Slang Guy’s Blog

Jeder ist ein Über­set­zer – über im wahrs­ten Sin­ne des Wor­tes ein­ge­bil­de­te Wörtlichkeit

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Jeder kann über­set­zen. Natür­lich, so wie jeder im Prin­zip alles auf die­ser Welt kann: kochen, lau­fen, klemp­nern, Leu­te hin­sicht­lich ihrer Steu­ern bera­ten. Jeder von uns kann zu einem hohen Pro­zent­satz, was jeder ande­re kann. Nur, wenn Sie drei­ßig Jah­re Moto­ren bau­en, dann sehen Ihre Moto­ren eben anders aus als der, den sich da gera­de ein blu­ti­ger Amateur­schrauber zusam­men­zurammeln ver­sucht. Das Pro­blem ist nur, außer beim Über­set­zen müss­te man das in kei­nem ande­ren Metier auf der Welt dis­ku­tie­ren. Weder beim Moto­ren­bau, noch beim Leis­tungs­sport. Und auch die Män­gel des Ama­teur­pro­dukts wären über­all rasch zu sehen.

Ich höre als Über­set­zer immer wie­der mal, dass man denn doch lie­ber mit jeman­dem arbei­ten wür­de, der »wört­lich« über­setzt und des­sen Über­set­zun­gen sich den­noch »gut lesen«. Von mir aus. Als pro­fes­sio­nel­ler Über­set­zer bin ich die­se Dis­kus­si­on herz­lich leid. Ich ver­knei­fe mir selbst die Bemer­kung, man soll­te selbst­ver­ständ­lich dort­hin gehen, wo man gelie­fert bekommt, was man als blu­ti­ger Ama­teur für das Bes­se­re hält; es führ­te doch wie­der nur zur ewig glei­chen alber­nen, weil sinn­lo­sen Dis­kus­si­on. Ner­vig ist natür­lich, wenn man ein »redi­gier­tes« Manu­skript zur Durch­sicht zurück­be­kommt, das sich mehr oder weni­ger als eben die Inter­li­ne­ar­ver­si­on ent­puppt, die man durch mehr­ma­li­ge Über­ar­bei­tung bewusst hin­ter sich gelas­sen hat. Mehr oder weni­ger, weil plötz­lich auch mas­sen­wei­se Feh­ler drin­ste­hen, die man als Pro­fi nie gemacht hätte.

Es ist immer die­sel­be Illu­si­on: dass die­se offen­sicht­lich so wün­schens­wer­te »Wört­lich­keit« beim Über­set­zen die bes­se­re Lösung sei.1 Was man – hier wären eine Rei­he von Exkur­sen über Stil von­nö­ten – noch als Geschmack­sa­che abtun könn­te, läge das ers­te Gegen­ar­gu­ment nicht immer gleich auf der Hand: Die­se Art der wört­li­chen Über­set­zung geht so gut wie immer (es gibt natür­lich Über­set­zun­gen unter­schied­li­cher Schwie­rig­keitsgrade) Hand in Hand mit einer weit gerin­ge­ren Tref­fer­quo­te – sprich: einer grö­ße­ren Zahl von Über­set­zungs­feh­lern. War­um? (mehr …)

  1. Das hat viel mit der Ori­en­tie­rungs­lo­sig­keit zu tun, mit denen der Ama­teur in einem Wald von Wör­tern steht. Er sieht noch nicht ein­mal, dass er in sei­ner Ver­zweif­lung, sich da durch­zu­fin­den, vor lau­ter Bäu­men den Wald nicht mehr sieht. Man muss aber den Text vor­ne­weg stel­len, man muss wis­sen, was man damit machen will, was für ein Gesicht die Über­set­zung haben soll. Da hat der ein­zel­ne Satz sich dann eben unter­zu­ord­nen. []

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Ange­li­tos Negros – Male mir schwar­ze Engel

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Es gibt Songs, die einen nach dem ers­ten Hören nicht mehr, womög­lich nie wie­der los­las­sen. Egal ob “Cas­ta Diva”, “Suzan­ne” oder “Sweet Home Ala­ba­ma”, sie wol­len einem nicht mehr aus dem Kopf & kom­men einem in den merk­wür­digs­ten Augen­bli­cken in den Sinn. Und dann gibt es LPs, die fast voll sol­cher Songs sind. Wann immer man sie auf­legt, denkt man: “Okay, das war’s jetzt, das waren alle guten Songs.” Und dann kommt noch einer und noch einer. Ges­tern hat­te ich, mit jah­re­lan­ger Ver­spä­tung, wie­der mal eine sol­che – und oben­drein uralte – LP in der Post. Anlass, nach fast drei Mona­ten beruf­li­chen Ärgers eine Kan­ne Tee auf­zu­brü­hen und beim Hören des Schat­zes ein biss­chen dazu im Web zu wühlen…

Ich weiß nicht mehr, wie ich dazu kam, mir die Plat­te zu kau­fen, viel­leicht hat man sie im Baye­ri­schen Rund­funk auf­ge­legt, viel­leicht hat­te ich sie im Inter­nat (Inter­nat – nicht Inter­net!) bei einem Mit­schü­ler gehört, der ein gro­ßer Soul­fan war und eine Men­ge ein­schlä­gi­ges Vinyl dazu hat­te. Ich spre­che von First Take, dem 1969er Debüt der schwar­zen Soul­sän­ge­rin Rober­ta Flack, die schließ­lich mit “Kil­ling Me Soft­ly” einen Welt­hit  hat­te und dann, nein, nicht wie­der ver­schwand, es gibt sie ja noch, sie hat die­ses Jahr bereits eine CD (Let It Be Rober­ta) her­aus­ge­bracht, aber irgend­wie nie so prä­sent war, wie eine Inter­pre­tin von ihrem Kali­ber es ver­dient hät­te. Oder viel­leicht lag’s auch an mir…

Wie dem auch sei, First Take ist und bleibt womög­lich ihre ganz gro­ße Plat­te und eine Plat­te mit aus­schließ­lich ganz gro­ßen Songs. Und der Song, der mir nicht mehr aus dem Kopf woll­te oder den ich als ers­ten hör­te, das war “Ange­li­tos Negros”. Und es ist auch der Song, der mich jüngst wie­der auf First Take gebracht hat. Über Umwe­ge. (mehr …)

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… klei­ner Spaziergang

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Nach­dem der Nürn­ber­ger vor 14 Tagen noch das Eis auf der Peg­nitz mit aus­ge­wähl­ten Objek­ten – Pflanz­töp­fen, Bäu­men, Müll­beu­teln – auf sei­ne Trag­bar­keit prü­fen zu müs­sen mein­te, kam heu­te für den Faschings­zug die Son­ne raus. Vor­mit­tag hat­te es gereg­net, was die Far­ben schön frisch raus­kom­men ließ…

 

… kos­tü­miert war man natür­lich auch schon …

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… weil: ich brau­che eine Denk­pau­se – von wegen

Ob sprach­li­che Ent­wick­lun­gen gut oder schlecht sind, ist meist Ansichts­sa­che, Tat­sa­che ist, dass Spra­che sich stän­dig ändert. Und dass sich dar­an nichts ändern wird. Punkt. Herz­lich frag­wür­dig scheint mir aller­dings eine Aus­sa­ge, die sich auf die Ursa­che einer sol­chen – ver­meint­li­chen? – sprach­li­chen und oben­drein auch »men­ta­len« (wie man heu­te wohl sagt) Ände­rung bezieht. Ich fand sie vor eini­gen Wochen in einem Inter­view in der Süd­deut­schen und sie scheint mir von einem, der buch­stäb­lich nicht in die­sem Land lebt – oder über­haupt in unse­rer moder­nen Zeit…

»Heut­zu­ta­ge«, so erklär­te Fran­zis­ka Aug­stein in einem Inter­view dem deutsch-fran­zö­si­schen Autor Geor­ges-Arthur Gold­schmidt, reden wir umgangs­sprach­lich in Deutsch­land so: ›Ich sit­ze gern im Café Figa­ro, weil: ich mag das Café.‹« Wor­auf Gold­schmidt meint: »Das Deut­sche ist frei­er gewor­den. Man lässt sich Zeit zum Den­ken, daher die Zäsur: ›weil‹: – Nach­den­ken – und dann kommt das Resultat.«
Das ist, mit Ver­laub, ein Rie­sen­krampf. Nicht nur gibt es bei einem sol­chen Satz nichts zu über­le­gen, es besteht noch nicht mal ein Grund, das Verb nach vor­ne zu ver­le­gen, weil man’s even­tu­ell ver­ges­sen könn­te, wenn man es, wie im deut­schen Neben­satz üblich, hin­ten dran­hängt. Dafür ist der Satz zu kurz. Zu einer Zäsur kommt es mit­nich­ten. Und von der Aus­sa­ge her scheint mir bei einem sol­chen Satz ohne­hin der Neben­satz der eigent­lich wich­ti­ge: Man will letzt­lich nur sagen, dass man das Restau­rant mag; der Neben­satz wür­de – als Haupt­satz gespro­chen – genü­gen. Oder bil­de ich mir das nur ein? Ist ja nicht auszuschließen…

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Wie auch immer, seit ich das Inter­view gele­sen habe, höre ich die Kon­struk­ti­on plötz­lich, na gut, wenn schon nicht über­all so doch im TV. Allein letz­te Woche wenigs­tens viermal.

»Ich tra­ge Ohren­stöp­sel, weil ich hab’ so ’n leich­ten Schlaf«, ant­wor­tet im Not­ruf Hafen­kan­te die Haus­häl­te­rin eines altern­den Stars auf die Fra­ge, ob sie denn nicht gehört hät­te, dass jemand näch­tens mit dem Tre­sor stif­ten geht.1

Und dann gleich noch mal: »War’s das, weil ich müss­te noch …« Und ein drit­tes Mal in der­sel­ben Epi­so­de: »Das ist im Moment schlecht, weil ich bin gra­de beim …« (mehr …)

  1. Fol­ge 142, Staf­fel 20 – »Trau, schau, wem«, 9. Febru­ar 2012 []

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Occu­py vs. Che

Pos­ter by Rai­na Dayne

Pos­ters. Wer hat­te nicht mal das eine oder ande­re an der Wand? Als Zei­chen blo­ßer Vor­lie­ben oder als Aus­druck eines, und sei es auch noch so vagen Pros­tests. Und immer auch als Schmuck­stück. Che Gue­va­ra ist ein alter Favo­rit, der eher wie­der an Beliebt­heit gewon­nen zu haben scheint; das »I Want You!«-Poster mit Uncle Sam oder Frank Zap­pa auf dem Thron. Was die letz­ten Jahr­zehn­te anbe­langt, bin ich da nicht so auf dem Lau­fen­den. Aber in jüngs­ter Zeit fie­len mir im Web eine gan­ze Rei­he gra­fisch hoch inter­es­san­ter Pla­ka­te zu einem brand­ak­tu­el­len The­ma auf. Da sind rich­tig star­ke Sachen dabei. Gra­phi­sches zur und aus der Occupy-Bewegung…

Pos­ter by B.L. Singelton

Als Über­set­zer war­te ich wie­der mal. Dies­mal auf ein Manu­skript aus Ame­ri­ka, genau­er gesagt auf das jüngs­te Buch des Anthro­po­lo­gen David Grae­ber, das dann als Schnell­schuss über die Büh­ne gehen muss. Alles steht in den Start­lö­chern, damit der Titel – so die Hoff­nung aller Betei­lig­ten – gleich­zei­tig mit dem Ori­gi­nal in den Staa­ten erscheint. Da ist hier nicht nur Groß­rei­ne­ma­chen bei mei­nen PCs ange­sagt, da emp­fiehlt sich natür­lich auch etwas Recher­che vor­ab. Es soll um die Occu­py-Bewe­gung gehen. Kar­ten vom Ort der Hand­lung habe ich noch von der Über­set­zung eines Bob Dylan-Titels im Herbst an der Wand: die Wall Street ist ja, zumin­dest von weit, weit oben gese­hen, vom Green­wich Vil­la­ge gar nicht so weit ent­fernt. Und heu­te, nach­dem sich das Vil­la­ge kein nor­ma­ler Mensch und mit Sicher­heit kein auf­stre­ben­der Künst­ler mehr leis­ten kann und die Mit­tel­lo­sen unter den Krea­ti­ven über den East River gezo­gen sind, ist die Ent­fer­nung auch gefühs­mä­ßig nicht mehr so groß wie in den 50er- und 60er-Jah­ren. (mehr …)

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Ein Ame­ri­ka­ner in Brüs­sel prä­sen­tiert: die eier­le­gen­de Woll­milch­sau (3)

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Wir haben in den ers­ten bei­den Tei­len – hier & hier – der Mini­se­rie über Jere­my Rif­kins jüngs­ten Best­sel­ler Die Drit­te Indus­tri­el­le Revo­lu­ti­on erfah­ren, wie­so der Autor so voll­mun­dig von einer Drit­ten und Letz­ten Indus­tri­el­len Revo­lu­ti­on spricht und wie Rif­kin und sein Team sich die­se Drit­ten Indus­tri­el­le Revo­lu­ti­on vor­stel­len. Zum Abschluss möch­te ich noch eini­ge Kon­se­quen­zen und Per­spek­ti­ven darstellen.

Wir haben gese­hen, was nach Ansicht des Erfolgs­au­tors und »Welt­be­ra­ters« Jere­my Rif­kin getan wer­den muss, um sowohl der Kli­ma­ka­ta­stro­phe als – fürs ers­te – auch dem end­gül­ti­gen Kol­laps der Welt­wirt­schaft zu ent­ge­hen. Aber wo genau soll das denn sei­ner Ansicht nach alles hin­füh­ren? Nun, eben in eine voll­kom­men neue Ära, deren Weg­be­rei­ter die Drit­te Indus­tri­el­le Revo­lu­ti­on sein soll. Aber was wird uns denn im Ein­zel­nen auf dem Weg in die­se neue Zeit passieren?

Nun, zum einen wer­den etwa alte Macht­struk­tu­ren in der Wirt­schaft an Bedeu­tung ver­lie­ren. Wenn »Hun­der­te von Mil­lio­nen Men­schen ihre eige­ne grü­ne Ener­gie pro­du­zie­ren und sie in einem ›Ener­gie­in­ter­net‹ mit ande­ren tei­len«, dann führt das zur Demo­kra­ti­sie­rung der Ener­gie und die­se wie­der­um zu einer fun­da­men­ta­len Neu­ord­nung zwi­schen­mensch­li­cher Bezie­hun­gen: Die­se »wird sich auf unse­re Art, Geschäf­te zu machen, eben­so aus­wir­ken wie auf die Erzie­hung unse­rer Kin­der, unser Leben als Staats­bür­ger und unse­re Art zu regie­ren«. Rif­kin spricht hier von »late­ra­ler Macht«, in der Glei­che das Sagen haben, im Gegen­satz zur alten hier­ar­chi­schen Macht, die von oben nach unten regiert.

Und so wie in der Wirt­schaft wird auch die Macht in der Poli­tik in die Brei­te gehen. Mit der EU als Bei­spiel sieht Rif­kin statt auto­no­mer Natio­nal­staa­ten eine Welt von Kon­tin­tal­bünd­nis­sen. Die EU ist allen vor­an, aber die Ansät­ze dazu sind auch in Asi­en, Afri­ka und Süd­ame­ri­ka längst gemacht.

Dazu wird es laut Rif­kin so oder so kom­men, wich­tig ist nur unter wel­chen Vor­zei­chen. Das Zeit­al­ter der Zusam­men­ar­beit set­ze ein grund­le­gen­des Umden­ken vor­aus, (mehr …)

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Ein Ame­ri­ka­ner in Brüs­sel prä­sen­tiert: die eier­le­gen­de Woll­milch­sau (2)

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Der jüngs­te Titel des ame­ri­ka­ni­schen Erfolgs­au­tors und uner­müd­li­chen »Welt­be­ra­ters« Jere­my Rif­kin Die Drit­te Indus­tri­el­le Revo­lu­ti­on: Die Zukunft der Wirt­schaft nach dem Atom­zeit­al­ter ruft, wie der Titel schon sagt, auf zu einer »drit­ten indus­tri­el­len Revo­lu­ti­on«, wie er Rif­kin das nennt. War­um er von einer sol­chen Drit­ten Indus­tri­el­len Revo­lu­ti­on spricht, das habe ich vor eini­ger Zeit hier bereits umris­sen. Wie aber stellt Rif­kin sich die­se Drit­te Indus­tri­el­le Revo­lu­ti­on ganz kon­kret vor?

Nun, Jere­my Rif­kin und sein Team, um das so knapp als mög­lich zu umrei­ßen, haben einen Fünf-Säu­len-Plan mit zwei­er­lei Ziel aus­ge­ar­bei­tet: Zum einen soll er durch die Ein­füh­rung des koh­len­stoff­frei­en Zeit­al­ters die Kli­ma­ka­ta­stro­phe abwen­den und damit letzt­lich die Spe­zi­es vor dem Aus­ster­ben bewah­ren; zum ande­ren soll er unse­re gute alte Markt­wirt­schaft wie­der in Schwung brin­gen, und sei es auch nur für ein aller­letz­tes Mal.

Aber wie sol­len sie denn nun aus­se­hen, die­se wun­der­sa­men fünf Säu­len der drit­ten und letz­ten indus­tri­el­len Revo­lu­ti­on? Nun, kurz gesagt:

  • Säu­le 1 besteht im Umstieg von koh­len­stoff­hal­ti­gen fos­si­len Brenn­stof­fen auf grü­ne, also erneu­er­ba­re Energien.
  • Säu­le 2 besteht in der Umwand­lung der welt­wei­ten Bau­sub­stanz in Mini- bzw. Mikro­kraft­wer­ken«, die vor Ort erneu­er­ba­re Ener­gien erzeu­gen und sammeln.
  • Säu­le 3 sieht die Auf­stel­lung von Was­ser­stoff- und ande­ren Ener­gie­spei­chern in jedem Gebäu­de und über die gan­ze Infra­struk­tur ver­teilt an Kno­ten­punk­ten zur Spei­che­rung von inter­mit­tie­ren­der Ener­gie vor; hier geht es dar­um, die »wei­chen«, also inter­mit­tie­ren­den Ener­gien zu spei­chern, um einen kon­ti­nu­ier­li­chen Nach­schub an grü­ner Ener­gie zu garan­tie­ren. (mehr …)

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Darf’s ein biss­chen mehr sein? Wenn der Über­set­zer den Dau­men mit auf die Waa­ge legt…

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Das Pro­blem des Zitie­rens bei Über­set­zun­gen habe ich vor eini­ger Zeit hier ange­spro­chen. Das Zitat fügt sich in der Über­set­zung aus dem einen oder ande­ren Grund nicht immer so in den neu­en Kon­text, in dem man das ger­ne hät­te. Das ist letzt­lich frus­trie­rend, aber durch­aus inter­es­sant, sieht man sich doch gezwun­gen, sich mit dem zu befas­sen, was da zitiert wird. Und die mehr oder min­der bewuss­ten Prin­zi­pi­en der eige­nen Arbeits­wei­se zu überdenken…

Der Über­set­zer ist ein Leser mit einer gesun­den Para­noia — oder wenies­tens soll­te er das im Ide­al­fall sein. Er soll­te ver­deck­te Bedeu­tun­gen erken­nen, Zusam­men­hän­ge sehen. Und er ist ein Gärt­ner, der — je nach dem Grad die­ser Para­noia — mehr oder weni­ger bewusst Sinn auf­zu­päp­peln, sprich her­aus­zu­ar­bei­ten ver­sucht. Das gilt dum­mer­wei­se auch, wenn er sieht, dass etwas barer Unfug ist. Hier ein net­tes Bei­spiel, mit dem ich mich eben zu befas­sen hatte.

Sean Wil­entz weist in sei­nem hoch inter­es­san­ten Buch Bob Dylan in Ame­ri­ca dar­auf hin, dass Ano­ther Side of Bob Dylan, Dylans vier­te LP und das ers­te einer Hand­voll Meis­ter­wer­ke aus der Mit­te der Six­ties, so eini­ge poe­ti­sche Klöp­se ent­hält. Als Bei­spiel führt er fol­gen­den Vers an:

With unseen con­scious­ness, I pos­s­es­sed in my grip
A magni­fi­cent man­tel­pie­ce, though its heart being chipped.”
Bob Dylan, “Bal­lad in Plain D” (1964)

Bei flüch­ti­gen Lesen mag das nicht wei­ter auf­fal­len, aber wo wenn ein Dylan-Ken­ner wie Wil­entz, der sogar für Bob Dylans offi­zi­el­le Web­site schreibt eigens dar­auf hin­weist, guckt man eben noch mal hin. Und so recht will das denn kei­nen rech­ten Sinn erge­ben, auch nicht als poe­ti­sches Bild. Und als einer, in einer ande­ren Spra­che auf­ge­wach­sen ist, (mehr …)

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Ein Ame­ri­ka­ner in Brüs­sel prä­sen­tiert: die eier­le­gen­de Woll­milch­sau (1)

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Unser Glo­bus pfeift auf dem letz­ten Loch: Kli­ma­wan­del, Umwelt­dreck, Arbeits­lo­sig­keit, Erd­öl­fal­le. Eini­ge Ideen, ach was, einen fer­tig aus­ge­ar­bei­te­ten Plan, wie alle­dem bei­zu­kom­men und die Kur­ve vor der bevor­ste­hen­den Apo­ka­lyp­se viel­leicht gera­de noch mal so zu krie­gen wäre, fin­den Sie in Jere­my Rif­kins neu­es­tem Buch Die drit­te indus­tri­el­le Revo­lu­ti­on. Im Rah­men sei­ner nun­mehr gut 50-jäh­ri­gen Bemü­hun­gen, unse­re Welt zu ret­ten – oder sie wenigs­tens ein biss­chen bes­ser zu machen – prä­sen­tiert die wan­deln­de Denk­fa­brik nichts Gerin­ge­res als die eier­le­gen­de Woll­milch­sau. Und sie ist ange­sichts der Rat­lo­sig­keit des Rests der Welt nicht nur einen nähe­ren Blick wert, die Arbei­ten dar­an sind bereits wei­ter gedie­hen als man mei­nen möch­te. Gön­nen Sie sich einen inter­es­san­ten Blick in die Werk­statt eines impo­san­ten Nimmermüden.

Das hört sich ziem­lich nach Wasch­zet­tel an, ich weiß. Aber dem ist nicht so, wie ich hier gleich dar­le­gen wer­de. Ich habe mich, nicht zuletzt aus den hier ange­ris­se­nen Grün­den, ziem­lich gefreut, den »neu­en Rif­kin« über­set­zen zu dür­fen. Auch wenn es furcht­bar schnell gehen muss­te. Mich erfass­te bei der Arbeit neben dem Adre­na­lin­stoß, der jeden Schnell­schuss zum Spaß für sich macht, auch ein merk­wür­di­ger Opti­mis­mus, was unse­ren Glo­bus angeht. Naiv, natür­lich, nicht zuletzt, weil der Autor trotz sei­nes schlicht genia­len Pla­nes zur Ret­tung der Welt selbst weit weni­ger opti­mis­tisch ist. Nicht was sei­nen Plan angeht, son­dern unser aller Bereit­schaft, ihn mit ihm zusam­men ver­wirk­li­chen zu wol­len. Aber ich werd’ den Teu­fel und mir mei­nen Spaß an der Schwar­te neh­men lassen.

Aber was hat es denn nun auf sich mit die­ser »drit­ten indus­tri­el­len Revo­lu­ti­on« im Titel die­ses Buchs? Nun, etwas abs­trakt vor­weg: Die von Rif­kin pro­pa­gier­te Drit­te Indus­tri­el­le Revo­lu­ti­on ist nicht eine wei­te­re Pha­se von vie­len in »der gro­ßen indus­tri­el­len Saga«, son­dern die letz­te. Und sie ist gleich­zei­tig Über­gangs­pha­se – »Inter­re­gnum«, wie Rif­kin sagt – zu einer neu­en Peri­ode der Wirt­schafts­ge­schich­te: dem Zeit­al­ter der Zusam­men­ar­beit oder der kol­la­bo­ra­ti­ven Zeit. Den gro­ßen Plan dazu lie­fert er. Nun liegt es an uns ihn die Tat umzu­set­zen. (mehr …)

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Dai­sy – Begeg­nung der drit­ten Art

Hör­bü­cher haben Kon­junk­tur. Ob die Leu­te nun zu faul zum Lesen sind oder nur die Augen scho­nen wol­len, kei­ne Ahnung, aber ein von einem aus­ge­bil­de­ten Spre­cher gele­se­nes Buch hat sei­nen eige­nen Reiz. Aber was, wenn einen nun kei­ner der Best­sel­ler inter­es­siert, die es auf CD zu kau­fen gibt? Oder wenn man als lite­ra­risch inter­es­sier­ter Seh­be­hin­der­ter dar­auf ange­wie­sen ist, sich eine gan­ze Men­ge mehr vor­le­sen zu las­sen als das, was im Han­del erhält­lich ist? Wie wäre es denn, wenn man sich Bücher von sei­nem Com­pu­ter vor­le­sen lässt? Es gibt Soft­ware dazu seit lan­gem, und ich habe immer wie­der mal eine aus­pro­biert. Aber nie eine gefun­den, von der ich mir etwas vor­le­sen las­sen möchte.

Wer erin­nert sich nicht an sei­ne ers­te Sound­kar­te? Ein Sound­blas­ter ver­mut­lich. So groß war die Aus­wahl damals nicht. An On-Board-Sound war noch lan­ge nicht zu den­ken. Es gab zum Sound­blas­ter diver­se Soft­ware. Und damals war alles am Com­pu­ter noch so neu, dass man es auch tat­säch­lich aus­pro­biert hat. Zum Bei­spiel konn­te man sich klei­ne Sound­clips aus Fil­men machen, wenn man eine TV-Kar­te hat­te. Aus fremd­spra­chi­gen Fil­men zum Bei­spiel. Natür­lich geht das heu­te auch noch und viel ein­fa­cher, aber wen inter­es­siert es noch? Zu Zei­ten von Win­dows 3 war das neu, wit­zig, fast auf­re­gend. Und dann hat­te der Sound­blas­ter noch eine Sprach­funk­ti­on. Da konn­te man sich dann, von der einen oder ande­ren Car­toon-Figur gele­sen, an irgend­et­was erin­nern las­sen. Man brauch­te nur einen Text ein­zu­tip­pen, der wur­de dann von der Com­pu­ter­stim­me gele­sen. Die klang bes­ser als erwar­tet, egal für wel­che man sich ent­schied, aber selbst­ver­ständ­lich fehl­te jede emo­tio­nel­le Bezie­hung zum Wort. Von der doch recht eige­nen Aus­spra­che vie­ler Wör­ter ganz zu schwei­gen. Von HAL kei­ne Spur.

Sich län­ge­re Text­pas­sa­gen vor­le­sen zu las­sen, hat­te, so inter­es­sant es immer gewe­sen wäre, etwas Absur­des. Hin und wie­der hat man dann den einen oder ande­ren Rea­der aus­pro­biert, auf den man im Web gesto­ßen ist, aber geän­dert hat­te sich an der man­geln­den Qua­li­tät nichts.

Seit eini­ger Zeit sto­ße ich im Inter­net Archi­ve immer öfter auf das For­mat Dai­sy. Das ist ein Acro­nym und steht für »Digi­tal Acces­si­ble Infor­ma­ti­on Sys­tem«. (mehr …)

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Youngs­ter, Gangs­ter, Teams­ter, Songs­ter – wer fällt aus der Reihe?

Spra­chen funk­tio­nie­ren nach bestimm­ten Regeln, das gilt für die Gram­ma­tik, also die Bil­dung von Sät­zen, wie für die Bil­dung von Wör­tern selbst. Und mir ist im Bereich der Spra­che noch kei­ne Regel unter­ge­kom­men, die nicht ihre Aus­nah­men gehabt hät­te. Das gilt auch für das eng­li­sche Suf­fix – eine an einen Wort­stamm ange­häng­te Endung – »ster«. Es bezeich­net in der Regel eine Per­son, die mit dem im Wort­stamm genann­ten ver­bun­den ist oder etwas bestimm­tes tut. So ist der mitt­ler­wei­le auch bei uns geläu­fi­ge »youngs­ter« seit etwa 1580 – Shake­speares Zeit – ein jun­ger Mensch, der übri­gens vor­her ein »youngling« war, was schon sehr an unse­ren »Jüng­ling« erin­nert und noch mehr so das alt­eng­li­sche »geongling«, von dem es kommt.

Aber dar­über ein ein­der­mal. Ich habe näm­lich bei der Beschäf­ti­gung mit dem Suf­fix »ster« eine Aus­nah­me gefun­den, die viel inter­es­san­ter ist, den »songs­ter«. Nicht dass der nicht in ers­ter Linie sin­gen wür­de: ein »songs­ter« ist jemand, der singt, Mann, Frau, aber auch ein Sing­vo­gel. Und jemand, der Songs schreibt. Und in der ame­ri­ka­ni­schen Musik bezeich­net er einen bestimm­ten Typ Wan­der­mu­si­ker, der in den Blues­mu­si­kern mün­de­te, denen wir unse­re moder­ne Rock­mu­sik ver­dan­ken. Das ist eine inter­es­san­te Geschich­te für sich.

Soweit sind alle »songsters« Han­deln­de; es gibt jedoch auch einen »songs­ter«, der einen Gegen­stand bezeich­net. Und der ist gar nicht so schwer zu fin­den, weil es ihn hun­dert­fach gibt. Gege­ben hat. Obwohl ihn kaum ein Wör­ter­buch defi­niert. Pas­sen Sie auf:

Wehman’s Irish songs­ter [no. 1] — Wehman’s song book [no. 1] — Wehman’s coll­ec­tion of … songs [no. 2‑no. 38] — Wehman’s song book [no. 39-no.61] — Alpha­be­ti­cal cata­lo­gue of songs con­tai­ned in Wehman’s 10-cent song coll­ec­tions — Alpha­be­ti­cal cata­lo­gue of songs con­tai­ned in Delaney’s song book, nos. 1 to 20 — Alpha­be­ti­cal cata­log of reci­ta­ti­ons con­tai­ned in Delaney’s reci­ta­ti­ons, nos. 1 to 5 inclu­si­ve — Weh­man Bros…

Lin­coln & Ham­lin songs­ter for the pre­si­den­ti­al cam­paign of 1860
Feni­an songster … 
A turn of the cen­tu­ry Songster
Love Will Bring Me Back Again Songster 
The Silver’s Just Set a Light Songster 
The Empire songster
Patrio­tic and naval songster 

usw.

Sie haben es erfasst; ein »songs­ter« ist ein Lie­der­buch. Oder in der Regel eher ein Lie­der­heft. Oder war ein Lie­der­heft, weil man Lie­der­samm­lun­gen heu­te nicht mehr so nennt. So fin­den sich denn Infor­ma­tio­nen über sie auch nur bei den Leu­ten, die sich für alte Bücher inter­es­sie­ren, den Anti­qua­ren. Auf der Site der Ame­ri­can Anti­qua­ri­an Socie­ty fand ich eine ers­te Defi­ni­ti­on, die den Begriff etwas enger fasst. (mehr …)

WeiterlesenYoungs­ter, Gangs­ter, Teams­ter, Songs­ter – wer fällt aus der Reihe?

McCar­thy im fal­schen Aus­schuss – uname­ri­ka­ni­sche Umtriebe

Wann immer wir heu­te den Namen McCar­thy hören, kommt uns unwei­ger­lich der schau­ri­ge Begriff »uname­ri­ka­ni­sche Umtrie­be« in den Sinn – und umge­kehrt. Der »McCar­thy­ism und sei­ne ver­häng­nis­vol­len Fol­gen für Kar­rie­re und Leben zahl­rei­cher Krea­ti­ver wur­de – mit siche­rem zeit­li­chen Abstand, ver­steht sich – in zahl­rei­chen gro­ßen und klei­nen Fil­men the­ma­ti­siert. Was hier­zu­lan­de jedoch kaum jemand zu wis­sen scheint: Joe McCar­thy hat­te mit dem House Un-Ame­ri­can Acti­vi­ties Com­mit­tee, dem berüch­tig­ten Aus­schuss des Reprä­sen­ta­ten­hau­ses gegen uname­ri­ka­ni­sche Umtrie­be gar nichts zu tun.

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Im April die­ses Jah­res leg­te der US-Senat unter dem Titel Wall Street and the Finan­cial Cri­sis: Ana­to­my of a Finan­cial Col­lap­se den defi­ni­ti­ven Bericht über die Finanz­kri­se 2008 vor. Was in der 635-sei­ti­gen Schwar­te steht, weiß ich nicht, soll auch hier gar nicht inter­es­sie­ren, son­dern nur dass ihn ein Gre­mi­um namens United Sta­tes Sena­te Home­land Secu­ri­ty Per­ma­nent Sub­com­mit­tee on Inves­ti­ga­ti­ons oder kurz Per­ma­nent Sub­com­mit­tee on Inves­ti­ga­ti­ons erar­bei­tet hat. Und genau die­sem 1952 ein­ge­rich­te­ten Aus­schuss stand 1953/54 fünf­zehn Mona­te lang der Sena­tor aus Wis­con­sin Joseph McCar­thy vor.

Auch wenn, wenigs­tens im Web, der eine oder ande­re McCar­thy in den fal­schen Aus­schuss steckt, für Ame­ri­ka­ner mit einem Mini­mum an Schul­bil­dung liegt das Ver­se­hen auf der Hand: Joe McCar­thy war Sena­tor und hät­te als sol­cher in einem Aus­schuss des House of Repre­sen­ta­ti­ves gar nichts ver­lo­ren gehabt. (mehr …)

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Mord­sa­che ‘Dün­ner Mann’ – die Trai­ler (1)

Vor eini­ger Zeit hat­te ich hier den Phi­lo Van­ce-Kri­mi mit Wil­liam Powell vor­ge­stellt und bereits dar­auf hin­ge­wie­sen, dass der auch einen wei­te­ren berühm­ten Film­de­tek­tiv gespielt hat: Nick Charles. Powell war einer der Schau­spie­ler, denen ihre Stim­me aus der Stumm­film­zeit in die des Ton­films gehol­fen hat. Bei so man­chen Stars, vor allem weib­li­chen, lief das eher ja anders her­um. Trotz­dem war der Schau­spie­ler 1934 in Hol­ly­wood auf dem abstei­gen­den Ast, als er mit The Thin Man Film­ge­schich­te schrieb. Er wur­de für sei­ne Dar­stel­lung von Dashiell Ham­mets alko­ho­li­sier­tem Detek­tiv sogar für den Oscar nomi­niert – die ers­te von ins­ge­samt drei Nomi­nie­run­gen übri­gens. Er war 1937 der größ­te Kas­sen­ma­gnet nach Clark Gab­le und… tja, Shir­ley Temp­le.

Nun, wie auch immer, ich habe nach der Ent­de­ckung der Phi­lo Van­ce-Kis­te mei­ne alten Thin Man-Cas­set­ten (oh ja, VHS!) raus­ge­sucht und ange­se­hen. Und dann die Ori­gi­nal­trai­ler für die sechs Strei­fen der Thin Man-Rei­he gesucht und hier zusam­men­ge­stellt. The Thin Man kam 1934 in die Kinos. Das Buch ent­stand wie gesagt nach einem Roman von Dashiell Ham­mett, sei­nem letz­ten übri­gens. Es geht aus dem Film nicht ganz klar her­vor, aber die Hand­lung spielt zur Zeit des Alkoholverbots…



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Ing­wer oder Ras­sis­mus à L’Anglais

»Feu­er­mel­der«, »Puf­fleuch­te«, »Karot­ten­kopf« – Rot­haa­ri­ge haben es wohl nir­gend­wo leicht, wenigs­tens als Kin­der nicht. Aber wäh­rend sich über­all sonst auf der Welt die Hän­se­lei von Rot­haa­ri­gen mit dem Ende der Kind­heit zu geben scheint, geht sie in Groß­bri­tan­ni­en dann erst so rich­tig los. In kei­nem ande­ren Land sind Rot­haa­ri­ge so oft The­ma in Film, Funk, Fern­se­hen und Pres­se. Selbst Poli­ti­ker genie­ren sich nicht, ihre Oppo­nen­ten, sofern pas­send, mit dem einen oder ande­ren abfäl­li­gen Aus­druck für »rot­haa­rig« zu titu­lie­ren. Bei uns sahen sich Rot­haa­ri­ge noch nicht ein­mal wäh­rend der Hexen­ver­fol­gung beson­de­ren Schi­ka­nen aus­ge­setzt.1 Das bri­ti­sche Volk, so möch­te man dage­gen mei­nen, führt gegen sei­ne rot­haa­ri­gen Mit­men­schen Krieg.

Der schwarz­ame­ri­ka­ni­sche Stan­dup-Komi­ker Regi­nald D. Hun­ter, der in Eng­land gro­ßen Erfolg und prak­tisch ein zwei­tes Zuhau­se gefun­den hat, ist aus Geor­gia und sowas wie ein Fach­mann in Sachen Ras­sis­mus. Auf die Fra­ge, wie es sich denn damit sei­ner Ansicht nach in Eng­land ver­hal­te, mein­te er tro­cken: »Natür­lich gibt es Ras­sis­mus in Eng­land – ihr seid bloß nicht son­der­lich gut dar­in. Ihr Bri­ten geht auf Rot­haa­ri­ge los. Rot­haa­ri­ge sind noch nicht mal eine Ras­se!«2 Und der ehe­ma­li­ge Chef der bri­ti­schen Libe­ral­de­mo­kra­ten Charles Ken­ne­dy mein­te mal zu Talk­mas­ter Frank Skin­ner auf die Fra­ge, ob es Rot­haa­ri­ge in der Poli­tik schwe­rer hät­ten: »Rot­haa­ri­ge weni­ger, eine Glat­ze ist pro­ble­ma­ti­scher.«3 Er wälzt sei­ne Pro­ble­me als Rot­haa­ri­ger auf die nächs­te dis­kri­mi­nier­te Grup­pe ab! Das sagt so eini­ges. Zumal er damals noch im Amt war; mitt­ler­wei­le mein­te er auch schon mal: »Immer auf die Rot­haa­ri­gen.«4 Und aus­ge­rech­net die ehe­ma­li­ge Minis­te­rin für Gleich­heit Har­riet Har­man titu­lier­te den rot­haa­ri­gen Schatz­kanz­ler Dan­ny Alex­an­der 2010 als »gin­ger rodent« (rot­haa­ri­gen Nager, wobei der im Eng­li­schen die Ten­denz zu »Unge­zie­fer« hat);5 der mein­te dar­auf, er sei stolz dar­auf »gin­ger« zu sein.6

Stolz hin oder her, »gin­ger« – so nennt man auf den bri­ti­schen Inseln Rot­haa­ri­ge. Was an sich nicht als abfäl­lig gilt; das ist schon eher beim kür­ze­ren »gin­ge« oder der alter­na­ti­ven Schreib­wei­se »ginga« der Fall. In Anleh­nung an »homo­pho­bia« spricht man (mehr …)

  1. Wiki­pe­dia []
  2. Er sag­te das in irgend­ei­ner bri­ti­schen »panel show« – ich glau­be, es war Have I Got News For You; ich zitier­te aus dem Gedächn­tis. []
  3. In der Frank Skin­ner Show. Auch hier zitie­re ich nach dem Gedächt­nis. []
  4. Have I Got News For You []
  5. Mail ONline []
  6. BBC []

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Scho­pen­hau­er: Chi­ne­sisch für Kaufleute

Arthur Schopenhauer’s sämmt­li­che Werke
Parer­ga und Paralipomena
Klei­ne phi­lo­so­phi­sche Schriften

Ver­ein­zel­te, jedoch sys­te­ma­tisch geord­ne­te Gedan­ken über vie­ler­lei Gegenstände


Kap. XXV.
Ueber Spra­che und Worte

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§ 311 von Scho­pen­hau­ers Betrach­tun­gen über Spra­che und Wor­te befasst sich mit den Vor- und Nach­tei­len der chi­ne­si­schen Wort­schrift als direk­te »Zei­chen­spra­che« im Gegen­satz zu unse­rer Buch­sta­ben­schrift als blo­ße »Zei­chen des Zei­chens«. Inter­es­san­ter­wei­se hät­te die chi­ne­si­sche Schrift sei­ner Ansicht nach Vor­tei­le für den inter­na­tio­na­len Han­del: man brau­che die Spra­che näm­lich nicht zu beherr­schen, die Kennt­nis der Schrift­zei­chen genü­ge. Nur als Hin­weis auf all die jun­gen Leu­te, die jetzt anfan­gen, Wirt­schaft und Sino­lo­gie zu studieren…

§. 311.

Wir ver­ach­ten die Wort­schrift der Chi­ne­sen. Aber, da die Auf­ga­be aller Schrift ist, in der Ver­nunft des Andern, durch sicht­ba­re Zei­chen, Begrif­fe zu erwe­cken; so ist es offen­bar ein gro­ßer Umweg, dem Auge zunächst nur ein Zei­chen des hör­ba­ren Zei­chens der­sel­ben vor­zu­le­gen und aller­erst die­ses zum Trä­ger des Begrif­fes selbst zu machen: wodurch unse­re Buch­sta­ben­schrift nur ein Zei­chen des Zei­chens ist. Es frägt sich dem­nach, wel­chen Vor­zug denn das hör­ba­re Zei­chen vor dem sicht­ba­ren habe, um uns zu ver­mö­gen, den gera­den Weg vom Auge zur Ver­nunft lie­gen zu las­sen und einen so gro­ßen Umweg ein­zu­schla­gen, wie der ist, das sicht­ba­re Zei­chen erst durch Ver­mitt­lung des hör­ba­ren zum frem­den Geis­te reden zu las­sen; wäh­rend es offen­bar ein­fa­cher wäre, nach Wei­se der Chi­ne­sen, das sicht­ba­re Zei­chen unmit­tel­bar zum Trä­ger des Begrif­fes zu machen und nicht zum blo­ßen Zei­chen des Lau­tes; um so mehr, als der Sinn des Gesichts für noch meh­re­re und fei­ne­re Modi­fi­ka­tio­nen emp­fäng­lich ist, als der des Gehörs, und auch ein Neben­ein­an­der der Ein­drü­cke gestat­tet, des­sen hin­ge­gen die Affek­tio­nen1 des Gehörs, als aus­schließ­lich in der Zeit gege­ben, nicht fähig sind. —


1) Wir grei­fen, von Natur zuerst zum hör­ba­ren Zei­chen, und zwar zunächst um uns­re Affek­te, danach aber auch, um uns­re Gedan­ken aus­zu­drü­cken: hie­durch nun gelan­gen wir zu einer Spra­che für das Ohr, (mehr …)

  1. Affek­ti­on (lat.), das pas­si­ve Ver­hal­ten einer Sache oder Per­son von außen kom­men­der Ein­wir­kung gegen­über; … . Mey­ers Gro­ßes Kon­ver­sa­ti­ons­le­xi­kon; Affek­ti­on: a) Dis­po­si­ti­on für etw  so wie das Durch­sich­ti­ge für die Far­be eine gemein­schaft­li­che A. [πάθος = affec­tio] des Was­sers und der Luft ist; so gibt es eine and­re gemein­schaft­li­che A. in bei­den, dem Was­ser und der Luft, für das Rie­chen­de N3,17,8u10 FlH I Aris­tot. Goe­the-Wör­ter­buch []

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Ist Rupert Mur­doch gaga, ver­kalkt, tüt­te­lig oder was?

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Wie der ety­mo­lo­gi­sche Abriss vom Mitt­woch zeig­te, kommt »gaga«, das unser­ei­nem mitt­ler­wei­le als »bekloppt«, »behäm­mert«, »bescheu­ert« etc. geläu­fig ist, aus dem Fran­zö­si­schen. Es bezeich­ne­te dort, wie auch zunächst im Eng­li­schen, eine alte Per­son, die geis­tig nicht mehr ganz auf der Höhe ist. Und Rupert Mur­doch, der mich letz­te Woche auf Walt Whit­man brach­te, nein, umge­kehrt wird ein Schuh draus… egal, Rupert Mur­doch lie­fer­te bei sei­ner Anhö­rung vor dem bri­ti­schen Unter­haus eine Vor­stel­lung, bei der sich der bri­ti­schen Nati­on die Fra­ge auf­dräng­te, ob der Mann geis­tig noch rege genug ist für so eine Tor­tur. Und ich wie­der­um dach­te an »gaga«.

Rupert Mur­doch tapert sich durch eine Anhö­rung? Rupert Mur­doch ist nicht irgend­ein alter Mann. Er ist nicht nur Chef eines der größ­ten Medi­en­kon­glo­me­ra­te aller Zei­ten, er wür­de einem auch, ohne mit der Wim­per zu zucken, den Kopf abbei­ßen,  piss­te man ihm ans Bein.  (Und dann vor­ge­ben, von alle­dem nichts zu wis­sen; dafür hat man ja sei­ne Scher­gen.) Anders wird man nicht, was er ist. Und anders bleibt man nicht, was er ist. Gun­ther Sachs mag sich die Kugel gege­ben haben aus Angst davor, sich irgend­wann nicht mehr aus­drü­cken zu kön­nen, wie es jeman­dem mit sei­nem Bil­dungs­stand ent­spricht. Aber auch er war so offen­sicht­lich kein ver­kalk­ter Dat­ter­greis. Man mag 80-Jäh­ri­ge so wahr­neh­men, weil sie nicht mehr so aus­se­hen, wie man laut ad nau­seam wie­der­hol­ter Wer­be­spots voll 17-jäh­ri­ger Models aus­zu­se­hen hat, aber geis­tig ste­hen Men­schen, wenn sie nicht bereits viel frü­her nach­zu­las­sen begon­nen haben, den Jun­gen doch in nichts nach. Wenn da einer »gaga« ist, dann hat das schon weit frü­her eingesetzt. 

Mir kam der Gedan­ke, wie man »gaga« im Sin­ne von »kind­lich-senil« eigent­lich ins Deut­sche über­set­zen könn­te. (mehr …)

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Gaga ist weder caca, noch Gugag, noch Gäggi

Ety­mo­lo­gie ist meist kom­pli­ziert und oft Glück­sa­che, und ver­mu­tet man ein­fach drauf­los, ent­steht gern mal ein Irr­tum, der Ein­fluss auf das Wort selbst nimmt, das sich dann als Volks­ety­mo­lo­gie eine Ewig­keit hält. Wer eine Sprach­kolumne in einer unse­rer bes­ten Zei­tun­gen ver­bricht, soll­te sich das nicht zuschul­den kom­men las­sen und zur Erklä­rung eines Wor­tes nicht unbe­se­hen rasch mal Wör­ter heran­ziehen, die rein zufäl­lig irgend­wie ähn­lich klin­gen  oder ähn­lich aus­se­hen. Sch0n gar nicht, wenn es eines gibt, das haar­ge­nau so klingt und  genau­so aussieht.

Beim Ent­sor­gen der SZ guck ich sel­bi­ge gern noch mal durch, ob nicht viel­leicht noch was her­geht, das auf­zu­be­wah­ren sich loh­nen könn­te, um es dann spä­ter zu ent­sor­gen – nicht gele­se­ner als zuvor. In der Aus­ga­be vom 25./26. Juni fin­de ich im Feuil­le­ton auf Sei­te 15 die Phra­sen­mä­her-Glos­se von gmu mit dem Titel »Alles gaga«. Da ich »gaga« seit Jahr­zehn­ten geklärt wäh­ne, über­flie­ge ich die paar Zei­len inter­es­siert: Was gibt es zu »gaga« noch zu sagen? Gar etwas Neu­es? Offen­sicht­lich ist es im Schwan­ge. Immer noch, wür­de ich sagen, also was soll’s? Dann hor­che ich doch auf: »Wo nur wur­zelt die­se schö­ne neue Gaga-Welt?« Hopp­la! Wie alt ist denn der Autor – oder bes­ser gesagt: wie jung? Und dann heißt es: »Das Schwei­ze­ri­sche Idio­ti­kon klärt…« Wer bei mir hin und wie­der rein­guckt, kennt mich als Freund des schwei­ze­ri­schen Idi­oms, aber so leid’s mir tut: »Gaga«, »Gag-gagg«, »gag­ge­re«, »gag­gen«, »Gage­le«, »Gugag« und »Gäg­gi« haben mit »gaga« eben­so wenig zu tun wie der »›Gagg‹ (vgl. lat. caca­re und caca)«.1

Nicht nur wer­den da viel zu vie­le Wör­ter bemüht, die irgend­wie so ähn­lich sind; das geht mei­ner Erfah­rung nach so gut wie nie gut. Und vor allem: Wenn wir uns ety­mo­lo­gisch schon im Aus­land umschau­en, war­um dann nicht erst mal nach einem Wort, das haar­ge­nau so aus­sieht und klingt. Ich mei­ne, wenn etwas aus­sieht wie eine Ente, quakt wie eine Ente und wie eine sol­che schwimmt, dann ist es meist auch eine Ente.

Und bevor man wis­sen­schaft­lich wird: Fällt einem zu »gaga« nicht vor Lady Gaga erst mal Fred­die Mer­cu­ry ein? (mehr …)

  1. »Gag­ger­la« sind hier im Frän­ki­schen übri­gens die Pro­duk­te vom Huhn; und ein »Gag­gei« ist wei­ter im Süden ein duss­li­ger Mensch. []

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Mur­doch, Whit­man, Stimm­vieh & Tratsch

Im Rah­men der degou­tier­li­chen Geschich­te um Medi­en­zar Rupert Mur­doch und sei­ne Jour­na­lis­ten­ban­de ist ja immer wie­der die Rede davon, dass es seit Jahr­zehn­ten weder in sei­ner Hei­mat Aus­tra­li­en, noch in Eng­land Regie­run­gen gege­ben habe, die ihm nicht gepasst hät­ten.1 In den USA scheint sei­ne Macht weni­ger aus­ge­prägt, sonst wären offen­sicht­lich Clin­ton und Oba­ma nicht »pas­siert«. Trotz­dem ist man jetzt auch in dem Land auf­ge­wacht, in dem Mur­doch mit dem Fox News Chan­nel einer der wider­lichs­ten TV-Sen­der gehört, in den ich je näch­tens rein­ge­zappt bin. Und irgend­wie geht es bei alle­dem um das mehr oder weni­ger zar­te Gebil­de Demokratie.

In so einem Augen­blick merkt man schon auf, wenn man, eher zufäl­lig in Walt Whit­mans Pro­sa­schrif­ten blät­ternd, in den Demo­cra­tic Vis­tas auf Pas­sa­gen wie die fol­gen­de stößt:

»Ich wer­de die Wör­ter Ame­ri­ka und Demo­kra­tie als aus­tausch­ba­re Begrif­fe benut­zen. Es geht hier um nichts Gewöhn­li­ches. Die Ver­ei­nig­ten Staa­ten sind dazu bestimmt, ent­we­der die glanz­vol­le Geschich­te des Feu­da­lis­mus zu über­win­den oder andern­falls sich als der unge­heu­er­lichs­te Fehl­schlag aller Zei­ten zu erwei­sen. Nicht den gerings­ten Zwei­fel habe ich hin­sicht­lich der Aus­sich­ten auf ihren mate­ri­el­len Erfolg. Ihre glor­rei­che Zukunft in den Berei­chen Geschäft, Geo­gra­phie und Pro­duk­ti­vi­tät ist gewiss, und das in grö­ße­rem Umfang und in grö­ße­rer Viel­falt denn je.  In die­ser Hin­sicht wird die Repu­blik bald (wenn sie es nicht bereits getan hat) alle bis­her bekann­ten Bei­spie­le über­flü­geln und die Welt domi­nie­ren.«2

Kein Zwei­fel, der »mate­ri­el­le Erfolg« hat sich ein­ge­stellt und auch die welt­be­herr­schen­de Stel­lung der Ame­ri­ka­ner ist kaum zu über­se­hen. Und »die glanz­vol­le Geschich­te des Feu­da­lis­mus« haben die USA nun sicher über­wun­den; (mehr …)

  1. Dass ver­schie­de­ne Par­tei­en an der Macht waren, liegt dar­an, dass Mur­doch selbst hier und da die »Rich­tung« gewech­selt hat. []
  2. Walt Whit­man, Demo­cra­tic Vis­tas, 1871 – Über­set­zung von mir []

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