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Deut­scher Slang à la 1892 (28)

Im Mosa­ik mei­ner Bemü­hun­gen, ein Bild des­sen zu ver­mit­teln, was wir – heu­te und his­to­risch – als »Slang« bezeich­nen, möch­te ich hier eine der ers­ten Samm­lun­gen vor­stel­len, die – nach eng­li­schem Vor­bild – unter die­sem Begriff für die deut­sche Spra­che zusam­men­ge­tra­gen wur­den. Die Ein­lei­tung die­ser Samm­lung ist eben­so inter­es­sant wie auf­schluss­reich. Sie ist außer­dem einer der ers­ten Bele­ge für die Aner­kennt­nis einer gesamt­deut­schen Umgangs­spra­che, an die wir im Augen­blick, dank des Inter­nets, in rasen­dem Tem­po letz­te Hand anzu­le­gen schei­nen. Ich per­sön­lich neh­me das Fol­gen­de als ers­tes Kapi­tel mei­ner Mis­si­on, mehr Umgangs­spra­che aus allen deut­schen Gegen­den bei der Über­set­zung aus Fremd­spra­chen zu verwenden.

Das Vor­wort zu Arnold Gen­thes, Deut­sches Slang habe ich bereits hier vor­ge­stellt. Ich möch­te im Lau­fe der nächs­ten Zeit die Samm­lung selbst vor­stel­len. Inter­es­sant dabei ist, dass Gen­the 1892 kaum ein Wort bzw. eine Wen­dung bringt, die wir nicht auch heu­te noch als soli­des Umgangs­deutsch bezeich­nen wür­den. Um der Samm­lung etwas mehr Gewicht zu geben, wer­de ich den einen oder ande­ren Ein­trag durch einen Blick in ande­re Wör­ter­bü­cher oder ins Inter­net wei­ter aus­füh­ren bzw. kommentieren.

Fort­set­zung von hier.

[Schlach­ten­bumm­ler – Sch­lum­per. 53]

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Schlach­ten­bumm­ler. Beglei­ter der Haupt­quar­tie­re im Feld­zu­ge; ohne mili­tä­ri­sche Stel­lung bes. Bericht­erstat­ter der Zeitungen.

schlab­bern, v. int., verschütten. 

Ade­lung führt das Wort bereits im 18. Jh. an. Und es war damals bereits Umgangs­spra­che. Inter­es­sant ist, dass das heu­te noch belieb­te Verb mit dem eben­so belieb­ten »labern« im Sin­ne von schwat­zen zu tun hat. Von wegen Jugend­spra­che!

Schlab­ben, Schlap­pen und Schlab­bern, drey nur in den nied­ri­gen Sprech­ar­ten übli­che Zeit­wör­ter, wel­che eigent­lich von den Hun­den gebraucht wer­den, wenn sie flüs­si­ge Din­ge mit dem die­sen Wör­tern eigent­hüm­li­chen Lau­te leckend hin­ein schlin­gen. Nie­ders. slab­ben, slab­bern, wel­ches letz­te­re daselbst auch, im Essen und Trin­ken Trop­fen ver­schüt­ten bedeu­tet, wie die Hun­de zu thun pfle­gen. Im Engl. ist to slab­ber naß machen. Nach einer andern Ono­ma­to­pö­ie ist schlab­ber, doch auch nur in den nied­ri­gen Sprech­ar­ten, ein lang­wei­li­ges geschwin­des und alber­nes Geschwätz machen, oft auch nur geschwin­de her plau­dern. Schlap­pen ist das Inten­si­vum und schlab­bern das Ite­ra­ti­vum von schlab­ben, die­ses aber ein Inten­si­vum von lab­ben, des­sen Ite­ra­ti­vum lab­bern auch eine Art des Plau­derns bezeich­net. S. die­se Wör­ter.1

Eine rasche Web­su­che zeigt, dass das Verb auch heu­te noch vor allem die feuch­te Zun­gen­ar­beit von des Men­schen bes­tem Freund bezeich­net. Davon abge­lei­tet fin­det sich, eben­falls seit eini­gen Jahr­hun­der­ten, die Ablei­tung »beschlap­pern« bzw. »beschlab­bern«

beschlab­bern, inqui­na­re, besu­deln, zumal beim essen:
im fau­len heue gebet­tet
fand ich die gars­ti­ge brut, und über und über beschlab­bert
bis an die ohren mit koth.
Göthe 40, 199,
unhoch­deutsch, nach beslab­bert wen­te ton oren mit drek. Rein­ke 5917;
nl. ic sit beslab­bert toten oren. hor. belg. 6, 118; het kind heeft zich ellen­dig beslab­berd. auch beschlab­bern beschwat­zen. die hochd. mund­art for­dert beschlap­pern, w. m. s.

Auch hier also wie­der die Bedeu­tung: jeman­dem »ein Ohr abkau­en«. Eine rasche Web­su­che ergibt jede Men­ge Fund­stel­len. Hier nur eine Hand­voll davon: 

»10.02.2018 — Aber von einem schmie­ri­gen Typen erst im Fern­se­hen vor einem Mil­lio­nen­pu­bli­kum beschlab­bert und dann mit einem selbst­ge­fäl­li­gen Grin­sen abser­viert zu wer­den …«
»10.11.2018 — wich­tig : falls beim versetzen/betonstütze aus­bil­den der stein mit beton/zement beschlab­bert wird , die­sen mit was­ser und einem …«
»15.09.2006 — Achim (in Fach­krei­sen auch Achim Arsch­loch, wegen dem Schlach­zeu­ger von Super­nichts) ver­sucht Bier zu trin­ken und beschlab­bert sich.«
»18.12.2018 — … nur zu fest gedrückt, son­dern auch mit feuch­tem Kuss beschlab­bert, wie von der einen Tan­te, die immer über­treibt mit der Herz­lich­keit.«
»21.04.2017 — Schwie­rig­keit: Canela kle­ckert wie ver­rückt und ist empört dar­über, dass sie sich beschlab­bert, muss sofort geputzt wer­den, das “Mini­mel” …«
»22.04.2013 — Fast alle Gerich­te wer­den hier auch in vege­ta­ri­schen und vega­nen Optio­nen ange­bo­ten. Damit man sich beim Nudeln schlür­fen nicht ›beschlab­bert‹ …«

»17.02.2022 — Ganz ehr­lich, ich bin zwar nur am Ran­de beschlab­bert mit War­ham­mer 40K, aber dass es DA noch kein Rol­len­spiel gibt wun­dert mich auch.«2

Das letz­te Bei­spiel erin­nert arg an »beleckt sein« im Sin­ne von »bewan­dert«:

»… denn die SS in The­re­si­en­stadt war ja kul­tu­rell nicht sehr beleckt, wie es mein Freund Her­bert Tho­mas Man­dl tref­fend aus­zu­drü­cken pfleg­te.«
»… die ein Kri­mi­nel­ler aus eige­nem Antrieb beschaf­fen wird, selbst wenn er von Soft­ware nicht sehr beleckt ist. Stu­fe 4 ist ein guter Durch­schnitt.«
»16.08.2022 — Ich bin in Elek­trik nicht sehr beleckt. Aber die Ver­brau­cher des Fahr­zeugs lau­fen doch nicht über die Auf­bau­bat­te­rie. Von daher kön­nen die …«
»17.11.2008 — Wäre für Ant­wor­ten see­ehr dank­bar. Bin auf dem Gebiet Renault nicht sehr beleckt. Dan­ke. Ich habe die glei­che Fra­ge Neue Ant­wort …«
»18.01.2015 — Netz­werk­tech­nisch nicht sehr beleckt. … Moin moin, kann mir mal jemand ver­ra­ten oder nen Link schi­cken dar­über wie ich mei­ne ext.festplatte mit …«
»22.02.2019 — Ich bin jetzt tech­nisch nicht sehr beleckt, mein Mann erklärt mir dass es nicht aus dem Unter­druck­sys­tem beim Abwas­ser kom­men kann, …«
»23.08.2022 — Bin pro­gram­mier­tech­nisch nicht sehr beleckt. Des­we­gen tu ich mich ja schwer mit so man­chen Din­gen. Kodi 19.4«

Schla­fitt­chen, n. (Schla­witt­chen), Genick, Rock­kra­gen; jem. beim Schla­fitt­chen krie­gen = 1. ihn fest hal­ten; 2. zur Rede stellen.

Schlaf­ratz, m., (s. Ratz) Mensch, der ger­ne und viel schläft. 

schlam­pam­pen, v. tr. u. intr., schwel­gen, schlem­men, gut und reich­lich essen; Aus­tern schlampampen.

schlank­weg, adv., ohne Hin­der­niß, ohne Anstoß, ohne Aufenthalt.

schlapp, a., schlaff, weich, schwäch­lich, kraft­los, ermat­tet, (von Spei­sen = flau, ohne Gewürz).

Schlap­pen, pl., gro­ße, beque­me Haus­schu­he; schlap­pen, v. tr. , schlür­fen, z. B. Milch schlürfen.

Schlapp­schwanz, m , unent­schlos­sene­n­er, wan­kel­mü­ti­ger, ener­gie­lo­ser Mensch.

schlapp­sig, a., 1. schlaff, kraft­los; 2. nach­läs­sig, lie­der­lich, unor­dent­lich (in der Kleidung).

Schlapps, m., unor­dent­li­chen in der Klei­dung nach­läs­si­ger Mensch.

Schlau­ber­ger, m., schlau­er Mensch.

Schle­cker­maul (Süß­maul) n., einer, der ger­ne Süßig­kei­ten etc. ißt.

schlei­er­haft, a., rät­sel­haft, unerklärlich.

schlei­fen, v. tr. , schlep­pen; einen Wie­der­stre­ben­den mit nach X schlei­fen etc.

schlimm, a., l. wund, z. B. schlim­mer Fin­ger; 2. Red.: das ist nicht schlimm — will nicht viel sagen.

Schluck­auf, Schlu­cken, m., Auf­sto­ßen, krampf­haf­te Zusam­men­zie­hung des Zwerchfells.

Sch­lum­per, m., unor­dent­li­cher Mensch; sch­lum­pe­rig a., unor­dent­lich, schlum­pig, a., unor­dent­lich angezogen.

Fort­set­zung

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  1. Gram­ma­tisch-Kri­ti­sches Wör­ter­buch der Hoch­deut­schen Mund­art (Aus­ga­be letz­ter Hand, Leip­zig 1793–1801), digi­ta­li­sier­te Fas­sung im Wör­ter­buch­netz des Trier Cen­ter for Digi­tal Huma­ni­ties, Ver­si­on 01/23, <https://www.woerterbuchnetz.de/Adelung>, abge­ru­fen am 04.01.2023. []
  2. Falls jemand nach Bele­gen sucht: Satz­teil kopie­ren & selbst goo­geln []