Jeder ist ein Über­set­zer – über im wahrs­ten Sin­ne des Wor­tes ein­ge­bil­de­te Wörtlichkeit

Klick zu amazon.com!

Jeder kann über­set­zen. Natür­lich, so wie jeder im Prin­zip alles auf die­ser Welt kann: kochen, lau­fen, klemp­nern, Leu­te hin­sicht­lich ihrer Steu­ern bera­ten. Jeder von uns kann zu einem hohen Pro­zent­satz, was jeder ande­re kann. Nur, wenn Sie drei­ßig Jah­re Moto­ren bau­en, dann sehen Ihre Moto­ren eben anders aus als der, den sich da gera­de ein blu­ti­ger Amateur­schrauber zusam­men­zurammeln ver­sucht. Das Pro­blem ist nur, außer beim Über­set­zen müss­te man das in kei­nem ande­ren Metier auf der Welt dis­ku­tie­ren. Weder beim Moto­ren­bau, noch beim Leis­tungs­sport. Und auch die Män­gel des Ama­teur­pro­dukts wären über­all rasch zu sehen.

Ich höre als Über­set­zer immer wie­der mal, dass man denn doch lie­ber mit jeman­dem arbei­ten wür­de, der »wört­lich« über­setzt und des­sen Über­set­zun­gen sich den­noch »gut lesen«. Von mir aus. Als pro­fes­sio­nel­ler Über­set­zer bin ich die­se Dis­kus­si­on herz­lich leid. Ich ver­knei­fe mir selbst die Bemer­kung, man soll­te selbst­ver­ständ­lich dort­hin gehen, wo man gelie­fert bekommt, was man als blu­ti­ger Ama­teur für das Bes­se­re hält; es führ­te doch wie­der nur zur ewig glei­chen alber­nen, weil sinn­lo­sen Dis­kus­si­on. Ner­vig ist natür­lich, wenn man ein »redi­gier­tes« Manu­skript zur Durch­sicht zurück­be­kommt, das sich mehr oder weni­ger als eben die Inter­li­ne­ar­ver­si­on ent­puppt, die man durch mehr­ma­li­ge Über­ar­bei­tung bewusst hin­ter sich gelas­sen hat. Mehr oder weni­ger, weil plötz­lich auch mas­sen­wei­se Feh­ler drin­ste­hen, die man als Pro­fi nie gemacht hätte.

Es ist immer die­sel­be Illu­si­on: dass die­se offen­sicht­lich so wün­schens­wer­te »Wört­lich­keit« beim Über­set­zen die bes­se­re Lösung sei.1 Was man – hier wären eine Rei­he von Exkur­sen über Stil von­nö­ten – noch als Geschmack­sa­che abtun könn­te, läge das ers­te Gegen­ar­gu­ment nicht immer gleich auf der Hand: Die­se Art der wört­li­chen Über­set­zung geht so gut wie immer (es gibt natür­lich Über­set­zun­gen unter­schied­li­cher Schwie­rig­keitsgrade) Hand in Hand mit einer weit gerin­ge­ren Tref­fer­quo­te – sprich: einer grö­ße­ren Zahl von Über­set­zungs­feh­lern. War­um? (mehr …)

  1. Das hat viel mit der Ori­en­tie­rungs­lo­sig­keit zu tun, mit denen der Ama­teur in einem Wald von Wör­tern steht. Er sieht noch nicht ein­mal, dass er in sei­ner Ver­zweif­lung, sich da durch­zu­fin­den, vor lau­ter Bäu­men den Wald nicht mehr sieht. Man muss aber den Text vor­ne­weg stel­len, man muss wis­sen, was man damit machen will, was für ein Gesicht die Über­set­zung haben soll. Da hat der ein­zel­ne Satz sich dann eben unter­zu­ord­nen. []

WeiterlesenJeder ist ein Über­set­zer – über im wahrs­ten Sin­ne des Wor­tes ein­ge­bil­de­te Wörtlichkeit

Ange­li­tos Negros – Male mir schwar­ze Engel

Klick zu Amazon!

Es gibt Songs, die einen nach dem ers­ten Hören nicht mehr, womög­lich nie wie­der los­las­sen. Egal ob “Cas­ta Diva”, “Suzan­ne” oder “Sweet Home Ala­ba­ma”, sie wol­len einem nicht mehr aus dem Kopf & kom­men einem in den merk­wür­digs­ten Augen­bli­cken in den Sinn. Und dann gibt es LPs, die fast voll sol­cher Songs sind. Wann immer man sie auf­legt, denkt man: “Okay, das war’s jetzt, das waren alle guten Songs.” Und dann kommt noch einer und noch einer. Ges­tern hat­te ich, mit jah­re­lan­ger Ver­spä­tung, wie­der mal eine sol­che – und oben­drein uralte – LP in der Post. Anlass, nach fast drei Mona­ten beruf­li­chen Ärgers eine Kan­ne Tee auf­zu­brü­hen und beim Hören des Schat­zes ein biss­chen dazu im Web zu wühlen…

Ich weiß nicht mehr, wie ich dazu kam, mir die Plat­te zu kau­fen, viel­leicht hat man sie im Baye­ri­schen Rund­funk auf­ge­legt, viel­leicht hat­te ich sie im Inter­nat (Inter­nat – nicht Inter­net!) bei einem Mit­schü­ler gehört, der ein gro­ßer Soul­fan war und eine Men­ge ein­schlä­gi­ges Vinyl dazu hat­te. Ich spre­che von First Take, dem 1969er Debüt der schwar­zen Soul­sän­ge­rin Rober­ta Flack, die schließ­lich mit “Kil­ling Me Soft­ly” einen Welt­hit  hat­te und dann, nein, nicht wie­der ver­schwand, es gibt sie ja noch, sie hat die­ses Jahr bereits eine CD (Let It Be Rober­ta) her­aus­ge­bracht, aber irgend­wie nie so prä­sent war, wie eine Inter­pre­tin von ihrem Kali­ber es ver­dient hät­te. Oder viel­leicht lag’s auch an mir…

Wie dem auch sei, First Take ist und bleibt womög­lich ihre ganz gro­ße Plat­te und eine Plat­te mit aus­schließ­lich ganz gro­ßen Songs. Und der Song, der mir nicht mehr aus dem Kopf woll­te oder den ich als ers­ten hör­te, das war “Ange­li­tos Negros”. Und es ist auch der Song, der mich jüngst wie­der auf First Take gebracht hat. Über Umwe­ge. (mehr …)

WeiterlesenAnge­li­tos Negros – Male mir schwar­ze Engel

… klei­ner Spaziergang

  • Beitrags-Autor:
  • Beitrags-Kategorie:Allgemein

.

Nach­dem der Nürn­ber­ger vor 14 Tagen noch das Eis auf der Peg­nitz mit aus­ge­wähl­ten Objek­ten – Pflanz­töp­fen, Bäu­men, Müll­beu­teln – auf sei­ne Trag­bar­keit prü­fen zu müs­sen mein­te, kam heu­te für den Faschings­zug die Son­ne raus. Vor­mit­tag hat­te es gereg­net, was die Far­ben schön frisch raus­kom­men ließ…

 

… kos­tü­miert war man natür­lich auch schon …

(mehr …)

Weiterlesen… klei­ner Spaziergang

… weil: ich brau­che eine Denk­pau­se – von wegen

Ob sprach­li­che Ent­wick­lun­gen gut oder schlecht sind, ist meist Ansichts­sa­che, Tat­sa­che ist, dass Spra­che sich stän­dig ändert. Und dass sich dar­an nichts ändern wird. Punkt. Herz­lich frag­wür­dig scheint mir aller­dings eine Aus­sa­ge, die sich auf die Ursa­che einer sol­chen – ver­meint­li­chen? – sprach­li­chen und oben­drein auch »men­ta­len« (wie man heu­te wohl sagt) Ände­rung bezieht. Ich fand sie vor eini­gen Wochen in einem Inter­view in der Süd­deut­schen und sie scheint mir von einem, der buch­stäb­lich nicht in die­sem Land lebt – oder über­haupt in unse­rer moder­nen Zeit…

»Heut­zu­ta­ge«, so erklär­te Fran­zis­ka Aug­stein in einem Inter­view dem deutsch-fran­zö­si­schen Autor Geor­ges-Arthur Gold­schmidt, reden wir umgangs­sprach­lich in Deutsch­land so: ›Ich sit­ze gern im Café Figa­ro, weil: ich mag das Café.‹« Wor­auf Gold­schmidt meint: »Das Deut­sche ist frei­er gewor­den. Man lässt sich Zeit zum Den­ken, daher die Zäsur: ›weil‹: – Nach­den­ken – und dann kommt das Resultat.«
Das ist, mit Ver­laub, ein Rie­sen­krampf. Nicht nur gibt es bei einem sol­chen Satz nichts zu über­le­gen, es besteht noch nicht mal ein Grund, das Verb nach vor­ne zu ver­le­gen, weil man’s even­tu­ell ver­ges­sen könn­te, wenn man es, wie im deut­schen Neben­satz üblich, hin­ten dran­hängt. Dafür ist der Satz zu kurz. Zu einer Zäsur kommt es mit­nich­ten. Und von der Aus­sa­ge her scheint mir bei einem sol­chen Satz ohne­hin der Neben­satz der eigent­lich wich­ti­ge: Man will letzt­lich nur sagen, dass man das Restau­rant mag; der Neben­satz wür­de – als Haupt­satz gespro­chen – genü­gen. Oder bil­de ich mir das nur ein? Ist ja nicht auszuschließen…

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

bei amazon.com

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Wie auch immer, seit ich das Inter­view gele­sen habe, höre ich die Kon­struk­ti­on plötz­lich, na gut, wenn schon nicht über­all so doch im TV. Allein letz­te Woche wenigs­tens viermal.

»Ich tra­ge Ohren­stöp­sel, weil ich hab’ so ’n leich­ten Schlaf«, ant­wor­tet im Not­ruf Hafen­kan­te die Haus­häl­te­rin eines altern­den Stars auf die Fra­ge, ob sie denn nicht gehört hät­te, dass jemand näch­tens mit dem Tre­sor stif­ten geht.1

Und dann gleich noch mal: »War’s das, weil ich müss­te noch …« Und ein drit­tes Mal in der­sel­ben Epi­so­de: »Das ist im Moment schlecht, weil ich bin gra­de beim …« (mehr …)

  1. Fol­ge 142, Staf­fel 20 – »Trau, schau, wem«, 9. Febru­ar 2012 []

Weiterlesen… weil: ich brau­che eine Denk­pau­se – von wegen

Occu­py vs. Che

Pos­ter by Rai­na Dayne

Pos­ters. Wer hat­te nicht mal das eine oder ande­re an der Wand? Als Zei­chen blo­ßer Vor­lie­ben oder als Aus­druck eines, und sei es auch noch so vagen Pros­tests. Und immer auch als Schmuck­stück. Che Gue­va­ra ist ein alter Favo­rit, der eher wie­der an Beliebt­heit gewon­nen zu haben scheint; das »I Want You!«-Poster mit Uncle Sam oder Frank Zap­pa auf dem Thron. Was die letz­ten Jahr­zehn­te anbe­langt, bin ich da nicht so auf dem Lau­fen­den. Aber in jüngs­ter Zeit fie­len mir im Web eine gan­ze Rei­he gra­fisch hoch inter­es­san­ter Pla­ka­te zu einem brand­ak­tu­el­len The­ma auf. Da sind rich­tig star­ke Sachen dabei. Gra­phi­sches zur und aus der Occupy-Bewegung…

Pos­ter by B.L. Singelton

Als Über­set­zer war­te ich wie­der mal. Dies­mal auf ein Manu­skript aus Ame­ri­ka, genau­er gesagt auf das jüngs­te Buch des Anthro­po­lo­gen David Grae­ber, das dann als Schnell­schuss über die Büh­ne gehen muss. Alles steht in den Start­lö­chern, damit der Titel – so die Hoff­nung aller Betei­lig­ten – gleich­zei­tig mit dem Ori­gi­nal in den Staa­ten erscheint. Da ist hier nicht nur Groß­rei­ne­ma­chen bei mei­nen PCs ange­sagt, da emp­fiehlt sich natür­lich auch etwas Recher­che vor­ab. Es soll um die Occu­py-Bewe­gung gehen. Kar­ten vom Ort der Hand­lung habe ich noch von der Über­set­zung eines Bob Dylan-Titels im Herbst an der Wand: die Wall Street ist ja, zumin­dest von weit, weit oben gese­hen, vom Green­wich Vil­la­ge gar nicht so weit ent­fernt. Und heu­te, nach­dem sich das Vil­la­ge kein nor­ma­ler Mensch und mit Sicher­heit kein auf­stre­ben­der Künst­ler mehr leis­ten kann und die Mit­tel­lo­sen unter den Krea­ti­ven über den East River gezo­gen sind, ist die Ent­fer­nung auch gefühs­mä­ßig nicht mehr so groß wie in den 50er- und 60er-Jah­ren. (mehr …)

WeiterlesenOccu­py vs. Che

Ein Ame­ri­ka­ner in Brüs­sel prä­sen­tiert: die eier­le­gen­de Woll­milch­sau (3)

Klick zu amazon.com

Wir haben in den ers­ten bei­den Tei­len – hier & hier – der Mini­se­rie über Jere­my Rif­kins jüngs­ten Best­sel­ler Die Drit­te Indus­tri­el­le Revo­lu­ti­on erfah­ren, wie­so der Autor so voll­mun­dig von einer Drit­ten und Letz­ten Indus­tri­el­len Revo­lu­ti­on spricht und wie Rif­kin und sein Team sich die­se Drit­ten Indus­tri­el­le Revo­lu­ti­on vor­stel­len. Zum Abschluss möch­te ich noch eini­ge Kon­se­quen­zen und Per­spek­ti­ven darstellen.

Wir haben gese­hen, was nach Ansicht des Erfolgs­au­tors und »Welt­be­ra­ters« Jere­my Rif­kin getan wer­den muss, um sowohl der Kli­ma­ka­ta­stro­phe als – fürs ers­te – auch dem end­gül­ti­gen Kol­laps der Welt­wirt­schaft zu ent­ge­hen. Aber wo genau soll das denn sei­ner Ansicht nach alles hin­füh­ren? Nun, eben in eine voll­kom­men neue Ära, deren Weg­be­rei­ter die Drit­te Indus­tri­el­le Revo­lu­ti­on sein soll. Aber was wird uns denn im Ein­zel­nen auf dem Weg in die­se neue Zeit passieren?

Nun, zum einen wer­den etwa alte Macht­struk­tu­ren in der Wirt­schaft an Bedeu­tung ver­lie­ren. Wenn »Hun­der­te von Mil­lio­nen Men­schen ihre eige­ne grü­ne Ener­gie pro­du­zie­ren und sie in einem ›Ener­gie­in­ter­net‹ mit ande­ren tei­len«, dann führt das zur Demo­kra­ti­sie­rung der Ener­gie und die­se wie­der­um zu einer fun­da­men­ta­len Neu­ord­nung zwi­schen­mensch­li­cher Bezie­hun­gen: Die­se »wird sich auf unse­re Art, Geschäf­te zu machen, eben­so aus­wir­ken wie auf die Erzie­hung unse­rer Kin­der, unser Leben als Staats­bür­ger und unse­re Art zu regie­ren«. Rif­kin spricht hier von »late­ra­ler Macht«, in der Glei­che das Sagen haben, im Gegen­satz zur alten hier­ar­chi­schen Macht, die von oben nach unten regiert.

Und so wie in der Wirt­schaft wird auch die Macht in der Poli­tik in die Brei­te gehen. Mit der EU als Bei­spiel sieht Rif­kin statt auto­no­mer Natio­nal­staa­ten eine Welt von Kon­tin­tal­bünd­nis­sen. Die EU ist allen vor­an, aber die Ansät­ze dazu sind auch in Asi­en, Afri­ka und Süd­ame­ri­ka längst gemacht.

Dazu wird es laut Rif­kin so oder so kom­men, wich­tig ist nur unter wel­chen Vor­zei­chen. Das Zeit­al­ter der Zusam­men­ar­beit set­ze ein grund­le­gen­des Umden­ken vor­aus, (mehr …)

WeiterlesenEin Ame­ri­ka­ner in Brüs­sel prä­sen­tiert: die eier­le­gen­de Woll­milch­sau (3)