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Trump-Wör­ter­buch #48: Palan­tir – Das i‑Tüpfelchen auf dem auto­ri­tä­ren Staat?

Wir haben jetzt – bis auf die Biden-Fra­ge – alle Kom­po­nen­ten bei­sam­men für den per­fek­ten Sturm im ame­ri­ka­ni­schen Wahl­herbst: Trump, der unver­bes­ser­li­che Psy­cho­path, hat sei­nen – poli­tisch offen­sicht­lich recht gelen­ki­gen – Vize gekürt, der wohl nicht sei­ne ers­te Wahl gewe­sen sein dürf­te, was die eigent­li­che Macht hin­ter die­ser Kon­stel­la­ti­on deut­lich machen dürf­te: die Tech-Bros aus dem ame­ri­ka­ni­schen Wes­ten, Thiel und Musk, die hin­ter den Kulis­sen die Strip­pen zie­hen. Dazu steht der Fahr­plan für die »Über­gangs­pha­se« zum auto­ri­tä­ren Staat in Form des omi­nö­sen Pro­ject 2025. Und als ulti­ma­ti­ves Instru­ment zur Umset­zung und Über­wa­chung des Pro­zes­ses und aller, die ihm im Wege ste­hen, soll­ten wir ein wei­te­res Ele­ment nicht außer acht las­sen: Palan­tir, die Über­wa­chungs­soft­ware, mit der bereits so eini­ge Geheim­diens­te und Poli­zei­be­hör­den welt­weit operieren.

Wir haben im letz­ten Kapi­tel gese­hen, dass die Wahl sei­nes Vizes womög­lich weni­ger Trumps eige­ne Ent­schei­dung war als Ergeb­nis sei­ner Ein­sicht in die Aus­sicht auf die Goo­dies, die es ihm ein­brin­gen könn­te, sich wei­ter­hin mit sei­nem Gön­ner Peter Thiel gut zu stel­len. Der eher talent­freie J.D. Van­ce ver­dankt, wie wir gese­hen haben, sei­ne poli­ti­sche Kar­rie­re eben­falls dem schwers­tens rechts­las­ti­gen Tech-Mil­li­ar­där. Erin­nern wir uns rasch noch mal an die drit­te Kom­po­nen­te zur Umset­zung eines auto­ri­tä­ren Staats: das Pro­ject 2025. Hier ist klein­tei­lig beschrie­ben, wie in den ers­ten 180 Tagen von Trumps zwei­ter Amts­zeit Tau­sen­de der obers­ten Stel­len im Staat durch bereits in »Aus­bil­dung« befind­li­che – sprich indok­tri­nier­te – Unter­ta­nen besetzt wer­den sol­len. Hier­zu ist auch eine Aus­sa­ge von Van­ce vom Mai 2022, also noch vor Erschei­nen des Pro­ject 2025, inter­es­sant, in dem er die­ses prak­tisch vor­weg­nimmt: »Ich den­ke, dass Trump 2024 wie­der kan­di­die­ren wird … Wenn ich ihm einen Rat geben wür­de, dann die­sen: Feu­ern Sie sämt­li­che Büro­kra­ten auf mitt­le­rer Ebe­ne, jeden Beam­ten im Ver­wal­tungs­staat, erset­zen Sie sie durch unse­re Leu­te.«1 Was einem Staats­streich gleich­kä­me. »Wir befin­den uns in einer Spät­pha­se der Repu­blik … wenn wir sie ret­ten wol­len, müs­sen wir ziem­lich wüst zu Wer­ke und in Rich­tun­gen gehen, die vie­len Kon­ser­va­ti­ven im Moment noch unan­ge­nehm sind.«2

Nicht nur beschwor Van­ce damit das unter der Neu­en Rech­ten weit ver­brei­te­te Bild von Ame­ri­ka als einem Rom, das auf sei­nen Cäsar war­tet, er nahm damit auch das Pro­ject 2025 vor­weg. In die­sem wird auch emp­foh­len, die Gewal­ten­tei­lung dadurch aus­zu­he­beln, dass man das Jus­tiz­mi­nis­te­ri­um abspeckt und prak­tisch direkt dem Prä­si­den­ten unter­stellt. Außer­dem spe­ku­liert man auf ein Gesetz, das es dem Prä­si­den­ten erlaubt, jeden, aber auch wirk­lich jeden Staats­die­ner auf der Stel­le zu feu­ern. Dass Trump von alle­dem nichts wis­sen will, zeigt nur, dass er wie immer lügt; immer­hin hat Trumps Sprach­rohr Fox News unter Ver­fas­sern und Hel­fern 140 ehe­ma­li­ge Mit­ar­bei­ter Trumps aus­ge­macht. Falls nun jemand meint, es wird ja wohl eine funk­tio­nie­ren­de Gegen­be­we­gung, wenn nicht gar so etwas wie einen Unter­grund geben, dann soll­te er sich rasch mal die Dis­kus­si­on um Palan­tir, Peter Thiels welt­weit genutz­te Über­wa­chungs­soft­ware ansehen.

Okay, Palan­tir bzw. Palan­tir Tech­no­lo­gies ist zunächst mal eine 2003 auf eine Idee von Peter Thiel hin gegrün­de­te Soft­ware-Fir­ma. Hier braucht es etwas Hin­ter­grund: Thiels ers­tes Unter­neh­men war der E‑Com­mer­ce-Pio­nier Pay­pal. Etwas Hin­ter­grund dazu: »So ein­drucks­voll sei­ne Bilanz als Unter­neh­mer sein mag, als Inves­tor und Hin­ter­zim­mer­di­plo­mat übt Thiel noch grö­ße­ren Ein­fluss aus. Er steht an der Spit­ze der soge­nann­ten Pay­Pal-Mafia, eines inof­fi­zi­el­len Net­zes aus ver­floch­te­nen finan­zi­el­len und per­sön­li­chen Bezie­hun­gen, die bis in die spä­ten 1990er-Jah­re zurück­rei­chen. Zu die­ser Grup­pe zäh­len Elon Musk sowie die Grün­der von You­Tube, Yelp und Lin­kedln. Sie brach­ten das Kapi­tal für Airbnb, Lyff, Spo­ti­fy, Stri­pe, Deep­Mind – inzwi­schen bes­ser bekannt als Goo­gles glo­bal füh­ren­des Pro­jekt für künst­li­che Intel­li­genz – und natür­lich für Face­book auf.«3 Das Buch, aus dem die­ses Zitat stammt, nennt sich nicht umsonst Peter Thiel, Wie der Pate des Sili­con Val­ley die Welt beherrscht. Der Mann finan­ziert, um das noch mal zusam­men­zu­fas­sen, sowohl Donald Trump als auch sei­nen neu­en Vize J.D. Vance.

Pay­Pal war ein liber­tä­res Unter­neh­men – Thiels extrems­te Vor­stel­lun­gen gin­gen so weit, dass er dar­in eine Mög­lich­keit sah, den Regie­run­gen ein­sei­tig die Kon­trol­le über ihre eige­ne Geld­men­ge zu ent­zie­hen. Nach dem 11. Sep­tem­ber war Thiel aber kaum noch als liber­tär zu bezeich­nen, wenn er über­haupt jemals ein Liber­tä­rer gewe­sen war. Die Demo­kra­tie, die Ein­wan­de­rung und auch alle übri­gen For­men der Glo­ba­li­sie­rung beur­teil­te er zuneh­mend skep­tisch – und er arbei­te­te damals am Auf­bau eines neu­en Unter­neh­mens, das sei­ner ver­än­der­ten poli­ti­schen Hal­tung ent­sprach.4

Die­ses neue Unter­neh­men war Palan­tir. Bezeich­nen­der­wei­se – haben wirk­lich alle Sci­Fi- und Phan­ta­sy-Freaks eine faschis­to­ide Ader? – ist das Unter­neh­men nach den Palan­tìri benannt, den sehen­den Stei­nen aus Tol­ki­ens Der Herr der Rin­ge, mit denen sich über wei­te Ent­fer­nun­gen kom­mu­ni­zie­ren und auch sonst noch aller­hand sehen lässt. Sie sind nicht an sich gut oder schlecht, ihre Macht ent­fal­tet sich viel­mehr unter den Hän­den derer, die über sie gebie­ten. Und die Jagd auf Ter­ro­ris­ten nach dem 11. Sep­tem­ber ist zunächst ja mal – da unter­schei­den zu wol­len wür­de hier wirk­lich zu weit füh­ren – eine Sache der Guten.

Aber zunächst noch zum Mit­be­grün­der von Palan­tir: Alex­an­der Cae­d­mon Karp. Die bei­den kann­ten sich vom Jura­stu­di­um in Stan­ford her. Sie hat­ten sich als Außen­sei­ter ken­nen­ge­lernt, es »war ihre Men­schen­ver­ach­tung, nicht ihre poli­ti­sche Hal­tung, die sie zu Freun­den wer­den ließ«5, und sich dann aus den Augen ver­lo­ren. Karp, hoch­in­tel­li­gent, im Gegen­satz zu Thiel ein Libe­ra­ler, hat­te in Frank­furt Phi­lo­so­phie stu­diert, dort auf deutsch pro­mo­viert, dann jedoch eine klei­ne Erb­schaft als Start­ka­pi­tal dar­auf ver­wen­det, sich als Risi­ko­ka­pi­ta­list neu zu erfin­den. Und er hat­te mit sei­ner unkon­ven­tio­nel­len Art ein Händ­chen für Inves­to­ren. Und Thiel fand das alles so beein­dru­ckend und nütz­lich, dass er ihn Pro­jekt­lei­ter von Palan­tir wollte.

Über den eben zurück­ge­tre­te­nen CIA-Direk­tor Geor­ge Tenet und John Mar­lan Poin­dex­ter, dem Herrn über die Daten bei DARPA, kamen die bei­den unter Beru­fung auf das Gespenst des 11. Sep­tem­bers, wenn auch zöger­lich, ins Geschäft mit dem Staat. In-Q-Tel, die Risi­ko­ka­pi­tal­fir­ma der CIA, steck­te Geld in den Pro­to­typ von Palan­tirs Daten­kra­ke »Got­ham«.

Um das kurz zu machen: Heu­te arbei­ten die CIA, das FBI und eine Men­ge ande­rer Behör­den welt­weit mit der Soft­ware von Palan­tir, einer Soft­ware zur tota­len Über­wa­chung sämt­li­cher Daten, die irgend­wann jemand als Daten­spur irgend­wo hin­ter­las­sen hat. Ange­krei­det wur­de dem Unter­neh­men die Zusam­men­ar­beit mit Trumps Ein­wan­de­rungs- und Zoll­be­hör­de (ICE), weil sie angeb­lich beim Auf­spü­ren ille­ga­ler Ein­wan­de­rer half.

Von ille­ga­len Ein­wan­de­rern, die laut Trump das Blut der Nati­on ver­gif­ten, bis hin zum Geschmeiß der Fein­de der Demo­kra­tie, sprich sei­ner eige­nen Widersacher,Trump wird sie los­wer­den wol­len. Selbst wenn wir bei unse­ren Spe­ku­la­tio­nen die lang­jäh­ri­ge finan­zi­el­le Unter­stüt­zung des Prä­si­den­ten­ge­spanns durch Thiel unter den Tisch fal­len lie­ße, wir brau­chen ja noch nicht mal groß zu spe­ku­lie­ren. Alex­an­der Karp, CEO von Palan­tir, hat die Mit­wir­kung sei­ner Soft­ware bei einer der grenz­wer­ti­ge­ren Aktio­nen der Regie­rung Trump die­ses Jahr in Davos ein­ge­stan­den.6

Wie Alex Karp in einem Inter­view in Davos ein­ge­stand, spü­re sein Unter­neh­men »in unse­rem Land Men­schen ohne Papie­re« auf.7 Jah­re­lang hat­te Palan­tir jede Mit­wir­kung bei sol­chen Ope­ra­tio­nen mit einem Ver­weis auf die bei­den Kom­po­nen­ten der US-Ein­wan­de­rungs- und Zoll­be­hör­de ent­we­der bestrit­ten oder her­un­ter­ge­spielt: die mit grenz­über­schrei­ten­den straf­recht­li­chen Ermitt­lun­gen befass­te HSI und die mit der Durch­set­zung der Ein­wan­de­rungs­be­stim­mun­gen und Abschie­bung der Betrof­fe­nen befass­te ERO. Immer wie­der hat­te das Unter­neh­men erklärt, man arbei­te nicht für die ERO. Aber selbst wenn sich das tat­säch­lich tren­nen lie­ße, es ist seit 2017 offi­zi­ell, dass die ERO Palan­tirs Soft­ware sehr wohl ein­setzt und Palan­tir damit auch an der umstrit­te­nen Fami­li­en­tren­nung mit­ge­wirkt hat.8 Es geht hier um Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen, an denen Palan­tir seit Jah­ren aktiv betei­ligt ist.9

Das soll hier frei­lich nur als Bei­spiel dafür die­nen, wie der nächs­te Prä­si­dent sich der Soft­ware von Palan­tir bedie­nen kann und im Fal­le von Trump auch bedie­nen wird. Ein von Trump bestimm­tes Heer höhe­rer Staats­be­diens­te­ter (den­ken sie an das Pro­ject 2025) könn­te in Sekun­den­schnel­le sämt­li­che Daten­spu­ren einer belie­bi­gen miss­lie­bi­gen Per­son auf eine Wand von Bild­schir­men zau­bern – wie man das aus Jason Bourne und ande­ren Ver­fol­gungs­epen kennt. Er braucht sie dann noch nicht mal vor ein »Mili­tär-Tri­bu­nal« zu stel­len oder von den Navy Seals liqui­die­ren zu las­sen, wie er sich das bereits aus­ge­malt hat, er braucht ihnen nur das Leben zur Höl­le machen. Den­ken Sie an all die »nicht­ver­ei­dig­ten Depu­tys« vom 6. Janu­ar! Was, mei­nen Sie, könn­ten da Uni­for­mier­te mit offi­zi­el­lem Auf­trag tun! Man stel­le sich die Gefähr­lich­keit die­ser Art von Soft­ware in den Hän­den eines auto­ri­tä­ren »Herr­schers« vor. 

Irgend­wie scheint die­se Nati­on noch immer nicht auf­wa­chen, scheint sich immer noch dar­an klam­mern zu wol­len, dass man es mit einem auch nur halb­wegs »nor­ma­len« Men­schen zu tun hat und nicht mit dem empa­thie­lo­sen Psy­cho­pa­then,10 der der Mann in Wirk­lich­keit ist. Man sieht das schon dar­an, dass sich selbst erfah­re­ne poli­ti­sche Kom­men­ta­to­ren von den ers­ten 20 Minu­ten sei­nes Gela­bers von Ein­heit und Einig­keit haben ein­lul­len und auf den Leim füh­ren lassen.

Anmer­kun­gen

  1. James Pogue, »Insi­de the New Right, Whe­re Peter Thiel Is Pla­cing His Big­gest Bets«. Vani­ty Fair, 20. April 2022. ↩︎
  2. Ebda. ↩︎
  3. Max Chaf­kin: Peter Thiel, Wie der Pate des Sili­con Val­ley die Welt beherrscht. Mün­chen: Finanz­buch Ver­lag, 2022. dt. von Peter Pyka. / The Con­tra­ri­an: Peter Thiel and Sili­con Valley’s Pur­su­it of Power. New York, Pen­gu­ins Press, 2021. ↩︎
  4. Ebda. ↩︎
  5. Ebda. ↩︎
  6. Edward Ongwe­so Jr, »Palantir’s CEO Final­ly Admits to Hel­ping ICE Deport Undo­cu­men­ted Immi­grants«. Vice/Motherboard. Janu­ary 24, 2020. ↩︎
  7. Ebda. ↩︎
  8. Ebda. ↩︎
  9. Jac­in­ta Gon­za­lez, »When tech­no­lo­gy faci­li­ta­tes ICE raids that vio­la­te rights, …« ↩︎
  10. Dan­ken Sie an die Wor­te von Tony Schwartz, Trumps Ghost­wri­ter bei The Art of the Deal. Trump-Wör­ter­buch #2: Ps<ychopath ↩︎

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