Das Vorwort zu Arnold Genthes, Deutsches Slang habe ich bereits hier vorgestellt., und wir sind nun bald am Ende des Bändchens. Interessant ist, dass Genthe 1892 kaum etwas – sei es ein Wort, sei es eine Wendung – bringt, das wir nicht heute als solides Umgangsdeutsch bezeichnen würden, das es damals aus diversen Gründen noch nicht gab, Genthe aber letztlich zu beschreiben oder einzuführen versucht. Einige wenige seiner Einträge sind verschwunden oder womöglich in dem Dialekt verblieben, aus dem sie wohl kamen, und einige andere wiederum. so finde ich, sollte es noch geben …
Fortsetzung von hier …
68 verläppern — verrungenieren.
verläppern, v. tr., sein Geld verläppern = nach und nach für allerlei Kleinigkeiten ausgeben; seine Zeit verläppern = an unwesentliche Dinge verlieren; (auch verleppern).
Der Grimm weiß zu »verläppern«, dass das Verb sich vom guten alten »Lappen« ableitet:
verläppern eigentlich zu lappen zerschneiden, daher ein ganzes in kleine stücke zersplittern: immer wehrendt geld leihen auff die solten, dadurch den knechten jhre besoldung verzippelt und verlappert wird. Kirchhof milit. disc. 81. daher verläppern, mundartlich in kleinen ausgaben verbrauchen, vergeuden. so wetterauisch-frankf.: er hat sein ganzes hübsches vermögen allmählich so verläppert. vgl. Spiesz (Meiningen) 267. Albrecht (Leipzig) 229. Sallmann (Esthland) neue beitr. 107. sich verläbbern, eigentlich sich schaden thun, besonders auch für thörichtes, leichtsinniges, zu frühes verlieben. Sallmann (Esthld.) neue beitr. 107.1
Der heutige Duden hat daran so gut wie nichts geändert, wenn auch eine zweite Bedeutung hinzugefügt:
ver|läp|pern <sw. V.; hat> (ugs.): 1. a) für unnütze Dinge nach u. nach ausgeben, vertun: Geld, seine Zeit v.; b) <v. + sich> für unnütze Dinge nach u. nach ausgegeben, vertan werden: die Erbschaft verläpperte sich schnell. 2. sich in Kleinigkeiten erschöpfen: ihr Schwung verläpperte zusehends; … bis unser Racherausch immer in demselben Ausruf verläppert (Kinski, Erdbeermund 37).2
Zu letzterer Bedeutung fand ich ein nettes aktuelles Zitat:
Keine anspruchsvollen Rollen für Frauen im Alter? Thekla Carola Wied rechnet mit der deutschen TV-Branche ab. Thekla Carola Wied: “Es ärgert mich, dass mein Berufsleben so langsam verläppern soll“3
Der Häufigkeitskurve des DWDS zufolge hat das Verb schon bessere Zeiten gesehen, zumindest in deutschen Zeitungen. Der Open Thesaurus hat eine erkleckliche Menge an bedeutungsähnlichen Wörtern zusammengetragen.
verloddern, I. V. tr., vernachlässigen (bes. seine Kleidung); 2. v. int., durch Faulheit und Nachlässigkeit verderben, zu Grunde gehen, liederlich werden.
vermengelieren, v. tr., vermengen, vermischen.
vermickert, a., kränklich, schwächlich, schlecht genährt.
vermöbeln, v. tr., 1. durchprüͤgeln; 2. vergeuden; 3. jem. heruntermachen (in Recensionen), kein gutes Haar an ihm lassen.
vermummeln, v. refl., sich warm einhüllen.
vernarrt, part., Red.: vernarrt sein in etw. oder jem. = eine übermäßige, thörichte Zuneigung zu etw. empfinden.
verpicht, part., Red.: verpicht sein auf etw. = begierig auf etw. sein.
verpimpeln, v. tr., jem. verhätscheln, verzärteln (ſ. pimpeln).
verplempern, v. tr., verschwenden, vergeuden (bes. Zeit. Geld).
verprudeln, v. tr., eine Handarbeit durch unordentliches Nähen etc. verderben; dann auch von anderen Sachen z. B.: eine Zeichnung verprudeln.
verpudeln, v. tr., eine Sache durch Ungeschicklichkeit verderben.
verpulvern, v. tr., schnell verschwenden, vergeuden (bes. von Geld und Gesundheit.
verpusten, v. refl., Atem schöpfen, ausruhen, von einer Anstrengung sich erholen (s. Puste).
verputzen, v. tr., schnell mit etw. aufräumen, schnell verbrauchen, z. B.: seine Kräfte verputzen; sein ganzes Geld verputzen.
verrammeln, v. tr., verschließen, unzugänglich machen.
verrungenieren, v. tr., (s. rungenieren), etw. ruinieren, verderben, in Unordnung bringen.
Vers — vertütern. 69
Vers, m., Red.: da kann ich mir gar keinen Vers drauf machen — das kann ich mir nicht erklären.
versalzen, v. tr., verderben, bes. jem. ein Vergnügen, einen Spaß versalzen.
Persönlich noch nie gehört habe ich folgende Wendung:
Verschiedenes. n., Red.: da hört doch Verschiedenes auf! = das ist zu arg.
Langenscheidts Klassiker Muret-Sanders übersetzt das jedoch sogar ins Englische:
Verschiedenes (n); kein Pl. various things Pl., … da hört sich doch Verschiedenes auf! umg. that really is going a bit too far4
Als erstes fiel mir hierzu »allerhand« ein:
Das ist [doch; schon; ja] allerhand [für’n Groschen] Mit dieser umgangssprachlichen Redensart gibt man seiner Entrüstung Ausdruck: Das ist doch allerhand, dass aus den Toten jetzt auch noch politisches Kapital geschlagen wird!5
So richtig von heute scheinen mir aber beide nicht, weder »Verschiedenes« noch »allerhand«.
verschimpfieren, v. tr., etw. verunstalten, entstellen.
verschlampampen, v. tr., durch Schlemmerei verschwenden, durchbringen, ſ. schlampampen.
verschnappen, v. refl., unbedachtsam etw. verraten, was man verheimlichen wollte.
verschnupft, a., ärgerlich, mißlaunig, verstimmt.
verschossen, part., Red.: verschossen sein in jem. = verliebt sein.
verschrecken, v. refl., sich erschrecken.
verschrumpeln, v. int., vertrocknen, Runzeln bekommen, z. B.: ein verschrumpeltes Gesicht.
verschwiemelt, part., übernächtig, bes. verschwiemelt aussehen.
verschwitzen, v. tr., etw. vergeſſen, aus dem Gedächtnis verlieren.
versetzen, v. tr., jem. sitzen lassen, im Stich lassen, eine getroffene Verabredung nicht einhalten.
versilbern, v. tr., etw. verkaufen, zu Geld machen.
versimpeln, v. int., durch einseitige Beschäftigung beschränkt werden, s. simpeln.
versohlen, v. tr., jem. durchprüͤgeln.
vertellen, v. tr., etw., erzählen, sagen etc.; ich will dir mal was vertellen.
vertrackt, a., verworren, unangenehm, schwierig (von Sachen).
vertrödeln, v. tr., I. Zeit vertrödeln = vergeuden, unnütz hinbringen; 2. etw. vertrödeln = etw. auszuführen vergessen, etw. durch Nachlässigkeit verschleppen.
vertrommeln, v. tr., jen. durchprügeln.
vertütern, v. tr. u. refl., Bindfaden, Wolle, ein Gewebe verwirren: der Faden hat sich vertütert.
- Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, digitalisierte Fassung im Wörterbuchnetz des Trier Center for Digital Humanities, Version 01/21, <https://www.woerterbuchnetz.de/DWB>, abgerufen am 29.06.2022. [↩]
- © 2000 Dudenverlag [↩]
- Kerstin Ammermann, Keine anspruchsvollen Rollen für Frauen im Alter? 25.05.2018 [↩]
- Großwörterbuch Englisch: Deutsch-Englisch © Langenscheidt KG, Berlin und München [↩]
- © 2002 Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG [↩]