Wir sind bei all dem Trubel in dieser turbulenten Seifenoper von einem Wahlkampf noch gar nicht dazu gekommen, ein wenig auf die Kindheit unseres vom Wahnsinn gestreiften Protagonisten einzugehen. Was in aller Welt macht einen Menschen zum pathologischen Angeber, zum Lügenbaron, zum skrupellosen Unternehmer, der durch Beziehungen, Tricks und Betrügereien zum legendären Immobilienhai wird, um dann praktisch alles, was er geschäftlich anpackt, gegen die Wand zu fahren. Und darin immer noch kein Scheitern sondern einen Erfolg zu sehen? Und schließlich geht er in die Politik, um, so wie es aussieht, eine ganze Nation ins Verderben zu führen.
Donald John Trump, für die eine Hälfte der amerikanischen Wähler der Erlöser, die Rettung Amerikas, für die andere das Ende der Welt, wie wir sie kennen, kam am 14. Juni 1946 in New York zur Welt. Sein Vater hatte deutsche Wurzeln, seine kränkelnde Mutter schottische. Mary Trump war auf Aufmerksamkeit und sozialen Status und so auf Geld bedacht, dass sie persönlich die Waschmaschinen und Trockner in den Kellern Trumpscher Mietskasernen leerte, auf dass ja kein Groschen verloren ging.1
Sein Vater war extrem streng, eitel und unnachgiebig in seinen Forderungen gegenüber dem Sohn. Außerdem war er ein mit allen Wassern gewaschener Geschäftsmann, der die Regeln bis zum Zerreißen dehnte, um aus den staatlichen Zuschüssen für seine Wohnungen für Veteranen und Mittelschichtamerikaner den größtmöglichen Profit zu schlagen. Besonders kreativ war er beim Aufbau undurchschaubarer Firmengebilde, die verbergen sollten, was er mit den staatlichen Zuschüssen machte. Zur Rechenschaft gezogen, stand er zu seiner Gier. Sein unziemliches Verhalten entschuldigte er mit dem System. Solange es nicht direkt illegal war, konnte es auch nicht unmoralisch sein, den Geist vom Steuerzahler bezuschusster Wohnungen kreativ zu umgehen.2
All das bläute er beizeiten Fred junior und Donald ein, auf dass sie den Killerinstinkt entwickelten, der sie zu Königen machen sollte. Donalds älterer Bruder zerbrach daran; Donald wurde beides, »Killer« und »King«. Es überrascht denn auch nicht, dass er schon als kleiner Junge ein streitsüchtiger, körperlich übergriffiger Bully war. Womit er sich praktisch bis heute nicht geändert hat. Etwas, dessen er sich durchaus bewusst zu sein scheint: »Wenn ich mich in der ersten Klasse sehe und mit heute vergleiche, dann bis ich im Grunde derselbe. Am Temperament hat sich nichts geändert.«3
Man könnte das natürlich auch so sehen, dass er nie erwachsen wurde. Was so einigen in seiner Umgebung auffiel.4 »Das Kind wuchs heran zum Kind«, wie John W. Dean schreibt.5 Wie viele Bullys hatte auch Trump schon früh eine überzogen hohe Meinung von sich selbst, und, wie bei diesem Typus üblich, steckte dahinter eine unterschwellige Angst, nicht auf dem Niveau der anderen zu sein. Und nicht selten schneiden sie in der Schule schlecht ab.6 Die Beurteilungen seiner Lehrer fielen entsprechend aus, was Trump besonders fuchste, weil seine ältere Schwester Maryanne die Einser-Schülerin war. Er rebellierte, tyrannisierte die Lehrer. »Er war eigensinnig und entschlossen. Er saß mit verschränkten Armen da, so einen Ausdruck auf dem Gesicht – mürrisch, würde ich mal sagen – und forderte einen geradezu heraus, irgendwas zu sagen, was ihm nicht passte.«7
Tony Schwartz gegenüber, dem Autor von Trumps Bestseller The Art oft he Deal, behauptete er, einmal einem Musiklehrer ein blaues Auge verpasst zu haben.8 Was dem Siebenjährigen eher schwergefallen sein dürfte. Wie auch immer, sein Vater verlangte von Ihm, der Beste zu sein, also war er das auch. »Kinder mit einer überzogenen, unrealistischen Vorstellung von der eigenen Klugheit reagieren auf enttäuschende Noten oft damit, den Lehrer für dumm zu erklären.«9 Man fühlt sich unweigerlich an einige seiner zunehmend aggressiven Wahlkampfreden von 2024 erinnert.
Als den Erwachsenen seine Mätzchen zu bunt wurden, schickte man ihn an die New Yorker Militärakademie, wo es so spartanisch wie brutal zuging; es herrschte physische wie psychische Brutalität. Was Trump jedoch guttat und seine Weltsicht bestätigte: Wettbewerb und Siegen ist alles, der Bully setzt sich durch. Laut einem seiner Mentoren dort musste Trump in allem der erste sein, selbst beim Essenfassen in der Kantine.10
Während seiner Collegezeit absolvierte Trump ein Praktikum bei seinem Vater, lernte von diesem, wie man Connections knüpfte und bei Politikern mit Geldgeschenken nachhalf. Und während viele junge Männer aus ärmeren Bevölkerungsgruppen oder Minderheiten nach Vietnam eingezogen wurden und starben, ging er all dem mit einem ärztlichen Attest aus dem Weg.11
Nach dem College suhlte er sich im Sumpf des New Yorker Prominentenlebens und lernte aus erster Hand alles über die Korruptheit der New Yorker Politik. Sein Mentor dabei war der Mob-Anwalt und politische Fixer Roy Cohn, unter dessen Anleitung Trump unter anderem lernte, wie man durch Manipulation der Presse ein falsches Image von Erfolg projiziert. Den Medien ist jede gute Story recht und Trump machte sich nicht schlecht auf Fotos.12 Unterm Strich lernte der junge Donald Trump, dass man am besten fuhr, wenn man gegen »altmodische Vorstellungen von Anstand« verstieß. »In seinem New York der 1970er-Jahre tauschten Zeitungskolumnisten Aufmerksamkeit gegen Aufmerksamkeiten, Gangster erfreuten sich der Prominenz von Sportstars und Werte wie Treue und Aufrichtigkeit gehörten der Vergangenheit an.«13
Je mehr Trump herauskehrte, was in ihm steckte, mit anderen Worten Eigennutz und ungebrochene Gier, desto mehr schien er zu gefallen. Mit Tony Schwartz heuerte er einen Autor an, der ihm ein Buch schrieb, mit dessen Urheberschaft Trump sich brüstete. Es wurde ein Bestseller. »Er betrog öffentlich seine erste Frau und setzte mit dem folgenden Skandal seine Kinder dem höhnischen Gespött der anderen aus. Seine Firmen führte er in vier massive Pleiten; eine ganze Reihe anderer geschäftlicher Unterfangen scheiterten. Und zahllosen Prozessen. Artikel und persönlichen Berichten zufolge schädigten er und seine Organisation Tausende von Investoren, Konsumenten und Unbeteiligte.«14
Soweit ein Abriss seines frühen Werdegangs. Näheres über sein weiteres Leben findet sich in jedem Kapitel dieses Buchs.
Anmerkungen
- Michael D’Antonio, The Truth about Donald Trump. New York: Thomas Dunne Books, 2015. ↩︎
- Ebda, ↩︎
- Ebda. ↩︎
- Michael Wolff, Fire and Fury: Inside the Trump White House. London: Little, Brown, 2018. ↩︎
- John W. Dean and Robert A. Altemeyer, Authoritarian Nightmare: Trump and his Followers. Brooklyn, NY: Melville House Publishing, 2020. ↩︎
- McKayla Arnold, »Five Reasons Teens Become Bullies«. ↩︎
- Paul Schwartzman & Michael Miller, »Confident. incorrigible. bully: Little Donny was a lot like Candidate Trump.« The Washington Post, June 22, 2016. ↩︎
- Donald Trump and Tony Schwartz, Trump: The Art of the Deal (New York: Random House, 1987), 79–80. ↩︎
- John W. Dean and Robert A. Altemeyer, Authoritarian Nightmare: Trump and his Followers. Brooklyn, NY: Melville House Publishing, 2020. ↩︎
- Michael D’Antonio, The Truth about Donald Trump. New York: Thomas Dunne Books., 2015. ↩︎
- Michael D’Antonio, The Truth about Donald Trump. New York: Thomas Dunne Books., 2015. ↩︎
- Michael D’Antonio, The Truth about Donald Trump. New York: Thomas Dunne Books., 2015. ↩︎
- Michael D’Antonio, The Truth about Donald Trump. New York: Thomas Dunne Books., 2015. ↩︎
- Michael D’Antonio, The Truth about Donald Trump. New York: Thomas Dunne Books., 2015. ↩︎