert …«2

Noch ein­mal, Zynis­mus ist hier fehl am Platz, aber es muss einem ein­fach auf­sto­ßen, dass hier ein­mal mehr die Rea­li­tät auf den Kopf gestellt wird. Man fragt sich unwill­kür­lich, ob die Auf­merk­sam­keits­span­ne heu­te wirk­lich nicht mehr über den unmit­tel­ba­ren Augen­blick und die Affekt­re­ak­tio­nen dar­auf hin­aus­reicht. Man kann den Vor­wurf, der jetzt laut wird, die »radi­ka­le Lin­ke« habe die­ses Atten­tat mit dem Gere­de von Trump als »nächs­tem Hit­ler« gera­de­zu her­bei­ge­re­det, nicht ohne Kulis­se sehen: all die Jah­re, die Trump nun mehr oder weni­ger direkt zur Gewalt auf­ruft, den 6. Janu­ar (»Proud Boys, hal­tet euch bereit!«), das Gere­de von Rache und Ver­gel­tung und dass es zu einem Blut­bad kom­men wür­de, falls »ihr mich nicht wählt«. Natür­lich hilft es da nicht gera­de, wenn eine bekann­te Schau­spie­le­rin Biden kurz vor dem Atten­tat auf Insta­gram dazu auf­ruft, Trump – mit eben die­sem Argu­ment, dass er der nächs­te Hit­ler sei – besei­ti­gen zu las­sen. Das Obers­te Gericht habe ihn doch soeben mit einer Art prä­si­dia­ler All­macht aus­ge­stat­tet. Man kann nicht ganz leug­nen, dass das einen jun­gen sozia­len Außen­sei­ter moti­vie­ren könn­te. Man den­ke an das Atten­tat auf Sal­man Rush­die durch einen kaum viel älte­ren jun­gen Schwach­kopf, der sei­ne gan­ze Kind­heit hin­durch Com­pu­ter­spie­le gespielt und sich von isla­mis­ti­schen Paro­len im Web hat auf­het­zen las­sen. Womög­lich dach­te der Trump-Atten­tä­ter, man wür­de ihn mal als eine Hel­den fei­ern, wenn er Trump eine Kugel in den Kopf jagt. Und wer weiß, wenn die ame­ri­ka­ni­sche Rech­te ihr Pro­gramm durch­zieht, dann denkt man ja viel­leicht tat­säch­lich noch mal mit Weh­mut an ihn zurück. Wie auch immer, Tat­sa­che ist, dass Trumps Rhe­to­rik von Anfang von mehr oder weni­ger ver­bräm­ten Auf­ru­fen zur Gewalt durch­zo­gen war und dass Trump und Kon­sor­ten wie Roger Stone den Gewalt­streich vom 6. Janu­ar von lan­ger Hand vor­be­rei­tet hat­ten. Müss­te man jetzt all die Absichts­er­klä­run­gen der durch­ge­knall­ten Oran­ge auf­rol­len: »Die Repu­bli­ka­ner den­ken bereits dar­über nach, was wir mit Biden und den Kom­mu­nis­ten machen, wenn wir an der Rei­he sind.«3 Und man muss in der poli­ti­schen Debat­te auf die­se Fak­ten hin­wei­sen kön­nen, ohne dass einem jemand eine Strick draus dreht.

Tat­sa­che ist auch, dass das chris­to-faschis­to­ide Mani­fest Pro­ject 2025, des­sen Kennt­nis­nah­me Trump plötz­lich leug­nen zu müs­sen meint, die tota­le Über­nah­me des Staats vor­sieht.4 Der Chef der Heri­ta­ge Foun­da­ti­on, die hin­ter dem Fahr­plan für die ers­ten 180 Tage nach der Macht­über­nah­me steht, macht kei­nen Hehl dar­aus: »Wir sind im Begriff, uns die­ses Land zurück­zu­ho­len. Wir erle­ben gera­de die zwei­te Ame­ri­ka­ni­sche Revo­lu­ti­on, die unblu­tig blei­ben wird, wenn die Lin­ke es zulässt.«5 Hin­ter jedem Wort der ame­ri­ka­ni­schen Rech­ten lau­ert die Andro­hung von Gewalt. Und was Zynis­mus angeht: Sie erin­nern sich noch an Trumps Repos­ting eines QAnon-Pos­ting nach der Ham­mer-Atta­cke auf Nan­cy Pelo­sis Gat­ten? Trump for­der­te eben noch durch ein Repos­ting eines ande­ren Posts Mili­tär­ge­rich­te für sei­ne Fein­de – Par­don, die »Fein­de der Demokratie«. 

Die Moti­ve des jun­gen Schüt­zen sind noch nicht klar, spie­len aber letzt­lich gar kei­ne Rol­le. Schon gar nicht inter­es­siert, was die Nach­rich­ten­ka­nä­le brum­men lässt, wer denn nun Schuld an dem unge­si­cher­ten Flach­dach hat, von dem aus der Schwach­kopf geschos­sen hat. Viel inter­es­san­ter ist, was jetzt pas­sie­ren wird. Wie wer­den sich die Schüs­se auf die ame­ri­ka­ni­schen Wäh­ler aus­wir­ken? Wel­che Schlüs­se wer­den sie dar­aus zie­hen? Wer­den sich die Rei­hen hin­ter Trump wie­der schlie­ßen, sei­ne Gläu­bi­gen neue Kraft schöp­fen? Selbst­ver­ständ­lich! Immer­hin hat Gott selbst sei­ne schüt­zen­de Hand über ihn gehal­ten. Wer­den nun doch end­lich Zwei­fel an sei­ner Waf­fen­po­li­tik auf­kom­men? Ach was. Kann Biden über­haupt in irgend­ei­ner Art und Wei­se davon pro­fi­tie­ren? Nein. Schon gar nicht wenn der arme Alte auf sei­ner Kan­di­da­tur besteht. Nie wird die demo­kra­ti­sche Par­tei noch ein­mal gemein­sam hin­ter Joe Biden ste­hen. Und bei den Wäh­lern steht der Stim­men­ver­lust für den Mann kurz vor dem Damm­bruch.6

Anmer­kun­gen

  1. Charles P. Pier­ce, »Trump Tur­ned Boi­ler­p­la­te FBI Lan­guage Into a Tall Tale of an Ass­as­si­na­ti­on Plot Against Him«. Esqui­re, May 23, 2024. ↩︎
  2. Micha­el Sche­rer, »Trump allies imme­dia­te­ly bla­me Biden, Demo­crats for their rhe­to­ric«. The Washing­ton Post. July 13, 2024. ↩︎
  3. Trump auf Truth Social. Möch­te ich hier nicht ver­lin­ken. ↩︎
  4. An der Abfas­sung waren 140 Leu­te betei­ligt, die den einen oder ande­ren Pos­ten in der Regie­rung Trump inne­hat­ten. ↩︎
  5. »Lea­der of the pro-Trump Pro­ject 2025 sug­gests the­re will be a new Ame­ri­can Revo­lu­ti­on*«. Poli­ti­co. 07/04/2024. ↩︎
  6. »New Demo­cra­tic-fun­ded pol­ling shows Biden losing ground to Trump in key sta­tes«. CNN. 17.07.2014. ↩︎

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