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Paria der Linguistik

em_031aSlang ist womög­lich die ein­zi­ge lin­gu­is­ti­sche Kate­go­rie, die ger­ne mal etwas blu­mi­ger defi­niert, ja, die oft lie­ber beschrie­ben wird als defi­niert. Ver­mut­lich ist das eine Fol­ge des Umstands, dass man von Anfang an Schwie­rig­kei­ten hat­te, die­se Erschei­nung in die bestehen­den Para­dig­men ein­zu­ord­nen. Bei einem Begriff wie »Dia­lekt« ist das kein Pro­blem. Im Fal­le von Slang jedoch mein­te zwar jeder zu wis­sen, was das ist, aber wenn es dann an eine sinn­vol­le Abgren­zung ging… Hier möch­te ich eine schon etwas betag­te Defi­ni­ti­on zitie­ren, bei der er einem gera­de­zu leid tun könn­te, der lie­be Slang.

»›Die Defi­ni­tio­nen von Wör­tern‹, sagt Han­nah More, ›sind von ihrer Ety­mo­lo­gie oft nicht zu tren­nen‹, und aus die­sem Grund hat Slang sozu­sa­gen eine Leh­re zu absol­vie­ren, bevor er, wenn über­haupt, zu den Wür­den einer all­ge­mei­nen Bedeu­tung gelangt. Man legt ihm eine Bewäh­rungs­zeit auf, bis er ent­we­der das Bre­vet lite­ra­ri­scher Akzep­tanz ver­lie­hen bekommt oder an Atro­phie stirbt wie Spra­chen selbst. Oft wis­sen wir, was ein Slang­wort bedeu­tet, ohne etwas über sei­ne Her­kunft oder Ent­wick­lung zu wis­sen. Und tat­säch­lich han­delt es sich dabei um neun von zehn Mal um einen Bas­tard oder ein Halb­blut und oft noch nicht ein­mal das. Es erblickt ohne for­ma­le Geburt das Licht der Welt und unter­schei­det sich in die­ser, wie in ande­rer Hin­sicht, vom bewusst ent­wi­ckel­ten Wort mit grie­chi­schen, latei­ni­schen oder ande­ren Ahnen. Wör­ter, die das Pro­dukt eines Stu­dier­zim­mers oder Labo­ra­to­ri­ums sind, haben zunächst ein­mal den Vor­teil edlen Geblüts, wäh­rend das Paria­wort durch die Gas­sen der Elends­vier­tel schlurft, ohne sagen zu kön­nen, wer sein Vater gewe­sen sein mag. Noch wür­de sein Vater, hät­te es einen, etwas mit ihm zu tun haben wollen.«

Leon Mead, How words grow: A brief stu­dy of lite­ra­ry style, slang, and pro­vin­cia­lisms (1902)
(Übers. Bern­hard Schmid)

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