SlangGuy's Blog ...

Pie in the sky – Eska­pis­mus & Nostalgie

Wie­der mal so ein Tag, an dem sich Nost­al­gi­sches die Klin­ke in die Hand gibt. »Pie in the sky« – soll’s rein in Bri­tish Slang oder nicht? Natür­lich ist es nicht Slang, auf der ande­ren Sei­te ist »Slang« für mich ja nur was Grif­fi­ges, was Leu­ten, die nicht so recht Bescheid wis­sen, sagen soll, dass sie das Büchl kau­fen sol­len, an dem ich wie­der mal zehn Jah­re gewer­kelt habe. »Pie in the sky« ist col­lo­quial, sicher, aber ande­rer­seits arbei­tet man an der Basis für ein Standardwerk…

Was das mit Nost­al­gie zu tun hat?

Nun, gehört habe ich den Aus­druck zum ers­ten Mal bei John Len­non. Doch. Und das – nach erfolg­ter Auf­nah­me – ad nau­seam auf mei­nem Phil­ips Radio-Cas­set­ten-Recor­der, für den ich Ende der 60er-Jah­re in einer Nobel­her­ber­ge in Rot­tach-Egern einen Som­mer lang Glä­ser gespült habe. Ein ganz unglaub­li­ches Teil war das, und ich habe trotz eini­ger Pro­zen­te durch mei­nen Paten­on­kel fast 1000 Emmen dafür bezahlt. Eine Men­ge Holz zu der Zeit!

»Old Hare Krish­na got not­hing on you
Just keep you cra­zy with not­hing to do
Keep you occu­p­ied with pie in the sky
The­re ain’t no guru who can see through your eyes.« 

So hieß es bei Len­non in »I Found Out.«, einer Num­mer von sei­ner ers­ten – rich­ti­gen – Solo-LP nach der Tren­nung der Beatles.

Merk­wür­di­ger­wei­se weiß ich nicht mehr, wo ich nach­ge­schla­gen & was genau ich gefun­den habe. Womög­lich war’s im Nürn­ber­ger Ame­ri­ka-Haus, das heu­te lei­der nur noch als Schat­ten sei­nes dama­li­gen Selbst vor sich hin vegetiert.

Heu­te, mit einem OED an den Fin­ger­spit­zen (unvor­stell­bar eigent­lich!) und dem Inter­web auf dem zwei­ten PC lin­ker Hand neben mir, ist das kein Pro­blem mehr. Und über Satel­li­ten­funk hat man eng­li­sches Fern­se­hen und damit Pie in the Sky als TV-Serie!

Pie in the Sky war die Serie, die mir den Begriff Eska­pis­mus im bes­ten Sin­ne des Wor­tes nahe­ge­bracht hat. Ich habe mich täg­lich dar­auf gefreut. Die ers­ten Tak­te, ach was, der ers­te Saxo­phon­ton der jaz­zi­gen Titel­me­lo­die, und der Nach­mit­tag war gebongt. Ich habe alle 42 Epi­so­den mit­ge­schnit­ten – oder wie immer man das in digi­ta­len Zei­ten so nen­nen mag. Und in Fün­fer­packs auf DVDs gebrannt. Richard Grif­fiths, vie­le ken­nen den Dicken als weiß der Teu­fel was für wel­chen Onkel (ich bin bei der Erklä­rung mei­nes Nef­fen weg­ge­nickt) aus den Har­ry Pot­ter-Fil­men (die mich bis­lang kei­ne vier­ein­halb Minu­ten fes­seln konn­ten), spielt einen Kri­mi­na­ler mit einer Lei­den­schaft fürs Kochen…

OT.

Chap­man, der sei­ner­zeit die Sta­fet­te (die Staf­fel? na, den den Stab jeden­falls) von Went­worth-Flex­ner über­nahm & in der vier­ten Auf­la­ge des Dic­tion­a­ry of Ame­ri­can Slang jüngst an eine mir bis­lang noch nicht geläu­fi­ge Ann Kip­fer zu über­ge­ben scheint, defi­niert »pie in the sky« folgendermaßen: 

modi­fier : It was a bit of a pie-in-the-sky idea n phr The reward one will get for com­pli­ant beha­vi­or, later; hence wishful thin­king or Uto­pian fan­tasies [1911+; fr a Wob­bly expres­si­on of con­tempt for tho­se who main­tai­ned that suf­fe­ring and pen­ury on earth would be com­pen­sa­ted by bliss and luxu­ry in hea­ven; the locus clas­si­cus is a 1911 paro­dy of the hymn “In the Sweet By and By,” by the Wob­bly mar­tyr Joe Hill]

Unge­ach­tet der Defi­ni­ti­on fin­det sich hier nach­ge­ra­de eine Links-Recht-Kom­bi­na­ti­on in Sachen Nost­al­gie: »Joe Hill« ist natür­lich ein Name, bei dem’s klin­gelt, und das in Ste­reo bei einem der sich Woo­dy Gut­hries Sac­co & Van­cet­ti (Chant du Mon­de, glau­be ich) gekauft hat, lan­ge bevor er sich so etwas wie eine Ste­reo­an­la­ge leis­ten konn­te: »I drea­med I saw Joe Hill last night« kann­te man damals von Joan Baez. Und dann gab’s einen Film über Joe Hill mit einem ganz unglaub­li­chen Fin­ger­pi­cking-Sound­track, des­sen Titel sich mir im Augen­blick ent­zieht. Ich weiß noch, wie ich am Tag dar­auf in die Schu­le kam und mei­nen Freund Jus­tus frag­te, ob er ihn gese­hen hat­te – und ob der ihn gese­hen hat­te. Jus­tus war der Musi­ker schlechthin –

Sor­ry, jetzt muss ich erst mal los & in mei­nem alten Vinyl kramen…

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