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Trump-Wör­ter­buch #11: Donald Trumps letz­te Instanz – The US Supre­me Court

Einer der Begrif­fe, der im Zusam­men­hang mit Donald Trump und sei­nen Machen­schaf­ten mit am häu­figs­ten fällt, ist der Name einer Insti­tu­ti­on, von der wir hier­zu­lan­de nicht so recht wis­sen, was sie eigent­lich macht: der United Sta­tes Supre­me Court. Wer ver­ste­hen will, war­um der Name des Gerichts unter den Dut­zen­den ame­ri­ka­ni­scher Gerich­te, in denen ein mitt­le­res Heer – ver­mut­lich noch unbe­zahl­ter – Anwäl­te für ihren Man­dan­ten rackern, ein beson­de­re Stel­lung für des­sen Schick­sal ein­nimmt, müs­sen wir wis­sen, wel­che Auf­ga­be die­sem Obers­ten Gerichts­hof über­haupt zufällt und was sei­ne Ent­schei­dung für den Oran­ge­nen Jesus bedeutet. 

Als ich vor Jahr­zehn­ten Sha­na Alex­an­ders The Piz­za Con­nec­tion über einen der gro­ßen New Yor­ker Mafia-Pro­zes­se über­setz­te, muss­te ich mich etwas inten­si­ver mit der ame­ri­ka­ni­schen Gerichts­bar­keit aus­ein­an­der­set­zen. So war ich zunächst ver­sucht, den Supre­me Court mit »Ver­fas­sungs­ge­richt« zu über­set­zen, sah mich dann aber »rasch« (man muss­te damals noch in Biblio­the­ken gehen, um sich schlau zu machen) eines Bes­se­ren belehrt. Zwar obliegt bei­den die Kon­trol­le der Ver­fas­sungs­mä­ßig­keit des poli­ti­schen Lebens und bei­de kön­nen als höchs­te Gre­mi­en der Recht­spre­chung die Urtei­le aller ande­ren Gerich­te1 auf­he­ben, aber nicht nur kön­nen in den USA sämt­li­che Gerich­te über ver­fas­sungs­recht­li­che Fra­gen ent­schei­den, der Supre­me Court ist im Gegen­satz zu unse­rem Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt2 auch kein aus dem Instan­zen­zug aus­ge­glie­der­tes Fachgericht. 

Im Fal­le von Donald Trump etwa bedeu­tet dies, dass sich der Supre­me Court noch nicht ein­mal zwangs­läu­fig mit der Ver­fas­sungs­kon­for­mi­tät der abschlä­gi­gen Ent­schei­dung des Bundes­be­rufungs­ge­richts für den Bun­des­ge­richts­be­zirk Dic­trict of Colum­bia3 hin­sicht­lich Trumps »abso­lu­ter Immu­ni­tät als Prä­si­dent« befas­sen muss, son­dern ein­fach die Ent­schei­dung der unte­ren Instanz ste­hen las­sen kann. Womit auch gleich die zwei­te Fra­ge beant­wor­tet wäre, näm­lich die, wor­um es hier geht. 

Wie im fünf­ten Ein­trag mei­nes Ulti­ma­ti­ven Trump-Wör­ter­buchs aus­ge­führt, beruft Trump sich ja nach­drück­lich auf die tota­le Immu­ni­tät des amtie­ren­den Prä­si­den­ten mit dem Argu­ment, dass die­ser sonst nicht hand­lungs­fä­hig wäre. Die Blöd­sin­nig­keit die­ser Argu­men­ta­ti­on zeigt sich schon dar­in, dass die USA vor ihm 44 Prä­si­den­ten hat­te, die sehr wohl hand­lungs­fä­hig waren, ohne wie ein König über dem Gesetz zu ste­hen. Ich erin­ne­re mich noch sehr wohl an die Water­ga­te-Affä­re und das Ent­set­zen, für das sie in Ame­ri­ka sorg­te. Ich emp­feh­le dazu Alan J. Paku­las fan­tas­ti­schen Film von 1976 All the President’s Men (Die Unbe­stech­li­chen) mit Robert Red­ford und Dus­tin Hoffman. 

Aber erst noch mal zur Ent­schei­dung des drei­köp­fi­gen Beru­fungs­ge­richts unter Vor­sitz von Rich­te­rin Flo­rence Yu Pan gegen Donald Trump: Sei­ne Kla­ge auf abso­lu­te Immu­ni­tät des Prä­si­den­ten wur­de abge­wie­sen, nie­mand ste­he über dem Gesetz, das Herz der Gewal­ten­tei­lung sei die gegen­sei­ti­ge Kon­trol­le von Exe­ku­ti­ve, Legis­la­ti­ve und Judi­ka­ti­ve, der auch der Prä­si­dent der Ver­ei­nig­ten Staa­ten unter­wor­fen sei, und das gel­te selbst­ver­ständ­lich auch für die Strafgesetze. 

Im Gegen­satz zu den drei Rich­tern im eben genann­ten Beru­fungs­ge­richt des Dis­trict of Colum­bia sit­zen im Supre­me Court der­zeit neun Rich­ter.4 Sie wer­den vom Prä­si­den­ten ernannt und die­nen auf Lebens­zeit. Was bei­des Pro­ble­me mit sich bringt. Vor allem ers­te­res, da das Gericht damit, allen gegen­tei­li­gen Behaup­tun­gen zum Trotz, letzt­lich immer zu poli­ti­schen Ent­schei­dun­gen nei­gen wird. Ich emp­feh­le hier gleich noch einen gro­ßen Film, The Peli­can Brief (Die Akte Peli­kan), in dem es um eben die­ses The­ma geht. 

Wir haben uns bereits im Ein­trag #8 die­ses Wör­ter­buchs mit die­ser Art poli­tisch ein­ge­färb­ter Ent­schei­dun­gen befasst, wo es um den Schwan­ger­schafts­ab­bruch, genau­er gesagt um das Kip­pen des Urteils Roe vs. Wade ging. Trump brüs­tet sich ja im Wahl­kampf damit, die­ses bahn­bre­chen­de Urteil gekippt zu haben: Fünf­zig Jah­re haben’s ande­re ver­sucht, ich hab damit Schluss gemacht! 

Wie auch immer, im Augen­blick haben wir sechs von repu­bli­ka­ni­schen Prä­si­den­ten und drei von Demo­kra­ten ernann­te Rich­ter. Und nicht nur lässt das die »Pro­gres­si­ven« im Land um deren Ent­schei­dung ban­gen, um den Dienst­äl­tes­ten die­ser Rich­ter­rie­ge, Cla­rence Tho­mas, wur­den wäh­rend sei­ner 32 Dienst­jah­re immer wie­der Vor­wür­fe wegen Bestech­lich­keit laut. Sie lau­fen letzt­lich dar­auf hin­aus, dass der Supre­me Court Geset­ze für Mil­li­ar­dä­re macht. Erschwe­rend kommt in Trumps Fall hin­zu, dass Tho­mas’ Gat­tin Vir­gi­nia ins Visier der Ermitt­lun­gen zum Sturm auf das Kapi­tol in Washing­ton 2021 geriet. Sie soll den Stabs­chef im Wei­ßen Haus Mark Mea­dows auf­ge­for­dert haben, alles zu tun, um die Wahl zu kip­pen. In ein­schlä­gi­gen Text­nach­rich­ten sprach sie vom »kri­mi­nel­len Biden-Clan« und sei­nen »Mit­ver­schwö­rern beim Wahl­be­trug«.5 Weder trat Cla­rence Tho­mas dar­auf wie viel­fach gefor­dert zurück, noch kam es zu einem Amtsenthebungsverfahren. 

Wir haben vom Obers­ten Gerichts­hof im Zusam­men­hang mit Trump bereits letz­ten Dezem­ber gehört, als die­ser den Antrag auf ein Schnell­ver­fah­ren von Son­der­an­klä­ger Jack Smith abschmet­ter­te, der das Gericht auf eine Ent­schei­dung in der Fra­ge dräng­te, ob Trump wegen angeb­li­cher Straf­ta­ten wäh­rend sei­ner Amts­zeit vol­le Immu­ni­tät zuste­he oder nicht. Man wol­le kei­ne Instanz über­sprin­gen, hieß es.6

Und dann war­tet man auf eine höchst­rich­ter­li­che Ent­schei­dung über eine Ent­schei­dung des Obers­ten Gerichts von Colo­ra­do, das Trump von den Prä­si­dent­schafts­wah­len des Bun­des­staa­tes mit der Begrün­dung dis­qua­li­fi­ziert hat­te, einen Staats­streich ange­zet­telt zu haben, was ihn auf­grund des 14. Zusatz­ar­ti­kels der US-Ver­fas­sung vom Amt aus­schlie­ße.7

Das Pro­blem bei Trump ist dabei wie immer, ob ihn selbst eine Ent­schei­dung des Obers­ten Gerichts­hofs gegen ihn in den Augen sei­ner hyp­no­ti­sier­ten Wäh­ler­sek­te nicht noch attrak­ti­ver macht. 

Anmer­kun­gen

  1. Bei uns ist noch zu beach­ten, dass auf euro­päi­scher Ebe­ne zwei supra­na­tio­na­le Gerich­te exis­tie­ren, die natio­na­le Geset­ze auf die Über­ein­stim­mung mit euro­päi­schem Recht prü­fen kön­nen: der Euro­päi­sche Gerichts­hof als obers­te Recht spre­chen­des Organ der EU und der Euro­päi­sche Gerichts­hof für Men­schen­rech­te, der die Recht­spre­chung der Gerich­te der ein­zel­nen Ver­trags­staa­ten auf ihre Über­ein­stim­mung mit der Euro­päi­schen Men­schen­rechts­kom­mis­si­on über­prüft. Quel­le ↩︎
  2. In sei­ner Funk­ti­on als Ver­fas­sungs­ge­richt, nicht in sei­ner Stel­lung als obers­tes Organ der Recht­spre­chung. ↩︎
  3. U.S. Court of Appeals for the Dis­trict of Colum­bia Cir­cuit ↩︎
  4. Die Zahl der Rich­ter ist nicht von der Ver­fas­sung fest­ge­legt und schwank­te im Lau­fe der Zeit. ↩︎
  5. The New York Times. ↩︎
  6. WRUR. ↩︎
  7. Eben­da. ↩︎

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