nuschen: eine genuscht kriegen
Warum das an dieser Stelle mal versprochene Wörterbuch der deutschen Umgangssprache trotz hehrer Absichten wieder eingeschlafen ist, habe ich anderenorts im Blog erklärt, aber irgendwie stoße ich nun mal immer…
Warum das an dieser Stelle mal versprochene Wörterbuch der deutschen Umgangssprache trotz hehrer Absichten wieder eingeschlafen ist, habe ich anderenorts im Blog erklärt, aber irgendwie stoße ich nun mal immer…
E.B. Tylor – Linguistische Aspekte des Slang (8)
Macmillan’s Magazine, Vol. XXIX (1873–74) pp. 502–513
Übersetzung © Bernhard Schmid
(Fortsetzung von)
Der Strom des Französischen, der sich seit der Eroberung durch die Normannen ins Englische ergießt, hat unserem Slang, dem mittelalterlichen wie dem modernen, einige eigenartige Wörter beschert. So hören wir beim Kartenspielen und Würfeln heute noch die französischen Zahlwörter, die unsere Spieler sich vor langer Zeit ausgeborgt haben: ace, deuce, tray, cater, cinque, size. Quarrel-picker war früher eine allgemeine »Berufsschelte« für einen Glaser; der moderne Engländer müsste, um den Scherz zu verstehen, zurückgehen bis in die Zeit, in der das französische carreau für eine Glasscheibe noch in seiner älteren Form quarrel, in der wir es geborgt haben, im Gebrauch war. Das Wort vamp war zuerst Slang, und selbst zu Groses Zeit bedeutete es ganz allgemein, alte Hüte, Schuhe und dergleichen auszubessern oder aufzupolieren; danach fügte er hinzu »desgleichen neue Füße in alte Stiefel stecken«. Und zu dieser letzteren Bedeutung gehört der merkwürdige französische Ursprung des Wortes, wie in Mr. Wedgwoods Wörterbuch durch die Definition von Palsgrave belegt: »vampey of a hose, avant pied«. So war vamp zuerst das Oberleder eines Schuhes, und to vamp war Schusterjargon dafür, neues Oberleder aufzuziehen; es wurde im Lauf der Zeit zum anerkannten Wörterbuchwort dafür, alles und jedes zu renovieren. Captain Grose hat mehrere französische Wörter überliefert, die zum Slang seiner Zeit gehörten, seither aber außer Gebrauch gekommen sind. Einige davon sind nysey, einen Einfaltspinsel, von französische niais, ein hübsches Wort, das (von lateinisch nidus) ursprünglich einen ungefiederten Nestling bezeichnete; dann das nicht eben unappetitliche Wort hogo für den Geruch von verdorbenem Fleisch – »it has a confounded hogo« (französisch haut gout). Andere Wörter haben sich ihren Platz bewahrt. So ist etwa in Londons Hospitälern das Vorschützen von Krankheiten noch heute als malingering (französ. malingre) bekannt; und savey (französ. savez) ist gegenwärtig sowohl als Verbum als auch als Substantiv im Einsatz: »Do you savey that?« – “He has plenty of savey.« (mehr …)
E.B. Tylor – Linguistische Aspekte des Slang (5)
Macmillan’s Magazine, Vol. XXIX (1873–74) pp. 502–513
Übersetzung © Bernhard Schmid
Es lässt sich nicht vermeiden, dass der Schatz altehrwürdiger Scherze, wie er uns in Slangwörterbüchern erhalten ist, zuweilen trefflichen Anekdoten moderneren Datums im Wege steht. So verhält es sich mit folgender berühmten Passage aus Carlyles Life of Sterling: »Mir ist ein Beispiel für Sterlings Eloquenz zu Ohren gekommen, das uns auf den Schwingen schmunzelnden Hörensagens überliefert ist und augenscheinlich auf die eine oder andere Art auf den Konservatismus der Kirche anspielt: ›Haben sie nicht?‹ oder vielleicht auch ›Hat Sie (die Kirche) nicht‹ – ›einen schwarzen Dragoner in jeder Gemeinde, bei gutem Salär und ebensolcher Kost aus Ross- und Menschenfleisch, der dort Patrouille reitet und für derlei kämpft?‹« Durchaus wahrscheinlich, so bemerkt Carlyle, dass der schwarze Dragoner »begreiflicherweise die rundum junge Phantasie zu stürmischem Gelächter aufstachelte«; der Scherz jedoch war bereits etwas angestaubt, da bereits Grose, lange vor Sterlings Geburt, in seinem Slangwörterbuch »a review of the black cuirassiers« als »Heimsuchung durch die Geistlichkeit« definiert hatte. Dieselbe klassische Autorität (das Buch erschien 1785) übrigens, die Turkey merchant als Geflügelhändler* definiert. Ich muss es besseren Kennern der Vergangenheit überlassen, die Frage um die Wahrscheinlichkeit einer Anekdote zu klären, nach der dieser Scherz von dem (1736 geborenen) Horne Tooke stammt, den die Jungs bei seiner Ankunft in Eton die schreckliche Frage nach seinen Verhältnissen stellten: »Was macht denn dein Vater?« (mehr …)
Gerade weil ich auch dieses neue Büchl wieder mag, fällt mir auf, was mir schon bei Horx unangenehm aufgefallen ist, und das sind die groben Schnitzer in Sachen Etymologie. Es ist ja nun – leider – über weite Strecken alles Englisch, was in solchen Sammlungen drin steht, und so bieten sich Erklärungsversuche, was die Herkunft eines Wortes angeht, natürlich an. (mehr …)
Eine Zeit lang hörte man hierzulande in der Szene öfter mal „was diggen“ in der Bedeutung „sich was ansehen“ oder „sehen, was sich auf der Piste so tut“. Keine Ahnung, wo das abgeblieben ist, mit Sicherheit jedoch denkt das hippe Volk dieser Tage bei „diggen“ zunächst mal an den Webservice von www.Digg.com, wo man eigene (was immer das heute heißen mag) Nachrichten posten & so dem Urteil der Massen unterbreiten kann. Was denen gefällt, wird so nach oben geschwemmt und findet damit weitere Verbreitung, was nicht gefällt wird „begraben“. (mehr …)
Wie’s der Zufall so will: Maule ich eben noch über “Pseudo-Etymologien”, schon finde ich was recht Interessantes dazu. In diesem Fall in der “Vorrede zur ersten und zweiten .Auflage . . der dritten und vielverbesserten und vermehrten Ausgabe” von Konrad Schwencks Wörterbuch der deutschen Sprache in Beziehung auf Abstammung und Begriffsbildung von 1838:
»Der Zweck dieser Schrift ist, die Ergebnisse deutscher Wortforschung … in der Kürze und so allgemein faßlich, als es der Gegenstand zuläßt, darzustellen, jedoch so, daß, um Raum zu sparen, nicht jedes abgeleitete Wort aufgenommen ward, wenn es jedermann selbst ableiten kann.… Wo sichere Wortableitungen fehlen, habe ich entweder Vermuthungen nicht angestellt oder öfters beigebracht, um solche als gewagt zu bezeichnen und somit davon abzumahnen, da die Neigung dazu verbreitet ist.«
Und dann stoße ich zufällig gestern auf der Suche nach Synonymen für »angesagt« in Hermann Ehmanns – wieder bei Ehmann, tut mir leid – sonst durchaus brauchbarer Sammlung von Jugendsprache oberaffengeil unter »hip« auf folgendes: (mehr …)
Als einer, der nun seit Jahrzehnten mit zunehmender Verzweiflung & Frustration englische Umgangssprache einzudeutschen versucht, bin ich natürlich jedem dankbar, der sich mit der deutschen Umgangssprache befasst & diese Beschäftigung hin & wieder in Buchform zugänglich macht. Es ist mir grundsätzlich zunächst mal egal, wie diese Büchl aufgemacht sind, ich sehe sie mir alle genauer an, versuche sie auszuwerten. Das einzige, was mich an diesen kostbaren Sammlungen stört – nein, eigentlich sind es zwei Dinge. Das erste, das ich hier gleich abhaken will, ist der krampfhafte Versuch, geistreich bis witzig zu sein. Das mag hin & wieder glücken, auf Dauer aber nicht. Nicht jeder ist zum Humoristen geboren. Mich jedenfalls nervt’s. Das sei aber mit der bloßen Erwähnung schon gegessen. Was eher stört, weil es auf Dauer eben auch schädliche Nebenwirkungen hat, sind die Etymologien, die man sich dabei – größtenteils – einfach aus den Fingern saugt. Ich meine, dass derlei Pseudosprachforschung auch das Niveau der Linguistik senkt: Viel zu viele Dummschwätzer plappern derlei ungeprüft nach und tragen damit zu einem der Grundübel unserer Zeit bei: Jeder meint, sich auf jedem Gebiet auszukennen. Und warum sollten sie das auch nicht meinen, wenn die, die es besser wissen sollten, selbst einfach drauflos quatschen. (mehr …)