SlangGuy's Blog ...

Geht’s auch auf Deutsch?

Mitt­ler­wei­le ist mir klar gewor­den, dass es sich bei mei­nem Plä­doy­er für mehr Mühe & Sorg­falt beim Über­set­zen letzt­lich auch – oder ver­mut­lich sogar, sagen wir es wie es ist, in ers­ter Linie – um ein Plä­doy­er für ein bes­se­res, sprich kom­pe­ten­te­res & ein­fühl­sa­me­res Lek­to­rat han­delt. In die­sem Sin­ne wer­de ich künf­tig der Ver­su­chung wider­ste­hen, die klei­nen Sei­ten­hie­be gegen das Lek­to­rat, so wie ich es lei­der seit Jahr­zehn­ten erfah­re, ent­we­der zu unter­las­sen oder wie­der zu strei­chen. Bele­gen las­sen sich die Schnit­zer, die mir da – nicht sel­ten mit der Sen­si­bi­li­tät eines Rob­ben­schlä­gers – ins Manu­skript & damit eben in der Regel lei­der auch ins gedruck­te Buch prak­ti­ziert wer­den, alle­mal. Also sei’s drum…
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Begin­nen wir des­halb dies­mal mit einem heh­ren Zitat, das ich neu­lich beim Radio­hö­ren auf­ge­schnappt & raus­ge­sucht habe. (Ich erwäh­ne das nur, um hier nicht den Ein­druck zu erwe­cken, ich hät­te der­lei Zita­te für alle Fäl­le & immer parat.)

»Tread soft­ly becau­se you tread on my dreams« Wil­liam But­ler Yeats1

Nor­bert Hum­melt über­setzt das mit

»Tritt sanft, du trittst ja auf mei­ne Träu­me.«2

Ich wider­ste­he der Ver­su­chung, hier auf die­se Lösung ein­zu­ge­hen. Belas­sen wir es beim Gemein­ten & was es für mich bedeu­tet: Natür­lich spre­che ich von dem Traum, eine ordent­li­che Über­set­zung nicht nur machen zu kön­nen, son­dern sie auch gedruckt zu bekommen.

Aber wei­ter im Text…

Nach­dem ich das letz­te Mal zei­gen woll­te, dass ich weder ein Pro­blem mit eng­li­schen Bro­cken, noch mit dilet­tan­ti­schen Über­set­zun­gen habe, solan­ge sie im rich­ti­gen Rah­men statt­fin­den… Zur Erin­ne­rung, wenn der Hus­ten­saft Jüng­ling – okay, ich gebe zu, ich bin ver­sucht, hier einen Bin­de­strich zu set­zen, aber wo der Mann sich nun mal so nennt, geht das eben nicht –, also wenn die­ser bin­de­stri­ch­lo­se Jüng­ling sein Lean unbe­dingt »bei dem Liter« nip­pen, Par­don, »sip­pen« will, more power to him. Gehört in dem Kon­text eben so, bas­ta. Ich ver­spü­re noch nicht mal das Bedürf­nis, da was zu bekritteln.

Um das wei­ter zu ver­deut­li­chen, möch­te ich das The­ma dies­mal vom ande­ren Ende her auf­zäu­men und eine pro­fes­sio­nel­le Über­set­ze­rin zu Wort kom­men las­sen. Nein, kei­ne Ban­ge, es soll hier nicht um den »Umgang mit zwei Spra­chen« und den »Raum zwi­schen die­sen Spra­chen« gehen, »der sich beim Vor­gang des Über­set­zens auf­tut«. Nicht nur habe ich kei­ne Ahnung, was das hei­ßen soll, ich bin als Über­set­zer zu sehr Hand­wer­ker, um mei­ne Arbeit auf einem der­art abs­trak­ten Level zu sehen. Es hät­te auch wenig Sinn – und schon geht’s wie­der los, ich weiß – bei einem Lek­to­rat, wie ich es in der Regel genie­ße: das im kor­ri­gier­ten Umbruch »inter­es­sie­ren« mit einem »s« schreibt und der Ansicht ist, von einem Lokal mit einem gewis­sen »Vibe«, gehe »ein dump­fes Brum­men« aus. Weil ja »vibe« irgend­wie was mit »Vibra­tio­nen« zu tun haben muss. Good grief! Aber gera­de der Hand­wer­ker in mir hat über einen Satz in Esther Kin­skys Buch Fremd­spre­chen gestaunt, eine schlich­te Über­set­zungs­lö­sung, die mich nicht los­las­sen will. In der als Bei­spiel bei­gege­be­nen Über­set­zung eines Tex­tes hin­ten in ihrem Buch, in der Aus­gangs­text und Über­set­zung sich gegen­über­ste­hen, heißt es für …

»On Fri­day after­noons the obe­dient child­ren rush home…«
»Frei­tags eilen die folg­sa­men Kin­der am Nach­mit­tag heim«3

Sie ver­ste­hen? Statt »am Frei­tag­nach­mit­tag« steht hier »frei­tags … am Nach­mit­tag«. Die­se Lösung fin­de ich beein­dru­ckend. Sie hat mir sowas von gefal­len. Ich könn­te noch nicht mal so recht sagen war­um, aber es ist nun mal so. Ich bin sicher, ich wer­de das bei Gele­gen­heit auch mal probieren.

Das nur noch mal als Hin­weis dar­auf, dass ich nicht der Ein­zi­ge bin, der das Über­set­zen ernst nimmt.

Und da die heu­ti­ge Epi­so­de bereits wie­der mal zu lang zu wer­den droht, bis nächs­ten Mitt­woch. Viel­leicht soll­te ich mir über­haupt eine bestimm­te Zahl von Wör­tern pro Kapi­tel auf­er­le­gen; so wie man das in einer Zei­tungs­ko­lum­ne hät­te. Oder so wie ein Tat­ort immer eine Stun­de acht­und­zwan­zig Minu­ten lang ist. Mal sehen…

 

  1. Wil­liam But­ler Yeats, The Coll­ec­ted Poems 1889–1939. Aus der Samm­lung The Wind in the Reeds []
  2. W. B. Yeats, Die Gedich­te. Mün­chen: Luch­ter­hand, 2005. Her­aus­ge­ge­ben von Wer­ner Vord­trie­de. []
  3. Esther Kin­sky, Fremd­pre­chen. Ber­lin: Matthes & Seitz, 2013 []

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