Im letzten Teil seiner Betrachtungen Ueber Sprache und Worte kommt Schopenhauer noch einmal auf seine in der Lieferung »Etymologie als Lehre von den Knochen« – Titel von mir – vorgebrachten Beobachtung zurück, laut der sich etymologische Zusammenhänge nicht selten anhand der Konsonanten eines Wortes erkennen lassen. Es ist so eine kurzweilige Aufzählung von Fundsachen entstanden, deren Stichhaltigkeit zu überprüfen mir die Zeit fehlt, aber das Web bietet mittlerweile ja jedem von uns genügend Möglichkeiten, dies im Einzelnen nachzuholen, falls ihm danach ist. Für den wirklich Interessierten kommt dann vielleicht ja über das Erstaunliche hinaus noch Erstaunlicheres zum Vorschein…
Fortsetzung von hier.
Auffallend ist es, daß sich im Französischen keine deutschen Wörter finden, wie im Englischen, da im 5. Jahrhundert Frankreich von Westgothen, Burgundern und Franken besetzt worden ist, und fränkische Könige es beherrschten. –
Niedlich *) von alddeutschen Neidlich = Beneidendswerth. – Teller von patella. – Viande vom Italiänischen vivanda. – Spada, espada, épé von σπαξη, Schwerdt, in diesem Sinne gebraucht z.B. von Theophrast in den Charakteren, cap. 24, περι δειλιας. – Affe von Afer; weil die ersten von Römern den Deutschen zugeführten Affen ihnen durch dieses Wort erklärt wurden. – Kram von χραμα., χεραννυμι. – Taumeln von temulentus. – Vulpes und Wolf sind wahrscheinlich irgendwie verwandt, beruhend auf der Verwechslung zweier Species des Genus canis. – Wälsch ist höchst wahrscheinlich bloß eine andere Aussprache von Gälisch (gaelic), d.i. Keltisch, und bedeutete bei den alten Deutschen die nicht-germanische, oder, besser, nicht-gothische Sprache; daher es jetzt insbesondere italiänisch, also die romanische Sprache bedeutet. – Brod kommt von βρωμα. – Volo und βονλομαι oder βονλω sind in der Wurzel das selbe Wort. – Das deutsche Gift ist das selbe Wort mit dem englischen gift: es kommt nämlich von geben und besagt was eingegeben wird: daher auch vergeben statt vergiften. – Heute und oggi kommen beide von hodie und haben doch keine Aehnlichkeit unter enander.
Fortsetzung von hier.
Arthur Schopenhauer’s sämmtliche Werke
Parerga und Paralipomena
Kleine philosophische Schriften
Vereinzelte, jedoch systematisch geordnete Gedanken über vielerlei Gegenstände
Kap. XXV.
Ueber Sprache und Worte
Auffallend ist es, daß sich im Französischen keine deutschen Wörter finden, wie im Englischen, da im 5. Jahrhundert Frankreich von Westgothen, Burgundern und Franken besetzt worden ist, und fränkische Könige es beherrschten. –
Niedlich *) von alddeutschen Neidlich = Beneidendswerth. – Teller von patella. – Viande vom Italiänischen vivanda. – Spada, espada, épé von σπαξη, Schwerdt, in diesem Sinne gebraucht z.B. von Theophrast in den Charakteren, cap. 24, περι δειλιας. – Affe von Afer; weil die ersten von Römern den Deutschen zugeführten Affen ihnen durch dieses Wort erklärt wurden. – Kram von χραμα., χεραννυμι. – Taumeln von temulentus. – Vulpes und Wolf sind wahrscheinlich irgendwie verwandt, beruhend auf der Verwechslung zweier Species des Genus canis. – Wälsch ist höchst wahrscheinlich bloß eine andere Aussprache von Gälisch (gaelic), d.i. Keltisch, und bedeutete bei den alten Deutschen die nicht-germanische, oder, besser, nicht-gothische Sprache; daher es jetzt insbesondere italiänisch, also die romanische Sprache bedeutet. – Brod kommt von βρωμα. – Volo und βονλομαι oder βονλω sind in der Wurzel das selbe Wort. – Das deutsche Gift ist das selbe Wort mit dem englischen gift: es kommt nämlich von geben und besagt was eingegeben wird: daher auch vergeben statt vergiften. – Heute und oggi kommen beide von hodie und haben doch keine Aehnlichkeit unter enander. – Parlare kommt wahrscheinlich von perlator, Ueberbringer, Botschafter; daher das englische: a parley. – Offenbar hängt to dye mit δευνω, δευειν zusammen wie tree mit δρυ. – Von Garhuda, dem Adler des Wischnu – Geier. – Von Mala – Maul. – Katze ist das zusammengezogene Catus. – Schande von scandalum, welches vielleicht mit dem Sanskrit: Tschandala verwandt ist. – Ferkel von ferculum,1 weil es ganz auf den Tisch kommt. – Plärren von pleurer und plorare. – Füllen, Fohlen, von pullus. – Poison und Ponzonna von Potio. – Baby ist Bambino. – Brand, altenglisch: brando, italiänisch. – Knife und canif sind das selbe Wort: keltischen Ursprungs? – Ziffer, cifra, chiffre, ciphre, – kommt wahrscheinlich vom wallisischen, also keltischen, Cyfrinach, Mysterium. (Pictet, mystère dres Bardes, p. 14.) – Das italiänische tuffare (mergere) und das deutsche taufen ist das selbe Wort. – Ambrosia scheint mit Amriti verwandt; die Asen vielleicht mit αίδα. – Λαβρευομαι ist dem Sinne, wie dem Worte nach identisch mit labbern. Αολλεις ist Alle. – Seve ist Saft. – Es ist doch seltsam, daß Geist das umgekehrte Zieg ist. – Das englische bower, Laube = Bauer (unser Vogelbauer).
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Womit wir durch wären mit dem Kapitel XXV von Schopenhauers Parerga und Paralipomena, dem der Herausgeber den Titel »Ueber Sprache und Worte« gab. Einen Überblick über die einzelnen Fortsetzungen meiner Serie davon finden sie hier; Schopenhauers Originaltext können Sie hier nachlesen.
- das Speisebrett [↩]