Im Wör­ter­buch lau­ert der Tod – Über die Funk­ti­on des Slangs (3)

Serie
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»Im Wör­ter­buch lau­ert der Tod«, ist nicht etwa ein Titel aus dem Nach­lass von Aga­tha Chris­tie, es han­delt sich viel­mehr um eine Erkennt­nis des ame­ri­ka­ni­schen Dich­ters James Rus­sel Lowell. Und die­se Erkennt­nis hat letzt­lich mehr mit Slang zu tun, als Sie je geahnt hät­ten. Lesen Sie dazu doch die drit­te Lie­fe­rung von Bran­der Matthews Essay, in der er auf eine wei­te­re Kate­go­rie von Slang ein­geht – wir hat­ten bis­her drei – und unter ande­rem auf die Unter­schie­de zwi­schen dem Slang der Groß­stadt und dem des ame­ri­ka­ni­schen Westens…

Fort­set­zung von hier. Über­set­zung © Bern­hard Schmid

Bran­der Matthews
Die Funk­ti­on des Slangs
aus Parts of Speech: Essays on Eng­lish (1901)

Teil III

Gar noch wich­ti­ger als die­se drit­te Klas­se von Slang ist die vier­te, die all jene Begrif­fe um­fasst, die sozu­sa­gen noch ihre Leh­re absol­vieren und von denen noch unge­wiss ist, ob man sie schließ­lich in die Gil­de guter Spra­che auf­nehmen wird. Die­se Begrif­fe sind ent­we­der nütz­lich oder nuzt­los; sie schlie­ßen ent­we­der eine Lücke oder sie schlie­ßen kei­ne; sie leben oder ster­ben also ent­sprechend der allgemei­nen Ein­schät­zung ihres Wer­tes. Wenn sie ster­ben, dann lan­den sie im Ver­ließ ver­ges­se­nen Slangs, und was Ver­ges­sen an­belangt, gibt es kein dunk­le­res Loch. Wenn sie über­le­ben, dann weil sie in die lite­ra­ri­sche Spra­che Auf­nahme fin­den, nach­dem sie dem Gespür eines Meis­ters der Sprach­kunst, des Sprach­hand­werks genehm waren, unter des­sen Paten­schaft man sie dann als voll­wer­ti­ges Mit­glied auf­nahm. Dar­an sehen wir, dass Slang eine Vor­be­reitungs­schule für neue Aus­drü­cke ist; nur die bes­ten Schü­ler bekom­men das Lang­lebigkeit ver­lei­hen­de Dip­lom; die ande­ren wird unwei­ger­lich ihr Schick­sal erei­len. (mehr …)

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Geschich­ten direkt aus der Quel­le – Fic­tion Magazines

Selbst­ver­ständ­lich kann man von den meis­ten Autoren Antho­lo­gien ihrer Kurz­ge­schich­ten im Laden erste­hen. Aber bei den heu­ti­gen Mög­lich­kei­ten, an die Quel­len zu kom­men, ist mir das mitt­ler­wei­le zu lang­wei­lig. Das Web bie­tet dem Gedul­di­gen längst die Mög­lich­keit, nach den Ori­gi­na­len die­ser Geschich­ten zu stö­bern, in eben den Maga­zi­nen, in denen sie zunächst erschie­nen sind. Derer gab es wenn schon nicht unge­zähl­te, so doch eine gan­ze Men­ge. Eine Hil­fe beim Stö­bern für den bri­ti­schen Raum bie­tet dabei der INDEX TO BRITISH POPULAR FICTION MAGAZINES, 1880–1950 von Mike Ash­ley und Wil­liam G. Con­ten­to. Und wer sich das Suchen der Ori­gi­na­le alter Geschich­ten nicht gleich zur Lebens­auf­ga­be machen möch­te, muss auch nicht die sechs­bän­di­ge Aus­ga­be oder die CD-ROM des Index erste­hen. Für einen ers­ten Ein­blick genügt das Stö­bern auf der Web­site des Index.

Neh­men wir zum Bei­spiel Sir Arthur Conan Doyle, den Erfin­der des Sher­lock Hol­mes, des­sen 80. Todes­tag sich die­ses Jahr jähr­te. Man fin­det sei­nen Namen im Index der gelis­te­ten Sto­ries auf der Site. Das sieht dann etwa so aus: (mehr …)

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Die Fas­zi­na­ti­on der Fremd­spra­che – alles Hum­bug oder was?

Man kennt das: in einer ande­ren Spra­che klingt alles irgend­wie tie­fer, scheint alles mehr Gewicht zu haben. Ich könn­te Dut­zen­de von Bei­spie­len allein aus der Musik anfüh­ren, von Leo­nard Cohen bis Micha­el Sti­pe. Als Über­set­zer spürt man das dop­pelt. Die Über­set­zung ist in der Tat oft nur ein plat­ter Abklatsch eines sprach­li­chen Reli­efs. Und dann staunt man immer wie­der, wenn Aus­län­der, sagen wir mal in Songs und Chan­sons, plötz­lich deutsch sin­gen – und man spürt, dass sie das Deut­sche für tie­fer, fas­zi­nie­ren­der hal­ten. Sind Fremd­wör­ter hier ein Mit­tel­weg? Eine Brü­cke? Krü­cke? Oder sind sie, wie ich das emp­fin­de, über die Fach­spra­che hin­aus alber­ne Angeberei?

Bran­der Matthews, des­sen Arti­kel über die Funk­ti­on des Slangs ich hier in Über­set­zung erst­mals dem deut­schen Inter­es­sier­ten vor­stel­len möch­te, zitiert sei­nen Lands­mann, den Dich­ter James Rus­sell Lowell, zu eini­gen ein­hei­mi­schen Wen­dun­gen. Da man als Über­set­zer grund­sätz­lich in der Pflicht ist, von Zita­ten die Ori­gi­na­le zu fin­den, habe ich nach eini­ger Suche die Cam­bridge Edi­ti­on von Lowells Com­ple­te Poe­ti­cal Works auf­ge­tan; hier fin­det sich im Anhang die »Intro­duc­tion  to the Second Series of the Big­low Papers« und hier wie­der­um das Zitat.1

Wie auch immer, Lowell erwähnt im sel­ben Abschnitt,  in dem es um das Ver­hält­nis des Spre­chers zur eige­nen und zur frem­den Spra­che geht, (mehr …)

  1. Matthews hat sei­ne Quel­le nicht ange­ge­ben, nur Lowell genannt. Vor Zei­ten des Inter­webs hät­te einem so eine Suche Tage geraubt, jetzt sind es zehn Minu­ten – und die sind Kei­ne Mühe, son­dern eine Freu­de. []

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Jamie Cul­lum bei Clint East­wood Pt.2

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Ges­tern Abend gab’s auf BBC2 den zwei­ten Teil eines Inter­view­mit­schnitts, den Jazz­sän­ger und ‑pia­nist Jamie Cul­lum von sei­nem Besuch in den East­wood Sound Stu­di­os mit­ge­bracht hat. Für alle, die die Sen­dung nicht gehört haben, ein paar High­lights dar­aus. Weil’s gar so nett war.

Wäh­rend man im ers­ten Teil auf East­woods Ein­stieg in den Jazz zu spre­chen kam, ging es dies­mal um Film­mu­sik, um Kyle East­wood und um das Mon­terey Jazz Fes­ti­val, in des­sen Kura­to­ri­um Clint East­wood sitzt. Was mir neu war. Was viel­leicht auch den Fes­ti­val­be­such des Prot­ago­nis­ten in East­woods ers­ter Regie­ar­beit Play Mis­ty For me erklärt. Ich hat­te hier mal was drü­ber geschrie­ben, als ich den Film zum letz­ten Mal sah. In Mon­terey hat er offen­sicht­lich auch Jamie Cul­lum ken­nen und bewun­dern gelernt. Die bei­den haben sich so gut ver­stan­den, dass Clint Cul­lum bei sei­nem Film Gran Tori­no um Mit­ar­beit bat. Cul­lum erzählt, wie ner­vös ihn East­wood mach­te, der sei­nem Kon­zert anschei­nend mit unbe­weg­tem Gesicht folg­te! Was denkt der Mann? Fin­det er mich nicht gut? Herr­lich. Aber East­wood ver­si­chert ihm, dass ihn das Kon­zert an dem Abend zum Fan gemacht hat. East­wood hat dort auch Dia­na Krall ken­nen gelernt, die ja mit »Why Should I Care« einen von East­woods eige­nen Songs im Reper­toire hat. Man hört einen Live­mit­schnitt des Songs, nach dem Dia­na Krall meint: »Writ­ten by Mr. Clint East­wood«. Wor­auf Clint beschei­den meint: »Wenn jeder, der sich mal ein paar Noten notiert, das Glück hät­te, die von Dia­na Krall gesun­gen zu kriegen…«

Wir soll­ten natür­lich nicht ver­ges­sen, dass East­wood für die Sound­tracks eini­ger sei­ner Fil­me ver­ant­wort­lich zeich­net. Und ich mei­ne damit als Kom­po­nist. Mys­tic River zum Bei­spiel. Mil­li­on Dol­lar Baby. Flags of our Fathers. Grace is Gone. Chan­ge­ling. Dabei setzt er Musik eher spar­sam ein. Bei ihm wird nicht jede Gefühls­re­gung von Strei­chern erklärt, nichts wird erstickt. Und er setz­te hier zuneh­mend auch sei­nen Sohn Kyle East­wood ein. (mehr …)

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Das Para­dies für Dead Heads

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Ich bin nicht unbe­dingt ein Dead Head. Nicht dass ich je was gegen die Gra­teful Dead gehabt hät­te. Ganz im Gegen­teil. Ich hat­te auf Vinyl eine Rei­he ihrer Plat­ten. Und wenigs­tens zwei davon habe ich noch auf CD. Wenn ich sage, dass es sich dabei um Blues for Allah und Wake of the Flood han­delt, dann dürf­te das für den Ken­ner mein Ver­hält­nis klar defi­nie­ren. Die Dead Heads, denen ich das die letz­ten 40 Jah­re gesagt habe, wur­den dar­auf irgend­wie merk­wür­dig still. Ver­mut­lich liegt das dar­an, dass die eher auf die coun­try­las­ti­ge­ren Wer­ke der alten Hip­pie-Hero­en ste­hen. Workingman’s Dead zum Bei­spiel. Kei­ne Ahnung. Ich mag die bei­den LPs noch heu­te wegen ihrer relax­ten Art. Ein Remas­ter wäre viel­leicht mal angesagt.

Wie auch immer, wor­auf die meis­ten Deads Heads ste­hen, das sind Boot­legs von Live-Mit­schnit­ten der Band. Die gehö­ren zum Kult. Und nach­dem die Gra­teful Dead im letz­ten Bei­trag hier als Urvä­ter eines ner­vi­gen Trends geoutet wur­den, möch­te ich gleich einen Tipp nach­schie­ben, der mich mit den Dead Heads wie­der ver­söh­nen soll. Nicht dass der har­te Kern sel­bi­ger ihn noch groß brau­chen dürf­te. Aber man weiß ja nie. (mehr …)

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Con­gres­sio­nal Hea­rings – 1a Info für lau (1)

Im Zuge mei­ner Wör­ter­buch­ar­beit bin ich neu­lich auf eine Infor­ma­ti­ons­quel­le gesto­ßen, die mir einen genaue­ren Blick wert scheint: die Anhö­rungs­pro­to­kol­le des einen oder ande­ren Aus­schus­ses in Washing­ton, der ame­ri­ka­ni­schen Bun­des­re­gie­rung mit ande­ren Wor­ten. Wir ken­nen die­se hea­rings ja vor allem aus Spiel­fil­men; die des Aus­schus­ses für uname­ri­ka­ni­sche Umtrie­be in der McCar­thy-Zeit sei­en genannt. Die Arbeit die­ser Aus­schüs­se ist sel­ten so spek­ta­ku­lär, in der Regel dürf­te sie uns als Euro­pä­er noch nicht ein­mal groß tan­gie­ren. Aber hin und wie­der geht es auch um etwas, was den Rest der Welt sehr wohl inter­es­siert. Und was immer bei die­sen Anhö­run­gen zur Spra­che kommt, es wird pro­to­kol­liert. Und die­se Pro­to­kol­le sind von jeder­mann ein­zu­se­hen. Und zu Zei­ten des Inter­webs ist die­ses “jeder­mann” wört­li­cher zu neh­men denn je. Ich möch­te hier nur drei Bei­spie­le anführen.

Eine Anhö­rung, von der wir sei­ner­zeit alle erfah­ren haben, fand im Febru­ar 1994 statt und ist unter dem Akten­zei­chen Seri­al No. J‑I03-4S ein­zu­se­hen. The­ma und damit Titel der Publi­ka­ti­on: Sha­ping Our Respon­ses to Vio­lent and Demea­ning Imagery in Popu­lar Music. (mehr …)

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Natio­nal Pret­zel Day – die Ame­ri­ka­ner ent­de­cken das »Brezn-Baguette«

»Back einen Kuchen lie­ber Freund, durch den die Son­ne drei­mal scheint, dann wirst du nicht gehenkt.« So der Legen­de nach die Auf­for­de­rung eines süd­deut­schen Lan­des­herrn an einen Bäcker, der des einen oder ande­ren Fre­vels wegen sein Leben ver­wirkt hat­te. Gesagt getan; ein Schlin­gel also, der die ers­te Brezn schlang. (Seid mir nicht böse, Leu­te, aber für mich als Bay­er klingt »Bre­zel« schlicht schwul.) Es gibt sie nun seit dem fins­te­ren Teil des Mit­tel­al­ters. Ihr Name lei­tet sich inter­es­san­ter­wei­se vom latei­ni­schen »bra­chi­um« (Arm) ab – die Mit­te der Brezn erin­nert an zwei gekreuz­te Arme – und wur­de über Umwe­ge und zahl­rei­che Neben­form zu der ab dem 12. Jh. beleg­ten »brez­za«. Im 19. Jh. kam, angeb­lich Fol­ge eines klei­nen Mal­heurs, das Natron­bad dazu, und die Lau­gen­bre­ze war gebo­ren. (Kei­ne Ban­ge, die ätzen­de Wir­kung der Natron­lau­ge geht durch das Backen verloren.)
Auch die Ame­ri­ka­ner ken­nen die Brezn. (mehr …)

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… when you oug­tha be truthin’!

Eine der merk­wür­di­ge­ren Stel­len, die mir in Song­tex­ten so unter­ge­kom­men sind, stammt ganz aus der Anfangs­zeit mei­ner Beschäf­ti­gung mit der Mate­rie. Damals hat­te ich mei­ne lie­be Mühe, die Zei­le „You keep lying when you ought to be trut­hing“ aus Nan­cy Sina­tras „The­se Boots are Made for Wal­king in den Kopf zu bekom­men. Alles dar­an sperr­te sich dem Ver­ständ­nis. Und wen woll­te man Mit­te der 60er-Jah­re nach so etwas fra­gen? Ich mei­ne, selbst wenn es einer ver­stan­den hät­te, mehr als eine Klug­schei­ßer­ant­wort wie die, dass es „truth“ als Verb eben nicht gibt, war nicht drin.

Nun geis­tert seit eini­gen Jah­ren ein Wort durch die Pres­se oder das Web oder die Pres­se im Web, das mich jedes Mal an die „Boots“ den­ken lässt: „truther“. (mehr …)

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