Dialekt, boah – volle Dröhnung
Falls Sie auch der Meinung sind, dass neues Umgangsdeutsch ausschließlich aus lausig synchronisierten amerikanischen Filmen & Fernsehserien kommen sollte, und es entsprechend lieben, ins Kino zu gehen, anstatt einfach gerne zu gehen, sind Sie zwar falsch hier, sollten das Folgende aber doppelt so gründlich lesen. Und falls Sie der Ansicht sind, ich hätte einen guten Job gemacht anstatt gute Arbeit geleistet, gilt das dreimal. Und ich lege noch eins drauf, falls Sie denken, man müsse die Sprache vor irgendetwas anderem schützen als denen, die sie unter Schutz stellen wollen. Vergessen Sie Ihre albernen Klischees vom Wachsen der Sehnsucht nach Heimat und Zugehörigkeit in einer globalisierten Welt, hier geht es um brauchbaren Wortschatz in einer blutleeren Übersetzungswelt…
»Mundart als Anlass für Diskriminierung« hieß ein netter Artikel im Bayern-Teil der SZ vom Sylvester letzten Jahres.1 Hans Kratzer stellt darin den Augsburger Sprachwissenschaftler Werner König, einen der Herausgeber des Bayerischen Sprachatlas, vor. Es hört sich erst mal recht empfindlich an, was der emeritierte Germanist über die Benachteiligung zu sagen hat, die uns Süddeutschen zuteil wird, nur weil wir das »r« rollen, aber letztlich hat er natürlich Recht. Wir Bayern und Baden-Württemberger können zehnmal den Rest dieser Republik wirtschaftlich mit durchziehen, ernst nehmen wollen uns die Preussen oberhalb der Mainlinie nicht. Zu schweigen von der Überheblichkeit, mit der man uns unserer Sprache wegen begegnet. »Eine südliche Färbung« der Aussprache, so meint König, »reicht aus, um im Deutschen Fernsehen als Vollexot vorgeführt zu werden.« Oder als »Volldepp, der kein Deutsch kann«, wie der Autor des Artikels erklärend nachschiebt.
Aber für mich ist das nur die eine Hälfte eines allgemeineren Problems mit den Dialekten, (mehr …)
- Süddeutsche Zeitung, Nr. 300, Samstag/Sonntag, 29./30. Dezember 2012, S. 41. [↩]