Nach Trips­trill zum Spatzenkämmen

Bei mei­ner Beschäf­ti­gung mit einem gewis­sen trümm­li­gen Wört­chen habe ich wie­der mal etli­che Wör­ter­bü­cher ent­de­cken dür­fen, die mir mäch­tig impo­nie­ren. (Wie in aller Welt haben die­se Leu­te das nur gemacht?) Eines davon ist Her­mann Fischers Schwä­bi­sches Wör­ter­buch. Es umfasst sechs dicke Bän­de und trägt den Unter­ti­tel: Auf Grund der von Adel­bert v. Kel­ler begon­nen Samm­lun­gen und mit Unter­stüt­zung des Würt­tem­ber­gi­schen Staa­tes. Erschie­nen ist es von 1904 bis 1924 in Tübingen.

Wie gesagt hat­te ich zunächst nur das Wört­chen »trümm­lig« gesucht, aber wenn ich ein Wör­ter­buch in die Hand bekom­me, dann blät­te­re ich nun mal gern drin. Und fand da zu mei­ner gro­ßen Freu­de gleich was ganz Persönliches.

Da wo ich her­kom­me, sag­te man auf die als auf­dring­lich emp­fun­de­ne Fra­ge, wohin man denn gehe: »Nach Trips­trill – zum Spat­zen­käm­men.« (Selbst­ver­ständ­lich mit ordent­lich baye­ri­schem Akzent.) Ich habe das hier im frän­ki­schen Aus­land nie gehört, und egal wen ich danach gefragt habe, kei­ner woll­te es kennen.

Umso grö­ßer die Freu­de über das, was ich bei Fischer fand: (mehr …)

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Neue Serie – Die Funk­ti­on des Slangs (1)

Serie

Nach­dem ich hier in einer ers­ten gro­ßen Serie über den Slang aus lin­gu­is­ti­scher Sicht E. B. Tylors grund­le­gen­den Arti­kel in eige­ner Über­set­zung gebracht habe, möch­te ich heu­te mit einem zwei­ten wich­ti­gen Arti­kel zum The­ma begin­nen. Er stammt von dem ame­ri­ka­ni­schen Pro­fes­sor Bran­der Matthews; ent­nom­men ist er sei­nem Buch Parts of Speech: Essays on Eng­lish. Auch in die­sem Arti­kel erfah­ren Sie prak­tisch alles, was es über Slang in lin­gu­is­ti­scher Hin­sicht zu wis­sen gibt. Bran­der Matthews beschäf­tigt sich über die Prin­zi­pi­en des Slangs hin­aus mit sei­ner Funk­ti­on inner­halb der Spra­che, die gar nicht so unbe­deu­tend ist, wie man viel­leicht anneh­men mag. Nach­dem ich Ihnen mit Tylors Essay bereits den größ­ten Teil Ihrer Vor­be­hal­te gegen den Slang genom­men haben soll­te, müss­te Matthews nun den Rest besorgen.

Das Alter des Bei­trags spielt dabei kei­ne Rol­le; an den wis­sen­schaft­li­chen Prin­zi­pi­en hat sich nichts geän­dert. Dar­auf, was man für die heu­ti­ge Zeit abwan­deln müss­te, wer­de ich in einer spä­te­ren Serie eingehen.

Über­set­zung © Bern­hard Schmid

Bran­der Matthews
Die Funk­ti­on des Slangs
aus Parts of Speech: Essays on Eng­lish (1901)

Teil I


Es ist cha­rak­te­ris­tisch für das Inter­es­se, das die Wis­sen­schaft heu­te Din­gen entgegen­bringt, die sie frü­her als der Betrach­tung unwür­dig erach­te­te, wenn Phi­lo­lo­gen sich nicht län­ger abschät­zig über den Slang äußern. Womög­lich war es auch gar nicht eigent­lich der Gelehr­te, son­dern der Lai­en­phi­lo­lo­ge, der blo­ße Lite­rat, der sich die Ver­ach­tung für den Slang auf sei­ne Fah­ne schrieb. Dem mit Verän­de­rungen der Spra­che und Wand­lun­gen des Voka­bu­lars ver­trau­ten For­scher hin­ge­gen ist kein Wort zu dürf­tig für die respekt­vol­le Betrach­tung; und gera­de aus dem Gerings­ten las­sen sich nicht sel­ten die wert­volls­ten Leh­ren zie­hen. Aber noch bis jüngst sprach kaum ein Hom­me de let­t­res vom Slang, es sei denn gering­schät­zig und mit dem Wunsch nach sei­ner sofor­ti­gen Aus­rottung. Selbst berufs­mä­ßi­ge Sprach­forscher wie Trench und Alford1 (heu­te bedau­er­li­cher­wei­se ihrer eins­ti­gen Auto­ri­tät beraubt) erge­hen sich reich­lich in Erklä­run­gen von abscheu­li­cher Feind­se­lig­keit. DeQuin­cey,2 der mit sei­ner bil­der­stür­me­ri­schen Un­ab­­hängigkeit re­nommierte, war prak­tisch der ein­zi­ge, der ein gutes Wort für den Slang übrig gehabt hat. (mehr …)

  1. Richard Che­ve­nix Trench, On the Stu­dy of Words und Hen­ry Alford, The Queen’s Eng­lish []
  2. Tho­mas de Quin­cey, 1785–1785 []

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»Trümm­lig« – zum (vor­läu­fig) Letzten

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Ich habe es – hier, hier und hier –  ja schon ange­spro­chen: So wie »duss­lig« auf »Dus­sel« / »Dusel« (Schwin­del, Benom­men­heit) zurück­geht und über die Bedeu­tun­gen »schwind­lig«, »benom­men«, »unacht­sam«, »ver­träumt« schließ­lich auch ein­fach wer­tend »blö­de« oder »bescheu­ert« zu bedeu­ten begann, so hat offen­sicht­lich eine ähn­li­che Ent­wick­lung auch das eben­falls aus dem Schwin­del gebo­re­ne »trümm­lig« hin­ter sich.

Wenn wir uns fol­gen­de Fund­sa­chen aus dem Web anschau­en, dann wird das ganz deutlich:

»Und zwi­schen all die­sen Ereig­nis­sen turn­te die gan­ze Zeit die­se trümm­li­ge Paris Hil­ton her­um. Die­ser Som­mer war doch sehr psycho.« WWW
»Hmmmmm, jetzt mache ich mir doch ein biss­chen sor­gen, ich habe ganz tief in mei­nem gedächt­nis gekramt aber an eine drümm­li­ge blon­di­ne kann ich mich nicht erin­nern.« WWW
»Jetzt fängt die­ser trümm­li­ge Puer­to­ri­ca­ner auch noch an zu blu­ten, um das Spiel zu ver­zö­gern. Saue­rei!« WWW (mehr …)

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Buch­stäb­li­che Viel­falt – Wör­ter aus deut­schen Landen

Ein Blick in ein belie­bi­ges Dia­lekt­wör­ter­buch genügt, um zu erken­nen, wie reich die deut­sche Spra­che an nuan­cier­ten Syn­ony­men für prak­tisch alle nur erdenk­li­chen Wör­ter und Wen­dun­gen ist.

Wirft man fer­ner einen Blick auf die Ent­wick­lungs­ge­schich­te der deut­schen Spra­che, so ist die For­de­rung, mehr von die­sen Wör­tern aus den Regio­nen in die deut­sche Umgangs­spra­che zu holen, nur logisch. Die hoch­deutsche Umgangs­spra­che ist so ent­stan­den. Und die­ser Pro­zess hat seit dem Beginn des 20. Jahr­hun­derts an Tem­po gewon­nen. Das Inter­net, wo jeder mit jedem redet, setzt noch eins drauf. Und bei all dem rüden Ton, der zuwei­len in Web-Foren herrscht, wegen eines Dia­lekt­worts sah ich noch kei­nen run­ter­ge­macht. Im Gegen­teil, die Leu­te fra­gen nach, wenn sie etwas nicht ver­ste­hen, und wenn das Wort brauch­bar ist, über­nimmt man es ein­fach, egal  aus wel­chem Win­kel des Lan­des es kommt. Eine Viel­zahl der der­zei­ti­gen deut­schen Mode­wör­ter, ich mei­ne nicht die hirn­los aus dem Eng­li­schen über­nom­me­nen, haben so in kür­zes­ter Zeit gesamt­deut­sche Kar­rie­re gemacht.  Wie­so auf die­se Viel­falt nicht auch in Über­set­zun­gen zurückgreifen?
Es sind ja auch immer nur eini­ge weni­ge, die einem in ihrer klein­ka­rier­ten Beschränkt­heit gleich den Dialekt!-Knüppel zwi­schen die Bei­ne wer­fen wol­len – nicht dass sie sich im Ein­zel­fall vor­her kun­dig machen wür­den. Meist ist ihnen das Wort ohne­hin ein­fach nur fremd.
Um viel­leicht den einen oder ande­ren dazu zu bekom­men, dem einen oder ande­ren brauch­ba­ren Wört­chen zur all­ge­mei­nen Akzep­tanz zu ver­hel­fen, hier etwas zur Geschich­te des Pro­blems. Ich zitie­re – in Aus­zü­gen – aus dem fünf­ten Kapi­tel (»His­to­ri­sches zur neu­hoch­deut­schen Wort­geo­gra­phie«) von Paul Kret­schmers Ein­füh­rung zu sei­nem Buch Wort­geo­gra­phie der hoch­deut­schen Umgangs­spra­che aus dem Jah­re 1918.
Es geht ein­fach dar­um anzu­deu­ten, dass die hoch­deut­sche Umgangs­spra­che noch gar nicht so lan­ge exis­tiert, wie vie­le viel­leicht anneh­men wür­den, und wie sehr sie bei all den damit ver­bun­de­nen Pro­ble­men auf die deut­schen Regio­nen baut. (mehr …)

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Ame­ri­ka­ni­sche Lyrik (2) — Walt Whitman

1904 erschien bei Died­richs in Leip­zig eine Aus­wahl aus Walt Whit­mans Werk in der Über­set­zung von Wil­helm Schö­ler­mann. Der Über­set­zer gab dem Bänd­chen auch eini­ge ein­füh­ren­de Wor­te zu Whit­man und sei­nem Werk mit. Aus die­sen sei fol­gen­der Abschnitt zu Whit­mans Per­son zitiert.

In Emer­son ver­kör­pert sich die rei­ne Hoff­nung, in Tho­reau der schlicht-ursprüng­li­che Natur­glau­be, in Whit­man aber die Lie­be. (mehr …)

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»Deut­sches Slang« à la 1892 – eine ers­te ein­schlä­gi­ge Sammlung

Im Mosa­ik mei­ner Bemü­hun­gen, ein Bild des­sen zu ver­mit­teln, was wir – heu­te und his­to­risch – als »Slang« bezeich­nen, möch­te ich hier eine der ers­ten Samm­lun­gen vor­stel­len, die – nach eng­li­schem Vor­bild – unter die­sem Begriff für die deut­sche Spra­che zusam­men­ge­tra­gen wur­den. Die Ein­lei­tung die­ser Samm­lung ist eben­so inter­es­sant wie auf­schluss­reich. Sie ist außer­dem einer der ers­ten Bele­ge für die Aner­kennt­nis einer gesamt­deut­schen Umgangs­spra­che, an die wir im Augen­blick, dank des Inter­nets, in rasen­dem Tem­po letz­te Hand anzu­le­gen schei­nen. Ich per­sön­lich neh­me das Fol­gen­de als ers­tes Kapi­tel mei­ner Mis­si­on, mehr Umgangs­spra­che aus allen deut­schen Gegen­den bei der Über­set­zung aus Fremd­spra­chen zu verwenden.

*

Arnold Gen­the, Deut­sches Slang
Eine Samm­lung fami­liä­rer Aus­drü­cke und Redensarten
Straß­burg: Ver­lag von Karl J. Trüb­ner, 1892.

Ein­lei­tung

Die vor­lie­gen­de Samm­lung ent­hält fami­liä­re, nicht schrift­ge­mä­ße, aber von den gebil­de­ten Klas­sen in der zwang­lo­sen Unter­hal­tung all­ge­mein gebrauch­te deut­sche Aus­drü­cke und Redens­ar­ten, die man unter kei­ner ande­ren gemein­sa­men Bezeich­nung zusam­men­fas­sen konn­te als dem eng­li­schen Wor­te “Slang.” —
Denn unter Slang ver­steht man im eng­li­schen, außer der tech­ni­schen Spra­che bestimm­ter Klas­sen (z.B. der Sports­leu­te, der Schau­spie­ler etc.) vor Allem eine gemüt­li­che Aus­drucks­wei­se,wie sie in der Unter­hal­tung mehr oder min­der zur Gel­tung kommt. (mehr …)

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Schnod­der, Schnud­der Schnud­del & Schnull – Rotz ohne Ende

Nachdem ich mich neulich hier bereits mit allerhand »Schnodder« beschäftigt habe, möchte ich heute in einem zweiten Kapitel noch einige, Pardon, Fäden – um nicht zu sagen, »Rotzglocken«, wie sie…

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Wort­ge­schich­te – Bedeu­tungs­ge­schich­te: Ein Versuch

Bei mei­nen end­lo­sen – wenn auch ein­ge­stan­de­ner­ma­ßen eben­so lai­en­haf­ten wie erra­ti­schen – Bemü­hun­gen, der Psy­cho­lo­gie hin­ter dem heu­ti­gen Man­gel an Krea­ti­vi­tät im Bereich der Über­set­zung auf die Spur zu kom­men, sto­ße ich immer wie­der auf Auf­sät­ze aus ande­ren Gebie­ten, neue wie älte­re, die am Ran­de hier mit her­ein spie­len. Der fol­gen­de von Richard M. Mey­er, den ich im ers­ten Band der Zeit­schrift für deut­sche Wort­for­schung fand, ist aus dem Jah­re 1901 und trägt den Titel »Der Über­mensch: Eine wort­ge­schicht­li­che Skizze«.

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Nicht dass ich hier der Wort­bil­dung als Auf­ga­be des Über­set­zers das Wort reden möch­te; der Krea­ti­vi­tät des Über­set­zer sind hier Gren­zen gesetzt. Aber die Wort­bil­dung spielt mit in die­sen Bereich, man muss sich mit ihren Prin­zi­pi­en befas­sen, wenn man etwas zur Über­nah­me – ohne die­se hier qua­li­fi­zie­ren zu wol­len – fremd­sprach­li­cher Begrif­fe ins Deut­sche sagen will. Ich möch­te hier eher in die Rich­tung des Argu­ments, dass die deut­sche Spra­che an sich alles ande­re als unkrea­tiv ist und damit zwangs­läu­fig auch nicht der deut­sche Spre­cher. Aber das wäre dann schon etwas aus mei­ner Arbeit, die hier nichts zur Sache tut. Hier die Ein­füh­rung von Mey­ers Arti­kel, in der er sich mit den Begrif­fen »Wort­ge­schich­te« und »Bedeu­tungs­ge­schich­te« befasst.

 

*

Richard M. Mey­er – Der Über­mensch. Eine wort­ge­schicht­li­che Skiz­ze (Aus­zug)
Zeit­schrift für deut­sche Wortforschung
Ers­ter Band
Straß­burg: Ver­lag von Karl J. Trüb­ner, 1901

*
Ein­lei­tung. – Wort- und Begriffs­ge­schich­te. – Bei­spiel: “Mit­tel­punkt”.

Eine wort­ge­schicht­li­che Arbeit kann einen dop­pel­ten Weg ver­fol­gen: sie geht ent­we­der von dem Wort aus und ent­wi­ckelt die Geschich­te sei­ner Bedeu­tun­gen – und dies wird natur- und ord­nungs­ge­mäß der häu­figs­te Fall sein – oder sie nimmt umge­kehrt einen Begriff zum Aus­gangs­punkt und ver­folgt sei­ne wech­seln­den Aus­drucks­for­men. Mus­ter­stü­cke der zwei­ten Metho­de haben beson­ders die Brü­der Grimm in zahl­rei­chen Unter­su­chun­gen gelie­fert, von denen hier nur die Jakobs in der “Geschich­te der Deut­schen Spra­che” und Wil­helms “Deut­sche Wör­ter für Krieg“1 erwähnt sein mögen. Es ist aber klar, was auch die­se klas­si­schen Bei­spie­le darthun, daß eine ganz stren­ge Schei­dung bei­der Arten nicht durch­zu­füh­ren ist. Gehen wir etwa von einem Wort wie ahd. èwa aus, so muß ange­ge­ben wer­den, wel­che Aus­drü­cke zum  Ersatz die­nen, als der all­ge­mei­ne Begriff “Fest­set­zung” auf den enge­ren “recht­mä­ßi­ge Ehe” ein­ge­schränkt wur­de; nimmt man einen Begriff wie “Gesetz” zur Basis, so wird man sich doch einen Augen­blick bei der Geschich­te des Wor­tes èwa nach sei­nem Aus­schei­den aus die­sem Begriffs­kreis auf­hal­ten müs­sen. (mehr …)

  1. Klei­ne­re Schrif­ten 3, 516f. []

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»Trümm­lig« – des Schwin­dels zwei­ter und duss­li­ger Theil

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»Trümm­lig«,  die zwei­te. Ich hat­te ja hier schon ange­kün­digt, der Fall »trümm­lig« dürf­te noch nicht ganz geklärt sein. Und bei all den Besu­chern, die die Suche nach die­sem Wort auf mein Blog führt, set­ze ich mich lie­ber gleich noch mal hin.

Wir hat­ten bei der ers­ten Sit­zung die Bedeu­tung »schwin­de­lig« erar­bei­tet. Was aber den »trümm­li­gen ego­is­ti­schen Typ« nicht so recht erklä­ren möch­te, der mich über­haupt erst auf das Wort gebracht hat.
Doch erst noch eine Hand­voll Bei­spiel­sät­ze zur ers­ten Bedeu­tung, die den Unter­schied zur nächs­ten ver­deut­li­chen sol­len. Ich fan­ge mal mit einem Klas­si­ker an.

»… Seits, und nimmt e Sprung. Jez brut­let er abe go Rhinau;
Trümm­lig isch’s em worde, doch chunnt er witers und witers.«
Johann Peter Hebel, »Die Wie­se«, 1846

»Nur wenn ich rann­te oder berg­auf ging, wur­de es mir trümm­lig und kurz­at­mig, aber das wer­den Dir wohl alle hoch­schwan­ge­ren Frau­en bestä­ti­gen.« (mehr …)

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»What ya got« – oder der Fluch der Leidenschaft

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Eine schein­bar harm­lo­se Fra­ge im Forum neben­an, und  schon beginnt der ein­ge­bau­te Über­set­zer zu sab­bern wie eine von Paw­lows Tölen. Aber viel­leicht kann ich damit dem Außen­ste­hen­den einen klei­nen Ein­blick ver­mit­teln, was zum Über­set­zen so dazu­ge­hört. Oder dazu­ge­hö­ren soll­te. Und was eine Über­set­zungs­kri­tik† nach­voll­zie­hen müss­te, woll­te sie sich tat­säch­lich qua­li­fi­ziert über eine Arbeit äußern. Wie andern­orts gesagt, eine Men­ge von dem, was mir an Über­set­zun­gen so unter­kommt, sieht mir nicht danach aus, als hät­te sich da jemand die­se Mühe gemacht.

Es geht um die paar in einer ame­ri­ka­ni­schen TV-Serie gesun­ge­nen Zeilen:

Hey, girl
What ya got for me
You want to get up on here
And have a baby with me, yeah

Die bei­den Fra­gen im Forum dazu: (mehr …)

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Lin­gu­is­ti­sche Aspek­te des Slang (11)

Hier nun die letz­te Por­ti­on des gewal­ti­gen Auf­sat­zes von E.B. Tyler zum The­ma »Slang aus der Sicht des Phi­lo­lo­gen«. Ich wer­de viel­leicht noch eine Zusam­men­fas­sung nach­schie­ben, wenn ich lus­tig bin. Aber lie­ber wür­de ich mich an den nächs­ten Bro­cken zum The­ma machen. Sie sind ohne­hin am bes­ten bedient, wenn Sie alles selbst lesen.

Der ers­te Teil befin­det sich hier. Ich habe mich beim Auf­tei­len ein biss­chen ver­schätzt, des­halb ist die­se letz­te Fol­ge eher kurz und schmerz­los. Viel Spaß an alle, die noch dabei oder viel­leicht gera­de dazu gekom­men sind.

E.B. Tylor – Lin­gu­is­ti­sche Aspek­te des Slang (11)

Macmillan’s Maga­zi­ne, Vol. XXIX (1873–74) pp. 502–513

Über­set­zung © Bern­hard Schmid

(Fort­set­zung von)

*

Ein ech­tes eng­li­sches Slang­wort chi­ne­si­schen Ursprungs ist kotoo­ing oder »per­forming the ko-too«. Jeder­mann weiß, dass to run a‑muck vom malai­ischen amuk kommt; dass bosh tür­kisch für »leer« ist; dass chouse sich von einem gewis­sen tür­ki­schen chi­aus, dem Gesand­ten, ablei­tet, der 1609 nach Eng­land kam und unse­re Händ­ler her­ein­leg­te oder chisel­led (prell­te), wie wir heu­te sagen wür­den; und dass das Wort nabob, das einen rei­chen indi­schen Beam­ten im Ruhe­stand bezeich­net, vom ara­bi­schen nawáb kommt, das den Gou­ver­neur einer Pro­vinz bezeich­net. Weil ich gera­de Ara­bisch erwäh­ne, es ist recht merk­wür­dig, wie wenig Ein­fluss das Hebräi­sche auf den eng­li­schen Slang gehabt hat. Die jüdi­schen Ärz­te des Mit­tel­al­ters, die Geld­ver­lei­her, Mak­ler, Kauf­leu­te und Alt­klei­der­händ­ler seit­her haben auf unse­ren Stra­ßen nur eini­ge weni­ger Begrif­fe wie shoful oder show-full für fal­sches Geld bzw. eben­sol­chen Schmuck hin­ter­las­sen (Hebrä­isch, shafal, nied­rig, gemein). Es steht fest, dass die Spra­chen der nord­ame­ri­ka­ni­schen India­ner fast eben­so viel zum eng­li­schen Slang bei­getra­gen haben, schließ­lich spre­chen wir mit gro­ßer Selbst­ver­ständ­lich­keit von einem pow-wow oder einer squaw; und das Stra­ßen­volk kann die ver­zwei­fel­te Lage erken­nen, die man mit gone coon bezeich­net, ohne dass man ihm die Wen­dung erklärt. (mehr …)

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Basie­rend auf… schie­rer Unfähigkeit

Wir hat­ten mal einen Mathe­ma­tik­leh­rer, den Gauss, des­sen päd­ago­gi­scher Eifer ange­sichts unse­rer Tumbheit ab & an in dem Aus­bruch gip­fel­te: »Man müss­te ein Holz­scheit neh­men und es ihm auf den Kopf hau­en, immer auf die­sel­be Stel­le – b i s  s i e  p l a t z t!«

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Ich wür­de das nicht im Fal­le von Schü­lern unter­schrei­ben, aber dafür umso mehr im Fal­le eines jeden, der direkt oder indi­rekt mit einem von ihm ver­ant­wor­te­ten dep­pert über­setz­ten Satz Geld ver­dient. Steh ich ges­tern mit mei­ner Fla­sche All­zweck­rei­ni­ger im Dro­ge­rie­markt an. Da hat man ja Zeit für einen genaue­ren Blick  auf die dro­ge­rie­markt­ty­pi­schen Pro­duk­te. DVDs zum Bei­spiel. Und da hieß es auf einer, den Film habe ich vor Schreck ver­ges­sen: »Basie­rend auf der Lebens­ge­schich­te…« oder »Basie­rend auf einer wah­ren Geschich­te« oder was auch immer… Tut mir leid, aber ich habe seit­her nur ein pul­sie­ren­des »basie­rend auf« vor den Augen und dazu das durch­drin­gen­de ieeeek-ieeek-ieeek! aus Psycho im Ohr.

Mir krat­zen ja schon “web­ba­siert”, “NT-basiert” und der­glei­chen Dumm­heit-basier­te Über­set­zun­gen am nun wirk­lich nicht son­der­lich deut­schen Gemüt, (mehr …)

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Was soll’s denn sein – Blitz­krieg oder Fahrvergnügen?

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Die Welt ver­dankt uns Deut­schen ja lei­der nicht nur Gutes. Das gilt auch für die eng­lisch­spra­chi­ge Welt. Um so erstaun­li­cher, dass sich doch eine statt­li­che Rei­he von deut­schen Wör­tern dort ein­ge­bür­gert bzw. gehal­ten haben.*

Dass man im Eng­li­schen »Gesund­heit!« sagt, wenn jemand niest, ist hier­zu­lan­de satt­sam bekannt – und übri­gens seit Jah­ren laut Knig­ge bereits unhöf­lich, da man damit wohl ein »Gebre­chen« sei­nes Gegen­über zur Kennt­nis nimmt. Und dass die Eng­län­der den in Guer­ni­ca geprob­ten deut­schen »Blitz­krieg« nicht aus den Kno­chen bekom­men, kann man ver­ste­hen. Ich mei­ne mich noch zu erin­nern, dass Boris Beckers Sieg in Wim­ble­don als »blitz­krieg«  Schlag­zei­len mach­te, was in der deut­schen Pres­se Ent­rüs­tung her­vor­rief. Zu Unrecht, denn das Wort hat sich längst vom Zwei­ten Welt­krieg gelöst. Aller­dings muss man sagen, dass es sich im All­tag nicht in Gän­ze gehal­ten, son­dern als »blitz« über­lebt hat. In die­ser Form frei­lich ist es womög­lich erfolg­rei­cher als jeder ande­re deut­sche Import. »Blitz« bezeich­net nicht nur jede Art von Atta­cke, etwa im Ame­ri­can Foot­ball, son­dern jede Art von hek­ti­scher Betrieb­sam­keit, mit der man etwas in Angriff nimmt. Goo­geln Sie nur mal nach »ad« oder »adver­ti­sing blitz«. Im Guar­di­an hieß es bereits 1960 mal: »The women did only the bare essen­ti­als of house­work during the week with a ›blitz‹ at weekends.« Und selbst im aktu­el­len schwarz­ame­ri­ka­ni­schen Slang fin­det man »blitz up on someone«, wenn jemand auf den ande­ren los geht, sei es phy­sisch oder ver­bal. (mehr …)

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Über­set­zungs­kri­tik im Feuil­le­ton – Nachschlag

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Die taz hat­te zum Wochen­en­de einen – wenigs­tens mei­ner Ansicht nach – recht geschei­ten Arti­kel zum The­ma »Über­set­zungs­kri­tik im Feuil­le­ton«.1

Sicher, so die Autorin Katha­ri­na Granz­in, der Über­set­zer kom­me bei den Rezen­sen­ten in der Regel zu kurz, aber für eine »fach­lich gesi­cher­te Wür­di­gung der Über­set­zer­leis­tung im Rah­men einer Lite­ra­tur­kri­tik« feh­le nun mal »oft die fak­ti­sche Grund­la­ge.« Der Rezen­sent habe das Ori­gi­nal ent­we­der nicht neben sich lie­gen oder sei der Aus­gangs­spra­che nicht mäch­tig genug, um sich dies­be­züg­lich  ein Urteil zu erlau­ben. Und über­dies kön­ne »die phi­lo­lo­gi­sche Fein­ana­ly­se … auch nicht wirk­lich die Auf­ga­be der Kul­tur­jour­na­lis­ten sein.«

Applaus, Applaus! Für mich bringt das die gan­ze Geschich­te auf den Punkt. Ich hat­te ja neu­lich hier schon aus ande­rem Anlass ein paar eige­ne Gedan­ken zum Pro­blem – und das ist es zwei­fels­oh­ne –  notiert. Ich den­ke, Granz­in schreibt von einem ande­ren Blick­win­kel aus gese­hen das­sel­be in Grün.

Der Über­set­zer kommt zu kurz. Schön. Wenn es um die Wür­di­gung geht. (mehr …)

  1. Der taz-Arti­kel befin­det sich hier. []

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»Trümm­lig« – Wie­der so ein Schwindel

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Mit einer Ent­schul­di­gung an unse­re Schwei­zer Nach­barn – und die Schwaben…

Ich sto­ße im Web fast jeden Tag auf neue Wör­ter, nicht nur Neu­bil­dun­gen, son­dern auch sol­che, die schon älter, aber eben mir unbe­kannt sind. In der Regel schla­ge ich sie nach, und die Sache ist mit einem Ein­trag in mei­ne Daten­bank – zur für­de­ren Ver­wen­dung – erle­digt. Hin und wie­der ist aber auch eines inter­es­sant genug, um mich ein­ge­hen­der damit zu befas­sen. Schon gar wenn so ein Wort nicht im Duden steht. So ging es mir die­se Woche mit trümm­lig bzw. trüm­me­lig. Auf der Suche nach Zita­ten für ein ganz ande­res Wort stand ich plötz­lich in einem Schwei­zer Forum vor dem fol­gen­dem Satz:

Was bist du nur für ein “trümm­li­ger” ego­is­ti­scher Typ?

Der Duden hat es, wie schon ange­deu­tet, nicht, die­ses »trümm­lig«. Weder in der einen noch in der ande­ren Vari­an­te. In mei­ner eige­nen Daten­bank für deut­sche Umgangs­spra­che fin­de ich ledig­lich trüm­meln, was offen­sicht­lich in Ham­burg »rol­len, wäl­zen« heißt. Das bringt mich erst mal nicht wei­ter. (mehr …)

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Lin­gu­is­ti­sche Aspek­te des Slang (10)

E.B. Tylor – Lin­gu­is­ti­sche Aspek­te des Slang (10)

Macmillan’s Maga­zi­ne, Vol. XXIX (1873–74) pp. 502–513

Über­set­zung © Bern­hard Schmid

(Fort­set­zung von hier)

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Latei­ni­sche Wör­ter, gute wie schlech­te, sind auf man­cher­lei Art in den Slang ein­ge­si­ckert. She­riff und Anwalts­ge­hil­fe nah­men ihre Fach­be­grif­fe aus Cur­si­tor Street und Old Bai­ley mit hin­aus auf die Stra­ße, so dass ipsal dix­al heu­te für ipse dixit steht und ein davy eine eides­statt­li­che Erklä­rung, ein affi­da­vit, ist. Selbst der Dieb for­dert sein quo­ta, sei­nen Anteil an der Beu­te, oder gibt sich womög­lich damit zufrie­den, »if his com­ra­de will tip him some quids«. Das Wort quids für Geld, »Ner­vus Rer­um« (ein quid steht für einen Sove­reign), sehen wir aka­de­misch in der fol­gen­den fran­zö­si­schen Pas­sa­ge abge­han­delt, die wir bei Fran­cis­que-Michel zitiert finden:

“Simé­on. – Que veut dire conquibus?
Tho­mas. – J’en­tends des escus.«

Das Ver­bum to fake in der Bedeu­tung »machen», »tun«, lei­tet sich zwei­fels­oh­ne über den einen oder ande­ren Umweg vom latei­ni­schen face­re ab (womög­lich über das ang­lo-nor­man­ni­sche faict, done, faked). Man erin­nert sich an »pals fake away«, den Refrain eines gemei­nen Gas­sen­hau­ers vor eini­gen Jah­ren; das Wort wur­de natür­lich auf die Art von Tun ange­wandt, wie es Schur­ken zu eigen ist, (mehr …)

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“Wald­ba­den”…

MfG GP

– nein, nein, kei­ne Sor­ge, das ist mit­nich­ten ein Titel aus dem Nach­lass von H. D. Thoreau. 

Ein Wald­spa­zier­gang hat sei­ne wohl­tu­en­de Wir­kung; ich bin schon seit Zei­ten zu kei­nem mehr gekom­men, aber ich mei­ne mich zu erin­nern… Das­sel­be gilt wohl auch für Rad­fah­ren im Wald, Lau­fen im Wald, Krie­chen, Krab­beln, Brand­stif­ten… Nein, im Ernst, wenn man’s recht bedenkt, war dafür nie unbe­dingt ein spe­zi­el­ler Name nötig gewe­sen. Man geht spa­zie­ren, macht, was immer man zur Ent­span­nung so macht, nur eben mal zufäl­lig im Wald. Das wird sich jetzt bald ändern. Weil man jetzt bald zum »Wald­ba­den« gehen wird. Kei­ne Ban­ge, es kommt jetzt kein New Age-Vor­trag; mich inter­es­siert nur der Neo­lo­gis­mus, die Neu­prä­gung, das Wort an sich. (mehr …)

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