›Spyclists‹ – Radelnde Nazis
Weiß der Kuckuck, warum das in England im Jahre 2010 eine so große Nachricht abgibt: 1937 befand sich eine Schar Radler aus der Hitlerjugend auf Tour durch englische Lande. Dass…
Weiß der Kuckuck, warum das in England im Jahre 2010 eine so große Nachricht abgibt: 1937 befand sich eine Schar Radler aus der Hitlerjugend auf Tour durch englische Lande. Dass…
Nicht selten beim Übersetzen stöhnt man auf ob des vermeintlichen Ungenügens unserer deutschen Muttersprache angesichts fremder Sprachfülle. Und natürlich ist das ungerecht. Wir haben alle Wörter, die wir brauchen. Erst wenn uns aus anderen Kulturen neue Konzepte angetragen werden, versagt unsere Sprache. Muss sie versagen. Wenn das Benannte für uns etwas Neues ist. Aus dem einen oder anderen Grund kennt unsere Kultur das Phänomen eben nicht. Andererseits kommen uns andere bei der Prägung eines griffigen Namens für etwas aber auch nicht selten ganz einfach zuvor.
So auch beim Phänomen des bodice-ripper. Unmöglich, so habe ich mir gedacht, dass es dafür keine deutsche Entsprechung geben sollte. Und begann im 19. Jahrhundert zu suchen. Ich beging damit freilich den Kardinalfehler, nicht erst einmal nachzusehen, worum genau es sich dabei eigentlich handelt und wann denn das Englische auf diesen Begriff gekommen ist. Ich meine ihn seit einer Ewigkeit zu kennen. Als ich endlich nachschlug, war ich einigermaßen erstaunt: Das Oxford English Dictionary nennt einen Erstbeleg für das Jahr 1980: (mehr …)
Die Briten, jedenfalls die im Web vertretenen, ereifern sich seit Wochen über einen Werbespot, in dem ihnen Hackfleischriese MacDonald’s weismachen will, ein »pound« sei in der englischen Umgangssprache ein »bob«.
Das ist natürlich Unfug, ein Pfund ist ein »quid«, das weiß jedes Kind. Und einen »bob« gibt es streng genommen nicht mehr, da damit der gute alte Schilling gemeint war. Der bestand aus zwölf »d«, i.e. alten Pennies, und 20 Schillinge ergaben ein Pfund. Mit der Einführung der Dezimalwährung wurde der Schilling aus dem Verkehr gezogen; sein Wert entsprach fünf neuen »Pence«. Auf die übertrug man »bob« insofern, als immer noch hier und da von »five bob« die Rede ist, wenn man »25p« meint, aber von einem »bob« mit der Bedeutung »Fünferl« ist nicht die Rede; es muss immer ein Vielfaches von 5 sein. In der Regel sagt man aber, etwas kostet »25p«, wobei das »p« wie »pee« gesprochen wird. Jedenfalls will sich kaum ein Engländer daran erinnern können, (mehr …)
… die interessanteste Wendung, die man so googeln kann.
Ich arbeite im Augenblick mit dem Sohn eines alten Freundes aufs nahende Englischabitur hin. Anders als bei der Arbeit an meinem Wörterbuchprojekt British Slang gibt mir das die Gelegenheit, im Web nach Beispielen für bestimmte Grammatikprobleme zu suchen. Und so habe ich denn, um die Wendung »may have been« einzuüben, selbige mal in Google eingegeben. Bei 200.000.000 Fundstellen hat die Suchmaschine zu zählen aufgehört. Na, ich denke mal, damit lässt es sich leben, zumal schon der erste 100er-Pack womöglich die interessanteste Kollektion von Fundstellen darstellt, die mir je untergekommen ist. Und die zeitaufwendigste, weil man sich über den gesuchten Satz hinaus rasch mal festlesen kann. (mehr …)
Slang ist womöglich die einzige linguistische Kategorie, die gerne mal etwas blumiger definiert, ja, die oft lieber beschrieben wird als definiert. Vermutlich ist das eine Folge des Umstands, dass man von Anfang an Schwierigkeiten hatte, diese Erscheinung in die bestehenden Paradigmen einzuordnen. Bei einem Begriff wie »Dialekt« ist das kein Problem. Im Falle von Slang jedoch meinte zwar jeder zu wissen, was das ist, aber wenn es dann an eine sinnvolle Abgrenzung ging… Hier möchte ich eine schon etwas betagte Definition zitieren, bei der er einem geradezu leid tun könnte, der liebe Slang.
»›Die Definitionen von Wörtern‹, sagt Hannah More, ›sind von ihrer Etymologie oft nicht zu trennen‹, und aus diesem Grund hat Slang sozusagen eine Lehre zu absolvieren, bevor er, wenn überhaupt, zu den (mehr …)
Vor ein paar Tagen sprach ich hier noch von den Bedeutungsänderungen, die einem Wort so widerfahren können. Jetzt, wo ich mir die Mühe mache, das – der ollen Fraktur wegen – nur unter ziemlichen Anstrengungen zu lesende Vorwort zu Fahrenkrügers Bailey fürs fürdere Studium abzutippen, finde ich gleich ein nettes Beispiel dafür. Fahrenkrüger erklärt im Vorwort den Gebrauch seines Dictionnaires:
Einige Kenntnisse muß freilich der Sucher mitbringen, wenn er beim Aufschlagen das rechte deutsche Wort, das gerade zur Stelle passt, herausfinden will. Mir liegt eben ein Schauspiel von Beaumont und Fletcher zur Hand, und mein Auge trifft folgende Stelle, die ich hier zum überflüssigen Beispiel aushebe. (mehr …)
So habe ich neulich die Vorrede zu Nathan Bailey’s Dictionary English-German and German-English von Johann Anton Fahrenkrüger, seines Zeichens »Vorsteher einer Unterrichts-Anstalt in Hamburg« gelesen; der hat Bailey’s Wörterbuch für die 10. Auflage von 1801 »gänzlich umgearbeitet«. Interessant ist dabei, dass er einen Gutteil des an sich gar nicht so langen Vorworts (mehr …)
Es ist ganz natürlich, die eigene Ära als eine allen anderen Zeiten weit überlegene zu sehen. Auf der anderen Seite ergibt sich daraus natürlich auch immer das Problem, dass man alles, was früher war, gern unterschätzt. Ich bin so ein Naivling, insofern es um Sprache geht. Jedenfalls muss ich das annehmen, weil ich immer wieder staune, wenn ich sprachliche Phänomene, die ach so neu scheinen, in einer anderen Zeit, in einem anderen Jahrhundert entdecke. Nehmen wir etwa das seit Jahrzehnten ins Kraut schießende Phänomen des „Schachtelworts“. Natürlich kennt man Lewis Carrolls Bildungen; und die sind nun über 100 Jahre alt. Und dennoch musste ich wieder einmal staunen, in dem im letzten Posting erwähnten Jahresband von Belford’s Monthly folgendes zu entdecken:
“Bul-gar-i-an at-ro-ci-ties” (Bulgarische Gräueltaten) hat um ein Haar das Zeug zu einer Zeile im heroischen Versmaß, (mehr …)
Da viele Wortneuschöpfungen, auch lausige wie „foudoir“, unter die Kategorie des „Wortspiels“ fallen, interessiert mich natürlich alles zum Thema. So stieß ich neulich im Jahresband 1877 von Belford’s Monthly Magazine: A Magazine of Literature and Art auf eine kleine, offenbar aus der Not geborene Betrachtung dazu. Ein gewisser Robin Goodfellow hat sie in der Rubrik „Olla Podrida“ des Hefts vom Dezember 1876 gemacht, und ich deutsche sie hier rasch mal ein:
Neulich, auf einer kleinen Abendgesellschaft, bei der ein gerüttelt Maß an attischem Salz gereicht wurde, entschlüpfte meinem Munde ein zahmes, wenn auch beileibe nicht ganz und gar linkisches Wortspiel. Die schlichteren Gemüter unter den Anwesenden (ich selbst nicht ausgenommen) brachen darüber in ein herzhaftes Lachen aus, sahen ihrer übermütigen Ausgelassenheit jedoch umgehends einen Dämpfer aufgesetzt ob des geringschätzigen Chors einiger altgedienter und gewohnheitsmäßiger Wortakrobaten: Oh! Oh! (mehr …)
Gerade weil ich auch dieses neue Büchl wieder mag, fällt mir auf, was mir schon bei Horx unangenehm aufgefallen ist, und das sind die groben Schnitzer in Sachen Etymologie. Es ist ja nun – leider – über weite Strecken alles Englisch, was in solchen Sammlungen drin steht, und so bieten sich Erklärungsversuche, was die Herkunft eines Wortes angeht, natürlich an. (mehr …)
Wenn man ständig auf der Suche nach brauchbaren Zitaten für ein Wörterbuch im WWW unterwegs ist, stößt man auf die interessantesten kleinen Miszellaneen. So etwa auf ein Jahrbuch des Montana State Normal College aus dem Jahre 1914.
Witzigerweise hatte das College – hat es womöglich immer noch – etwas, was im Jahrbuch als „Der Deutsche Verein“ bezeichnet wird. (mehr …)
Nach wie vor mit dem Aufbau einer englischen Dialektdatenbank beschäftigt, habe ich gerade eine nette Sammlung aus dem Jahre 1896 in Arbeit: G. F. Northalls Warwickshire: A Word-Book. Und wie immer würde man sich lieber in dem Band festlesen, anstatt zu überlegen, wie man seinen Inhalt am Besten en masse in die Datenbank bringt. Schmökern geht also nicht, aber eine Handvoll Einträge sind mir denn doch während der Bearbeitung aufgefallen, und die möchte ich Ihnen nicht vorenthalten.
above-a-bit, adv. Extremely, to an excessive degree. ‘He raved and stormed, above-a-bit!’ Glouc, Oxf., Shrop., Staff., W. and SE. Worc. (mehr …)
Im Prinzip laufen 08/15-Übersetzungen immer auf dasselbe hinaus: Es werden Wörter übersetzt statt Sinn. Und dann steht man im Deutschen mit einem Häuflein deutscher Wörter da, aber eben noch lange nicht mit einem anständigen deutschen Satz, geschweige denn mit gesprochenem oder gar geschriebenem Deutsch. Es fehlt oft selbst die Spur von Gespür für die idiomatische Nuance – im Englischen erkennt man sie oft erst gar nicht, im Deutschen vermag man sie nicht zu formulieren.
In der Übersetzung, die ich mir eben angesehen habe, fällt unter anderem auf, dass „things“ ziemlich penetrant mit „Dinge“ übersetzt wird, was natürlich an sich nicht falsch ist, aber doch allzu oft auf recht plumpes Deutsch hinausläuft, wo im Englischen nicht ausdrücklich Plumpheit intendiert ist. (mehr …)
Meistens, wenn ich mir die Übersetzung eines anderen vornehme, um etwas dazu zu lernen, gehe ich von einer Fundsache aus, die mir gefällt. Das werde ich bei Gelegenheit auch mal verwenden, denke ich mir. Und dann sehe ich mir Original und Übersetzung weiter an in der Hoffnung, dort noch mehr gute Lösungen zu entdecken. Das heutige Beispiel fürs Töpfchen:
His nerves jangled.
Seine Nerven lagen blank.
Okay, das ist eine prima Lösung; die merke ich mir. (mehr …)
You can’t shine shit, heißt es bei den Amerikanern so treffend, und das bedeutet: Scheiße lässt sich nun mal nicht auf Hochglanz polieren. So lässt sich auch meine Haltung gegenüber dem grassierenden Hang zu jener Art von dümmster oberflächlicher Sprachkosmetik zusammenfassen, die unter dem noch dümmeren Konzept der „Political Correctness“ firmiert.
Wenn ich je ein Paradebeispiel für den Schwachsinn dieser politisch korrekten Schönfärberei gebraucht hätte, dann hat man mir das über die Weihnachtstage geliefert, als die debgoutierliche Geschichte um den Schauspieler Charlie Sheen durchs Web ging. (mehr …)
Ein halbes Stündchen pro Tag wenigstens versuche ich mich fortzubilden – ich meine ganz bewusst über das hinaus, was ich bei der Übersetzerarbeit oder der Arbeit an meinen Wörterbüchern aufschnappe. In der Regel nehme ich mir dazu etwas von einem Kollegen vor, etwas, von dem ich sowohl Original als auch Übersetzung besitze. Diese Pärchen sammle ich seit den 70er-Jahren, und inzwischen habe ich davon Hunderte, ganze Kartons voll. Aber da sie dort wenig nützen, kommen die daraus gewonnenen Erkenntnisse in die eine oder andere Datenbank. Und das läppert sich zusammen, glauben Sie mir.
Mein Lehrstück dieser Tage ist eine Erzählung, über die ich nicht viel mehr verraten will, da ich ja nur etwas lernen und mir nicht anmaßen will, den Kollegen zu korrigieren. (Schon weil ich aus eigener Erfahrung weiß, dass nicht überall Übersetzer drin ist, wo Übersetzer drauf steht.) (mehr …)
Wieder so eine Prägung, die nicht so recht funktionieren will. Das ganze Jahr über schon begegnet sie mir bei der morgendlichen „Presseschau“: foodoir. Als ich das Wort zum ersten Mal sah, waren meine ersten Gedanken: Ist das neuer Slang für die „Küche“? Eine Kochnische? Ein Esszimmer? Einen Winkel, in dem man vor dem Schlafengehen noch einen Happen als Betthupferl zu sich nimmt? Ein Kämmerchen, in das der schuldbewusste Gourmet sich heimlich zurückzieht, um mal… oder gar einen Raum, in dem man Gaumenfreuden mit Sex kombiniert, schließlich steht für die Amerikaner „boudoir“ weniger für das Frauenzimmer, pardon, als schlüpfrig-assoziativ für den Raum mit dem Bett. Mitnichten. „Foodoir“ kommt, wie ich zu meinem Erstaunen feststellen musste, nicht von „food“ & „boudoir“, sondern von „food“ & „memoir“.
Und damit funktioniert das Wort für mich einfach nicht mehr. (mehr …)
Ist Ihnen schon mal aufgefallen, dass man in Übersetzungen aus dem Englischen selten, wenn überhaupt jemals etwas spürt? Ich meine, dass etwas „gespürt“ wird? Was immer man körperlich empfindet oder wahrnimmt, es wird immer nur „gefühlt“. Und wieder einmal hat das einen ganz einfachen Grund: Die bloße morphologische Ähnlichkeit des englischen Ausgangswortes mit irgendeinem deutschen Zielwort schließt bereits den Gedanken an andere Übersetzungsmöglichkeiten kurz und damit aus. (mehr …)