Bri­ti­sche Dia­lek­te aus bri­ti­scher Sicht (1)

Der fol­gen­de Blog-Arti­kel ist bereits etwas älter. Ich stel­le ihn hier noch­mal ein, weil ich dar­aus eine klei­ne Rei­he machen möch­te. Ein­zel­ne Wör­ter fin­den Sie auch in den Pos­tings aus mei­nem nicht mehr exis­ten­ten Ren­ni­son Forum. Auch davon wer­de ich noch wei­te­re Threads hier ins Blog stellen.

Wer sich ein biss­chen fürs Eng­li­sche und sei­ne Dia­lek­te – »accents« klingt natür­lich etwas nob­li­ger – inter­es­siert, der wird wis­sen, dass sie für den Ler­nen­den bzw. den Aus­län­der nicht immer ganz ein­fach zu ver­ste­hen sind. Ein gutes Bei­spiel ist der Film Train­spot­ting, bei dem für den ame­ri­ka­ni­schen Markt beson­ders dia­lekt­las­ti­ge Tei­le syn­chro­ni­siert wur­den, wenn der Film nicht über­haupt gleich mit Unter­ti­teln lief. Aber die Ame­ri­ka­ner sind bekannt­lich beson­ders faul und noto­risch unwil­lig, sich auf »Aus­län­di­sches« ein­zu­las­sen. Die Leu­te aus Edin­burgh und ihr spe­zi­fisch schot­ti­scher Akzent kön­nen da über­haupt nichts dafür. Aber wie sehen Eng­län­der selbst ihre Dialekte?

Nun, sagen wir es gleich grob vor­ne­weg: »Scou­se«, wie man den Dia­lekt aus Liver­pool nennt – die Leu­te selbst sind Scou­sers – , macht Sie zur über­le­bens­gro­ßen Type; nicht zuletzt die Beat­les haben zur Salon­fä­hig­keit die­ses Dia­lekts bei­getra­gen. Am Sams­tag habe ich ein aus­führ­li­ches Inter­view mit Sir Paul1 gehört – der hört sich trotz Wohn­sitz in Lon­don und Schott­land immer noch wie ein Scou­ser an. In New­cast­le wür­den Sie »Geor­die« spre­chen; Eric Bur­don war aus New­cast­le, und der Akzent der Geor­dies klingt für den Rest der Insel heu­te recht cool; das »Cock­ney« des Lon­do­ners ver­mit­telt eine gewis­se Por­ti­on Stra­ßen­witz; auch Schot­tisch wur­de mit Train­spot­ting zuneh­mend cool. Außer­dem scheint mit den Schot­ten nicht gut Kir­schen zu essen; kei­ner macht sich groß lus­tig über sie. Der schlimms­te Dia­lekt, den Sie die­ser Jah­re in Eng­land haben kön­nen, ist laut einer Umfra­ge für 98% der Bri­ten der der »Brum­mies«, der Ein­woh­ner Bir­ming­hams. Spre­chen Sie »Brum­mie« (mehr …)

  1. Die­ser Blog-Ein­trag erschien erst­mals im Dezem­ber 2010 []

WeiterlesenBri­ti­sche Dia­lek­te aus bri­ti­scher Sicht (1)

Ame­ri­ka­nis­men – La Guer­re des Mots

Was dem deut­schen Sprach­be­wah­rer der Angli­zis­mus bzw. der eng­li­sche Bro­cken im Hals, ist sei­nem bri­ti­schen Gegen­stück der Ame­ri­ka­nis­mus.

Anfang die­ses Jah­res haben die Bri­ten sich über die hoch­herr­li­che, um nicht zu sagen impe­ria­lis­ti­sche Art echauf­fiert, mit der Hack­fleisch­mul­ti McDonald’s in einem Wer­be­spot ihr gelieb­tes “quid” zum “bob” degra­diert hat­te. Der Spot wur­de durch einen neu­en ersetzt; das Pro­blem schien gelöst.

Aber womög­lich sind durch die Auf­re­gung die Gemü­ter jetzt sen­si­bi­li­siert. Jeden­falls brach­te die Dai­ly Mail in den letz­ten Tagen gleich zwei Arti­kel zum The­ma sprach­li­cher Impe­ria­lis­mus der ame­ri­ka­ni­schen Art.

Der Autor, Matthew Engel, beginnt mit dem – eher halb­herzigen – Zuge­ständ­nis, dass Spra­chen nun ein­mal wach­sen, und einem his­to­ri­schen Rück­blick dar­auf, dass bereits S.T. Coler­idge 1832 das heu­te harm­los anmu­ten­de “talen­ted” scho­ckiert hat­te, das eben aus den eins­ti­gen Kolo­nien nach Eng­land gekom­men war. Sprach­li­che Über­nah­men gehör­ten durch­aus zum All­tag. Aber mit dem Auf­tau­chen neu­er Medi­en wie Film, Funk und Fern­se­hen sei­en die Impor­te aus Ame­ri­ka ins Kraut geschos­sen, und jetzt droh­te die schö­ne Mut­ter­spra­che unter den häss­li­chen Ame­ri­ka­nis­men zu ersti­cken. Engels Auf­ruf, der Flut­wel­le impor­tier­ter Geist­lo­sig­kei­ten den Krieg zu erklä­ren, erin­nert mich an die Nach­richt, laut der die Bri­ten gera­de dem Pro­blem fremd­län­di­scher Flo­ra, die die hei­mi­sche Tier- und  Pflan­zen­welt bedro­he, mit einer groß ange­leg­ten Aus­reiß­ak­ti­on begeg­nen wol­len.   (mehr …)

WeiterlesenAme­ri­ka­nis­men – La Guer­re des Mots

Lin­gu­is­ti­sche Aspek­te des Slang (1)

Slang ist auch hier­zu­lan­de ein belieb­ter Begriff; das Wort klingt exo­tisch genug, um in jeder­manns Mun­de zu sein, auch wenn sei­ne Grif­fig­keit eher nur eine schein­ba­re ist. Eine deutsch­spra­chi­ge Lite­ra­tur zum Slang ist prak­tisch nicht­exis­tent. Im angel­säch­si­schen Bereich befasst man sich umso mehr mit dem The­ma, und das schon seit Jahr­hun­der­ten. Nun sind aber wis­sen­schaft­li­che Arti­kel in einer Fremd­spra­che nicht jeder­manns Sache, und so möch­te ich hier eini­ge grund­le­gen­de Auf­sät­ze zum The­ma „Slang“ in deut­scher Über­set­zung bereit­stel­len. Den Anfang mache ich mit E. B. Tylers „The Phi­lo­lo­gy of Slang“, einer ganz vor­züg­li­chen Abhand­lung, die im April 1874 in Macmillan’s Maga­zi­ne erschien. Nach­ge­druckt wur­de sie noch knapp drei­ßig Jah­re spä­ter in Syl­va Cla­pins New Dic­tion­a­ry of Ame­ri­ca­nisms, was auf die Qua­li­tät von Tylors  Aus­füh­run­gen deu­ten mag. Der Arti­kel ist etwas län­ger, des­halb habe ich ihn in mund­ge­rech­te Por­tio­nen auf­ge­teilt. Fra­gen & Kom­men­ta­re sind will­kom­men. (mehr …)

WeiterlesenLin­gu­is­ti­sche Aspek­te des Slang (1)

Das stößt dem Bri­ten auf

em_033aDie Bri­ten, jeden­falls die im Web ver­tre­te­nen, erei­fern sich seit Wochen über einen Wer­be­spot, in dem ihnen Hack­fleisch­rie­se MacDonald’s weis­ma­chen will, ein »pound« sei in der eng­li­schen Umgangs­spra­che ein »bob«.
Das ist natür­lich Unfug, ein Pfund ist ein »quid«, das weiß jedes Kind. Und einen »bob« gibt es streng genom­men nicht mehr, da damit der gute alte Schil­ling gemeint war. Der bestand aus zwölf »d«, i.e. alten Pen­nies, und 20 Schil­lin­ge erga­ben ein Pfund. Mit der Ein­füh­rung der Dezi­mal­wäh­rung wur­de der Schil­ling aus dem Ver­kehr gezo­gen; sein Wert ent­sprach fünf neu­en »Pence«. Auf die über­trug man »bob« inso­fern, als immer noch hier und da von »five bob« die Rede ist, wenn man »25p« meint, aber von einem »bob« mit der Bedeu­tung »Fün­ferl« ist nicht die Rede; es muss immer ein Viel­fa­ches von 5 sein. In der Regel sagt man aber, etwas kos­tet »25p«, wobei das »p« wie »pee« gespro­chen wird. Jeden­falls will sich kaum ein Eng­län­der dar­an erin­nern kön­nen, (mehr …)

WeiterlesenDas stößt dem Bri­ten auf

Dia­lek­te stär­ker denn je

Die fort­schrei­ten­de Bil­dung muss in Eng­land frü­her oder spä­ter so etwas wie den cha­rak­te­ris­ti­schen Pro­vinz­dia­lekt nie­der­tram­peln und aus­mer­zen; aber ist es erst ein­mal so weit gekom­men, wird unse­rer Spra­che viel effek­tiv Wert­vol­les ver­lo­ren­ge­gan­gen sein, unter­nimmt man nicht auf der Stel­le Anstren­gun­gen, Wör­ter zu sam­meln und auf­zu­zeich­nen, die zusam­men mit den Ideen, die sie über­haupt erst not­wen­dig mach­ten, in Win­des­ei­le außer Gebrauch kommen. 

So lese ich – durch­aus erstaunt – im Vor­wort zu mei­ner der­zei­ti­gen Lek­tü­re, dem Dic­tion­a­ry of the Sus­sex Dialect von W. D. Parish aus dem Jah­re 1875. Ich bin kein Fach­mann für Dia­lekt­for­schung, weder der deut­schen noch der eng­li­schen, könn­te also nicht sagen, inwie­weit sol­che Befürch­tun­gen typisch sind, kann mich aber nicht erin­nern, je ähn­li­ches gele­sen zu haben. Und ich selbst habe Dia­lekt immer für unver­wüst­lich gehal­ten. Mag sein, dass die Leu­te sich heu­te leich­ter tun, zwi­schen einer Art Hoch­spra­che und ihrem Dia­lekt hin und her zu schal­ten, aber egal in wel­cher Gegend man sich gera­de fin­det, man hört dort Dia­lekt. Und das gilt für Eng­land nicht weni­ger als bei uns. Und dann ist mir, als hät­te ich seit Jahr­zehn­ten das Wort »Dia­lekt-Renais­sance« in den Ohren. Ich bin sicher, wenn ich hier in die Rega­le sehe… Wusst ich’s doch! »Erlebt die Mund­art einen Auf­schwung?« heißt es auf dem Cover von Gabrie­le Rei­nert-Schnei­ders Dis­ser­ta­ti­on Gibt es eine Dia­lekt-Renais­sance? Über­le­gun­gen und Ana­ly­sen zum Köl­ner Raum. Ich bin sicher, ich fin­de noch mehr Ein­schlä­gi­ges, habe aber im Augen­blick kei­ne Lust zum Suchen. Ich will ja nur sagen, ich habe seit jeher eher die Fra­ge im Ohr, ob Dia­lekt nicht im Kom­men sei, nie habe von Befürch­tun­gen gehört, er könn­te ver­schwin­den. (mehr …)

WeiterlesenDia­lek­te stär­ker denn je

Pie in the sky – Eska­pis­mus & Nostalgie

Wie­der mal so ein Tag, an dem sich Nost­al­gi­sches die Klin­ke in die Hand gibt. »Pie in the sky« – soll’s rein in Bri­tish Slang oder nicht? Natür­lich ist es nicht Slang, auf der ande­ren Sei­te ist »Slang« für mich ja nur was Grif­fi­ges, was Leu­ten, die nicht so recht Bescheid wis­sen, sagen soll, dass sie das Büchl kau­fen sol­len, an dem ich wie­der mal zehn Jah­re gewer­kelt habe. »Pie in the sky« ist col­lo­quial, sicher, aber ande­rer­seits arbei­tet man an der Basis für ein Standardwerk…

Was das mit Nost­al­gie zu tun hat?

Nun, gehört habe ich den Aus­druck zum ers­ten Mal bei John Len­non. Doch. Und das – nach erfolg­ter Auf­nah­me – ad nau­seam auf mei­nem Phil­ips Radio-Cas­set­ten-Recor­der, für den ich Ende der 60er-Jah­re in einer Nobel­her­ber­ge in Rot­tach-Egern einen Som­mer lang Glä­ser gespült habe. Ein ganz unglaub­li­ches Teil war das, und ich habe trotz eini­ger Pro­zen­te durch mei­nen Paten­on­kel fast 1000 Emmen dafür bezahlt. Eine Men­ge Holz zu der Zeit! (mehr …)

WeiterlesenPie in the sky – Eska­pis­mus & Nostalgie

Hohe Lite­ra­tur hin oder her…

Über­set­zen ist in ers­ter Linie ein Hand­werk. Schon früh habe ich bei mei­ner Wör­ter­buch­ar­beit die zeit­rau­ben­de Suche nach deut­schen Lösun­gen in gedruck­ten Über­set­zun­gen auf­ge­ge­ben; die mage­re Aus­beu­te lohnt den unge­heu­ren Auf­wand ein­fach nicht. Aber ab und an, wenn ich nur danach zu grei­fen brau­che, schla­ge ich denn doch wie­der nach – um dann auch prompt ent­täuscht zu werden.

So dach­te ich mir neu­lich, schau doch mal, wie Woll­schlä­ger im Ulys­ses „biff him one“ über­setzt. Nun, sein „hau ihm in die Fres­se“ wäre mir per­sön­lich als adäqua­te Lösung eini­ge Num­mern zu derb, ist aber unterm Strich durch­aus in Ord­nung, der Satz davor aller­dings ist, wie ich fest­stel­len muss, völ­lig falsch über­setzt: „He does­n’t half want a thick ear, the bligh­ter. Biff him one, Har­ry.“ Dar­aus macht Woll­schlä­ger: „Was wollt ihr dem noch lan­ge die Hucke voll­quat­schen, dem Wider­ling! Hau ihm in die Fres­se, Har­ry!“ (mehr …)

WeiterlesenHohe Lite­ra­tur hin oder her…