Deut­scher Slang à la 1892 (3)

Im Mosa­ik mei­ner Bemü­hun­gen, ein Bild des­sen zu ver­mit­teln, was wir – heu­te und his­to­risch – als »Slang« bezeich­nen, möch­te ich hier eine der ers­ten Samm­lun­gen vor­stel­len, die – nach eng­li­schem Vor­bild – unter die­sem Begriff für die deut­sche Spra­che zusam­men­ge­tra­gen wur­den. Die Ein­lei­tung die­ser Samm­lung ist eben­so inter­es­sant wie auf­schluss­reich. Sie ist außer­dem einer der ers­ten Bele­ge für die Aner­kennt­nis einer gesamt­deut­schen Umgangs­spra­che, an die wir im Augen­blick, dank des Inter­nets, in rasen­dem Tem­po letz­te Hand anzu­le­gen schei­nen. Ich per­sön­lich neh­me das Fol­gen­de als wei­te­res Kapi­tel mei­ner Mis­si­on, mehr leben­de Umgangs­spra­che aus allen deut­schen Gegen­den bei der Über­set­zung aus Fremd­spra­chen zu verwenden.

Wie »gesamt­deutsch« die von Gen­the zusam­men­ge­tra­ge­nen Wör­ter und Wen­dun­gen damals waren, sei dahin­ge­stellt. Aber gera­de wenn er im Vor­wort die Rol­le Ber­lins in sei­ner Samm­lung her­aus­stellt, so ist bei der Durch­sicht kaum zu über­se­hen, dass wir die Ein­trä­ge heu­te fast alle über­all fin­den. Inter­es­sant aber auch, dass etwa Wör­ter wie »ban­nig« trotz Ohn­sorg Thea­ter im hohen Nor­den geblie­ben sind. Des­glei­chen auch »kie­ken«, und das obwohl Luther es bereits benutzt hat … und Geoffrey Chau­cer. (mehr …)

WeiterlesenDeut­scher Slang à la 1892 (3)

Deut­scher Slang à la 1892 (2)

Immer wie­der erstaun­lich, die Kar­rie­re, die so ein Wort oder eine Wen­dung machen kann. Und wie lan­ge sich so vie­le von ihnen hal­ten. Im Mosa­ik mei­ner Bemü­hun­gen, ein Bild des­sen zu ver­mit­teln, was wir – heu­te und his­to­risch – als »Slang« bezeich­nen, möch­te ich hier eine der ers­ten Samm­lun­gen vor­stel­len, die – nach eng­li­schem Vor­bild – unter die­sem Begriff für die deut­sche Spra­che zusam­men­ge­tra­gen wur­den. Die Ein­lei­tung die­ser Samm­lung ist eben­so inter­es­sant wie auf­schluss­reich. Sie ist außer­dem einer der ers­ten Bele­ge für die Aner­kennt­nis einer gesamt­deut­schen Umgangs­spra­che, an die wir im Augen­blick, dank des Inter­nets, in rasen­dem Tem­po letz­te Hand anzu­le­gen schei­nen. Ich mache mir die Mühe im Rah­men mei­ner klei­nen Mis­si­on, mehr Umgangs­spra­che aus allen deut­schen Gegen­den bei der Über­set­zung aus Fremd­spra­chen zu verwenden.

*

Das Vor­wort zu Arnold Gen­thes, Deut­sches Slang habe ich bereits hier vor­ge­stellt. Ich möch­te im Lau­fe der nächs­ten Zeit die Samm­lung selbst vor­stel­len. Inter­es­sant dabei ist, dass Gen­the 1892 kaum ein Wort bzw. eine Wen­dung bringt, die wir nicht auch heu­te noch als soli­des Umgangs­deutsch bezeich­nen wür­den. (mehr …)

WeiterlesenDeut­scher Slang à la 1892 (2)
Mehr über den Artikel erfahren Deut­scher Slang à la 1892 (1)
Serie

Deut­scher Slang à la 1892 (1)

Im Mosa­ik mei­ner Bemü­hun­gen, ein Bild des­sen zu ver­mit­teln, was wir – heu­te und his­to­risch – als »Slang« bezeich­nen, möch­te ich hier eine der ers­ten Samm­lun­gen vor­stel­len, die – nach eng­li­schem Vor­bild – unter die­sem Begriff für die deut­sche Spra­che zusam­men­ge­tra­gen wur­den. Die Ein­lei­tung die­ser Samm­lung ist eben­so inter­es­sant wie auf­schluss­reich. Sie ist außer­dem einer der ers­ten Bele­ge für die Aner­kennt­nis einer gesamt­deut­schen Umgangs­spra­che, an die wir im Augen­blick, dank des Inter­nets, in rasen­dem Tem­po letz­te Hand anzu­le­gen schei­nen. Ich per­sön­lich neh­me das Fol­gen­de als ers­tes Kapi­tel mei­ner Mis­si­on, mehr Umgangs­spra­che aus allen deut­schen Gegen­den bei der Über­set­zung aus Fremd­spra­chen zu verwenden.

Das Vor­wort zu Arnold Gen­thes, Deut­sches Slang habe ich bereits hier vor­ge­stellt. Ich möch­te im Lau­fe der nächs­ten Zeit die Samm­lung selbst vor­stel­len. Inter­es­sant dabei ist, dass Gen­the 1892 kaum ein Wort bzw. eine Wen­dung bringt, die wir nicht auch heu­te noch als soli­des Umgangs­deutsch bezeich­nen wür­den. Um der Samm­lung etwas mehr Gewicht zu geben, wer­de ich den einen oder ande­ren Ein­trag durch einen Blick in ande­re Wör­ter­bü­cher oder ins Inter­net aus­füh­ren bzw. kom­men­tie­ren. (mehr …)

WeiterlesenDeut­scher Slang à la 1892 (1)

Nathan Bai­ley — Pio­nier des Diktionärs

Will man älte­re Tex­te kor­rekt über­set­zen, so tut man gut dar­an, dabei auch älte­re Wör­ter­bü­cher und Lexi­ka zu Rate zu zie­hen, wenigs­tens neben­her, um sicher zu gehen. Wör­ter ändern ger­ne mal ihre Bedeu­tung, schon gar im Lauf von ein‑, zwei­hun­dert Jah­ren. So gehö­ren älte­re Dic­tion­n­aires ein­fach in die Wör­ter­buch­samm­lung des Über­set­zer­pro­fis. Und manch­mal ist es auch ganz ein­fach lehr­reich bis amü­sant, einen Blick in das Vor­wort so einer alten Schwar­te zu wer­fen – trotz des ner­vi­gen opti­schen Klein­kriegs mit der Frak­tur auf ver­gilb­tem Papier.

Ich habe hier eini­ge Dik­tio­närs zusam­men­ge­tra­gen, die Ihnen bei der Über­set­zung eines älte­ren eng­li­schen Tex­tes behilf­lich sein könn­ten. Sie stam­men alle­samt von Nathan Bai­ley, einem Pio­nier der Wör­ter­buch­ma­che­rei. Um Bai­leys Arbeit rich­tig wür­di­gen zu kön­nen, soll­te man ver­ste­hen, dass vor die­sem Mann Wör­ter­bu­cher ledig­lich »schwie­ri­ge Wör­ter« erklär­ten,1 d.h. Fremd­wör­ter, vor­wie­gend Lati­nis­men; die eigent­li­che All­tags­spra­che blieb unge­wür­digt und uner­klärt. Zu Bai­leys gro­ßen Ver­diens­ten gehört es, sei­nen Blick auf die eng­li­sche Spra­che als Gan­zes zu rich­ten. Auch auf die All­tags­spra­che. Und unter die­se All­tags­spra­che fie­len bei Bai­ley tat­säch­lich auch bereits Son­der­spar­ten wie die Dia­lek­te, Ter­mi­ni tech­ni­ci und, man höre und stau­ne, auch die Gau­ner­spra­che. (mehr …)

  1. ich rich­te mich hier wie im Fol­gen­den weit­ge­hend nach der eng­li­schen Wiki­pe­dia []

WeiterlesenNathan Bai­ley — Pio­nier des Diktionärs

Ugs.-Projekt 14: beschubst / beschupst etc.

Näher befasst mit dem Verb beschub­sen und des­sen Vari­an­ten habe ich mich bereits im letz­ten Bei­trag. Des­halb hier mehr oder weni­ger nun der eigent­li­che Ein­trag für mei­ne Samm­lung umgangs­sprach­li­cher Wör­ter und Wen­dun­gen, die mei­ner Ansicht nach auch in Über­set­zun­gen gehören.

Beschup­pen fand ich über die in mei­nem ers­ten Bei­trag zum The­ma genann­ten Wör­ter­bü­cher hin­aus auch in Johannn Hein­rich Cam­pes Wör­ter­buch der Deut­schen Spra­che aus dem Jah­re 1807. 

Beschup­pen, v. trs. 1) Der Schup­pen berau­ben. Einen Fisch beschup­pen; ihn abschup­pen. Hier­her gehört viel­leicht auch als unei­gent­li­che Bedeu­tung, einen beschup­pen, ihn auf eine etwas gro­be Wei­se betrü­gen. Er ist arg beschuppt wor­den. 2) Mit Schup­pen ver­se­hen, beset­zen. Es sind nicht alle Fische beschuppt. Ein beschupp­ter Pan­zer, der aus ein­zel­nen Thei­len zusam­men­ge­setzt ist, die wie Schup­pen über ein­an­der lie­gen. Das Beschup­pen. Die Beschuppung. 

Jeman­den »auf eine etwas gro­be Wei­se betrü­gen«. Inter­es­sant ist, dass auch Cam­pe sich nicht sicher ist, ob »beschup­pen« tat­säch­lich etwas mit der Schup­pe zu hat. Aber ana­log zu »jeman­dem das Fell über die Ohren zie­hen« (mehr …)

WeiterlesenUgs.-Projekt 14: beschubst / beschupst etc.

»in an ago­ny of« – Der Ago­ni­en zwei­ter Teil

Wie so eini­ge bemerkt zu haben schei­nen, stel­le ich hier in die­ser klei­nen (hier begon­ne­nen) Serie das Sam­meln & Ana­ly­sie­ren bereits gedruck­ter Über­set­zun­gen als eine der eher dünn gesä­ten Fort­bil­dungs­mög­lich­kei­ten des Über­set­zers vor. Es ist dies eine durch­aus auf­wän­di­ge Metho­de, sicher, aber man lernt dabei auch mehr als durch irgend­ei­ne ande­re. Und ohne den Wil­len, stän­dig wei­ter­zu­ler­nen und sich dafür auf den Hosen­bo­den zu set­zen, soll­te man ohne­hin erst gar nicht ans Über­set­zen den­ken. Nach der Ein­füh­rung letz­tes Mal folgt am Bei­spiel der Wen­dung »in an ago­ny of« dies­mal ein Blick in die Wör­ter­bü­cher, um zu sehen, wel­che Lösun­gen sich dort anbieten…

Im letz­ten Bei­spiel aus der Frau in Weiß ist der Über­set­zer einem fal­schen Freund auf­ge­ses­sen. Was übri­gens gera­de bei die­ser Wen­dung bis auf den heu­ti­gen Tag auf­fal­lend oft vor­kommt. Dass in all die­sen Fäl­len der deut­sche Satz schlicht kei­nen Sinn ergibt, scheint nie­man­dem auf­zu­fal­len – »die Todes­angst des Mit­leids« … hm

Exkurs: Einer der gro­ßen Vor­tei­le die­ser Fort­bil­dungs­me­tho­de besteht dar­in, dass man bei ande­ren die Feh­ler weit schnel­ler zu sehen  und ein­zu­se­hen geneigt ist als bei sich selbst. Und gera­de die blitz­ar­ti­ge Erkennt­nis »was für ein Unfug« hilft einem beim Ver­wer­fen sich anbie­ten­der Lösungen.

Wie auch immer, wir waren bei fal­schen Freun­den: »Ago­ny« hört sich an wie »Ago­nie«, also – so die irri­ge Annah­me – muss auch der Angel­sach­se dar­un­ter ver­ste­hen, was der Deut­sche unter dem Fremd­wort »Ago­nie« ver­steht. Volks­nä­her aus­ge­drückt, die Lösung fällt in die Kate­go­rie »ner­vi­ger Wört­lich­keit«, die sich bei nähe­rem Hin­se­hen als das genaue Gegen­teil sel­bi­ger Wört­lich­keit, sprich als kras­ser Feh­ler ent­puppt. Ein­fa­cher gesagt: Man darf selbst bei ver­meint­lich bekann­ten Fremd­wör­tern den Blick ins zwei­spra­chi­ge Wör­ter­buch nicht ein­fach über­ge­hen und leid­glich – wenn man über­haupt nach­schlägt – in den Fremd­wör­ter­du­den sehen. (mehr …)

Weiterlesen»in an ago­ny of« – Der Ago­ni­en zwei­ter Teil

Dia­lekt, boah – vol­le Dröhnung

Falls Sie auch der Mei­nung sind, dass neu­es Umgangs­deutsch aus­schließ­lich aus lau­sig syn­chro­ni­sier­ten ame­ri­ka­ni­schen Fil­men & Fern­seh­se­ri­en kom­men soll­te, und es ent­spre­chend lie­ben, ins Kino zu gehen, anstatt ein­fach ger­ne zu gehen, sind Sie zwar falsch hier, soll­ten das Fol­gen­de aber dop­pelt so gründ­lich lesen. Und falls Sie der Ansicht sind, ich hät­te einen guten Job gemacht anstatt gute Arbeit geleis­tet, gilt das drei­mal. Und ich lege noch eins drauf, falls Sie den­ken, man müs­se die Spra­che vor irgend­et­was ande­rem schüt­zen als denen, die sie unter Schutz stel­len wol­len.  Ver­ges­sen Sie Ihre alber­nen Kli­schees vom Wach­sen der Sehn­sucht nach Hei­mat und Zuge­hö­rig­keit in einer glo­ba­li­sier­ten Welt, hier geht es um brauch­ba­ren Wort­schatz in einer blut­lee­ren Übersetzungswelt…

»Mund­art als Anlass für Dis­kri­mi­nie­rung« hieß ein net­ter Arti­kel im Bay­ern-Teil der SZ vom Syl­ves­ter letz­ten Jah­res.1 Hans Krat­zer stellt dar­in den Augs­bur­ger Sprach­wis­sen­schaft­ler Wer­ner König, einen der Her­aus­ge­ber des Baye­ri­schen Sprach­at­las, vor. Es hört sich erst mal recht emp­find­lich an, was der eme­ri­tier­te Ger­ma­nist über die Benach­tei­li­gung zu sagen hat, die uns Süd­deut­schen zuteil wird, nur weil wir das »r« rol­len, aber letzt­lich hat er natür­lich Recht. Wir Bay­ern und Baden-Würt­tem­ber­ger kön­nen zehn­mal den Rest die­ser Repu­blik wirt­schaft­lich mit durch­zie­hen, ernst neh­men wol­len uns die Preus­sen ober­halb der Main­li­nie nicht. Zu schwei­gen von der Über­heb­lich­keit, mit der man uns unse­rer Spra­che wegen begeg­net. »Eine süd­li­che Fär­bung« der Aus­spra­che, so meint König, »reicht aus, um im Deut­schen Fern­se­hen als Vollexot vor­ge­führt zu wer­den.« Oder als »Voll­depp, der kein Deutsch kann«, wie der Autor des Arti­kels erklä­rend nachschiebt.

Aber für mich ist das nur die eine Hälf­te eines all­ge­mei­ne­ren Pro­blems mit den Dia­lek­ten, (mehr …)

  1. Süd­deut­sche Zei­tung, Nr. 300, Samstag/Sonntag, 29./30. Dezem­ber 2012, S. 41. []

WeiterlesenDia­lekt, boah – vol­le Dröhnung

Ugs-Pro­jekt 1: abkacken

SlangGuy’s Wör­ter­buch der deut­schen Umgangs­spra­che … Nach der hof­fent­lich nicht zu voll­mun­di­gen Ankün­di­gung von ges­tern soll auch schon mal ganz blau­äu­gig und frei von der Leber weg los­ge­legt werden.

Unser ers­ter Ein­trag soll kei­nes­wegs den künf­ti­gen Ton ange­ben. Es han­delt sich ledig­lich um einen von den aus mei­nem ers­ten Wiki-Anlauf übrig­ge­blie­be­nen Ein­trä­gen, und die will ich mal rasch abar­bei­ten, bevor sie noch mal ver­schütt gehen. Tech­nisch gese­hen ist die­ser Ein­trag aber doch wie­der ein gutes Bei­spiel dafür, wo es hier lang­ge­hen soll: halb­wegs aktu­ell, halb­wegs sys­te­ma­tisch, immer ein biss­chen was, was ande­re nicht haben, ein biss­chen gründ­li­cher als andern­orts, damit es dem Über­set­zer auch tat­säch­lich nützt. Außer­dem soll ruhig dar­auf hin­ge­wie­sen wer­den, dass hier kei­ne Rück­sicht auf die »fei­ne­ren Gefüh­le« oder gar irgend­wel­che »poli­tisch kor­rek­ten« Maß­ga­ben genom­men wer­den kann. Wir wür­den uns heu­te weit leich­ter tun mit dem Ver­ständ­nis vie­ler Wör­ter, hät­ten die Wör­ter­buch­ma­cher nicht jahr­hun­der­te­lang gewis­se Berei­che der Spra­che und damit des Lebens aus­klam­mern müssen.

Was die Ety­mo­lo­gie anbe­langt, so wäre sie selbst­ver­ständ­lich im Ide­al­fall mit dabei. Ist aber eine Men­ge Arbeit; sie lie­ße sich viel­leicht in einem klei­nen ein­füh­ren­den Arti­kel­chen abhan­deln, in dem auch sonst so eini­ges ste­hen könn­te, was mir bei der Beschäf­ti­gung mit dem Wort so unter­kommt. (mehr …)

WeiterlesenUgs-Pro­jekt 1: abkacken

Gaga ist weder caca, noch Gugag, noch Gäggi

Ety­mo­lo­gie ist meist kom­pli­ziert und oft Glück­sa­che, und ver­mu­tet man ein­fach drauf­los, ent­steht gern mal ein Irr­tum, der Ein­fluss auf das Wort selbst nimmt, das sich dann als Volks­ety­mo­lo­gie eine Ewig­keit hält. Wer eine Sprach­kolumne in einer unse­rer bes­ten Zei­tun­gen ver­bricht, soll­te sich das nicht zuschul­den kom­men las­sen und zur Erklä­rung eines Wor­tes nicht unbe­se­hen rasch mal Wör­ter heran­ziehen, die rein zufäl­lig irgend­wie ähn­lich klin­gen  oder ähn­lich aus­se­hen. Sch0n gar nicht, wenn es eines gibt, das haar­ge­nau so klingt und  genau­so aussieht.

Beim Ent­sor­gen der SZ guck ich sel­bi­ge gern noch mal durch, ob nicht viel­leicht noch was her­geht, das auf­zu­be­wah­ren sich loh­nen könn­te, um es dann spä­ter zu ent­sor­gen – nicht gele­se­ner als zuvor. In der Aus­ga­be vom 25./26. Juni fin­de ich im Feuil­le­ton auf Sei­te 15 die Phra­sen­mä­her-Glos­se von gmu mit dem Titel »Alles gaga«. Da ich »gaga« seit Jahr­zehn­ten geklärt wäh­ne, über­flie­ge ich die paar Zei­len inter­es­siert: Was gibt es zu »gaga« noch zu sagen? Gar etwas Neu­es? Offen­sicht­lich ist es im Schwan­ge. Immer noch, wür­de ich sagen, also was soll’s? Dann hor­che ich doch auf: »Wo nur wur­zelt die­se schö­ne neue Gaga-Welt?« Hopp­la! Wie alt ist denn der Autor – oder bes­ser gesagt: wie jung? Und dann heißt es: »Das Schwei­ze­ri­sche Idio­ti­kon klärt…« Wer bei mir hin und wie­der rein­guckt, kennt mich als Freund des schwei­ze­ri­schen Idi­oms, aber so leid’s mir tut: »Gaga«, »Gag-gagg«, »gag­ge­re«, »gag­gen«, »Gage­le«, »Gugag« und »Gäg­gi« haben mit »gaga« eben­so wenig zu tun wie der »›Gagg‹ (vgl. lat. caca­re und caca)«.1

Nicht nur wer­den da viel zu vie­le Wör­ter bemüht, die irgend­wie so ähn­lich sind; das geht mei­ner Erfah­rung nach so gut wie nie gut. Und vor allem: Wenn wir uns ety­mo­lo­gisch schon im Aus­land umschau­en, war­um dann nicht erst mal nach einem Wort, das haar­ge­nau so aus­sieht und klingt. Ich mei­ne, wenn etwas aus­sieht wie eine Ente, quakt wie eine Ente und wie eine sol­che schwimmt, dann ist es meist auch eine Ente.

Und bevor man wis­sen­schaft­lich wird: Fällt einem zu »gaga« nicht vor Lady Gaga erst mal Fred­die Mer­cu­ry ein? (mehr …)

  1. »Gag­ger­la« sind hier im Frän­ki­schen übri­gens die Pro­duk­te vom Huhn; und ein »Gag­gei« ist wei­ter im Süden ein duss­li­ger Mensch. []

WeiterlesenGaga ist weder caca, noch Gugag, noch Gäggi

Klei­ne Samm­lung von Slang- und Dialektlinks

Nach dem längst fäl­li­gen Umstieg auf den um eini­ges flin­ke­ren Fire­fox 4 – kann ich nur jedem raten! – schien auch mal ein Groß­rei­ne­ma­chen bei den Lese­zei­chen fäl­lig. Ich dach­te mir, ein paar Hun­dert von den Tau­sen­den von Adres­sen sind ja sicher ver­al­tet. Aber letzt­lich kam’s noch weit schlim­mer. Aus mei­nem alten Slang-Ord­ner zum Bei­spiel ist gera­de mal viel­leicht noch ein Fünf­tel der Lese­zei­chen gül­tig. Und nach­dem ich mir schon die Mühe gemacht habe, hier – eher unsor­tiert – eine Aus­wahl der nach wie vor gül­ti­gen Adres­sen zu mehr oder weni­ger brauch­ba­ren, aber durch­wegs kurz­wei­li­gen Sites.

Stri­ne and Aus­tra­li­an Slang: Glos­sa­ry of Aus­tra­li­an Words, Phra­ses, Colloquialisms
Dagree’s Gre­at Aus­sie Slang
Stri­ne Decoded: A Dic­tion­a­ry of Aus­tra­li­an English
Aus­tra­li­an Slang/Dialect Glos­sa­ry
Ame­ri­can, Eng­lish, and Urban Slang
Argot — Dic­tion­n­aire d’ar­got en ligne / French slang dic­tion­a­ry online

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Bay Area Hip Hop Dic­tion­a­ry
Bri­tish, Cana­di­an and Ame­ri­can Voca­bu­la­ry (mehr …)

WeiterlesenKlei­ne Samm­lung von Slang- und Dialektlinks

Par­ty on, dude! – Wort­ge­schicht­li­ches zum »raver«

zu amazon.com

»Who wants a rewind?« In den 1990er-Jah­ren wuss­te hier­zu­lan­de plötz­lich jeder, was ein »Rave« war. Und jede unter peit­schen­den Bret­tern zucken­de Mas­se von Pil­len­freaks war bald ein Rave. Ein »Rave« war von Musik und Ecsta­sy nicht zu tren­nen. Und auf bei­des wur­de getanzt. Das ist jedoch eine rela­tiv spe­zi­el­le Defi­ni­ti­on. Die Ety­mo­lo­gie des Wor­tes geht näm­lich etwas wei­ter zurück.

Das ers­te Mal auf­ge­fal­len ist mir »rave« in Form des »ravers« Ende der 1960er-Jah­re in dem Small Faces-Hit »Lazy Sun­day After­noon«

Would­n’t it be nice to get on with me neigh­bours (da da da do)
But they make it very clear they’­ve got no room for ravers.

1968 war das. Ich hat­te damals längst begon­nen, jeden greif­ba­ren Song zu notie­ren. Was alles ande­re als ein­fach war: die Plat­ten konn­te man sich nicht leis­ten, mei­nen ers­ten Cas­set­ten­re­cor­der ver­dien­te ich mir erst ein, zwei Jah­re spä­ter mit einem Feri­en­job. In der Bra­vo gab’s dann mal Tex­te, aber die kos­te­te eine Mark. Die ich nicht hat­te. Inter­net? Pfei­fen­de­ckel! Man muss­te also zuse­hen, was man so im Radio mit­be­kam. Mal hier eine Zei­le, mal da. Und was ein »raver« ist, habe ich erst erfah­ren, als ich mit den Ame­ri­ka­nern abzu­hän­gen begann. »Einer, der gern abfei­ert«, wür­de man heu­te sagen. Aber es war kein ame­ri­ka­ni­sches Wort! (mehr …)

WeiterlesenPar­ty on, dude! – Wort­ge­schicht­li­ches zum »raver«

Queen Vic­to­ri­as gscha­mi­ge Londoner

Ich kam in mei­nem letz­ten Ein­trag – »Mee­res­früch­te – Anrü­chi­ger Rock ’n’ Roll« – auf eini­ge Bei­spie­le aus dem rei­chen Schatz an Sex­me­ta­phern in Blues­tex­ten zu spre­chen. Dabei ist mir unter ande­rem das Vor­wort zu einem der ers­ten eng­lisch-deut­schen Slang­wör­ter­bu­cher über­haupt ein­ge­fal­len: Hein­rich Bau­manns Lon­di­nis­men. Im Vor­wort dazu spricht der in Lon­don gelan­de­te Schul­meis­ter inter­es­san­ter­wei­se von der aus­neh­men­den Gscha­mig­keit der Lon­do­ner in Sachen Sex. Und da Gro­se, der Begrün­der, möch­te man fast sagen, des moder­nen Slang­wör­ter­buchs 100 Jah­re zuvor gar soviel zum The­ma zusam­men­ge­tra­gen hat­te, mut­maßt er bei ihm wenn schon nicht einen »aus­ge­bil­de­ten Geschmack« für die­ses Sprach­gebiet, so doch auf jeden Fall ein »abson­der­lich fei­nes Ohr« dafür. Soll­te sich die der vik­to­ria­ni­schen Zeit immer wie­der unter­stell­te Prü­de­rie tat­säch­lich auf die All­tags­spra­che des Lon­do­ners aus­ge­wirkt haben?

Der Fra­ge nach­zu­ge­hen, wäre sicher der Mühe wert. Aber wohl auch ein zeit­auf­wän­di­ge­res Unter­fan­gen. Ich sehe die­sen Ein­trag mal als Anfang und will es heu­te dabei belas­sen, hier erst ein­mal Bau­manns Vor­wort zu sei­nen Lon­di­nis­men zu brin­gen. Das Wör­ter­buch erschien 1887 bei Lan­gen­scheidt und bringt auf 240 Sei­ten eine groß­ar­ti­ge Samm­lung eng­li­schen Slangs sowie in sei­nen eben­so inter­es­san­ten wie umfang­rei­chen Vor­be­mer­kun­gen eine Men­ge Mate­ri­al zum Thema.

Trotz­dem sei noch eine per­sön­li­che Beob­ach­tung vor­weg­ge­nom­men: Noch jeder, der mein Ame­ri­can Slang – egal wel­che Aus­ga­be – zur Hand genom­men hat, schlug dar­in als ers­tes »fuck« nach – und nennt mich dann ein Fer­kel. In der Psy­cho­lo­gie, glau­be ich, bezeich­net man so etwas als »Pro­jek­ti­on«. Slang ist nicht größ­ten­teils vul­gär. Die zahl­rei­chen Syn­ony­me für eini­ge weni­ge sexu­el­le Hand­lun­gen oder Kör­per­tei­le gau­keln einem das ledig­lich vor. Weder Wayne’s World noch Clue­l­ess, die bei­den Teen-Phä­no­me­ne, (mehr …)

WeiterlesenQueen Vic­to­ri­as gscha­mi­ge Londoner

Aben­teu­er­lich, selt­sam, son­der­bar – eine wahr­haft gro­tes­ke Unkennt­nis der deut­schen Sprache

bei amazon.com

»Daß Men­schen das­je­ni­ge noch zu kön­nen glau­ben, was sie gekonnt haben, ist natür­lich genug; daß ande­re zu ver­mö­gen glau­ben, was sie nie ver­mochten, ist wohl selt­sam, aber nicht sel­ten.«1 Die­ses Goe­the-Zitat beglei­tet mich seit Jah­ren. Es fällt mir jedes­mal ein, wenn mir wie­der ein­mal so eine Leuch­te mit einem Lan­gen­scheidt Schul­wör­ter­buch das müh­sam auf­ge­bau­te Gebir­ge einer Über­set­zung zer­sto­ßen und in die unfrucht­ba­re Schol­le ihres Unver­mö­gens ein­ge­pflügt hat. Jemand, der kei­ne Ahnung hat, wovon man spricht, wenn man ihm zu erklä­ren ver­sucht, dass hier nicht der Autor erzählt, son­dern ein Erzäh­ler, dass die­ser Erzäh­ler ein Jour­na­list ist, des­sen Höchs­tes im Leben war, Gün­ther Grass inter­viewt zu haben. Und dass der Stil sei­ner Erzäh­lung dies reflek­tiert. Eben auch vom Wort­schatz her. Das kann man eben nicht mit der arg­lo­sen Schlicht­heit einer Aga­tha Chris­tie-Über­set­zung ange­hen.2

Ich bin die­sem Zitat neu­lich wie­der begeg­net – wit­zi­ger­wei­se prak­tisch im sel­ben Kon­text. Bei der Lek­tü­re von Johann August Eber­hards Syn­ony­mi­schem Hand­wör­ter­buch der deut­schen Spra­che, das mir bei einem mei­ner ewi­gen Pro­jek­te, einer Lis­te »schö­ner und brauch­ba­rer Wör­ter«, hilft. Eine Syn­ony­mik soll­te man als Über­set­zer immer bei der Hand haben, am bes­ten natür­lich gleich meh­re­re, und wenn man sich für Wör­ter inter­es­siert, ist es zunächst ein­mal egal, wie alt sie ist. Und Eber­hards ist ein Klas­si­ker. Zu schwei­gen von einem gigan­ti­schen Werk, da es sich beim Hand­wör­ter­buch nur um eine über­ar­bei­te­te Kurz­fas­sung sei­nes 12-bän­di­gen Werks Ver­such einer all­ge­mei­nen deut­schen Syn­ony­mik in einem kri­tisch-phi­lo­so­phi­schen Wör­ter­bu­che der sinn­ver­wand­ten Wör­ter der hoch­deut­schen Mund­art han­delt. (mehr …)

  1. Goe­the, Sämt­li­che Wer­ke XIII, S. 558 []
  2. Was nicht gegen Aga­tha Chris­tie gerich­tet ist; ich mag sie, es ist nur so, dass ihr Stil schlicht und alles ande­re als lite­ra­risch ist. []

WeiterlesenAben­teu­er­lich, selt­sam, son­der­bar – eine wahr­haft gro­tes­ke Unkennt­nis der deut­schen Sprache

Mama & Papa, Pot­sch­am­perl etc. – unge­scheut ver­wüs­te­tes Bayern

Unter die man­cher­lei Ursa­chen, wel­che eine Spra­che ent­stel­len und ver­un­rei­ni­gen, rech­net man beson­ders auch den Krieg. Er gebie­tet, wie über Alles, das er ändern und sich zueig­nen kann, so auch über Zun­ge und Feder, sucht sie ihrer Rech­te und Frei­hei­ten zu berau­ben, oder ihr Eigent­hum unge­scheut zu verwüsten.
Dr. J. F. H e i g e l i n, All­ge­mei­nes Fremd­wör­ter-Hand­buch für Teut­sche, Tübin­gen, Ver­lag von C. F. Osi­an­der, 2. Aufl. l838.

Wenn ich mal mit mei­ner  Mut­ter auf das eine oder ande­re fran­zö­si­sche Wort im Baye­ri­schen zu spre­chen kom­me, erin­nert sie mich gern mal dar­an, dass schon ihre Mut­ter auf die Inter­na­tio­na­li­tät von uns Bay­ern hin­ge­wie­sen habe. Das Zitat aus Hei­ge­lins Fremd­wör­ter­buch oben erin­ner­te mich wie­der mal dar­an. Und dass ich – und ich bin ver­mut­lich nicht der ein­zi­ge – lan­ge davon aus­ge­gan­gen bin, allein oder in der Haupt­sa­che das Kriegs­ge­sche­hen im süd­deut­schen Raum habe für all die fran­zö­si­schen Wör­ter im Baye­ri­schen gesorgt. Dem ist aller­dings nicht ganz so…

bei amazon.com

Zunächst ein­mal ver­bin­det uns Deut­sche ja schon mal eine lan­ge durch­läs­si­ge Gren­ze mit unse­ren fran­zö­si­schen Nach­barn. Bereits im Mit­tel­al­ter sind von »Aben­teu­er« über »Har­nisch« und »Sold« bis »Tur­nier« eine gan­ze Rei­he Wör­ter ein­deu­tig fran­zö­si­scher Her­kunft belegt. Dazu kamen im Spät­mit­tel­al­ter wei­te­re nütz­li­che Wör­ter von »Bas­tard« bis »rund« (oh ja). Die »Jop­pe«,1 scheint dazu zu gehö­ren, auch wenn die natür­lich bei wei­tem weni­ger baye­risch ist als der »Jan­ker«. Und wo wir schon gera­de gesamt­deutsch sind, auch der heu­ti­ge »Kum­pel« kam sei­ner­zeit erst mal als »Kum­pan«2 aus dem Französischen.

Aber um auf den Krieg zurück­zu­kom­men. Ab dem Spät­mit­tel­al­ter ging es in Euro­pa recht­schaf­fen wüst zu; ent­spre­chend kommt viel Mili­tä­ri­sches zu uns, die »Kaval­le­rie«, zum Bei­spiel; dafür haben wir den Fran­zo­sen mit dem »lans­que­net« unse­ren wacke­ren »Lands­knecht« ver­passt. Im 30-jäh­ri­gen Krieg ging es völ­lig drun­ter und drü­ber; da kamen eine gan­ze Men­ge Wör­ter ins Land.

Krieg hin oder her, mit dem aus­ge­hen­den Mit­tel­al­ter (mehr …)

  1. »anlie­gen­des klei­dungs­stück bei­der geschlech­ter, jacke. das wort ist zunächst aus den roma­ni­schen spra­chen ein­ge­drun­gen: ital. giub­ba, giup­pa, span. al-juba, prov. jupa, franz. jupe (neben ital. gib­ba, churw. gip­pa, was in der mhd. form gip­pe, neben jop­pe, zu tage tritt), die span. form aber weist auf das arab. alg ̓ubbah, alg ̓obbah, baum­wol­le­nes unter­kleid, vgl. DIEZ etym. wb. der rom. spra­chen 1, 214. die mhd. form ist jop­pe und jup­pe, neben dem dim. jup­pel« Jacob und Wil­helm Grimm, Deut­sches Wör­ter­buch []
  2. mhd. kom­pan aus alt­franz. com­pain; heu­te natür­lich der copa­in []

WeiterlesenMama & Papa, Pot­sch­am­perl etc. – unge­scheut ver­wüs­te­tes Bayern

Meis­ter Pro­per der teut­schen Spra­che (2)

Heu­te ohne gro­ße Vor­re­de das Vor­wort zur ers­ten Aus­ga­be von J.F. Hei­ge­lins Fremd­wör­ter­buch aus dem Jah­re 1818 nach der zwei­ten Auf­la­ge von 1838.

All­ge­mei­nes Fremd­wör­ter-Hand­buch für Teut­sche, oder Erklä­rung aller fremd­ar­ti­gen Aus­drü­cke der teut­schen Con­ver­sa­ti­ons-Spra­che zur Ver­stän­di­gung, Aus­schei­dung und Wür­di­gung der in teut­schen Schrif­ten und in der Kunst- und Umgangs­spra­che vor­kom­men­den fremd­ar­ti­gen Wör­ter, Aus­drü­cke, Namen und Redensarten.
Ein gemein­nüt­zi­ges Hand­buch für alle Stän­de, Berufs­ar­ten, Küns­te, Gewer­be, Schul- und Bil­dungs-Anstal­ten, so wie für Geschäfts­män­ner, Zei­tungs­le­ser und für jeden teut­schen Vaterlandsfreund.

von
Dr. J. F. H e i g e l i n, Pro­fes­sor der teut­schen Spra­che etc.
Zwei­te sehr ver­bes­ser­te und ver­mehr­te Auflage
Tübin­gen, Ver­lag von C. F. Osi­an­der, l838.


Vor­re­de zur ers­ten Aus­ga­be1

Unter die man­cher­lei Ursa­chen, wel­che eine Spra­che ent­stel­len und ver­un­rei­ni­gen, rech­net man beson­ders auch den Krieg. Er gebie­tet, wie über Alles, das er ändern und sich zueig­nen kann, so auch über Zun­ge und Feder, sucht sie ihrer Rech­te und Frei­hei­ten zu berau­ben, oder ihr Eigent­hum unge­scheut zu ver­wüs­ten. In Län­dern, wo die­ser Feind oft und viel ein­bricht und sein Lager auf­schlägt, rich­tet er immer ein sol­ches Unheil an. Teutsch­land war von jeher sein Schlacht- und Tum­mel­feld. Alle Völ­ker Euro­pens haben sich mehr oder min­der und 1813 inge­sammt dar­auf geschla­gen. Doch trie­ben hier vor­mals die Römer und nach ihnen die Fran­zo­sen ihr Unwe­sen am öftes­ten und kläg­lichs­ten. Das Sie­gel ihrer Herr­schaft drückt sich noch so man­cher teut­schen Zei­le auf, und hängt noch an so vie­ler Mund und Her­zen, daß es der Doll­met­schun­gen und Wör­ter­bü­cher bedarf, um den Lands­mann zu ver­ste­hen, oder sich ihm ver­ständ­lich zu machen. Gerichts- und Schul­stu­ben, Spiel‑, Tanz- und Hör­sä­le, Hüt­ten und Paläs­te haben des latei­ni­schen, fran­zö­si­schen und ande­ren Sprach­keh­rigs noch in Men­ge. Sein Weg­schaf­fen wird immer bespro­chen und betrie­ben; er gleicht aber den Hyd­ra­köp­fen in der Fabel und den Pil­zen, die über Nacht aus­schie­ßen. Wie ein Opiz von Bober­feld2 vor bald 200 Jah­ren über die Ver­un­rei­ni­gung der teut­schen Spra­che in sei­ner Poe­terey (1624) jam­mer­te und klag­te; wie ein Leib­nitz3 wie­der durch sein Ver­bes­se­rungs-Beden­ken dem Uebel zu steu­ern such­te, so erneu­er­ten sich in unse­ren Tagen die­se Kla­gen fast aller Orten un …4 … ner von Geist und Herz tra­ten auf, um das Unkraut vom … sich­ten, uns­rer alten, rei­chen, kräf­ti­gen und sin­ni­gen Spra­che … heit, Wür­de und Selb­stän­dig­keit wie­der zu geben. (mehr …)

  1. die Her­vor­he­bun­gen sol­len der Les­bar­keit die­nen und stam­men eben­so von mir wie die Absät­ze []
  2. Mar­tin Opiz, * 23. Dezem­ber 1597 in Bunz­lau; † 20. August 1639 in Dan­zig. []
  3. sic! Gott­fried Wil­helm Leib­niz (1646−1716), deut­scher Uni­ver­sal­ge­lehr­ter []
  4. hier ist lei­der eine Ecke des Buches mini­mal abge­ris­sen []

WeiterlesenMeis­ter Pro­per der teut­schen Spra­che (2)

Meis­ter Pro­per der teut­schen Sprache

amazon.com

Eigent­lich woll­te ich hier die Vor­re­de zu einem älte­ren deut­schen Fremd­wör­ter­buch abdru­cken, die ich heu­te Mor­gen müh­se­lig aus der Frak­tur­schrift1 über­setzt habe. Nun woll­te ich aber dazu auch erklä­ren, war­um mich so etwas inter­es­siert. Und damit wür­de der Ein­trag etwas zu kom­plex, was mir irgend­wie dem Gedan­ken eines Blogs zuwi­der zu lau­fen scheint. So denn erst mal ein paar ein­lei­ten­de Wor­te. Mor­gen dann, ohne gro­ßes Gere­de drum­rum das Vor­wort selbst.

Hier erst mal der schö­ne Titel der alten Schwar­te in sei­ner beein­dru­cken­den Gänze:

All­ge­mei­nes Fremd­wör­ter-Hand­buch für Teutsche,
oder Erklä­rung aller fremd­ar­ti­gen Aus­drü­cke der teut­schen Con­ver­sa­ti­ons-Spra­che zur Ver­stän­di­gung, Aus­schei­dung und Wür­di­gung der in teut­schen Schrif­ten und in der Kunst- und Umgangs­spra­che vor­kom­men­den fremd­ar­ti­gen Wör­ter, Aus­drü­cke, Namen und Redens­ar­ten
.

Ein gemein­nüt­zi­ges Hand­buch für alle Stän­de, Berufs­ar­ten, Küns­te, Gewer­be, Schul- und Bil­dungs-Anstal­ten, so wie für Geschäfts­män­ner, Zei­tungs­le­ser und für jeden teut­schen Vaterlandsfreund.

von

Dr. J. F. H e i g e l i n, Pro­fes­sor der teut­schen Spra­che etc. 

Zwei­te sehr ver­bes­ser­te und ver­mehr­te Auflage

Tübin­gen, Ver­lag von C. F. Osi­an­der, l838.

*

»Meis­ter Pro­per der teut­schen Spra­che« – so viel­leicht lie­ße sich eine Serie über deut­sche Sprach­rei­ni­ger beti­teln, die mich nun mal grund­sätz­lich inter­es­sie­ren. Schon des­halb, weil mich so eini­ge Ten­den­zen der letz­ten drei­ßig Jah­re doch recht irri­tie­ren. Nicht als sol­che, ganz und gar nicht, son­dern ledig­lich in ihrer Eigen­schaft als geball­te Mas­sen­er­schei­nung, die gar nicht anders kann, als Zwang aus­zu­üben. Und dann mag ich nun mal unse­re Umgangs­pra­che nicht weni­ger als einen hübsch gedrech­sel­ten deut­schen Satz. Ich lese also die Vor­re­den zu sol­chen Wör­ter­bü­chern gern auf der Suche nach einem Mit­tel­weg. Oder Argu­men­ten dafür. (mehr …)

  1. Ich weiß, sie hat vie­le Freun­de; mir per­sön­lich geht sie aber nun mal auf den Zahn. []

WeiterlesenMeis­ter Pro­per der teut­schen Sprache

»Trüm­mel« – (m)eine klei­ne Obsession

Klick zu amazon.com!

Das Schö­ne an einem Blog ist nicht nur, dass es einen zwingt, den einen oder ande­ren Gedan­ken, den man sich mer­ken möch­te, so zu for­mu­lie­ren, dass ihn auch ein ande­rer ver­steht; das macht ein Blog zu einem ganz brauch­ba­ren Notiz­block, der der alten Zet­tel­wirt­schaft haus­hoch über­le­gen ist. Aber als »Publi­ka­ti­on«, ein Blog ist ja welt­weit ein­seh­bar, hat es auch den Vor­teil, sei­nen Obses­sio­nen öffent­lich für eini­ge Inter­es­sier­te nach­ge­hen zu kön­nen, ohne damit denen auf den Nerv zu fal­len, die die­se par­tout nicht inter­es­sie­ren. So im Fal­le des Wört­chens »«, das mich nicht mehr los­las­sen mag, seit ich es ent­deckt habe. Obses­si­on hin oder her, die Zahl der Leu­te, die die Suche nach dem Wört­chen auf das Blog führt, ist durch­aus erstaunlich.

»Trümm­lig«1 – das Wort mag mich ein­fach nicht in Ruhe las­sen. Und nach­dem mein Freund Her­bert Pfeif­fer mich mit dem Schwei­ze­ri­schen Idio­ti­kon2 jüngst auf ein Werk auf­merk­sam gemacht hat, das ich von Anfang an hät­te benut­zen sol­len, hier noch­mal ein Nach­wasch (falls es so etwas gibt).

Das  Schwei­ze­ri­sche Idio­ti­kon. Was für ein Fund! Das Schwei­ze­ri­sche aller Zei­ten bis ins kleins­te Detail seziert, geord­net und auch noch fein­säu­ber­lich in eine Web­site ein­ge­pflegt.3 Das ist genau das, was man sich von allen deutsch­spra­chi­gen Gegen­den wün­schen würde.

Wie auch immer: »trümm­lig« ist hier auf den Punkt gebracht. Wenn auch etwas ein­ge­hen­der, als der bei­läu­fig Nach­schla­gen­de sich das wün­schen wür­de. Und ich sehe, dass mei­nen bis­he­ri­gen Aus­füh­run­gen nichts hin­zu­zu­fü­gen ist, ohne sie unnö­tig zu kom­pli­zie­ren. So möch­te ich denn hier auch lie­ber auf eini­ge ver­wand­te Wör­ter ein­ge­hen, auf die ich beim Nach­le­sen gesto­ßen bin. Und da sich das Nach­schla­gen ob der Fül­le von Infor­ma­tio­nen gar nicht so ein­fach gestal­tet, berei­te ich das hier mal auf. (mehr …)

  1. sie­he dazu , & . []
  2. Mit bis­her 15 abge­schlos­se­nen Bän­den und dem zu fünf Sechs­teln erschie­ne­nen 16. Band, die zusam­men rund 150 000 Stich­wör­ter ent­hal­ten, ist das Schwei­ze­ri­sche Idio­ti­kon schon vor sei­nem Abschluss das umfang­reichs­te Regio­nal­wör­ter­buch im deut­schen Sprach­raum. Es doku­men­tiert die deut­sche Spra­che in der Schweiz vom Spät­mit­tel­al­ter bis in die Gegen­wart, die älte­ren Sprach­stu­fen genau­so wie die leben­di­ge Mund­art. Da der Grund­stock des Mund­art­ma­te­ri­als in der zwei­ten Hälf­te des 19. Jahr­hun­derts dank der Mit­ar­beit von gegen 400 Kor­re­spon­den­ten zusam­men­ge­kom­men ist, kann das Werk sonst kaum beschrie­be­ne und heu­te weit­ge­hend ver­schwun­de­ne Berei­che der sprach­li­chen, geis­ti­gen und mate­ri­el­len Kul­tur die­ser Zeit beson­ders gut doku­men­tie­ren. Es ist Arbeits­in­stru­ment für ver­schie­dens­te Wis­sens­ge­bie­te wie Sprach‑, Geschichts- und Rechts­wis­sen­schaft, Volks- und Namen­kun­de. Das Gesamt­werk wird 17 Bän­de umfas­sen. Auf den Abschluss hin sind Arbei­ten an einem alpha­be­ti­schen und einem gram­ma­ti­schen Gesamt­re­gis­ter in Gang. Über­dies wer­den eine Kom­pakt­aus­ga­be (Volks­aus­ga­be) und eine Online-Aus­ga­be des Werks vor­be­rei­tet. []
  3. Kein Mensch könn­te sich das Teil pri­vat leis­ten, da bin ich mir sicher, auch ohne nach dem Preis geschaut zu haben. Viel­leicht klappt es bei der geplan­ten Volks­aus­ga­be. []

Weiterlesen»Trüm­mel« – (m)eine klei­ne Obsession

Bai­ting Bulls & Bin­ning Cats

£250 Buß­geld muss die böse Cat Lady aus Coven­try nun dafür berap­pen, dass sie im August gau­di­hal­ber eine Kat­ze, die ihr auf der Stra­ße unter­ge­kom­men war, in die nächs­te Müll­ton­ne gewor­fen hat­te. Das The­ma hat­te die eng­li­sche Pres­se wochen­lang bewegt und zu einer Hass­kam­pa­gne auf Face­book sowie zu Todes­dro­hun­gen gegen die Tier­quä­le­rin geführt.


Wie’s der Zufall so woll­te, saß ich, als ich ges­tern die Nach­richt im Radio hör­te, gera­de wie­der mal über einem mei­ner End­los­pro­jek­te, einer brauch­ba­ren Dia­lekt­da­ten­bank, ins­be­son­de­re der bri­ti­schen Dia­lek­te. Vor dem Hin­ter­grund, dass besag­te Dame unter Poli­zei­schutz gestellt wer­den muss­te, bie­tet mein jüngs­ter Neu­zu­gang in Sachen Dia­lekt einen inter­es­san­ten Ein­blick in den wei­ten Weg, den die eng­li­sche Volks­see­le zum The­ma Tier­quä­le­rei hin­ter sich hat.

(mehr …)

WeiterlesenBai­ting Bulls & Bin­ning Cats