»Governance« gleich »good governance«?
Es gibt Wörter, die sich geradezu aufreizend der Übersetzung entziehen, weil sie – in der Regel eine Folge komplexer Unterschiede in Geschichte und Denken der Völker – einfach kein so recht passendes Gegenstück in der Zielsprache haben. „Table“ ist mit „Tisch“ meist problemlos getroffen, selbst wenn es von Abarten nur so wimmelt: »bedside table«, »card table«, »dinner table«, »dressing table«, »extension table«, »gaming table« – alle sind sie definiert und haben im Deutschen ihr Gegenstück.1 Für den Profi gilt: Alle diese Tische sind etwas Konkretes, Fassbares – mit dem passenden Wörterbuch erledigt sich die Übersetzung von selbst.
Anders dagegen verhält es sich mit allem, was nicht buchstäblich fassbar ist, Dingen aus den Humanwissenschaften etwa, Sachverhalten aus dem kulturellen Bereich. So ist auch das Wort »governance« ein eher irritierender Fall. Und was »governance« noch irritierender macht, ist der Umstand, dass es es sich in den letzten Jahrzehnten zum politischen Modewort aufgeschwungen hat. Es begegnet einem, eine Beschäftigung mit dem Zeitgeschehen vorausgesetzt, schier Tag für Tag.
Der einschlägige Eintrag in der Wikipedia bringt das Wissenswerte sehr schön auf den Punkt, (mehr …)
- Und die Unsitte, aus einem »coffee table« einen »Kaffeetisch« zu machen statt einen »Couchtisch«, unter dem man sich etwas vorstellen kann, rührt nur daher, dass das Übersetzen längst in die Hände blutiger Amateure gefallen ist, die Wörter übersetzen statt Sinn. [↩]









Vor ein paar Tagen sprach ich hier noch von den Bedeutungsänderungen, die einem Wort so widerfahren können. Jetzt, wo ich mir die Mühe mache, das – der ollen Fraktur wegen – nur unter ziemlichen Anstrengungen zu lesende Vorwort zu Fahrenkrügers Bailey fürs fürdere Studium abzutippen, finde ich gleich ein nettes Beispiel dafür. Fahrenkrüger erklärt im Vorwort den Gebrauch seines Dictionnaires
ip laufen 08/15-Übersetzungen immer auf dasselbe hinaus: Es werden Wörter übersetzt statt Sinn. Und dann steht man im Deutschen mit einem Häuflein deutscher Wörter da, aber eben noch lange nicht mit einem anständigen deutschen Satz, geschweige denn mit gesprochenem oder gar geschriebenem Deutsch. Es fehlt oft selbst die Spur von Gespür für die idiomatische Nuance – im Englischen erkennt man sie oft erst gar nicht, im Deutschen vermag man sie nicht zu formulieren.
Wenn ich diese Wendung höre, dann bekomme ich erst mal so einen Hals, weil ich das englische Original – what’s your opinion – dahinter höre und eine wörtliche Übersetzung vermute, die… nun ja, bei sowas kriege ich nunmal einen Hals.