»in an agony of« – Der Agonien zweiter Teil
Wie so einige bemerkt zu haben scheinen, stelle ich hier in dieser kleinen (hier begonnenen) Serie das Sammeln & Analysieren bereits gedruckter Übersetzungen als eine der eher dünn gesäten Fortbildungsmöglichkeiten des Übersetzers vor. Es ist dies eine durchaus aufwändige Methode, sicher, aber man lernt dabei auch mehr als durch irgendeine andere. Und ohne den Willen, ständig weiterzulernen und sich dafür auf den Hosenboden zu setzen, sollte man ohnehin erst gar nicht ans Übersetzen denken. Nach der Einführung letztes Mal folgt am Beispiel der Wendung »in an agony of« diesmal ein Blick in die Wörterbücher, um zu sehen, welche Lösungen sich dort anbieten…
Im letzten Beispiel aus der Frau in Weiß ist der Übersetzer einem falschen Freund aufgesessen. Was übrigens gerade bei dieser Wendung bis auf den heutigen Tag auffallend oft vorkommt. Dass in all diesen Fällen der deutsche Satz schlicht keinen Sinn ergibt, scheint niemandem aufzufallen – »die Todesangst des Mitleids« … hm …
Exkurs: Einer der großen Vorteile dieser Fortbildungsmethode besteht darin, dass man bei anderen die Fehler weit schneller zu sehen und einzusehen geneigt ist als bei sich selbst. Und gerade die blitzartige Erkenntnis »was für ein Unfug« hilft einem beim Verwerfen sich anbietender Lösungen.
Wie auch immer, wir waren bei falschen Freunden: »Agony« hört sich an wie »Agonie«, also – so die irrige Annahme – muss auch der Angelsachse darunter verstehen, was der Deutsche unter dem Fremdwort »Agonie« versteht. Volksnäher ausgedrückt, die Lösung fällt in die Kategorie »nerviger Wörtlichkeit«, die sich bei näherem Hinsehen als das genaue Gegenteil selbiger Wörtlichkeit, sprich als krasser Fehler entpuppt. Einfacher gesagt: Man darf selbst bei vermeintlich bekannten Fremdwörtern den Blick ins zweisprachige Wörterbuch nicht einfach übergehen und leidglich – wenn man überhaupt nachschlägt – in den Fremdwörterduden sehen. (mehr …)