Über­set­zen – schon beim Mot­to fängt es an

Der Leser einer Über­set­zung ahnt in der Regel nichts von den klei­nen und grö­ße­ren Pro­ble­men, die eine sol­che mit sich bringt. Etwa dass der Über­set­zer, stößt er im Aus­gangs­text auf ein Zitat, nach­schla­gen muss, ob das bereits mal über­setzt wur­de, und die­se Über­set­zung dann auf­zu­trei­ben hat. Was wie­der­um sei­ne eige­nen Pro­ble­me mit sich bringt; ganz zu schwei­gen davon, dass es Zeit kos­tet. Aber das gehört eben dazu. Ner­vig wird es frei­lich, wenn die nach eini­gem Suchen auf­ge­trie­be­ne Über­set­zung den gesuch­ten Satz nur halb ent­hält oder gar nicht. Oder der Satz par­tout nicht in den Kon­text pas­sen will, selbst wenn er nicht falsch über­setzt ist, oder wenn er falsch über­setzt ist, was noch mehr fuchst.

Sean Wil­entz stellt sei­nem Buch Dylan in Ame­ri­ca ein Zitat von Walt Whit­man vor­an: »Only a few hints – a few dif­fu­sed, faint clues and indi­rec­tions…« Die Zei­le ist aus dem Gedicht »When I read the book«, und das gemein­te Buch ist eine Bio­gra­phie. Whit­man stellt die Fra­ge, was einem die Bio­gra­phie eines ande­ren wirk­lich zu sagen ver­mag? Wo doch so offen­sicht­lich Zwei­fel dar­an bestehen, ob man selbst so viel über sein Leben weiß.

WHEN I READ THE BOOK.

WHEN I read the book, the bio­gra­phy famous,
And is this then (said I) what the aut­hor calls a man’s life?
And so will some one when I am dead and gone wri­te my life?
(As if any man real­ly knew aught of my life,
Why even I mys­elf I often think know litt­le or not­hing of my real life,
Only a few hints, a few dif­fu­sed faint clews and indirections
I seek for my own use to trace out here.)

Nun, ich habe nur ein altes Bänd­chen hier ste­hen, was Whit­man auf Deutsch anbe­langt: die von Wil­helm Schö­ler­mann aus­ge­wähl­te und über­tra­ge­ne Samm­lung Gras­hal­me aus dem Jah­re 1904.1 Und Schö­ler­mann macht aus dem Gedicht fol­gen­des: (mehr …)

  1. Ver­legt bei Eugen Died­richs Leip­zig. []

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Inter­net Libra­ry, Open Libra­ry & Emil und die Detektive

Wenn man als Über­set­zer von etwas nicht genug haben kann, dann sind das Bücher. Oder wenigs­tens eine Biblio­thek in der Nähe. Wes­we­gen ich immer die Kol­le­gen in Mün­chen, Frank­furt, Ham­burg oder Ber­lin benei­de. Nicht dass ich mich über die Nürn­ber­ger Biblio­the­ken beschwe­ren möch­te. Aber es ist halt kei­ne Staats­bi­blio­thek dar­un­ter. Umso wich­ti­ger ist für mich, was an Biblio­the­ken so im Web zu fin­den ist. Und an die­sem ver­reg­ne­ten Mor­gen habe ich etwas aus­pro­biert, was ich mir schon vor eini­ger Zeit notiert hatte.

Ich spre­che von mei­nem Besuch bei einer Ein­rich­tung namens Open Libra­ry. Auf die bin ich irgend­wann über das Inter­net Archi­ve gekom­men. Ich brau­che das in San Fran­cis­co behei­ma­te­te und längst als gemein­nüt­zi­ge Biblio­thek aner­kann­te Buch‑, Film- und Musik­mons­ter nicht eigens vor­zu­stel­len. Man kann sich dort aus Mil­lio­nen von gemein­frei­en Titeln bedie­nen. Im Medi­um sei­ner Wahl. Und irgend­wann begann ich dort auf Bücher zu sto­ßen, die eben nicht ein­fach als Pdf- oder txt-Datei zu zie­hen waren; sie waren mit einem Ver­weis auf eine Open Libra­ry ver­se­hen. Dort hieß es dann Regis­trie­ren, Lese­ge­rät, Bab­bel­di­ba, und das macht man nicht ein­fach so neben­bei; da zer­schießt man sich schnell mal mit­ten unter der Arbeit die Instal­la­ti­on. Zu schwei­gen, dass man sich Nut­zer­na­men & Pass­wör­ter aus­den­ken und notie­ren muss. Also hab ich’s mir notiert. Und hin und wie­der emp­fiehlt es sich, all die Noti­zen abzu­ar­bei­ten, die man sich so macht. Oder wenigs­tens ein paar davon. Heu­te habe ich mich da, wie gesagt, mal ange­mel­det. (mehr …)

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Fremd­schä­men – eine Lek­ti­on von den Marx Brothers

Vor ein paar Jah­ren schien es plötz­lich einen Begriff für eine Malai­se zu geben, die mich immer schon als ein­zi­gen zu belas­ten schien. Oder jeden­falls konn­te ich sie nie­man­dem ver­ständ­lich machen. Ich spre­che, von dem Bedürf­nis, dem Zwang, Din­ge zu mei­den oder – falls sie im TV pas­sie­ren soll­ten – abzu­schal­ten, die mir für den, der sie sich zuschul­den kom­men lässt, pein­lich sind. Und mit »pein­lich sein« mei­ne ich ein nach­ge­ra­de in der See­le schmer­zen­des Genie­ren. Und plötz­lich soll­te das zur Volks­krank­heit gewor­den sein, sodass es einen Aus­druck dafür braucht? Ich erlau­be mir, Zwei­fel anzu­mel­den, ach was, Protest… 

»Fremd­schä­men«. Geht man danach, wie häu­fig einem der Begriff heu­te unter­kommt, scheint das in den letz­ten – ich weiß nicht, bei­den? – Jah­ren zum Volks­lei­den gewor­den zu sein. Als offen­sicht­lich von Geburt an fremd­schä­mi­ger Mensch kann ich das nicht akzep­tie­ren – nicht in einer bru­ta­len Arsch­gei­gen­kul­tur, in der bereits die Kleins­ten auf dem Spiel­platz ein­an­der ihre tiefs­ten Ängs­te mit einem »Du Opfer!« in die Fres­se hau­en. 1

Ich wage mal zu behaup­ten, dass hier zwei Din­ge durch­ein­an­der gekom­men sind: das ech­te schmerz­li­che Sich-für-den-ande­ren-Genie­ren und das Sich-Auf­gei­len-an-der-Pein­lich­keit-ande­rer. Bei­des sind mensch­li­che Regun­gen, sicher, aber die eine die des­je­ni­gen, der dem ande­ren hilf­reich bei­sprin­gen wür­de, wenn er könn­te, und die ande­re die des Sadis­ten, der den Betrof­fe­nen noch tie­fer in den Dreck tre­ten wür­de, wenn er könn­te. (mehr …)

  1. Bei uns hieß das »Du drei­mo­to­ri­ge Wüs­ten­sau!« Und dann kam als Retour­kut­sche »Du zehn­mo­to­ri­ge Wüs­ten­sau!« Und wem als ers­ter die Zah­len aus­gin­gen, der hat­te ver­lo­ren. Gegen »mil­lionmo­to­rig« war kaum anzu­kom­men, wenn man von »Mil­li­ar­den« kei­nen Schim­mer hat­te. Nicht sehr intel­li­gent viel­leicht, aber mit Sicher­heit nicht mit einem Bein in der Psy­cho­pa­tho­lo­gie. Man hat­te sich abre­agiert und der Käse war geges­sen. []

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John Reed – Poet

In sei­nem Vor­wort zu der von ihm her­aus­ge­ge­be­nen Antho­lo­gie ame­ri­ka­ni­scher Lyrik From Totems to Hip-Hop gibt Ishma­el Reed sei­nem Unwil­len dar­über Aus­druck, wie vie­le gro­ße Dich­ter aus dem einen oder ande­ren Grund in den »offi­zi­el­len« Antho­lo­gien fehlen.Vor alle Schwar­ze, Lati­nos und India­ner fin­det man dar­in kaum. Reeds Ansicht nach wer­den deren Gedich­te Antho­lo­gien nur zum Schluss »auf­ge­setzt«, von Her­aus­ge­bern, die in der Regel nicht den Hauch einer Ahnung von mul­ti­kul­tu­rel­ler Lite­ra­tur haben. Die küren dann etwa den »bes­ten« schwar­zen Dich­ter, ohne auch nur einen ande­ren zu ken­nen. Und das gel­te durch­aus auch für wei­ße Dich­ter, die den Kul­tur­ver­we­sern  miss­fal­len, aus poli­ti­schen Grün­den zum Beispiel…

So schreibt er fol­gen­des, das mich aus einem ganz ande­ren Grund erstaunt:

»John Reed, ein kon­tro­ver­ser wei­ßer Dich­ter, war einer der inter­es­san­tes­ten Dich­ter des 20. Jahr­hun­derts. Sein Stil nahm den der Beats vor­weg, aber sei­ner poli­ti­schen Hal­tung wegen fehlt er in den meis­ten Anthologien.«

Man kennt John Reed vor allem als den Autor von Zehn Tage, die die Welt erschüt­ter­ten, dem Buch, in dem er die rus­si­sche Okto­ber­re­vo­lu­ti­on aus der Per­spek­ti­ve des Augen­zeu­gen schil­dert. War­ren Beat­ty hat es als Reds mit sich und Dia­ne Kea­ton in den Haupt­rol­len ver­filmt. Ser­gei Eisen­stein hat sich den Titel für sei­nen Film Okto­ber als Unter­ti­tel ausgeborgt.

Aber als Dich­ter? Nie gehört. Ob das nur an den Her­aus­ge­bern von Antho­lo­gien liegt, von denen ich auch ein paar her­um­lie­gen habe. (mehr …)

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Ein Biss­chen Ägyp­ten hier, ein Biss­chen Madi­son da

Der ame­ri­ka­ni­sche Sozio­lo­ge Moham­med Bamy­eh bringt im neu­es­ten Heft von Lett­re mit benei­dens­wert kla­rem Blick den Volks­auf­stand in Ägyp­ten bzw. Nord­afri­ka auf den Punkt. Als eines der wesent­li­chen Merk­ma­le die­ses Auf­stands nennt er die »Mar­gi­na­li­tät«, die Rand­stän­dig­keit derer, die für all die Umwäl­zun­gen im ara­bi­schen Teil des afri­ka­ni­schen Kon­ti­nents ver­ant­wort­lich sind. Aus­ge­rech­net in Tune­si­en begann die Volks­be­we­gung, einem Land, das im Bewusst­sein des­sen, was den Kon­ti­nent aus­macht, beim bes­ten Wil­len nicht zählt. Und auch auf die Gefahr, mich lächer­lich zu machen, mich erin­nert das an die Vor­komm­nis­se im ame­ri­ka­ni­schen Madi­son. Und nicht nur weil Bamy­eh ganz zufäl­lig an der Uni­ver­si­ty of Wis­con­sin in Madi­son lehrt.


 
 

Noch nicht mal als stu­dier­ter Ame­ri­ka­nist hät­te ich die Haupt­stadt von Wis­con­sin nen­nen kön­nen; und den Staat selbst habe ich noch bei jedem Ver­such, die 50 Bun­des­staa­ten auf­zu­zäh­len, ver­ges­sen. Wenn wir also von Mar­gi­na­li­tät spre­chen. Zu schwei­gen von Micha­el Moo­re, die­sem merk­würdigen Under­dog, der trotz eines wacker erar­bei­te­ten Wohl­stands noch immer direkt aus dem Trai­ler­park zu kom­men scheint.

Hier die deut­sche Über­set­zung der Anspra­che von Micha­el Moo­re vor dem Madi­soner Capitol.

 

Micha­el Moore
Ame­ri­ka ist nicht pleite

 
Anspra­che vor dem Capi­tol in Madi­son, Wis­con­sin, am 5. März 2011
 

Was immer die an der Macht euch ein­re­den wol­len, damit ihr eure Ren­te auf­gebt, damit ihr euch das Gehalt kür­zen lasst, damit ihr euch mit dem Lebens­stan­dard eurer Groß­el­tern zu­frieden gebt – Ame­ri­ka ist nicht plei­te. Nicht im Ent­fern­tes­ten. Das Land schwimmt in Wohl­stand und Geld. Nur dass ihr nichts davon habt. Das Geld ging im größ­ten Raub­zug der Geschich­te über von den Arbei­tern und Kon­sumenten an die Ban­ken und die Port­fo­li­os der Megareichen.

Nur 400 Ame­ri­ka­ner sind heu­te wohl­ha­ben­der als die Hälf­te aller Ame­ri­ka­ner zusammengenommen.

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Das Dre­cki­ge Dut­zend (1)

Ich schaue mir als Über­set­zer sehr vie­le Über­set­zun­gen an; zusam­men mit dem Ori­gi­nal. Satz für Satz. Seit den 1970er-Jah­ren schon. Das ist eine gute Mög­lich­keit, sich das eine oder ande­re abzu­gu­cken. Es gibt immer eine Lösung für ein Pro­blem, die auto­ma­tisch – in einer Daten­bank – parat zu haben, ganz prak­tisch ist; es gibt immer eine, auf die man selbst nicht gekom­men wäre. Und natür­lich fin­det man dabei auch jede Men­ge klei­ne­ren oder grö­ße­ren – auch him­mel­schrei­en­den – Murks. Das hat mich vor eini­gen Jah­ren auf die Idee gebracht, der­lei Klöp­se in einer Glos­se zusam­men­zu­tra­gen. Nicht alle, das wäre nicht zu schaf­fen und lang­wei­lig oben­drein, aber ein Dut­zend pro Titel scheint mir durch­aus ver­tret­bar. Also, bit­te­schön, das ers­te dre­cki­ge Dutzend.

Ich könn­te nicht sagen, ob Über­set­zun­gen heu­te schlech­ter denn je sind, das erfor­der­te etwas umfas­sen­de­re sta­tis­ti­sche Arbeit; ich kann nur sagen, dass sie trotz all der Mög­lich­kei­ten, die sich dem Über­set­zer heu­te bie­ten, nicht bes­ser gewor­den zu sein schei­nen. Aber ehr­lich gesagt, wie soll­ten sie auch? Über­set­zer­sei­tig tum­meln sich heu­te in die­sem Metier mehr blu­ti­ge Ama­teu­re denn je.1 Und ver­lags­sei­tig sieht es nicht viel bes­ser aus. Alles, was zu faul zum Arbei­ten ist, bie­tet sich heu­te als frei­er Lek­tor an. Über das Lek­to­rat – frei oder nicht – habe ich hier im Blog schon das eine oder ande­re gesagt, ich möch­te die ein­schlä­gi­ge Arie hier mal außen vor las­sen; Tat­sa­che ist, der Über­set­zer hat heu­te weni­ger über den Inhalt »sei­ner« Über­set­zung zu bestim­men denn je.2 Des­halb ist »das dre­cki­ge Dut­zend« auch kei­ne Über­set­zer­kri­tik, son­dern eine Über­set­zungs­kri­tik, will sagen eine Kri­tik des fer­ti­gen Pro­dukts, das in jedem Fal­le besag­tes Lek­to­rat zu ver­ant­wor­ten hat.3

Ich habe eben das mehr oder weni­ger ver­kaufs­fer­ti­ge Pro­dukt »mei­ner« vor­vor­letz­ten Über­set­zung zurück­be­kom­men, Teil eines Schnell­schus­ses zu einem aktu­el­len The­ma, bei dem ich einer von vie­len war.4 Im Begleit­schrei­ben aus dem Lek­to­rats­bü­ro heißt es sinn­ge­mäß, Hin­wei­se auf »Böcke« neh­me man gern ent­ge­gen, was natür­lich rei­ne Rhe­to­rik ist. Ich mei­ne, wann hät­te ein Lek­tor schon mal einen Feh­ler gemacht? (mehr …)

  1. Den Grund dafür habe ich mal ange­ris­sen. []
  2. Falls es ande­re Lek­to­ren gibt, kei­ne Ahnung, wie die guten Über­set­zun­gen, die ich so fin­de, zustan­de gekom­men sind, mel­den Sie sich doch bei mir. []
  3. Dar­über dann im Rah­men die­ser Serie ein ander­mal mehr. []
  4. Das Schnell­schüs­se von vie­len gemacht wer­den müs­sen, ist auch so eine Unsit­te der Bran­che, die noch einer nähe­ren Erklä­rung bedarf. Sie folgt irgend­wann in die­sem Thea­ter. []

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Blax­plo­ita­ti­on – alt und neu

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»Blax­plo­ita­ti­on« – ein wenn schon nicht mythi­scher, so alle­mal enorm kul­ti­ger Begriff. Das kurz­le­bi­ge kul­tu­rel­le Phä­no­men die­ses Namens lie­fer­te Anfang, Mit­te der 1970er-Jah­re jun­gen ameri­kani­schen Schwar­zen bei ihrer Iden­ti­täts­su­che so etwas wie Identi­fika­tions­figuren. In Form von völ­lig aus der Luft gegrif­fe­nen Hel­den, sicher, aber die­se gaben jun­gen Leu­ten die Mög­lich­keit, im Kino Frust und Ressenti­ments gegen eine über­mäch­ti­ge wei­ße Welt aus­zu­le­ben. Ob und wie weit die Hel­den im Gangstar­ap die­sel­be Funk­ti­on haben, kann ich nicht sagen, die Kli­schees jeden­falls sind dort die­sel­ben – ver­mut­lich nicht zuletzt des­halb, weil Gangstar­ap sich aus­gie­big bei die­sen Fil­men bedient.

Bei der Über­ar­bei­tung mei­nes Hip­hop-Wör­ter­buchs kam mir die­ser Tage ein inter­es­san­ter Song unter – oder bes­ser gesagt ein rela­tiv beschei­de­ner Song mit einem ganz net­ten Text. Hell Razah, ein Rap­per aus dem Dunst­kreis des Wu-Tang Clan, erzählt in »Cine­ma­tic« eine Geschich­te… ach was, er setzt eine Rei­he von Sze­nen, ach was, Namen und Bil­dern aus Blax­plo­ita­ti­on-Strei­fen zusam­men. Was soll’s, die Anspie­lun­gen sind inter­es­sant genug, um ein biss­chen Memo­ry damit zu spie­len. (Viel­leicht auch ein paar alte VHS-Cas­set­ten zu digitalisieren.)

Der Song beginnt mit dem Schnar­ren eines guten alten Film­pro­jek­tors und einem Sam­ple aus einem Film. Dann geht es los… (mehr …)

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Par­ty on, dude! – Wort­ge­schicht­li­ches zum »raver«

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»Who wants a rewind?« In den 1990er-Jah­ren wuss­te hier­zu­lan­de plötz­lich jeder, was ein »Rave« war. Und jede unter peit­schen­den Bret­tern zucken­de Mas­se von Pil­len­freaks war bald ein Rave. Ein »Rave« war von Musik und Ecsta­sy nicht zu tren­nen. Und auf bei­des wur­de getanzt. Das ist jedoch eine rela­tiv spe­zi­el­le Defi­ni­ti­on. Die Ety­mo­lo­gie des Wor­tes geht näm­lich etwas wei­ter zurück.

Das ers­te Mal auf­ge­fal­len ist mir »rave« in Form des »ravers« Ende der 1960er-Jah­re in dem Small Faces-Hit »Lazy Sun­day After­noon«

Would­n’t it be nice to get on with me neigh­bours (da da da do)
But they make it very clear they’­ve got no room for ravers.

1968 war das. Ich hat­te damals längst begon­nen, jeden greif­ba­ren Song zu notie­ren. Was alles ande­re als ein­fach war: die Plat­ten konn­te man sich nicht leis­ten, mei­nen ers­ten Cas­set­ten­re­cor­der ver­dien­te ich mir erst ein, zwei Jah­re spä­ter mit einem Feri­en­job. In der Bra­vo gab’s dann mal Tex­te, aber die kos­te­te eine Mark. Die ich nicht hat­te. Inter­net? Pfei­fen­de­ckel! Man muss­te also zuse­hen, was man so im Radio mit­be­kam. Mal hier eine Zei­le, mal da. Und was ein »raver« ist, habe ich erst erfah­ren, als ich mit den Ame­ri­ka­nern abzu­hän­gen begann. »Einer, der gern abfei­ert«, wür­de man heu­te sagen. Aber es war kein ame­ri­ka­ni­sches Wort! (mehr …)

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Queen Vic­to­ri­as gscha­mi­ge Londoner

Ich kam in mei­nem letz­ten Ein­trag – »Mee­res­früch­te – Anrü­chi­ger Rock ’n’ Roll« – auf eini­ge Bei­spie­le aus dem rei­chen Schatz an Sex­me­ta­phern in Blues­tex­ten zu spre­chen. Dabei ist mir unter ande­rem das Vor­wort zu einem der ers­ten eng­lisch-deut­schen Slang­wör­ter­bu­cher über­haupt ein­ge­fal­len: Hein­rich Bau­manns Lon­di­nis­men. Im Vor­wort dazu spricht der in Lon­don gelan­de­te Schul­meis­ter inter­es­san­ter­wei­se von der aus­neh­men­den Gscha­mig­keit der Lon­do­ner in Sachen Sex. Und da Gro­se, der Begrün­der, möch­te man fast sagen, des moder­nen Slang­wör­ter­buchs 100 Jah­re zuvor gar soviel zum The­ma zusam­men­ge­tra­gen hat­te, mut­maßt er bei ihm wenn schon nicht einen »aus­ge­bil­de­ten Geschmack« für die­ses Sprach­gebiet, so doch auf jeden Fall ein »abson­der­lich fei­nes Ohr« dafür. Soll­te sich die der vik­to­ria­ni­schen Zeit immer wie­der unter­stell­te Prü­de­rie tat­säch­lich auf die All­tags­spra­che des Lon­do­ners aus­ge­wirkt haben?

Der Fra­ge nach­zu­ge­hen, wäre sicher der Mühe wert. Aber wohl auch ein zeit­auf­wän­di­ge­res Unter­fan­gen. Ich sehe die­sen Ein­trag mal als Anfang und will es heu­te dabei belas­sen, hier erst ein­mal Bau­manns Vor­wort zu sei­nen Lon­di­nis­men zu brin­gen. Das Wör­ter­buch erschien 1887 bei Lan­gen­scheidt und bringt auf 240 Sei­ten eine groß­ar­ti­ge Samm­lung eng­li­schen Slangs sowie in sei­nen eben­so inter­es­san­ten wie umfang­rei­chen Vor­be­mer­kun­gen eine Men­ge Mate­ri­al zum Thema.

Trotz­dem sei noch eine per­sön­li­che Beob­ach­tung vor­weg­ge­nom­men: Noch jeder, der mein Ame­ri­can Slang – egal wel­che Aus­ga­be – zur Hand genom­men hat, schlug dar­in als ers­tes »fuck« nach – und nennt mich dann ein Fer­kel. In der Psy­cho­lo­gie, glau­be ich, bezeich­net man so etwas als »Pro­jek­ti­on«. Slang ist nicht größ­ten­teils vul­gär. Die zahl­rei­chen Syn­ony­me für eini­ge weni­ge sexu­el­le Hand­lun­gen oder Kör­per­tei­le gau­keln einem das ledig­lich vor. Weder Wayne’s World noch Clue­l­ess, die bei­den Teen-Phä­no­me­ne, (mehr …)

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Mee­res­früch­te – Anrü­chi­ger Rock ’n’ Roll

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Ich habe hier schon mal auf mehr oder weni­ger ein­deu­ti­ge Zwei­deu­tig­kei­ten in Song­tex­ten ver­wie­sen. Und dar­auf dass die plat­te Direkt­heit etwa im Rap­gen­re trotz net­ter Prä­gun­gen wie »kno­ckin’ boots« die sexu­el­le Meta­pher weit­ge­hend ver­drängt hat. Die Anfän­ge die­ser Ver­drän­gung fal­len in eine gan­ze ande­re Ära, näm­lich in die Zeit, in der schwar­ze Musik den wei­ßen ame­ri­ka­ni­schen Markt zu erobern begann. Und ver­drängt wur­den die Meta­phern damals mit­nich­ten durch Direkt­heit – man merz­te sie ein­fach aus. Solan­ge die schwar­ze Musik als »race music« ein vor­wie­gend schwar­zes, sexu­ell weni­ger ver­krampf­tes Publi­kum gehabt hat­te, waren die meta­phern­las­ti­gen Tex­te nie­man­dem auf­ge­sto­ßen, als man die Musik dann einem wei­ßen Publi­kum ver­kau­fen woll­te, wur­den sie zum Problem.

1954. Die hei­ße Affä­re zwi­schen Coun­try Music und Rhythm & Blues hat­te Fol­gen gehabt: Ame­ri­ka wand sich unter den Geburts­we­hen des Rock ’n’ Roll. Finan­zi­ell gese­hen hät­te der schwarz­wei­ße Misch­ling es nicht bes­ser tref­fen kön­nen, der Zwei­te Welt­krieg hat­te den Ame­ri­ka­nern einen nie gekann­ten Reich­tum beschert. Und das galt auch für die schwar­zen Ame­ri­ka­ner, (mehr …)

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Der Über­mensch – Eine wort­ge­schicht­li­che Skizze

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Nach­dem mir neu­lich die Geschich­te mit der Über-Ente unter­ge­kom­men ist, fiel mir nun der Auf­satz von Richard M. Mey­er1 wie­der ein, den ich hier schon mal ange­bis­sen habe. Es ging dabei um eine kur­ze Dar­stel­lung der Begrif­fe »Wort­ge­schich­te« und »Begriffs­ge­schich­te« am Bei­spiel des Wor­tes »Mit­tel­punkt«. Aber natür­lich waren die­se Betrach­tun­gen ledig­lich als Ein­lei­tung zum eigent­li­chen The­ma von Mey­ers Essay gedacht: Der Über­mensch: Eine wort­ge­schicht­li­che Skiz­ze. Wen also die fol­gen­den Aus­füh­run­gen inter­es­sie­ren, der soll­te also viel­leicht von vor­ne anfan­gen und sich den ers­ten Teil des Essays anse­hen:  Ein­lei­tung. – Wort- und Begriffs­ge­schich­te. – Bei­spiel: »Mit­tel­punkt«.

Wem das zu viel ist, für den sei der zum Haupt­the­ma des Ver­suchs über­lei­ten­de Gedan­ke hier noch ein­mal gesagt: Bei all den Bedeu­tungs­nu­an­cen, die der Begriff »Mit­tel­punkt« im Lauf der Zeit dazu­ge­won­nen hat, sie alle berüh­ren sich noch mit der urp­sprüng­li­chen rein geo­gra­phi­schen bzw. phy­si­schen Bedeutung:

»Immer­hin, der neue Begriff berührt sich noch mit dem alten. Die Welt als geord­ne­ter Kos­mus, von einem selbst­thä­ti­gen Cen­trum aus regiert – das war ja auch die Vor­stel­lung, die Her­der und Goe­the beseel­te, als sie das ein­zel­ne Kunst­werk als eine Welt für sich auf­fass­ten und eben des­halb einen beherr­schen­den »Mit­tel­punkt« for­der­ten. (mehr …)

  1. Prof. Dr. Richard M. Mey­er : 1860 (Ber­lin) – 1914. 1886 Habi­li­ta­ti­on (über Swift und Georg Chris­toph Lich­ten­berg) an der Fried­rich-Wil­helms-Uni­ver­si­tät, Ber­lin; 1886 dort Lehr­tä­tig­keit, zunächst als Pri­vat­do­zent; 1901 als ao. Prof. der deut­schen Lite­ra­tur­ge­schich­te []

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Hip­hop ist tot – es lebe der Hiphopreneur!

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»Hip­hop ist tot. Ist mir egal, was ande­re sagen, aber Hip­hop liegt in den letz­ten Zügen.« Die­ser Satz fiel mir ges­tern auf, nicht zuletzt weil man ihn so oder so ähn­lich seit über zwan­zig Jah­ren immer wie­der mal liest. Kaum ein Gen­re dürf­te man so oft tot­ge­sagt haben wie Hip­hop. Es gehe im Hip­hop, so lese ich da, nicht mehr um Spaß und Krea­ti­vi­tät; jeder möch­te im Gefol­ge von NWA und Geto Boys Gangs­ta sein. Aber was, so heißt es wei­ter, haben die Leu­te wirk­lich erreicht? Eini­ge ver­die­nen einen Hau­fen Geld, sicher, aber letzt­lich nur Klein­geld gegen­über den wirk­lich Rei­chen. Und gehö­ren tue ihnen auch nichts– Hier stut­ze ich und suche nach dem Datum des Arti­kels. Interessant…

Beim Auf­räu­men mei­nes Archivs fand ich ges­tern einen Arti­kel aus dem Jah­re 1998 mit dem Titel »Why Hip hop is dead«. Geschrie­ben hat ihn ein »vom Hip­hop zuneh­mend frus­trier­ter jun­ger Mann« unter dem Pseud­onym Lethal Won­der. Ich den­ke, ich habe ihn mal auf Davey D’s Hip Hop Cor­ner abge­grif­fen; er ist jedoch auch im Früh­jahr 1999 in Cross­roads erschie­nen,  einer revo­lu­tio­nä­ren Pos­til­le aus Chi­ca­go, die sich dem Kampf der Schwar­zen Ame­ri­kas und Afri­kas im Sin­ne der Black Pan­thers ver­schrie­ben zu haben scheint. Jeden­falls hört sich die Rhe­to­rik, über­fliegt man die ein­zel­nen Aus­ga­ben, ganz danach an. Aber zurück zum Thema.

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Wie gesagt, die Argu­men­te der Nach­ru­fe auf den Hip­hop als Gen­re sind immer die­sel­ben; es sind die oben genann­ten und vor allem, dass die Leu­te die Kunst­form nicht mehr inter­es­sie­re, es gehe allen nur ums Geld. Und trotz­dem, so der Autor des Arti­kels aus dem Jah­re 1998, gehö­re den Schwar­zen nichts. Man müss­te jetzt nach­se­hen, was die schwar­zen Rap­per damals mit ihrem Geld gemacht haben, sicher, aber das lohnt noch nicht mal; wir brau­chen nur noch mal auf das Datum sehen: 1998. Das ist von den Zah­len her ein Jahr bevor der gro­ße Kata­ly­sa­tor explo­dier­te, der wie einst Elvis dem Rock ’n’ Roll dem Rap zum gro­ßen Durch­bruch bei der zah­lungs­kräf­ti­gen wei­ßen Jugend ver­half: Emi­nem. Und weiß hin oder her, Em wirk­te auf den Ver­kauf des Gen­res. Was immer vor­her ver­dient wor­den war, mär­chen­haft wur­den die Zah­len erst mit Emi­nem. Und mit 50 Cent hat er wenigs­tens einem der Groß­ver­die­ner der Nuller­jah­re selbst zu Ruhm und Kne­te verholfen.

Und was die­se Leu­te haben? Außer Geld. Nun, ich habe kei­ne Ahnung, was die ande­ren, die älte­ren Groß­ver­die­ner der Musik­bran­che »haben«, Paul McCart­ney etwa, Mick und Keith; bei John Len­non hät­te man (mehr …)

WeiterlesenHip­hop ist tot – es lebe der Hiphopreneur!

Staats­macht alt und neu

Hier nun der zwei­te Teil des Abschnitts über Wil­liam Blakes Zusam­men­stoß mit der Staats­macht, hin­ter dem sein Bio­graph Ches­ter­ton1 eine Ver­schwö­rung vermutet.

Wenn Ches­ter­ton nicht aus­schlie­ßen möch­te, die Staats­macht könn­te den Jako­bi­ner Bla­ke im Zuge der im Gefol­ge der fran­zö­si­schen Revo­lu­ti­on über Eng­land her­ein­ge­bro­che­nen Schre­ckens­herr­schaft pro­vo­ziert haben, so soll das frei­lich nicht hei­ßen, dass ich die Ver­schwö­rungs­theo­rien um die Anzei­ge gegen Juli­an Assan­ge unter­schrei­be. Jeden­falls nicht was die bei­den betrof­fe­nen Frau­en angeht. Nur dass ein inter­na­tio­na­ler Steck­brief wegen eines Delikts, das sonst noch nicht ein­mal eine Mel­dung im Stadt­an­zei­ger wert gewe­sen wäre, auf die Über­le­gen­heit der Staats­macht über das Prin­zip der Rechts­st­at­lich­keit weist. Und dass man in Ame­ri­ka an einem Gesetz labo­rie­ren soll, das aus der Wiki­leaks-Geschich­te im Nach­hin­ein einen Hoch­ver­rat zau­bern und dann rück­wir­kend gel­ten soll… Da müss­te man welt­weit Mil­lio­nen von Straf­ta­ten auf der Basis im Nach­hin­ein geschlos­se­ner Geset­zes­lü­cken ahn­den. Ich brau­che kein Anwalt zu sein, um sagen zu kön­nen, dass da Staats­macht am Recht zu dre­hen versucht.

Aber hier in mei­ner Über­set­zung die betref­fen­de Stel­le aus Ches­ter­tons Bla­ke:

Eines Mor­gens im August des Jah­res 1803 trat Bla­ke hin­aus in sei­nen Gar­ten und fand dort einen Sol­da­ten der Ers­ten Dra­go­ner im schar­lach­ro­ten Rock, der sich mit der zu­frie­denen Mie­ne des Besit­zen­den die Land­schaft besah. Bla­ke äußer­te den Wunsch, der Dra­go­ner möge den Gar­ten ver­las­sen. Der Dra­go­ner äußer­te – »unter zahl­rei­chen ab­scheulichen Flü­chen« – den Wunsch, Bla­ke die Augen aus dem Kopf zu hau­en. Mit ver­blüf­fen­der Behen­dig­keit stürz­te Bla­ke sich auf den Mann, bekam ihn mit den Ellen­bo­gen von hin­ten zu fas­sen und warf ihn aus dem Gar­ten wie einen Streu­ner. Der Mann, der wahr­schein­lich betrun­ken und zwei­fels­oh­ne über­rascht war, ent­fern­te sich unter vie­len Anwür­fen, jedoch kei­ner davon poli­ti­scher Art. Kurz dar­auf jedoch tauch­te er mit einer schwer­wie­gen­den Anzei­ge auf, Bla­ke habe bei die­ser Gele­gen­heit fol­gen­de – eher unwahr­schein­li­che – Wor­te geäu­ßert: (mehr …)

  1. Der maß­geb­li­che Bio­graph Wil­liam Blakes ist übri­gens Alex­an­der Gil­ch­rist, des­sen Life of Wil­liam Bla­ke (1863) zahl­rei­che Auf­la­gen und Aus­ga­ben erlebt hat. []

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Statt Ver­meh­rung der Begrif­fe: Ver­meh­rung der Worte

Arthur Schopenhauer's sämmtliche Werke Parerga und Paralipomena Kleine philosophische Schriften Vereinzelte, jedoch systematisch geordnete Gedanken über vielerlei Gegenstände Kap. XXV. Ueber Sprache und Worte § 310 von Schopenhauers Betrachtungen über…

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Aben­teu­er der Biblio­theks­re­cher­che – am Feiertag

aus The Tri­umphs of Temper

Wie­der ein­mal die Erfül­lung im Web. Früh mor­gens an einem Fei­er­tag ein kom­ple­xe­res Pro­blem bei einer Über­set­zung lösen zu kön­nen, ohne den Schreib­tisch zu ver­las­sen. Nicht dass man, Fei­er­tag hin oder her, so recht gewusst hät­te wohin um die­se Zeit. Biblio­the­ken, zumal die deut­schen, sind hin­sicht­lich ihrer Öff­nungs­zei­ten alles ande­re als ent­ge­gen­kom­mend. Und das damp­fen­de Täss­chen Tee mit dem Weih­nachts­ge­bäck dane­ben wäre dort ver­mut­lich auch nicht gern gese­hen. Zu schwei­gen von Kyle East­woods groß­ar­ti­gem Debüt From Here To The­re

Wie auch immer, bei der Über­set­zung von Ches­ter­tons Bla­ke-Bio­gra­phie, die ich mir übungs­hal­ber neben­bei gön­ne, gibt es aller­hand nach­zu­schla­gen; die Geschich­te spielt eben in einer ande­ren Zeit. So heißt es bei Ches­ter­ton über einen Gön­ner Blakes folgendermaßen:

Es leb­te zu die­ser Zeit in dem klei­nen Wei­ler Eart­ham in Sus­sex ein schlich­ter, herzens­guter, aber eini­ger­ma­ßen bedeu­ten­der Land­junker namens Hay­ley. Er war Grund­be­sit­zer und Aris­to­krat, gehör­te aber zu denen, deren Eitel­keit durch der­lei Funk­tio­nen nicht zu befrie­di­gen sind. Er sah sich als För­de­rer der Dicht­kunst; was durch­aus zutraf, nur war er– ach! – auf eine Idee ver­fal­len, die weit mehr Anlass zur Sor­ge gab: Er wähn­te sich selbst als Poet. Ob jemand die­se Ansicht teil­te, wäh­rend er noch als Herr sei­ner Güter der Jagd frön­te, ist heu­te schwer zu sagen. Mit eini­ger Sicher­heit ist dem heu­te jeden­falls nicht mehr so. »The Tri­umphs of Tem­per«, das ein­zi­ge Poem Hay­leys, an das der moder­ne Mensch sich erin­nern könn­te, ist wohl nur des­halb in Erin­ne­rung geblie­ben, weil Macau­lay damit in einem Essay spöt­tisch einen sei­ner klin­gen­den Sät­ze krön­te. Nichts­des­to­we­ni­ger war Hay­ley zu sei­ner bes­ten Zeit ein eben­so mäch­ti­ger wie wich­ti­ger Mann, als Dich­ter noch unerschüt­tert, als Grund­herr schlicht nicht zu er­schüttern. Aber wie alle schlicht unvertret­baren eng­li­schen Olig­ar­chen war er von einer unmä­ßi­gen Gut­mü­tig­keit, die irgend­wie aus­glei­chend oder schüt­zend wirk­te, was sei­ne offen­sicht­li­che Untaug­lich­keit und sein Unver­mö­gen anging. Er war fehl am Platz, hat­te aber das Herz auf dem rech­ten Fleck. Die­sem tadel­lo­sen und strah­len­den Herrn der Schöp­fung, zu selbst­zu­frieden, um arro­gant, zu solenn kin­disch, um zynisch zu sein, zu behag­lich in sei­ner Exis­tenz, um an sich oder ande­ren zu zwei­feln, die­sem Man­ne also stell­te Flax­man, ach was, schleu­der­te Flax­man die weiß­glü­hen­de Kanonen­kugel namens Bla­ke an die Brust. Ich fra­ge mich, ob Flax­man dabei wohl gelacht hat. Ande­rer­seits knit­tert und ver­zerrt Lachen die kla­re Linie des griechi­schen Profils.

Das Pro­blem dabei? Nun, vor allem zwei Namen und ein Zitat, das zwar nicht direkt zitiert wird, von dem ich aber doch ger­ne wüss­te, wor­um es dabei geht. Macau­lay ist bekannt, auch wenn ich mich nie mit ihm befasst habe, (mehr …)

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