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Dai­sy – Begeg­nung der drit­ten Art

Hör­bü­cher haben Kon­junk­tur. Ob die Leu­te nun zu faul zum Lesen sind oder nur die Augen scho­nen wol­len, kei­ne Ahnung, aber ein von einem aus­ge­bil­de­ten Spre­cher gele­se­nes Buch hat sei­nen eige­nen Reiz. Aber was, wenn einen nun kei­ner der Best­sel­ler inter­es­siert, die es auf CD zu kau­fen gibt? Oder wenn man als lite­ra­risch inter­es­sier­ter Seh­be­hin­der­ter dar­auf ange­wie­sen ist, sich eine gan­ze Men­ge mehr vor­le­sen zu las­sen als das, was im Han­del erhält­lich ist? Wie wäre es denn, wenn man sich Bücher von sei­nem Com­pu­ter vor­le­sen lässt? Es gibt Soft­ware dazu seit lan­gem, und ich habe immer wie­der mal eine aus­pro­biert. Aber nie eine gefun­den, von der ich mir etwas vor­le­sen las­sen möchte.

Wer erin­nert sich nicht an sei­ne ers­te Sound­kar­te? Ein Sound­blas­ter ver­mut­lich. So groß war die Aus­wahl damals nicht. An On-Board-Sound war noch lan­ge nicht zu den­ken. Es gab zum Sound­blas­ter diver­se Soft­ware. Und damals war alles am Com­pu­ter noch so neu, dass man es auch tat­säch­lich aus­pro­biert hat. Zum Bei­spiel konn­te man sich klei­ne Sound­clips aus Fil­men machen, wenn man eine TV-Kar­te hat­te. Aus fremd­spra­chi­gen Fil­men zum Bei­spiel. Natür­lich geht das heu­te auch noch und viel ein­fa­cher, aber wen inter­es­siert es noch? Zu Zei­ten von Win­dows 3 war das neu, wit­zig, fast auf­re­gend. Und dann hat­te der Sound­blas­ter noch eine Sprach­funk­ti­on. Da konn­te man sich dann, von der einen oder ande­ren Car­toon-Figur gele­sen, an irgend­et­was erin­nern las­sen. Man brauch­te nur einen Text ein­zu­tip­pen, der wur­de dann von der Com­pu­ter­stim­me gele­sen. Die klang bes­ser als erwar­tet, egal für wel­che man sich ent­schied, aber selbst­ver­ständ­lich fehl­te jede emo­tio­nel­le Bezie­hung zum Wort. Von der doch recht eige­nen Aus­spra­che vie­ler Wör­ter ganz zu schwei­gen. Von HAL kei­ne Spur.

Sich län­ge­re Text­pas­sa­gen vor­le­sen zu las­sen, hat­te, so inter­es­sant es immer gewe­sen wäre, etwas Absur­des. Hin und wie­der hat man dann den einen oder ande­ren Rea­der aus­pro­biert, auf den man im Web gesto­ßen ist, aber geän­dert hat­te sich an der man­geln­den Qua­li­tät nichts.

Seit eini­ger Zeit sto­ße ich im Inter­net Archi­ve immer öfter auf das For­mat Dai­sy. Das ist ein Acro­nym und steht für »Digi­tal Acces­si­ble Infor­ma­ti­on Sys­tem«. Wor­un­ter sich kein Mensch etwas vor­stel­len kann. Wiki­pe­dia weiß da mehr, zum Bei­spiel, dass es sich um eine für Blin­de ent­wi­ckel­te Soft­ware han­delt, mit der man sich unter ande­rem Bücher vor­le­sen las­sen kann. Wie gesagt, Wiki­pe­dia weiß da mehr. Belas­sen wir es dabei, dass es eine gan­ze Rei­he von Dai­sy-Rea­dern gibt, kos­ten­lo­se wie sol­che zum Kauf, und ich woll­te mal einen ausprobieren.

Da man ohne Add-Ons zu sei­nem Fire­fox längst nicht mehr aus­kommt und die alle pri­ma fuink­tio­nie­ren, habe ich mich mal für den Dori­na DAISY Rea­der (DDRea­der) for Win­dows als Fire­fox-Add-On entschieden.

Die Instal­la­ti­on funk­tio­niert wie bei allen Add-Ons, nur dass die Fire­wall schon mal einen Virus­alarm los­lässt, irgend­ei­ne Add­ware-Geschich­te, so wie’s aus­sieht, aber viel­leicht braucht der Rea­der sie ja. Ich las­se sie also mal zu. Nach dem Neu­start von Fire­fox gibt es unter Extras einen neu­en Ein­trag namens DDRea­der. Den kli­cke ich mal an.

Nach dem ers­ten Schreck dar­über, dass es erst mal schwarz wird auf dem Bild­schirm, baut sich eine neue Ober­flä­che auf, die so gar nicht nach Win­dows aus­sieht. Ich  schaue ich mich um. Ich sehe, dass das Teil nicht Deutsch kann, son­dern nur »Eng­lish, Espa­ñol, and Por­tu­guês«. Na ja, solan­ge Eng­lisch dabei ist. So zum Aus­pro­bie­ren. Nach­dem ich die Knöp­fe gedrückt habe und sich nichts tut, wird mir klar, ich habe ja gar kein Buch.

Ich suche mir eines im Inter­net Archi­ve, einen Edgar Wal­lace-Roman namens The Squea­ler. Den zie­he ich mir auf die Fest­plat­te und öff­ne ihn mit dem DDRea­der. Der auch brav zu lesen anfängt – mit der­sel­ben nöli­gen Robo­ter­stim­me, mit der mich der Sound­blas­ter vor fast 20 Jah­ren dar­auf auf­merk­sam gemacht hat, dass es Zeit für weiß der Kuckuck was sei. Wenn man mit­liest, der Rea­der liest nicht nur, er zeigt den Text auch gleich­zei­tig an, kann man viel­leicht was ver­ste­hen, aber irgend­wie erfor­dert das eine enor­me Kon­zen­tra­ti­on. Wie Blin­de damit zurecht kom­men sol­len, weiß ich nicht.

Ich über­flie­ge mal die eben­falls in dräu­en­dem Schwarz gehal­te­ne Home­page (ja, natür­lich, für Blin­de, so lang­sam ver­ste­he ich). Da heißt es, dass man eine syn­the­ti­sche Stim­me instal­liert haben muss, es gibt drei zur Aus­wahl, ansons­ten wird die bei Win­dows ein­ge­bau­te Stim­me benutzt. Wel­che da nun bei mir quas­selt, weiß ich noch nicht. Aber viel­leicht soll­te ich mir ja auch das ein­ge­bau­te Tuto­ri­al vor­spie­len las­sen. Aber erst mal hab’ ich die Lust ver­lo­ren. Ich wer­de bei Gele­gen­heit noch ein biss­chen drin rum­kli­cken, wenn ich Zeit habe, viel­leicht lässt sich da ja noch was tunen. Ob man dann mehr ver­steht… Werd ich wie­der mal bei Libri­Vox vor­bei­schau­en; da wird wenigs­tens von Men­schen vor­ge­le­sen. Viel­leicht soll­te man auch den in Acro­bat inte­grier­ten PDF-Vor­le­ser aus­pro­bie­ren. Aber erst mal guck ich mir lie­ber einen alten Edgar Wal­lace-Film an.

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