… weil: ich brauche eine Denkpause – von wegen
Ob sprachliche Entwicklungen gut oder schlecht sind, ist meist Ansichtssache, Tatsache ist, dass Sprache sich ständig ändert. Und dass sich daran nichts ändern wird. Punkt. Herzlich fragwürdig scheint mir allerdings eine Aussage, die sich auf die Ursache einer solchen – vermeintlichen? – sprachlichen und obendrein auch »mentalen« (wie man heute wohl sagt) Änderung bezieht. Ich fand sie vor einigen Wochen in einem Interview in der Süddeutschen und sie scheint mir von einem, der buchstäblich nicht in diesem Land lebt – oder überhaupt in unserer modernen Zeit…
»Heutzutage«, so erklärte Franziska Augstein in einem Interview dem deutsch-französischen Autor Georges-Arthur Goldschmidt, reden wir umgangssprachlich in Deutschland so: ›Ich sitze gern im Café Figaro, weil: ich mag das Café.‹« Worauf Goldschmidt meint: »Das Deutsche ist freier geworden. Man lässt sich Zeit zum Denken, daher die Zäsur: ›weil‹: – Nachdenken – und dann kommt das Resultat.«
Das ist, mit Verlaub, ein Riesenkrampf. Nicht nur gibt es bei einem solchen Satz nichts zu überlegen, es besteht noch nicht mal ein Grund, das Verb nach vorne zu verlegen, weil man’s eventuell vergessen könnte, wenn man es, wie im deutschen Nebensatz üblich, hinten dranhängt. Dafür ist der Satz zu kurz. Zu einer Zäsur kommt es mitnichten. Und von der Aussage her scheint mir bei einem solchen Satz ohnehin der Nebensatz der eigentlich wichtige: Man will letztlich nur sagen, dass man das Restaurant mag; der Nebensatz würde – als Hauptsatz gesprochen – genügen. Oder bilde ich mir das nur ein? Ist ja nicht auszuschließen…
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Wie auch immer, seit ich das Interview gelesen habe, höre ich die Konstruktion plötzlich, na gut, wenn schon nicht überall so doch im TV. Allein letzte Woche wenigstens viermal.
»Ich trage Ohrenstöpsel, weil ich hab’ so ’n leichten Schlaf«, antwortet im Notruf Hafenkante die Haushälterin eines alternden Stars auf die Frage, ob sie denn nicht gehört hätte, dass jemand nächtens mit dem Tresor stiften geht.1
Und dann gleich noch mal: »War’s das, weil ich müsste noch …« Und ein drittes Mal in derselben Episode: »Das ist im Moment schlecht, weil ich bin grade beim …« (mehr …)
- Folge 142, Staffel 20 – »Trau, schau, wem«, 9. Februar 2012 [↩]

















Gestern habe ich mir mit einiger Verspätung endlich den neuen „Szeneduden“ geleistet, das vom Trendbüro herausgegebene Wörterbuch der Szenesprachen. Ich bin ein großer Fan, letztlich schon seit dem Trendwörterbuch von Horx, das diese ebenso nützliche wie interessante „Reihe“ seinerzeit eingeleitet hat. Noch nicht mal einer wie ich, der selbst ständig in eigener Sache die Sprachfront rauf und runter hetzt, kann all die Neuschöpfungen in seiner Datenbank haben, die die völlig unübersichtliche Szenenlandschaft heute so prägen.