Ein Bisschen Ägypten hier, ein Bisschen Madison da
Der amerikanische Soziologe Mohammed Bamyeh bringt im neuesten Heft von Lettre mit beneidenswert klarem Blick den Volksaufstand in Ägypten bzw. Nordafrika auf den Punkt. Als eines der wesentlichen Merkmale dieses Aufstands nennt er die »Marginalität«, die Randständigkeit derer, die für all die Umwälzungen im arabischen Teil des afrikanischen Kontinents verantwortlich sind. Ausgerechnet in Tunesien begann die Volksbewegung, einem Land, das im Bewusstsein dessen, was den Kontinent ausmacht, beim besten Willen nicht zählt. Und auch auf die Gefahr, mich lächerlich zu machen, mich erinnert das an die Vorkommnisse im amerikanischen Madison. Und nicht nur weil Bamyeh ganz zufällig an der University of Wisconsin in Madison lehrt.
Noch nicht mal als studierter Amerikanist hätte ich die Hauptstadt von Wisconsin nennen können; und den Staat selbst habe ich noch bei jedem Versuch, die 50 Bundesstaaten aufzuzählen, vergessen. Wenn wir also von Marginalität sprechen. Zu schweigen von Michael Moore, diesem merkwürdigen Underdog, der trotz eines wacker erarbeiteten Wohlstands noch immer direkt aus dem Trailerpark zu kommen scheint.
Hier die deutsche Übersetzung der Ansprache von Michael Moore vor dem Madisoner Capitol.
Michael Moore
Amerika ist nicht pleite
Ansprache vor dem Capitol in Madison, Wisconsin, am 5. März 2011
Was immer die an der Macht euch einreden wollen, damit ihr eure Rente aufgebt, damit ihr euch das Gehalt kürzen lasst, damit ihr euch mit dem Lebensstandard eurer Großeltern zufrieden gebt – Amerika ist nicht pleite. Nicht im Entferntesten. Das Land schwimmt in Wohlstand und Geld. Nur dass ihr nichts davon habt. Das Geld ging im größten Raubzug der Geschichte über von den Arbeitern und Konsumenten an die Banken und die Portfolios der Megareichen.
Nur 400 Amerikaner sind heute wohlhabender als die Hälfte aller Amerikaner zusammengenommen.