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Über die Aus­schließ­lich­keit des Fühlens

T002Ist Ihnen schon mal auf­ge­fal­len, dass man in Über­set­zun­gen aus dem Eng­li­schen sel­ten, wenn über­haupt jemals etwas spürt? Ich mei­ne, dass etwas „gespürt“ wird? Was immer man kör­per­lich emp­fin­det oder wahr­nimmt, es wird immer nur „gefühlt“. Und wie­der ein­mal hat das einen ganz ein­fa­chen Grund: Die blo­ße mor­pho­lo­gi­sche Ähn­lich­keit des eng­li­schen Aus­gangs­wor­tes mit irgend­ei­nem deut­schen Ziel­wort schließt bereits den Gedan­ken an ande­re Über­set­zungs­mög­lich­kei­ten kurz und damit aus. 

Um erst kei­ne Miss­ver­ständ­nis­se auf­kom­men zu las­sen: „feel“ mit füh­len zu über­set­zen ist natür­lich völ­lig kor­rekt, nur ver­armt damit nicht nur wie­der ein­mal die Über­set­zung um wenigs­tens ein wei­te­res Syn­onym, die Aus­schließ­lich­keit des „Füh­lens“ auf Kos­ten des Spü­rens wirkt sich auch auf die letzt­lich längst über Gebühr von der Über­set­zung aus dem Eng­li­schen beein­fluss­te deut­sche Spra­che aus. 

Ich den­ke mal, es ist von der Defi­ni­ti­on her gar nicht ein­fach zu unter­schei­den, wann der Deut­sche nun zu „füh­len“ oder zu „spü­ren“ hat, aber dafür haben wir ja den rei­chen Schatz an pro­ba­ten deut­schen Wen­dun­gen, der unser Sprach­ver­hal­ten bestimmt. 

Der Duden defi­niert spü­ren mit kör­per­lich emp­fin­den; wahr­neh­men, füh­len und füh­len mit mit dem Tast­sinn, den Ner­ven wahr­neh­men; kör­per­lich spü­ren; ob ich also die Son­ne auf der Haut füh­le oder spü­re, ist Jacke wie Hose, es ist wohl eher das per­sön­li­che Emp­fin­den, das hier bestimmt. (Bei einer Über­set­zung dem jeweils Spre­chen­den, Emp­fin­den­den, Den­ken­den einen Wort­schatz unab­hän­gig vom eige­nen auf den Leib schnei­dert, kommt heu­te sowie­so nicht mehr vor.) 

Ob nun jemand sein Kreuz oder sei­nen Kopf „fühlt“ oder „spürt“, nun, da wäre eine Umfra­ge sicher recht inter­es­sant; für mich per­sön­lich, um gleich den Anfang zu machen, gehört in die­se Wen­dun­gen „spü­ren“.

Wenn man nun aber her­geht und sich „hung­rig zu füh­len“ beginnt, nur weil da im Eng­li­schen „to feel hun­gry“ steht, dann nagt das an besag­tem Schatz und damit am Sprach­ge­fühl selbst; ich will gar nicht dran den­ken, dass das zur modi­schen Flos­kel wird wie so vie­le ande­re ama­teur­haf­te Über­set­zun­gen in den letz­ten Jah­ren. Wir Deut­schen „haben Hun­ger“, „ver­spü­ren“ ihn mei­net­we­gen oder von mir aus gar ein „Hun­ger­ge­fühl“. Was ist dar­an so abwe­gig oder gar kompliziert? 

Etwas Gespür für die eige­ne Spra­che beim Über­set­zen wäre wün­schens­wert, ein biss­chen mehr Sprach­ge­fühl, gera­de wo die Über­set­zung zuneh­mend der Anfang aller Spra­che zu wer­den scheint. 

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