Abenteuerlich, seltsam, sonderbar – eine wahrhaft groteske Unkenntnis der deutschen Sprache
»Daß Menschen dasjenige noch zu können glauben, was sie gekonnt haben, ist natürlich genug; daß andere zu vermögen glauben, was sie nie vermochten, ist wohl seltsam, aber nicht selten.«1 Dieses Goethe-Zitat begleitet mich seit Jahren. Es fällt mir jedesmal ein, wenn mir wieder einmal so eine Leuchte mit einem Langenscheidt Schulwörterbuch das mühsam aufgebaute Gebirge einer Übersetzung zerstoßen und in die unfruchtbare Scholle ihres Unvermögens eingepflügt hat. Jemand, der keine Ahnung hat, wovon man spricht, wenn man ihm zu erklären versucht, dass hier nicht der Autor erzählt, sondern ein Erzähler, dass dieser Erzähler ein Journalist ist, dessen Höchstes im Leben war, Günther Grass interviewt zu haben. Und dass der Stil seiner Erzählung dies reflektiert. Eben auch vom Wortschatz her. Das kann man eben nicht mit der arglosen Schlichtheit einer Agatha Christie-Übersetzung angehen.2
Ich bin diesem Zitat neulich wieder begegnet – witzigerweise praktisch im selben Kontext. Bei der Lektüre von Johann August Eberhards Synonymischem Handwörterbuch der deutschen Sprache, das mir bei einem meiner ewigen Projekte, einer Liste »schöner und brauchbarer Wörter«, hilft. Eine Synonymik sollte man als Übersetzer immer bei der Hand haben, am besten natürlich gleich mehrere, und wenn man sich für Wörter interessiert, ist es zunächst einmal egal, wie alt sie ist. Und Eberhards ist ein Klassiker. Zu schweigen von einem gigantischen Werk, da es sich beim Handwörterbuch nur um eine überarbeitete Kurzfassung seines 12-bändigen Werks Versuch einer allgemeinen deutschen Synonymik in einem kritisch-philosophischen Wörterbuche der sinnverwandten Wörter der hochdeutschen Mundart handelt. (mehr …)