Geld von der Regie­rung? Was für ein Quatsch!

Ich tip­pe Scho­pen­hau­ers Betrach­tun­gen über Spra­che und Wor­te hier im Blog nicht nur gau­di­hal­ber ab und weil sie mitt­ler­wei­le gemein­frei sind; sie sind viel­mehr ein Stein­chen im Mosa­ik mei­ner Beschäf­ti­gung mit dem Über­set­zen und – in ihrer öffent­li­chen Dar­stel­lung – Par­ti­kel im Mosa­ik mei­ner Hoff­nung, etwas mehr Bewusst­sein für das Pro­blem des Über­set­zens könn­te der galop­pie­ren­den Ver­lu­de­rung der Bran­che durch den blu­ti­gen Ama­teur in die Zügel fal­len. Oder, was soll’s, viel­leicht auch nur um mei­nen Frust über sel­bi­ge – die Bran­che wie die Ver­lu­de­rung – abzureagieren.

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Scho­pen­hau­er sprach im letz­ten Abschnitt der hier abge­druck­ten klei­nen Phi­lo­so­phie des Fremd­spra­che­n­er­werbs – und die­ser scheint mir (ist das zuviel ver­langt?)  die Vor­aus­set­zung für das Über­set­zen wie für das Lek­to­rie­ren einer Über­set­zung – davon, bei der »Erler­nung einer frem­den Spra­che, meh­re­re ganz neue Sphä­ren von Begrif­fen in sei­nem Geis­te abzu­ste­cken«, dadurch enstün­den »Begriffs­sphä­ren wo noch kei­ne waren«, weil man eben »nicht bloß Wor­te« erler­ne, son­dern »Begrif­fe« erwer­be. Und die­ses blo­ße »Wor­te-erler­nen«1 ist letzt­lich auch der Hin­ter­grund für das Übel, auch bloß »Wor­te« zu über­set­zen, das heu­te gras­siert, das Übel der »wört­li­chen« Über­set­zung; und ich spre­che hier von »wört­lich« nicht im Sin­ne irgend­wel­cher Über­set­zungs­theo­rien, son­dern von »wört­lich« in sei­nem banal-bür­ger­li­chen Sinn.

Oder kon­kret gesagt: Erst heu­te mor­gen stieß ich wie­der, wie schon mehr­mals die­ser Tage, auf einen der Kar­di­nal­feh­ler der ama­teur­haf­ten Über­set­zung. Bei der Reche­re­che eines ganz ande­ren Pro­jekts traf ich auf fol­gen­den Satz: (mehr …)

  1. beim Ama­teur sind sie ohne­hin ledig­lich nach­ge­schla­gen bis erra­ten []

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Wie wenig ihr gan­zes Den­ken über die Wor­te hinausgeht…

Arthur Schopenhauer’s sämmt­li­che Werke
Parer­ga und Paralipomena
Klei­ne phi­lo­so­phi­sche Schriften

Ver­ein­zel­te, jedoch sys­te­ma­tisch geord­ne­te Gedan­ken über vie­ler­lei Gegenstände


Kap. XXV.
Ueber Spra­che und Worte 


§. 309.

(Zwei­ter Teil.)

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Scho­pen­hau­er beschäf­tigt sich hier mit der Bedeu­tung, die das Erler­nen einer Fremd­spra­che auf unse­re Bil­dung und damit auf unser Den­ken hat. Aus dem Umstand, dass jede Nati­on anders denkt, geht her­vor, dass das Erler­nen ihrer Spra­che unse­ren Hori­zont erwei­tert, indem es ihm eben nicht nur neue Wör­ter, son­dern auch neue Begrif­fe hin­zu­fügt. »Meh­re­re neue­re Spra­chen wirk­lich inne haben und in ihnen mit Leich­tig­keit lesen ist ein Mit­tel, sich von der Natio­nal­be­schränkt­heit zu befrei­en, die sonst Jedem anklebt.« Er spricht hier natür­lich nicht von einem Grund­kurs, der es einem erlaubt, es sich im Urlaub gut gehen zu las­sen. Ihm geht es viel­mehr dar­um, das Den­ken einer ande­ren Nati­on in sich auf­zu­neh­men und, auf der ande­ren Sei­te, sich selbst in die­ses Den­ken zu übersetzen.

Dem­ge­mäß liegt, bei Erler­nung einer Spra­che, die Schwie­rig­keit vor­züg­lich dar­in, jeden Begriff, für den sie ein Wort hat, auch dann ken­nen zu ler­nen, wann die eige­ne Spra­che kein die­sem genau ent­spre­chen­des Wort besitzt; wel­ches oft der Fall ist. Daher also muß man, bei Erler­nung einer frem­den Spra­che, meh­re­re ganz neue Sphä­ren von Begrif­fen in sei­nem Geis­te abste­cken: mit­hin ent­stehn Begriffs­sphä­ren wo noch kei­ne waren. Man erlernt also nicht bloß Wor­te, son­dern erwirbt Begrif­fe. Dies ist vor­züg­lich bei Erler­nung der alten Spra­chen der Fall; weil die Aus­drucks­wei­se der Alten von der uns­ri­gen viel ver­schie­de­ner ist, als die der moder­nen Spra­chen von ein­an­der; wel­ches sich dar­an zeigt, daß man, beim Ueber­set­zen ins Latei­ni­sche, zu ganz ande­ren Wen­dun­gen, als die das Ori­gi­nal hat, grei­fen muß. Ja, man muß meis­tens den latei­nisch wie­der­zu­ge­ben­den Gedan­ken ganz umschmel­zen und umgie­ßen; wobei er in sei­ne letz­ten Bestandt­hei­le zer­legt und wie­der rekom­po­nirt wird. Gera­de hier­auf beruht die gro­ße För­de­rung, die der Geist von der Erler­nung der alten Spra­chen erhält. – (mehr …)

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Ueber das not­hwen­dig Man­gel­haf­te aller Uebersetzungen

Arthur Schopenhauer’s sämmt­li­che Werke
Parer­ga und Paralipomena
Klei­ne phi­lo­so­phi­sche Schriften

Ver­ein­zel­te, jedoch sys­te­ma­tisch geord­ne­te Gedan­ken über vie­ler­lei Gegenstände


Kap. XXV.
Ueber Spra­che und Worte 


§. 308.

Das Wort des Men­schen ist das dau­er­haf­tes­te Mate­ri­al. Hat ein Dich­ter sei­ne flüch­tigs­te Emp­fin­dung in ihr rich­tig ange­pass­ten Wor­ten ver­kör­pert; so lebt sie, in die­sen, Jahr­tau­sen­de hin­durch, und wird in jedem emp­fäng­li­chen Leser aufs Neue rege.

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Wäh­rend Scho­pen­hau­er sich in § 307 mit dem Rät­sel um Ent­ste­hung und Nie­der­gang kom­ple­xer Gram­ma­ti­ken beschäf­tigt, wid­met er sich im fol­gen­den Abschnitt dem Pro­blem gleich­wer­ti­ger Ent­spre­chun­gen für Wör­ter in ver­schie­de­nen Spra­chen oder, genau­er gesagt, er spricht vom Man­gel an sol­chen Ent­spre­chun­gen und den Pro­ble­men, die sich dar­aus für die Über­set­zung erge­ben. Da die­ser Abschnitt län­ger ist, habe ich vor­sichts­hal­ber auf­ge­teilt. Hier also der ers­te Teil.

§. 309.

Die Erler­nung meh­re­rer Spra­chen ist nicht allein ein mit­tel­ba­res, son­dern auch ein unmit­tel­ba­res, tief ein­grei­fen­des, geis­ti­ges Bil­dungs­mit­tel. Daher der Aus­spruch Karls V: »so vie­le Spra­chen Einer kann, so vie­le Mal ist er ein Mensch.« (Quot lin­gu­as quis cal­let, tot homi­nes valet.) — Die Spra­che selbst beruht auf Fol­gen­dem. (mehr …)

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Frost­jack­ing – Väter­chen Frost leis­tet Vorschub

Nach­dem Eng­land letz­tes Jahr bereits einen Rekord­win­ter hat­te, scheint er die­ses Jahr schlim­mer denn je: Tau­sen­de von Schu­len sind geschlos­sen, Leu­te ein­ge­schneit und von der Außen­welt abge­schlos­sen, Lawi­nen­war­nun­gen, die Eng­län­der fah­ren gar Ski! Und selbst­ver­ständ­lich wären wir Men­schen nicht, was wir sind, gäbe es nicht bereits wie­der mal rei­hen­wei­se Oppor­tu­nis­ten, die die Not ande­rer auf die eine oder ande­re Wei­se aus­nut­zen. Die neu­es­te Spe­zi­es davon hat sich dar­auf spe­zia­li­siert, ihren Mit­men­schen das Auto zu klau­en, wäh­rend die­se es zum Auf­tau­en warm­lau­fen und – dum­mer­wei­se – dabei her­ren­los ste­hen las­sen. Man hat die­se Spe­zi­es »frost-jackers« getauft, ihr Ver­bre­chen »frost-jack­ing« bzw. »fros­ting« und das Verb dazu lau­tet »to frostjack«.

Poli­ce forces across the UK are war­ning moto­rists to be extra vigi­lan­te during this peri­od of excep­tio­nal wea­ther as a vehic­le theft crime cal­led “Fros­ting” appears to have swept the coun­try fol­lo­wing the hea­vy snow­falls and icy wea­ther. … Edmund King, AA Pre­si­dent, says, ›Dri­vers should not lea­ve their cars with the engi­ne run­ning to de-ice their winds­creens and return to their hou­ses for a cup of tea. This is when the ‘Jack Frost Car Jackers’ poun­ce and dri­ve off. In the­se cases it is high­ly likely that your car insu­rance will not cover such inci­dents.‹ 1

Ich habe mir, wie hier bereits öfters gesagt, schon immer gewünscht, bei der Geburt eines Wor­tes mit von der Par­tie zu sein. Nun, ich den­ke mal, ich bin gera­de näher dran gewe­sen denn je.Und natür­lich stellt sich dem Wör­ter­buch­ma­cher sofort die Fra­ge nach der Her­kunft des Wor­tes, nach der Etymologie.

Natür­lich haben wir in Ame­ri­ka seit Jah­ren den »car jacker«, der sich eher indi­rekt vom »car hija­cker« ablei­tet, (mehr …)

  1. Inter­na­tio­nal Asso­cia­ti­on of Auto Theft Inves­ti­ga­tors; selbst­ver­ständ­lich müss­te es »vigi­lant« (wach­sam) hei­ßen, nicht »vigi­lan­te« – Tipp­feh­ler oder Freud­scher Lap­sus? []

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Meis­ter Pro­per der teut­schen Sprache

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Eigent­lich woll­te ich hier die Vor­re­de zu einem älte­ren deut­schen Fremd­wör­ter­buch abdru­cken, die ich heu­te Mor­gen müh­se­lig aus der Frak­tur­schrift1 über­setzt habe. Nun woll­te ich aber dazu auch erklä­ren, war­um mich so etwas inter­es­siert. Und damit wür­de der Ein­trag etwas zu kom­plex, was mir irgend­wie dem Gedan­ken eines Blogs zuwi­der zu lau­fen scheint. So denn erst mal ein paar ein­lei­ten­de Wor­te. Mor­gen dann, ohne gro­ßes Gere­de drum­rum das Vor­wort selbst.

Hier erst mal der schö­ne Titel der alten Schwar­te in sei­ner beein­dru­cken­den Gänze:

All­ge­mei­nes Fremd­wör­ter-Hand­buch für Teutsche,
oder Erklä­rung aller fremd­ar­ti­gen Aus­drü­cke der teut­schen Con­ver­sa­ti­ons-Spra­che zur Ver­stän­di­gung, Aus­schei­dung und Wür­di­gung der in teut­schen Schrif­ten und in der Kunst- und Umgangs­spra­che vor­kom­men­den fremd­ar­ti­gen Wör­ter, Aus­drü­cke, Namen und Redens­ar­ten
.

Ein gemein­nüt­zi­ges Hand­buch für alle Stän­de, Berufs­ar­ten, Küns­te, Gewer­be, Schul- und Bil­dungs-Anstal­ten, so wie für Geschäfts­män­ner, Zei­tungs­le­ser und für jeden teut­schen Vaterlandsfreund.

von

Dr. J. F. H e i g e l i n, Pro­fes­sor der teut­schen Spra­che etc. 

Zwei­te sehr ver­bes­ser­te und ver­mehr­te Auflage

Tübin­gen, Ver­lag von C. F. Osi­an­der, l838.

*

»Meis­ter Pro­per der teut­schen Spra­che« – so viel­leicht lie­ße sich eine Serie über deut­sche Sprach­rei­ni­ger beti­teln, die mich nun mal grund­sätz­lich inter­es­sie­ren. Schon des­halb, weil mich so eini­ge Ten­den­zen der letz­ten drei­ßig Jah­re doch recht irri­tie­ren. Nicht als sol­che, ganz und gar nicht, son­dern ledig­lich in ihrer Eigen­schaft als geball­te Mas­sen­er­schei­nung, die gar nicht anders kann, als Zwang aus­zu­üben. Und dann mag ich nun mal unse­re Umgangs­pra­che nicht weni­ger als einen hübsch gedrech­sel­ten deut­schen Satz. Ich lese also die Vor­re­den zu sol­chen Wör­ter­bü­chern gern auf der Suche nach einem Mit­tel­weg. Oder Argu­men­ten dafür. (mehr …)

  1. Ich weiß, sie hat vie­le Freun­de; mir per­sön­lich geht sie aber nun mal auf den Zahn. []

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Putin erteilt den Ame­ri­ka­nern eine Lek­ti­on in Sachen Demokratie

Eine vom über­set­ze­ri­schen Stand­punkt her ganz inter­es­san­te Geschich­te ist bei Lar­ry Kings Inter­view mit Wla­di­mir Putin pas­siert: der Dol­met­scher, der Putin ins Eng­li­sche über­setz­te, hat zuwei­len etwas Schwie­rig­kei­ten, zu einem sau­be­ren eng­li­schen Satz­bau zu fin­den. Was hin und wie­der zu Stel­len führt, bei denen erst das Nach­le­sen der Abschrift die Erkennt­nis bringt.

Ein Bei­spiel dafür ist die Stel­le gleich zu Beginn, als Putin in einer durch­aus raf­fi­nier­ten Retour­kut­sche das ame­ri­ka­ni­sche Demo­kra­tie­ver­ständ­nis in Fra­ge stellt:

I’d like to recall the fact that twice – twice! – in the histo­ry of the United Sta­tes of Ame­ri­ca, the­re were cases, the can­di­da­te to the pre­si­den­cy who sub­se­quent­ly beca­me pre­si­dent of the United Sta­tes were voted by majo­ri­ty of elec­to­ra­te, with the dele­ga­tes repre­sen­ting the les­ser num­ber of elec­to­ra­te as a who­le. Is that democracy?



Ich für mein Teil hab’ das beim Hören nicht kapiert. Obwohl ich mir sicher bin, dass ein eis­kal­ter Kun­de wie Putin sich im Rus­si­schen durch­aus klar aus­ge­drückt hat. Nicht dass das Tran­skript gehol­fen hät­te. Man ver­renkt sich die letz­ten Syn­ap­sen, aber der Satz ergibt erst einen Sinn, wenn man sei­ne paar Bro­cken Kennt­nis­se über das ame­ri­ka­ni­sche Wahl­sys­tem aus der Schub­la­de zerrt. Dann könn­te man das Gan­ze fol­gen­der­ma­ßen sehen: (mehr …)

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Der »Bush-Moment« – zwi­schen Mis­sio­nie­rungs­ei­fer und Ostfriesenwitz

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Beim Über­set­zen, ich muss­te mich erst jüngst wie­der schmerz­lich dar­an erin­nern las­sen, zahlt es sich aus, gera­de immer wie­der mal die Din­ge nach­zu­schla­gen, die man zu wis­sen meint. Es ist dies eine an sich fes­te Regel, die man im Eifer des Gefechts – den gan­zen lie­ben lan­gen Tag nach­schla­gen! – immer weder mal gern ver­gisst. Auch wenn sie einen hun­dert mal vor pein­li­chen Schnit­zern bewahrt hat. Aber natür­lich gibt es bei jeder Über­set­zung nicht zu knapp Neu­es nach­zu­schla­gen – da meint man schon mal, man kön­ne sich die ollen Kamel­len spa­ren. Zuwei­len frei­lich sitzt man nicht ledig­lich einem die­ser lei­di­gen fal­schen Freun­de auf; zuwei­len ergibt die Lösung mit einem sol­chen im Kon­text des­sen, was man gera­de über­setzt, ein­fach kei­nen Sinn.

So ver­hielt es sich denn mit einem Arti­kel, den ich eben zu über­set­zen hat­te, und in dem von einem »Bush moment« die Rede. Es hieß da:

Remem­ber that old wit­ti­cism of the neo­cons of the ascen­dant Bush moment back in 2003: “Ever­yo­ne wants to go to Bagh­dad.  Real men want to go to Tehr­an”?1

Nun scheint man ja unter einem »Bush moment« jene Augen­bli­cke zu ver­ste­hen, in denen es beim vor­letz­ten ‘kani­schen Prä­si­den­ten mal kurz aus­setz­te. Der Begriff »Bus­hism« scheint in die­sem Zusam­men­hang wohl bekann­ter zu sein.

Um nur ein Bei­spiel zu nen­nen: (mehr …)

  1. Tom­gram: Engel­hardt, Pla­cing Your Glo­bal Bets, Tom Eng­lel­ardt, Octo­ber 26, 2010. []

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Stunts, Esel, Ärsche & sons­ti­ge Stückchen

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Vor Jah­ren habe ich mal für den Han­ni­bal Ver­lag einen Band mit Song­tex­ten des Rap­pers Emi­nem über­setzt. Eine eben­so inter­es­san­te wie undank­ba­re Auf­ga­be, da so etwas zwangs­läu­fig zu einer Grat­wan­de­rung zwi­schen plum­per Wört­lich­keit, asso­zia­ti­ver Frei­heit, Gereimt- und Unge­reimt­heit gera­ten muss. Die Maß­ga­be, das Gan­ze Zei­le für Zei­le rhyth­misch les­bar zu hal­ten, ließ sich als ein­zi­ge durch die Bank erfüllen.

Das Publi­kum, das sol­che Über­set­zun­gen liest, ist nicht das­sel­be, das Gedich­te liest. Es kann mit Frei­hei­ten nichts anfan­gen; das Inter­net sorgt dafür, dass es die Tex­te im Ori­gi­nal vor­lie­gen hat, da will man das wie­der­fin­den, was man ver­steht oder zu ver­ste­hen meint. Dar­aus ent­steht grund­sätz­lich ein fata­ler Zwang zu einer Wört­lich­keit, die nicht nur der Über­set­ze­rei an sich scha­det, son­dern sich längst auf die Ent­wick­lung der deut­schen Spra­che aus­zu­wir­ken begon­nen hat: Wenn heu­te alles »einen Unter­schied macht«, anstatt »eine Rol­le zu spie­len«, wenn man es heu­te »liebt, ins Kino zu gehen«, anstatt dies gott­ver­dammt­noch­mal ein­fach »ger­ne« zu tun, wenn ich für mein Han­dy einen bestimm­ten Adap­ter »möch­te«, anstatt ihn ein­fach zu »brau­chen«, dann prä­gen Über­set­zungs­feh­ler – und dar­un­ter wäre das alles bis in die 1980er gefal­len – das heu­ti­ge Deutsch.

Das Pro­blem begann übri­gens sei­ner­zeit schon mit dem Lek­to­rat, des ame­ri­ka­ni­schen – geschwei­ge denn des Hip­hop-Slangs – völ­lig unkun­dig, viel zu viel – Gott sei’s gedankt nicht alles! – auf die Über­set­zung von Wör­tern redu­zier­te, (mehr …)

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Recher­che als müßi­ges Aben­teu­er – eini­ge Betrachtungen

Müßi­ger Leser! Im letz­ten Teil von Bran­der Matthews Arti­kel über die Funk­ti­on des Slangs zitiert er Cer­van­tes’ Don Qui­jo­te, was Bil­dung und Schick­sal neu­er Wör­ter angeht. Da das Buch bereits über­setzt ist, schlägt man als Über­setzer natür­lich in die­ser bereits vor­han­de­nen Über­tra­gung nach. Nicht weil man zu faul ist, das sel­ber zu erle­di­gen, son­dern weil sich das nach den Regeln der Zunft so gehört. Und es ist meist ein rech­ter Auf­wand, der mit Biblio­theks­be­su­chen und weiß der Kuckuck was sonst noch ver­bun­den ist. Das Inter­net jedoch macht einem das alles erheb­lich leich­ter, gera­de­zu ver­gnüg­lich manchmal.

Check it out!

Vom Don Qui­jo­te gibt es meh­re­re Über­set­zun­gen, von denen die älte­ren im Web zu fin­den sind. Die neue und viel gerühm­te Über­tra­gung von Susan­ne Lan­ge steht auf mei­ner lan­gen Einkaufsliste…

Wie auch immer, bei Bran­der Matthews heißt es:

It hap­pens that Don Qui­xo­te pre­ce­ded Pro­fes­sor Whit­ney in this expo­si­ti­on of the law, for when he was ins­truc­ting Sancho Pan­za, then about to be appoin­ted gover­nor of an island, he used a Lati­ni­zed form of a cer­tain word1 which  had beco­me vul­gar, explai­ning that “if some do  not under­stand the­se terms it mat­ters litt­le, for cus­tom will bring them into use in the cour­se of  time so that they will be rea­di­ly unders­tood. That is the way a lan­guage is enri­ched; cus­tom  and the public are all-powerful the­re.“2

oder bei mir:

Ganz zufäl­lig ist Don Qui­xo­te Pro­fes­sor Whit­ney mit die­ser Aus­le­gung des Geset­zes zuvor­ge­kom­men, denn bei sei­ner Unter­wei­sung Sancho Pan­sas, der eben zum Statt­hal­ter einer Insel ernannt wer­den soll, bedien­te der Mann von der Man­cha sich einer lati­ni­sier­ten Form eines gewis­sen Wor­tes, das vul­gär gewor­den war, und erklär­te dabei: »und wenn auch man­cher die­ses Wort nicht ver­steht, so scha­det es wenig, denn der Gebrauch wird es mit der Zeit ein­füh­ren, so daß es als­dann leicht ver­stan­den wird, und die­ses heißt die Spra­che berei­chern, über wel­che die Men­ge sowie die Gewohn­heit immer ihre Macht aus­üben.«3

Die eng­li­sche Über­set­zung, die hier zitiert wird, ist rela­tiv schnell gefun­den, (mehr …)

  1. die Rede ist von rülp­sen: —Erut­ar, Sancho, quie­re decir regold­ar, y éste es uno de los más tor­pes voca­blos que tiene la len­gua cas­tel­la­na, aun­que es muy sini­fi­ca­tivo; y así, la gen­te curio­sa se ha aco­gi­do al latín, y al regold­ar dice erut­ar, y a los regüel­dos, erut­a­cio­nes; y, cuan­do algu­nos no enti­en­den estos tér­mi­nos, impor­ta poco, que el uso los irá intro­du­ci­en­do con el tiem­po, que con facil­idad se enti­en­dan; y esto es enri­que­cer la len­gua, sob­re qui­en tiene poder el vul­go y el uso. []
  2. Durch­aus inter­es­sant ist, dass Bran­der Matthews – in einem Arti­kel über Umgangs­spra­che – das Wort selbst nicht erwähnt. []
  3. Miguel de Cer­van­tes Saa­ve­dra, Leben und Taten des scharf­sin­ni­gen Edlen Don Qui­xo­te von la Man­cha Dt. von Lud­wig Braun­fels. Gibt es hier. []

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Über die Funk­ti­on des Slangs (4)

Serie

Bran­der Matthews unter­schei­det vier Kate­go­rien von Slang, deren ers­te drei wir hier vor­ge­stellt haben. Wir erin­nern uns, dass die ers­ten bei­den »unwür­dig« waren, die drit­te dage­gen, sie besteht aus alten und ver­ges­se­nen Wör­tern und Wen­dun­gen, die jetzt nach lan­ger Bra­che wie­der an die Ober­flä­che zu kom­men ver­su­chen, durch­aus akzep­ta­bel, auch wenn sie unter dem Stig­ma, das den ers­ten bei­den anhaf­tet lei­det. Mit der vier­ten Kate­go­rie ver­hält sich das nun völ­lig anders. Sie umfasst Matthews’ Ansicht nach all jene Begrif­fe, die sozu­sa­gen noch ihre Leh­re absol­vieren und von denen noch unge­wiss ist, ob die offi­zi­el­le Spra­che sie auf­neh­men wird. Wenn sie nicht vor­her ver­schwin­den, was in der Regel dem »Slang der Metro­po­len« wider­fährt, den Matthews als durch die Bank dumm bezeich­net. Aber was hält sich denn dann?

Fort­set­zung von hier. Über­set­zung © Bern­hard Schmid

Bran­der Matthews
Die Funk­ti­on des Slangs
aus Parts of Speech: Essays on Eng­lish (1901)

Teil IV

Wenn wir jedoch hören, wie ein Autor aus dem ame­ri­ka­ni­schen Wes­ten die Wir­kung von tan­gle­foot-Whis­ky beschreibt, so spricht das Adjek­tiv für sich selbst und bringt damit sei­ne Recht­fer­ti­gung mit. Und ganz unmit­tel­bar sehen wir die kühn kon­den­sier­te Meta­pher in dem Schild »Don’t mon­key with the buzz-saw«; die Bild­haf­tig­keit des Wor­tes buzz-saw wie auch sei­ne Brauch­bar­keit leuch­ten auf den ers­ten Blick ein. So ver­ste­hen wir bei der Lek­tü­re von »Buck Fanshaw’s Fun­e­ral« auch ohne wei­te­res die Wen­dung »he never went back on his mother« und fin­den Gefal­len an sei­ner Aus­sa­ge­kraft; des­glei­chen gilt für die Erklä­rung des Man­nes, der  für »Ban­ty Tim« einspringt:

“Ef one of you teches the boy
He’ll wrest­le bis hash to-night in hell,
Or my name ’s not Til­man Joy.”

To wrest­le one’s hash ist kei­ne ele­gan­te Wen­dung, wie man zuge­ben muss, und sie wird wohl kaum Auf­nah­me in die lite­ra­ri­sche Spra­che fin­den; aber sie ist wenigs­tens kraft­voll und kei­nes­falls dumm. To go back on dage­gen hat gute Aus­sich­ten auf einen Platz in unse­rer Spra­che, so nütz­lich und kraft­voll wie die­se Wen­dung ist.

Von den wei­ten, win­di­gen Ebe­nen des Wes­tens kam bliz­zard, und obwohl ange­regt wur­de, dass es sich bei dem Wort um einen Über­le­ben­den eines bri­ti­schen Dia­lekts hand­le, so gebührt dem ame­ri­ka­ni­schen Wes­ten den­noch ein Lob dafür, es vor dem Ver­gessen bewahrt zu haben. Aus den Holz­fällerlagern des Nord­wes­tens kam boom, auch das wie­der­um ein altes Wort, wenn auch mit neu­er Bedeu­tung, und wur­de von der Spra­che umge­hend akzep­tiert. Von noch wei­ter west­lich kam der Gebrauch von sand im Sin­ne von Steh­ver­mö­gen, Rück­grat – das eben, was man in Neu­eng­land als grit und im alten Eng­land als pluck (ein weit weni­ger aus­drucksvolles Wort) bezeich­net. Aus dem Süd­westen haben wir cinch,1 das sich vom Fest­zurren des Pack­gur­tes an einem Maul­tier ablei­tet und somit in über­tra­ge­ner Bedeu­tung auf einen in jeder Hin­sicht beson­ders fes­ten Halt weist. (mehr …)

  1. nach dem auch die moder­nen Hifi-Ste­cker benannt sind, die der Deut­sche pene­trant falsch »tschintsch«nennt []

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»The dog­gish way« oder viel­leicht eher »dog­gedly« – ver­bis­sen allemal

Als Über­set­zer wie als Wör­ter­buch­ma­cher durch­su­che ich das Web nach Wör­tern. Tag­täg­lich. Und prak­tisch den gan­zen Tag. Ent­we­der nach neu­en Wör­tern oder nach brauch­ba­ren Anwen­dungs­be­le­gen für sol­che, die ich bereits ken­ne. Ich sto­ße dabei stünd­lich auf Arti­kel der ver­schie­dens­ten Sach­ge­bie­te, die ich am liebs­ten gleich lesen wür­de. Was natür­lich nicht geht. Also begnü­ge ich mich mit dem für mich rele­van­ten Satz und einem sau­ber gesetz­ten Lese­zei­chen – und kom­me meist doch bes­ten­falls wie­der durch einen Zufall dar­auf zurück.

Aber eini­ge lese ich natür­lich auch gleich, und neu­lich bin ich auf einen – schon älte­ren – Essay gesto­ßen, der die Mühe alle­mal lohnt: Lud­ger Lüt­ke­haus, »Die Tyran­nei der Lust und die Kunst des Begeh­rens«. Lüt­ke­haus for­mu­liert anläss­lich einer Buch­re­zen­si­on etwas aus, zu dem ich mir die letz­ten Jah­re über selbst immer wie­der mal mei­ne Noti­zen gemacht habe, näm­lich die Zwang­haf­tig­keit des heu­ti­gen Lust­le­bens und die dump­fe Bru­ta­li­tät die­ses Zwangs. Nur dass er mir um zehn Jah­re zuvor gekom­men ist und dass er es mit Sät­zen wie »Hedo­nis­mus als gestyl­ter, buch­stäb­lich ein­ge­fleisch­ter Kada­ver­ge­hor­sam« bes­ser for­mu­liert, als ich das gekonnt hät­te – und dass er mehr Ahnung vom psy­cho­lo­gi­schen wie phi­lo­so­phi­schen Umfeld des The­mas hat.

Nur ein­mal, auf mei­nem Gebiet, dem der eng­li­schen Sprache, ver­ga­lop­piert er sich, als er schreibt: »Doch was ist aus der ›Sache selbst‹ gewor­den, die nun ein­mal kei­ne Sache ist? Gym­nas­ti­sche Ödnis, die in kru­des­ter Vor­her­seh­bar­keit auf dem sexu­el­len Exer­zier­platz den immer­glei­chen Rhyth­mus vor­führt: ers­tens Cun­ni­lin­gus, zwei­tens Fel­la­tio, drit­tens das Rei­ter­chen, vier­tens ›let’s do it the dog­gish way‹.« (mehr …)

Weiterlesen»The dog­gish way« oder viel­leicht eher »dog­gedly« – ver­bis­sen allemal

Mal anders rum – Anthea Bell

Man über­setzt aus der Fremd­spra­che in die Mut­ter­spra­che. Das ist so die Regel. Natür­lich wird man immer wie­der mal dar­um gebe­ten, es »anders rum« zu machen, und wenn es nicht zu umfang­reich ist und kei­nen Scha­den anrich­ten kann, nimmt man so etwas gefäl­lig­keits­hal­ber an. Aber so rich­tig beschäf­ti­gen tut man sich nicht mit der Über­set­zung vom Deut­schen ins Eng­li­sche. Es ist einem fer­ner, als der Nicht­über­set­zer sich das vor­stel­len mag. Ich habe seit 40 Jah­ren hier irgend­wo eine Tin Drum her­um­ku­geln, die ich ger­ne mal gegen das Ori­gi­nal hal­ten wür­de, das immer in Reich­wei­te steht, aber ich bin nie dazu gekom­men. Aber­mals geweckt wur­de mein Inter­es­se an der Über­set­zung ins Eng­li­sche, als ich vor eini­gen Jah­ren im Web auf einen Vor­trag einer eng­li­schen Kol­le­gin stieß: Anthea Bell.

Gekom­men bin ich auf sie über Ihren Vor­trag »Trans­la­ti­on as Illu­si­on« und das eher zufäl­lig. Oder auch nicht. Da Anthea Bell in die­sem Vor­trag etwas anspricht, was mir selbst das Über­setz­er­le­ben ver­gällt: »The Cur­se of the Copy Edi­tor«. Der Fluch des Lek­to­rats hört sich wun­der­bar roman­tisch nach Dr. Mabu­se an oder nach Fu Man­chu, ist aber weit weni­ger span­nend oder unter­halt­sam, als Klein Häns­chen so den­ken mag – in die Auto­bran­che über­setzt hie­ße die­ses Phä­no­men: Das Auto, dass Sie da eben gekauft haben, ist von einem Ama­teur nach­ge­ar­bei­tet und wür­de nicht fah­ren. Aber las­sen wir mei­ne per­sön­li­chen Pro­ble­me mal bei­sei­te; blei­ben wir bei der Aus­sa­ge der eng­li­schen Kol­le­gin zum The­ma, die mir die Über­set­zung Ihrer Wor­te ins Deut­sche bit­te nach­se­hen mag: (mehr …)

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Web­sites für Über­set­zer – Cele­bri­ty Grammar

Zum Büro des Über­set­zers gehö­ren heu­te nicht nur vier Wän­de voll mehr oder weni­ger ein­schlä­gi­ger Wörterbücher…

… son­dern auch ein paar Dut­zend Web­sites, die man stän­dig an den Fin­ger­spit­zen haben soll­te – min­des­tens auf einem zwei­ten Bild­schirm, am bes­ten aber gleich auf einem zwei­ten Rech­ner, sprich an einem drit­ten Bild­schirm; glau­ben Sie mir, es zahlt sich aus. So ein zwei­ter Rech­ner kann alles mög­li­che erle­di­gen, wäh­rend man arbei­tet, ohne dass einem die­se Auf­ga­ben bei der eigent­li­chen Arbeit in die Que­re kom­men. So las­sen sich zum Bei­spiel die Daten­ban­ken mit Unmen­gen von Bei­spiel­sät­zen für die ver­we­gens­ten Kon­struk­tio­nen fül­len, ohne dass man sich groß drum küm­mern muss.

Aber wie gesagt, es gibt rei­hen­wei­se Web­sites, die man parat haben soll­te. Ich spre­che natür­lich von eng­li­schen, da ich aus dem Eng­li­schen über­set­ze und der Ansicht bin, dass es nicht eigent­lich seri­ös ist, aus meh­re­ren Spra­chen zu über­set­zen – dazu gibt es zu viel zu wis­sen über eine Spra­che und ihr Land. Wenn Sie frei­lich bei Schwach­sinn wie »zahn­lo­ser Die­ner« nicht wis­send in Lach- oder Heul­krämp­fe ver­fal­len,1 dann ist es ver­mut­lich egal. (mehr …)

  1. immer­hin neh­men einem Dumpf­ba­cken, die sol­che Feh­ler machen, die But­ter vom Brot – egal ob nun der Über­set­zer dafür ver­ant­wort­lich ist oder das Lek­to­rat []

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Die Fas­zi­na­ti­on der Fremd­spra­che – alles Hum­bug oder was?

Man kennt das: in einer ande­ren Spra­che klingt alles irgend­wie tie­fer, scheint alles mehr Gewicht zu haben. Ich könn­te Dut­zen­de von Bei­spie­len allein aus der Musik anfüh­ren, von Leo­nard Cohen bis Micha­el Sti­pe. Als Über­set­zer spürt man das dop­pelt. Die Über­set­zung ist in der Tat oft nur ein plat­ter Abklatsch eines sprach­li­chen Reli­efs. Und dann staunt man immer wie­der, wenn Aus­län­der, sagen wir mal in Songs und Chan­sons, plötz­lich deutsch sin­gen – und man spürt, dass sie das Deut­sche für tie­fer, fas­zi­nie­ren­der hal­ten. Sind Fremd­wör­ter hier ein Mit­tel­weg? Eine Brü­cke? Krü­cke? Oder sind sie, wie ich das emp­fin­de, über die Fach­spra­che hin­aus alber­ne Angeberei?

Bran­der Matthews, des­sen Arti­kel über die Funk­ti­on des Slangs ich hier in Über­set­zung erst­mals dem deut­schen Inter­es­sier­ten vor­stel­len möch­te, zitiert sei­nen Lands­mann, den Dich­ter James Rus­sell Lowell, zu eini­gen ein­hei­mi­schen Wen­dun­gen. Da man als Über­set­zer grund­sätz­lich in der Pflicht ist, von Zita­ten die Ori­gi­na­le zu fin­den, habe ich nach eini­ger Suche die Cam­bridge Edi­ti­on von Lowells Com­ple­te Poe­ti­cal Works auf­ge­tan; hier fin­det sich im Anhang die »Intro­duc­tion  to the Second Series of the Big­low Papers« und hier wie­der­um das Zitat.1

Wie auch immer, Lowell erwähnt im sel­ben Abschnitt,  in dem es um das Ver­hält­nis des Spre­chers zur eige­nen und zur frem­den Spra­che geht, (mehr …)

  1. Matthews hat sei­ne Quel­le nicht ange­ge­ben, nur Lowell genannt. Vor Zei­ten des Inter­webs hät­te einem so eine Suche Tage geraubt, jetzt sind es zehn Minu­ten – und die sind Kei­ne Mühe, son­dern eine Freu­de. []

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Buch­stäb­li­che Viel­falt – Wör­ter aus deut­schen Landen

Ein Blick in ein belie­bi­ges Dia­lekt­wör­ter­buch genügt, um zu erken­nen, wie reich die deut­sche Spra­che an nuan­cier­ten Syn­ony­men für prak­tisch alle nur erdenk­li­chen Wör­ter und Wen­dun­gen ist.

Wirft man fer­ner einen Blick auf die Ent­wick­lungs­ge­schich­te der deut­schen Spra­che, so ist die For­de­rung, mehr von die­sen Wör­tern aus den Regio­nen in die deut­sche Umgangs­spra­che zu holen, nur logisch. Die hoch­deutsche Umgangs­spra­che ist so ent­stan­den. Und die­ser Pro­zess hat seit dem Beginn des 20. Jahr­hun­derts an Tem­po gewon­nen. Das Inter­net, wo jeder mit jedem redet, setzt noch eins drauf. Und bei all dem rüden Ton, der zuwei­len in Web-Foren herrscht, wegen eines Dia­lekt­worts sah ich noch kei­nen run­ter­ge­macht. Im Gegen­teil, die Leu­te fra­gen nach, wenn sie etwas nicht ver­ste­hen, und wenn das Wort brauch­bar ist, über­nimmt man es ein­fach, egal  aus wel­chem Win­kel des Lan­des es kommt. Eine Viel­zahl der der­zei­ti­gen deut­schen Mode­wör­ter, ich mei­ne nicht die hirn­los aus dem Eng­li­schen über­nom­me­nen, haben so in kür­zes­ter Zeit gesamt­deut­sche Kar­rie­re gemacht.  Wie­so auf die­se Viel­falt nicht auch in Über­set­zun­gen zurückgreifen?
Es sind ja auch immer nur eini­ge weni­ge, die einem in ihrer klein­ka­rier­ten Beschränkt­heit gleich den Dialekt!-Knüppel zwi­schen die Bei­ne wer­fen wol­len – nicht dass sie sich im Ein­zel­fall vor­her kun­dig machen wür­den. Meist ist ihnen das Wort ohne­hin ein­fach nur fremd.
Um viel­leicht den einen oder ande­ren dazu zu bekom­men, dem einen oder ande­ren brauch­ba­ren Wört­chen zur all­ge­mei­nen Akzep­tanz zu ver­hel­fen, hier etwas zur Geschich­te des Pro­blems. Ich zitie­re – in Aus­zü­gen – aus dem fünf­ten Kapi­tel (»His­to­ri­sches zur neu­hoch­deut­schen Wort­geo­gra­phie«) von Paul Kret­schmers Ein­füh­rung zu sei­nem Buch Wort­geo­gra­phie der hoch­deut­schen Umgangs­spra­che aus dem Jah­re 1918.
Es geht ein­fach dar­um anzu­deu­ten, dass die hoch­deut­sche Umgangs­spra­che noch gar nicht so lan­ge exis­tiert, wie vie­le viel­leicht anneh­men wür­den, und wie sehr sie bei all den damit ver­bun­de­nen Pro­ble­men auf die deut­schen Regio­nen baut. (mehr …)

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»What ya got« – oder der Fluch der Leidenschaft

Click to order!

Eine schein­bar harm­lo­se Fra­ge im Forum neben­an, und  schon beginnt der ein­ge­bau­te Über­set­zer zu sab­bern wie eine von Paw­lows Tölen. Aber viel­leicht kann ich damit dem Außen­ste­hen­den einen klei­nen Ein­blick ver­mit­teln, was zum Über­set­zen so dazu­ge­hört. Oder dazu­ge­hö­ren soll­te. Und was eine Über­set­zungs­kri­tik† nach­voll­zie­hen müss­te, woll­te sie sich tat­säch­lich qua­li­fi­ziert über eine Arbeit äußern. Wie andern­orts gesagt, eine Men­ge von dem, was mir an Über­set­zun­gen so unter­kommt, sieht mir nicht danach aus, als hät­te sich da jemand die­se Mühe gemacht.

Es geht um die paar in einer ame­ri­ka­ni­schen TV-Serie gesun­ge­nen Zeilen:

Hey, girl
What ya got for me
You want to get up on here
And have a baby with me, yeah

Die bei­den Fra­gen im Forum dazu: (mehr …)

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Basie­rend auf… schie­rer Unfähigkeit

Wir hat­ten mal einen Mathe­ma­tik­leh­rer, den Gauss, des­sen päd­ago­gi­scher Eifer ange­sichts unse­rer Tumbheit ab & an in dem Aus­bruch gip­fel­te: »Man müss­te ein Holz­scheit neh­men und es ihm auf den Kopf hau­en, immer auf die­sel­be Stel­le – b i s  s i e  p l a t z t!«

Click to order!

Ich wür­de das nicht im Fal­le von Schü­lern unter­schrei­ben, aber dafür umso mehr im Fal­le eines jeden, der direkt oder indi­rekt mit einem von ihm ver­ant­wor­te­ten dep­pert über­setz­ten Satz Geld ver­dient. Steh ich ges­tern mit mei­ner Fla­sche All­zweck­rei­ni­ger im Dro­ge­rie­markt an. Da hat man ja Zeit für einen genaue­ren Blick  auf die dro­ge­rie­markt­ty­pi­schen Pro­duk­te. DVDs zum Bei­spiel. Und da hieß es auf einer, den Film habe ich vor Schreck ver­ges­sen: »Basie­rend auf der Lebens­ge­schich­te…« oder »Basie­rend auf einer wah­ren Geschich­te« oder was auch immer… Tut mir leid, aber ich habe seit­her nur ein pul­sie­ren­des »basie­rend auf« vor den Augen und dazu das durch­drin­gen­de ieeeek-ieeek-ieeek! aus Psycho im Ohr.

Mir krat­zen ja schon “web­ba­siert”, “NT-basiert” und der­glei­chen Dumm­heit-basier­te Über­set­zun­gen am nun wirk­lich nicht son­der­lich deut­schen Gemüt, (mehr …)

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Über­set­zungs­kri­tik im Feuil­le­ton – Nachschlag

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Die taz hat­te zum Wochen­en­de einen – wenigs­tens mei­ner Ansicht nach – recht geschei­ten Arti­kel zum The­ma »Über­set­zungs­kri­tik im Feuil­le­ton«.1

Sicher, so die Autorin Katha­ri­na Granz­in, der Über­set­zer kom­me bei den Rezen­sen­ten in der Regel zu kurz, aber für eine »fach­lich gesi­cher­te Wür­di­gung der Über­set­zer­leis­tung im Rah­men einer Lite­ra­tur­kri­tik« feh­le nun mal »oft die fak­ti­sche Grund­la­ge.« Der Rezen­sent habe das Ori­gi­nal ent­we­der nicht neben sich lie­gen oder sei der Aus­gangs­spra­che nicht mäch­tig genug, um sich dies­be­züg­lich  ein Urteil zu erlau­ben. Und über­dies kön­ne »die phi­lo­lo­gi­sche Fein­ana­ly­se … auch nicht wirk­lich die Auf­ga­be der Kul­tur­jour­na­lis­ten sein.«

Applaus, Applaus! Für mich bringt das die gan­ze Geschich­te auf den Punkt. Ich hat­te ja neu­lich hier schon aus ande­rem Anlass ein paar eige­ne Gedan­ken zum Pro­blem – und das ist es zwei­fels­oh­ne –  notiert. Ich den­ke, Granz­in schreibt von einem ande­ren Blick­win­kel aus gese­hen das­sel­be in Grün.

Der Über­set­zer kommt zu kurz. Schön. Wenn es um die Wür­di­gung geht. (mehr …)

  1. Der taz-Arti­kel befin­det sich hier. []

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