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Das Jahr des Schmier­fin­ken oder Umber­to Eco als Lachnummer

Ich habe dum­mer­wei­se etwas gemacht, was ich mir sonst tun­lichst ver­knei­fe, den schreck­li­chen Feh­ler näm­lich, bei amazon.com nach zwei Über­set­zun­gen von mir zu sehen…

So gut hat­te es sich ange­las­sen, die­ses Jahr 2008: Gleich Anfang Janu­ar das Ange­bot, Ste­phen Davis’ legen­dä­re Led Zep­pe­lin-Bio­gra­fie zu über­set­zen. Kurz dar­auf die Anfra­ge, ob ich nicht die Auto­bio­gra­fie von Guns ’n Roses-Gitar­rist Saul Hud­son ali­as Slash dazwi­schen schie­ben möchte.

Logisch. Her damit.

Und damit war es auch schon wie­der aus mit der Herr­lich­keit. Es kam kein Ver­trag. Was man mir näm­lich ver­schwie­gen hat­te: Der Rock­buch Ver­lag wur­de gera­de ver­kauft. Eine Über­set­zung ohne Ver­trag anzu­ge­hen, ist natür­lich Selbst­mord, aber man erzähl­te mir etwas von Pro­ble­men mit der Agen­tur und der­gleichen, und ich habe nun mal selbst in mei­nem fort­ge­schrittenen Alter ein­fach immer noch Schwie­rig­kei­ten mit der Vor­stel­lung, dass man sei­ne Mit­men­schen der­art dreist belü­gen kann.
Wie auch immer: Ich schrieb die ers­ten 14 Tage Arbeit am Ham­mer in den Wind (Den Hand­wer­ker möch­te ich mal sehen, der einem vier­zehn Tage Arbeit schenkt. Und ich spre­che hier auch nicht von Acht-Stun­den-Tagen, aber ist eben Über­set­zer­los.) Ich bestell­te den Slash (oh ja, muss­te ich mir sel­ber kau­fen – wie auch den Ham­mer) und mach­te mich ans Werk.

Ich möch­te nie­man­den lang­wei­len mit dem Thea­ter, das mich erwar­te­te. Tat­sa­che war, dass ich den Ver­trag am Tag des Lie­fer­ter­mins end­lich doch noch bekam – weil ich ansons­ten nicht lie­fern woll­te. Und ich woll­te, ich hät­te es nicht getan. Doch davon gleich mehr.

Immer­hin: der Titel war als Auf­ga­be inter­es­sant gewe­sen & wit­zig zu lesen oben­drein. Und das Hono­rar kam überpünktlich.

Etwas erstaun­lich für mich, nach­dem ich mich nun wirk­lich nicht beliebt gemacht haben konn­te mit mei­nem offen­sicht­lich anstö­ßi­gen Drän­gen auf einen Ver­trag, kam dann von den neu­en Her­ren des Rock­buch Ver­lags das Ange­bot, den Ham­mer of the Gods denn auch gleich noch zu machen. (Was natür­lich bedeu­te­te, dass ich die bereits geleis­te­te Arbeit am Ham­mer tat­säch­lich auf eige­ne Faust gemacht hat­te; der neue Besit­zer des Rock­buch Ver­lags hät­te mich damit ja nicht zu betrau­en brau­chen, ja hät­te den Titel gar nicht machen müssen.)

Ja. Her damit.

Wie­der das Heck­meck mit dem Ver­trag. Erst jetzt erfah­re ich vom Ver­kauf des Ver­lags. Bis dahin war nur davon die Rede gewe­sen, einen kom­pe­ten­ten Ver­triebs­part­ner fin­den zu wol­len. Wie auch immer, auch dies­mal kam der Ver­trag erst am Tag des Lie­fer­ter­mins für das Manu­skript auf mei­ne Wei­ge­rung zu liefern.

Wie gesagt. Jeder Über­set­zer mit eini­gen Berufs­jah­ren Jah­ren auf dem Buckel kennt so Geschich­ten. Man hat sich mit sei­ner Rol­le als Paria der Bran­che abgefunden.

Ich möch­te denn gar nicht wei­ter dar­auf her­um­rei­ten. Die grund­sätz­li­che Anstän­dig­keit der neu­en Her­ren zeig­te sich ja auch hier wie­der in der promp­ten Bezahlung.

Das eigent­li­che Pro­blem beginnt aber erst und wird mir lei­der für den Rest mei­ner Über­set­zert­age nach­hän­gen. Irgend­wann im Som­mer schnei­ten mir doch die Beleg­ex­em­pla­re für den Slash ins Haus. Fer­tig gedruckt! Ich hat­te kein redi­gier­tes Manu­skript gese­hen. Ich hat­te kei­ne Fah­nen bekom­men. Kei­nen Umbruch. Nichts. Schlim­mes ahnend öff­ne ich eines der Bücher, lese dar­in, schmei­ße es an die Wand. Dann in die Mülltonne.
Kaum je – und das will etwas hei­ßen bei 25 Jah­ren im Clinch mit Nar­ren­hän­den – hat man mir ein Manus­kript der­art ver­schmiert. Da ist ein kom­plet­ter Analpha­bet her­ge­gan­gen, hat beim ers­ten Satz den gro­ben Pflug sei­ner Dumm­heit in die Schol­le mei­nes Tex­tes gerammt und dann sei­nen Dünn­pfiff in die schep­sen Fur­chen gepflügt wie ein von der ange­go­re­nen Milch sei­ner eige­nen Pro­fil­neu­ro­se besof­fe­ner Yak.

Als sich dann abzeich­ne­te, dass es mit dem Zep­pe­lin-Buch genau­so gehen soll­te, habe ich auf ein Pseud­onym bestan­den. Bei­lei­be nicht das ers­te Mal. Scha­de auch, selbst­ver­ständ­lich, aber es belegt wenigs­tens: Ich distan­zie­re mich von dem, was man aus die­sem Buch gemacht hat. Natür­lich kann ich nur dar­auf hof­fen, dass man mei­nem Ersu­chen ent­spricht; wäre auch nicht das ers­te Mal, dass man auch dar­auf pfeift und ich mit dem Mist irgend­ei­nes Schmier­finken unter mei­nem Namen zu leben habe.

Und man darf mir glau­ben, dass so ein Schmud­del frech auf den Über­set­zer deu­tet, wenn einem Leser oder gar einem Rezen­sen­ten der Mist auf­fal­len soll­te, den er mir ins Manu­skript prak­ti­ziert hat.

Was, so wird der eine oder ande­re, der mir bis hier­her gefolgt ist, sich jetzt fra­gen, hat das alles mit Umber­to Eco zu tun?

Nun, ganz ein­fach: Ich habe mir, nicht zuletzt um mir die unge­heu­re Frus­tra­ti­on über ein völ­lig ver­geig­tes Jahr von der See­le zu lesen, Umber­to Ecos Buch über das Über­set­zen Qua­si das­sel­be mit ande­ren Wor­ten gekauft. Um mich mei­ner klei­nen Welt zu ver­ge­wis­sern. Um schwarz auf weiß zu lesen, dass es noch jeman­den gibt, für den Über­set­zen ein Hand­werk ist, das man – wie jedes ande­re Hand­werk auch – ernst neh­men kann.

Zunächst ein­mal ein Lob für den Han­ser Ver­lag, so ein Buch (das wohl kaum Geld ein­brin­gen wird) über­haupt zu machen. Aber immer­hin han­delt es sich um Umber­to Eco. Vor allem aber möch­te ich mei­ne Bewun­de­rung und mei­nen blas­sen (wenn auch ganz und gar nicht miss­güns­ti­gen!) Neid auf den Kol­le­gen Kroeber zum Aus­druck brin­gen, der nicht nur jeman­den wie Eco über­set­zen, son­dern so offen­sicht­lich dabei auch noch mit­re­den, womög­lich sogar das letz­te Wort haben darf.
Auf 460 Sei­ten kom­men in die­sem Band alle mög­li­chen Pro­ble­me des Über­set­zens zur Spra­che, Din­ge, die den Über­set­zer und ver­mut­lich nur ihn fas­zi­nie­ren – mit Sicher­heit nicht einen dum­men Analpha­be­ten von dem Kali­ber, wie er mir die­ses Jahr zwei gute Bücher ver­schmiert hat, die ich in drei Durch­gän­gen mit Hun­der­ten von Noti­zen aus einem Guss zu fer­ti­gen ver­sucht habe. Ich habe mir näm­lich eine Men­ge der Gedan­ken gemacht, die Eco in sei­nem Buch beschreibt – und wenn schon nicht in jedem Fall bei die­sen bei­den Titeln, so doch bereits viel frü­her bei einem der über 100 ande­ren, die ich zuvor über­setzt habe. So etwas nennt man in ande­ren Bran­chen Erfah­rung. Ich kann sie in mei­nen Daten­ban­ken abru­fen, wenn das Gedächt­nis schon zuneh­mend versagt.

Stel­len Sie sich vor, Sie bestün­den, wann immer Sie Ihren Motor zum Ein­stel­len geben, dar­auf, dass jemand aus der Buch­hal­tung mit dem Holz­ham­mer nach­jus­tiert, was der Kfz-Meis­ter mit 25 Jah­ren Erfah­rung & Spezialwerk­zeug in der Werk­statt ein­ge­stellt hat.
Nun in der Buch­bran­che ist dies an der Tages­ord­nung. Ange­sichts die­ser Rea­li­tät habe ich das Buch von Eco gekauft. Und ange­sichts die­ser Rea­li­tät, in der sich der­je­ni­ge, der das letz­te Wort hat, eben alle die­se Gedan­ken & Mühe nicht macht, ist die­ses phan­tas­ti­sche Buch mit­samt sei­ner tol­len Über­set­zung lei­der auch eine Lachnummer.

Nicht dass ich dar­über lachen könn­te, was ich heu­te mor­gen auf amzon.com fin­den musste…

http://www.amazon.de/Slash-Die-Autobiografie/dp/3927638455

Damit leben Sie mal…

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