Algo­rith­men, Syn­ony­me, Dumm­heit & Bücher­ver­bren­ner 2

Auch wenn es nie­man­den wirk­lich inter­es­siert, wer immer den Begriff »Kul­tur« im Mun­de führt, soll­te sich dar­über im Kla­ren sein, dass dar­un­ter die Spra­che eben­so fällt wie – wenigs­tens in unse­rern Brei­ten – die Frei­heit sich in ihr aus­zu­drü­cken. Und zwar so aus­zu­drü­cken, wie man es für rich­tig hält. Für die Über­set­zung bzw. den Über­set­zer erge­ben sich dar­aus eini­ge Pro­ble­me, die ihm selbst, jeden­falls dem Pro­fi, nicht eigent­lich wel­che sind. Sie wer­den ihm meist erst zu Pro­ble­men, wenn sie ihm der­je­ni­ge, der sei­ne Über­set­zung redi­giert, lek­to­riert – oder wie immrer sie die­se, so wie sie heu­te meist gehand­habt wird, herz­lich sinn­lo­se ABM-Maße­n­ah­me für Geschei­ter­te nen­nen wol­len – dazu macht.

Okay, wie neu­lich viel zu wort­reich1 ange­kün­digt, sol­len hier zwei Unsit­ten des Lek­to­rats ange­spro­chen sein, von denen die ers­te älter ist & womög­lich herz­lich – oder typisch – deutsch. Und vor allem haben wir anfangs womög­lich alle dar­an gelit­ten, Über­set­zer wie Lektoren.

So über­schrei­ben wir die­ses zwei­te Kapi­tel mal pla­ka­tiv mit »wohl­fei­le Syn­ony­me, schlich­te Dumm­heit & bücher­ver­bren­nen­des Nazi­tum«.

Exkurs: Und bevor hier einer dumm rum­re­det: Um ein Nazi zu sein, brau­chen Sie nicht irgend­wann mal ein Par­tei­buch (mehr …)

  1. Sie haben’s trotz­dem nicht kapiert, geben Sie’s zu. []

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Algo­rith­men, Syn­ony­me, Dumm­heit & Bücherverbrenner

Natür­lich weiß ich, dass es kein Schwein wirk­lich inter­es­siert, dass man einen Traum­be­ruf gewählt hat, der sich dann als lau­sig bezahl­tes Geran­gel mit klug­schei­ßen­den Analpha­be­ten erweist. War­um soll­te es auch, es geht heu­te einer gan­zen Rei­he von Berufs­grup­pen schlecht, nicht nur den Über­set­zern. Aber so wie der kuli­na­risch Inter­es­sier­te sich heu­te mit aller­hand The­men rund um die Küche befasst, so soll­te auch der lite­ra­risch Inter­es­sier­te – oder wer immer sonst im Feuil­le­ton blät­tert – hier und da ein Auge auf den All­tag des Über­set­zens ris­kie­ren. Er gibt ja immer­hin Geld für das durch Über­set­zen ent­stan­de­ne Pro­dukt aus und schmückt sich mit dem (i.e. reisst das Maul damit auf), was er alles »gele­sen« hat. Dass das hier lang­sam zur Gran­tel­ecke wird, nun, lesen Sie ein­fach mal wei­ter und Sie wer­den ver­ste­hen warum.

Es bedürf­te kei­ner wei­te­ren Dis­kus­si­on, dass man ein sel­ten dum­mes Stück Mensch sein muss, meint man auch nur einen Teil eines Motors durch einen ande­ren erset­zen zu kön­nen, wenn man Auf­bau und Funk­ti­ons­wei­se des betref­fen­den Motors nicht kennt. (mehr …)

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Jäger, Samm­ler, Hams­ter & Simplicius

Wie­so ich von der »fora­ging socie­ty« am hel­lich­ten Tag auf »hei­li­ge Ein­falt!« kom­me? Kann ich Ihnen ger­ne erklä­ren. Kei­ne Ahnung, wie es Über­set­zer­kol­le­gen so geht, aber ich mache mir den lie­ben lan­gen Tag lang Noti­zen zu Inhal­ten oder Wör­tern, die mir bei der Arbeit so unter­kom­men. Nicht nur brin­gen einen Inhal­te der Bücher, die man so ins Deut­sche zerrt, auf Gedan­ken, auch Wör­ter an sich las­sen einen stut­zen, regen zum Über­le­gen an. Da war doch was …

So die­ser Tage der eng­li­sche Begriff der »fora­ging socie­ty«, d.h. einer Gesell­schaft, die sich auf der Suche nach Nah­rung befin­det, was wir Deut­sche ger­ne als »Jäger und Samm­ler« bezeich­nen – und ich mei­ne jetzt nicht die Schnäpp­chen­jä­ger, die ger­ne mal was kau­fen, was irgend­wo vom Las­ter gefal­len ist, son­dern Stein­zeit. Da kennt das Eng­li­sche schon auch die »hun­ter-gathe­rers«, sicher, aber in dem Buch, das ich gra­de über­set­ze, war eben wie­der mal von einer »fora­ging socie­ty« die Rede. Wie­der mal. Aber dies­mal fiel mir aus irgend­ei­nem uner­find­li­chen Grund der Sim­pli­ci­us Sim­pli­cis­si­mus ein. Oder der Aben­theur­li­che Sim­pli­cis­si­mus Teutsch,  wel­ches der Titel ist, unter dem er sei­ner­zeit an den Tag geben ward. (mehr …)

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Zitie­ren als Rei­gen oder die Bür­de des Zitats für den Übersetzer

Immer wie­der bei der Über­set­zung eines Sach­buchs fällt einem auf, dass Autoren Stel­len aus ande­ren Büchern zitie­ren, die selbst nur Zita­te sind. Ich habe bis­her noch nicht erlebt, dass auch nur einer auf das ursprüng­li­che Zitat zurück­ge­gan­gen wäre. Er hät­te dann viel­leicht die eine oder ande­re Über­ra­schung erlebt. Da fehlt dann durch­aus mal ein Wort des Ori­gi­nal­zi­tats. Wenn es durch vie­le Hän­de bzw. Bücher gegan­gen ist, dann feh­len auch mal mehr oder es kommt was dazu.

So es ist auch schon vor­ge­kom­men, dass die – womög­lich in einem lan­gen Rei­gen – tra­dier­te Stel­le, wenn schon nicht das Gegen­teil des­sen aus­sagt, was der Autor damit bele­gen woll­te, so immer­hin sein Argu­ment nicht in dem Maße för­dert, wie er sich das vor­ge­stellt hat.
Aber las­sen Sie mich hier nur ein klei­nes Bei­spiel aus mei­ner jüngs­ten Arbeit anfüh­ren, weil die Anek­do­te doch alles in allem auch für sich allei­ne ganz wit­zig ist.

Der Autor1, den ich gra­de in der Mache habe, möch­te einen Beleg dafür anfüh­ren, wie gewalt­tä­tig das rit­ter­li­che Mit­tel­al­ter doch war, bevor sich die höfi­sche Kul­tur – er beruft sich da auf Nor­bert Eli­as – Schluss mach­te mit der Feu­dal­an­ar­chie und hin­ter­fot­zi­ge­re Metho­den des Durch­set­zens ersann – die man heu­te so als Mob­bing bezeich­nen würde.

Es sei sei­ner­zeit im rit­ter­li­chen Euro­pa zuge­gan­gen wie in den Stein­zeit­ge­sell­schaf­ten (mehr …)

  1. da es sich um ein Manu­skript han­delt, nicht um ein bereits gedruck­tes Buch, asse ich den namen mal lie­ber weg []

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»in an ago­ny of« – von den Ago­ni­en über­set­ze­ri­scher Fort­bil­dung (3)

Nach­dem wir das letz­te Mal die Ent­wick­lung von »ago­ny« in den Wör­ter­bü­chern skiz­ziert haben, sehen wir uns doch zum Abschluss noch an, was die Kol­le­gen im Lauf der Zeit so mit der Wen­dung »in an ago­ny of« gemacht haben. Hier zeigt sich der Sinn des Sam­melns & sys­te­ma­ti­schen Durch­ackerns gedruck­ter Über­set­zun­gen ganz wun­der­bar. Ob man nun von Haus aus ein Pro­blem mit der Wen­dung gehabt hät­te oder nicht, spielt dabei kei­ne Rol­le; es lässt sich eine Men­ge ler­nen. Und das soll­te ja der Sinn der gan­zen Arbeit sein. 

Aus Grün­den der Bequem­lich­keit – die Geschich­te ist wie­der mal weit mehr Arbeit gewor­den als beab­sich­tigt – neh­me ich mal ein­fach noch eini­ge Fund­stel­len aus mei­ner Daten­bank, ohne sie wei­ter ein­zu­tei­len oder zu kate­go­ri­sie­ren. Das sind nun kon­kre­te, im Druck erschie­ne­ne Bei­spie­le für den Umgang mit unse­rer Wen­dung »in an ago­ny of«. (mehr …)

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Nathan Bai­ley — Pio­nier des Diktionärs

Will man älte­re Tex­te kor­rekt über­set­zen, so tut man gut dar­an, dabei auch älte­re Wör­ter­bü­cher und Lexi­ka zu Rate zu zie­hen, wenigs­tens neben­her, um sicher zu gehen. Wör­ter ändern ger­ne mal ihre Bedeu­tung, schon gar im Lauf von ein‑, zwei­hun­dert Jah­ren. So gehö­ren älte­re Dic­tion­n­aires ein­fach in die Wör­ter­buch­samm­lung des Über­set­zer­pro­fis. Und manch­mal ist es auch ganz ein­fach lehr­reich bis amü­sant, einen Blick in das Vor­wort so einer alten Schwar­te zu wer­fen – trotz des ner­vi­gen opti­schen Klein­kriegs mit der Frak­tur auf ver­gilb­tem Papier.

Ich habe hier eini­ge Dik­tio­närs zusam­men­ge­tra­gen, die Ihnen bei der Über­set­zung eines älte­ren eng­li­schen Tex­tes behilf­lich sein könn­ten. Sie stam­men alle­samt von Nathan Bai­ley, einem Pio­nier der Wör­ter­buch­ma­che­rei. Um Bai­leys Arbeit rich­tig wür­di­gen zu kön­nen, soll­te man ver­ste­hen, dass vor die­sem Mann Wör­ter­bu­cher ledig­lich »schwie­ri­ge Wör­ter« erklär­ten,1 d.h. Fremd­wör­ter, vor­wie­gend Lati­nis­men; die eigent­li­che All­tags­spra­che blieb unge­wür­digt und uner­klärt. Zu Bai­leys gro­ßen Ver­diens­ten gehört es, sei­nen Blick auf die eng­li­sche Spra­che als Gan­zes zu rich­ten. Auch auf die All­tags­spra­che. Und unter die­se All­tags­spra­che fie­len bei Bai­ley tat­säch­lich auch bereits Son­der­spar­ten wie die Dia­lek­te, Ter­mi­ni tech­ni­ci und, man höre und stau­ne, auch die Gau­ner­spra­che. (mehr …)

  1. ich rich­te mich hier wie im Fol­gen­den weit­ge­hend nach der eng­li­schen Wiki­pe­dia []

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»in an ago­ny of« – Der Ago­ni­en zwei­ter Teil

Wie so eini­ge bemerkt zu haben schei­nen, stel­le ich hier in die­ser klei­nen (hier begon­ne­nen) Serie das Sam­meln & Ana­ly­sie­ren bereits gedruck­ter Über­set­zun­gen als eine der eher dünn gesä­ten Fort­bil­dungs­mög­lich­kei­ten des Über­set­zers vor. Es ist dies eine durch­aus auf­wän­di­ge Metho­de, sicher, aber man lernt dabei auch mehr als durch irgend­ei­ne ande­re. Und ohne den Wil­len, stän­dig wei­ter­zu­ler­nen und sich dafür auf den Hosen­bo­den zu set­zen, soll­te man ohne­hin erst gar nicht ans Über­set­zen den­ken. Nach der Ein­füh­rung letz­tes Mal folgt am Bei­spiel der Wen­dung »in an ago­ny of« dies­mal ein Blick in die Wör­ter­bü­cher, um zu sehen, wel­che Lösun­gen sich dort anbieten…

Im letz­ten Bei­spiel aus der Frau in Weiß ist der Über­set­zer einem fal­schen Freund auf­ge­ses­sen. Was übri­gens gera­de bei die­ser Wen­dung bis auf den heu­ti­gen Tag auf­fal­lend oft vor­kommt. Dass in all die­sen Fäl­len der deut­sche Satz schlicht kei­nen Sinn ergibt, scheint nie­man­dem auf­zu­fal­len – »die Todes­angst des Mit­leids« … hm

Exkurs: Einer der gro­ßen Vor­tei­le die­ser Fort­bil­dungs­me­tho­de besteht dar­in, dass man bei ande­ren die Feh­ler weit schnel­ler zu sehen  und ein­zu­se­hen geneigt ist als bei sich selbst. Und gera­de die blitz­ar­ti­ge Erkennt­nis »was für ein Unfug« hilft einem beim Ver­wer­fen sich anbie­ten­der Lösungen.

Wie auch immer, wir waren bei fal­schen Freun­den: »Ago­ny« hört sich an wie »Ago­nie«, also – so die irri­ge Annah­me – muss auch der Angel­sach­se dar­un­ter ver­ste­hen, was der Deut­sche unter dem Fremd­wort »Ago­nie« ver­steht. Volks­nä­her aus­ge­drückt, die Lösung fällt in die Kate­go­rie »ner­vi­ger Wört­lich­keit«, die sich bei nähe­rem Hin­se­hen als das genaue Gegen­teil sel­bi­ger Wört­lich­keit, sprich als kras­ser Feh­ler ent­puppt. Ein­fa­cher gesagt: Man darf selbst bei ver­meint­lich bekann­ten Fremd­wör­tern den Blick ins zwei­spra­chi­ge Wör­ter­buch nicht ein­fach über­ge­hen und leid­glich – wenn man über­haupt nach­schlägt – in den Fremd­wör­ter­du­den sehen. (mehr …)

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»in an ago­ny of« – von den Ago­ni­en über­set­ze­ri­scher Fortbildung

Wie sieht eigent­lich die Fort­bil­dung eines Über­set­zers aus? Vom ers­ten Augen­blick an, in dem mir vor nun­mehr viel zu vie­len Jah­ren über mei­nem Edgar Allan Poe der Gedan­ke kam, Über­set­zen sei der Beruf für mich, habe ich mich gefragt, wie man das wohl ler­nen könn­te. Und als ich pro­fes­sio­nell zu über­set­zen begann, wur­de dar­aus die Fra­ge, wie man etwas dazu­ler­nen, wie man sich wohl sinn­voll fort­bil­den könn­te. Ich spre­che hier nicht von hoch­ge­sto­che­nen Über­set­zungs­theo­rien, die mit dem Berufs­all­tag herz­lich wenig zu tun haben, weil sie einen bei der kon­kre­ten Arbeit am Satz im Stich las­sen. Sicher, es gibt Wör­ter­bü­cher, Idio­ma­ti­ken, zum Teil recht gute Anlei­tun­gen. Aber sie alle hel­fen einem nur bis zu einem gewis­sen Punkt, und das ist der, in dem aus den Tei­len, die man zusam­men­ge­tra­gen hat, ein ordent­li­cher Satz wer­den soll. Es gibt da eine – zuge­ge­ben eini­ger­ma­ßen beschwer­li­che, aber gera­de für den Fort­ge­schrit­te­nen aus­ge­spro­chen loh­nen­de – Metho­de, die ich Ihnen hier vor­stel­len will. 

Ich samm­le Über­set­zun­gen, will sagen, das Buch in der Aus­gangs­spra­che, in mei­nem Fall das Eng­li­sche, und die gedruck­te deut­sche Über­set­zung dazu. Seit den 1970er-Jah­ren habe ich an die fünf­tau­send sol­cher »Pär­chen« zusam­men­ge­tra­gen. Und die neh­me ich mir, mehr oder weni­ger sys­te­ma­tisch, vor. Hier und da einen Absatz; das läp­pert sich zusam­men. Vor­aus­ge­setzt, man sys­te­ma­ti­siert die Fund­sa­chen. Dazu braucht es natür­lich einen Zet­tel­kas­ten, der selbst­ver­ständ­lich längst diver­sen Daten­ban­ken Platz gemacht hat. (mehr …)

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Ame­ri­kas »Fis­kal­klip­pe« — über­set­zungs­tech­nisch ein uralter Abgrund zum neu­en Jahr

Eine alte Geschich­te: Wann immer in einem deut­schen Blatt rasch mal was aus dem Eng­li­schen über­setzt wird, sträu­ben sich dem Über­set­zer­pro­fi die Haa­re. Da liest man einen intel­li­gen­ten, in bes­tem Deutsch & sti­lis­tisch tadel­los gehal­te­nen Arti­kel — bis ein Ame­ri­ka­ner zitiert wird. In Über­set­zung, mei­ne ich. Der hört sich dann plötz­lich an, als wäre er vor­zei­tig von der Son­der­schu­le abge­gan­gen. Und dann schnur­stracks in die Poli­tik… Die heu­ti­ge Schlag­zei­le sei Anlass für ein kur­zes Plä­doy­er dafür, doch öfter mal beim Über­set­zen einen Pro­fi zura­te zu zie­hen, wenigs­tens wenn es um was Wich­ti­ges geht… wie eine Zei­tung oder ein Buch …

Da wirft der Über­set­zer am Neu­jahrs­mor­gen sein Inter­web an, und was erwar­tet ihn? Auf den Titel­sei­ten sämt­li­cher deut­schen Zei­tun­gen, die man bei der mor­gend­li­chen Pres­se­schau per Speed­Di­al so greif­bar hat? Einer der ältes­ten & damit dümms­ten Über­set­zungs­feh­ler über­haupt. Man fand ihn über 100 Jah­re lang in prak­tisch jedem aus dem Eng­li­schen über­setz­ten Buch. Nur ein Bei­spiel, das sich hier auf­drängt, weil es mitt­ler­wei­le kor­ri­giert wur­de. In Salin­gers Klas­si­ker Cat­cher in the Rye (mehr …)

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Klei­nes Occu­py-Glos­sar (1)

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Die Über­set­zung des Occu­py-Buchs von David Grae­ber, einem der Leu­te der ers­ten Stun­de bei OWS, ist mehr oder weni­ger erle­digt und soll in ein paar Wochen wohl schon in den Buch­hand­lun­gen sein. Grae­ber ist Anthro­po­lo­gie und lehrt in Lon­don, nach­dem er als Pro­fes­sor in Yale raus­ge­flo­gen war. Er hat­te sich mit sei­nen Akti­vi­tä­ten als über­zeug­ter Anar­chist wohl nicht eben beliebt gemacht. Sein – unter Anthro­po­lo­gen – gefei­er­tes Buch über Schul­den (Schul­den — Die ers­ten 5000 Jah­re) ist eben­falls gera­de auf deutsch erschie­nen. Es hat mit Occu­py Wall Street inso­fern zutun, als ein Gut­teil der Beset­zer in den USA jun­ge Men­schen sind, die sich mit der Bür­de eines unge­heu­ren Schul­den­diens­tes für ihren Stu­di­en­kre­dit belas­tet sehen. Hier ein ers­tes Kon­tin­gent von Schlüs­sel­be­grif­fen der Bewegung…

99%: Nach dem von David Grae­ber ange­reg­ten und von zwei wei­te­ren Beset­zern der ers­ten Stun­de kom­plet­tier­ten Slo­gan »We are the 99 per­cent« die Anhän­ger der Occu­py-Bewe­gung, die sich im Gegen­satz zu dem einen Pro­zent der Super­rei­chen sieht, bei denen sich der Reich­tum der USA kon­zen­triert. Die Zah­len dahin­ter sind kom­plex, aber ein­deu­tig: Wäh­rend zwi­schen 1979 und 2007 laut Anga­ben des Con­gres­sio­nal Bud­get Office das Ein­kom­men der Ame­ri­ka­ner mit mitt­le­rem Ein­kom­men (60% der Ame­ri­ka­ner) um 40% stieg, leg­te das Ein­kom­men der Topp­ver­die­ner (dem besag­ten 1%) Ame­ri­kas um 275% zu. 2007 kon­zen­trier­te sich 34,6% des ame­ri­ka­ni­schen Gesamt­reich­tums auf die­se eine Pro­zent der Bevöl­ke­rung; 50,5% des Gesamt­reich­tums gehört den fol­gen­den 19%, so dass 20% der Ame­ri­ka­ner 85% des Reich­tums gehö­ren. 80% der Bevöl­ke­rung tei­len sich die rest­li­chen 15%. Nach der 2007 ein­set­zen­den Gro­ßen Rezes­si­on gehör­ten besag­ten 20% gar 87,7% des Gesamt­reich­tums. »Wir sind die 99%« steht damit als das Sym­bol für die unge­rech­te Ver­tei­lung des Reichtums.

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Adbus­ters: Von Kal­le Lasn 1989 gegrün­de­te Zeit­schrift, die sich dem öko­lo­gisch ori­en­tier­ten Kampf gegen den Kon­sum, »gegen die Macht der Kon­zer­ne, gegen die Macht der Mar­ken­welt, gegen den Kapi­ta­lis­mus in den Köp­fen«1  ver­schrie­ben hat. (Ich habe mir ein paar Num­mern der Zeit­schrift Adbus­ters aus Kana­da kom­men las­sen; es ist defi­ni­tiv das schöns­te Radi­ka­len­ma­gaa­zin, dass mir je unter­ge­kom­men ist.)

Anony­mous: Ein loses Kol­lek­tiv von Inter­net­nut­zern bzw. Hackern, das in sei­nem Kampf gegen Zen­sur auch mit der Occu­py-Bewe­gung sym­pa­thi­siert. Auch das Kol­lek­tiv bedient sich der Guy Faw­kes-Mas­ke.

Cul­tu­re Jamming: Über­be­griff für eine Rei­he sub­ver­si­ver Stra­te­gien kon­sum­kri­ti­scher Bewe­gun­gen zur »Stö­rung«2 kul­tu­rel­ler Ein­rich­tun­gen des Main­streams wie etwa der Wer­bung sowie der Glo­ba­li­sie­rung. Sie die­nen dem Auf­zei­gen poli­tisch frag­wür­di­ger Grund­an­nah­men unse­rer Kon­sum­welt, wie etwa der der ver­meint­li­chen Frei­heit des Kon­sums und des Rechts der Kon­zer­ne auf die Ver­ein­nah­mung des öffent­li­chen Raums. Eine Metho­de ist etwa die der sati­ri­schen Über­nah­me von Medi­en und Inhal­ten. (mehr …)

  1. Spie­gel-Online 23. Dezem­ber 2011 []
  2. »jamming« knüpft von der Bedeu­tung her an das beab­sich­tig­te Stö­ren des Funk­ver­kehrs an: »radio jamming«, »radar jamming« etc. []

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Jeder ist ein Über­set­zer – über im wahrs­ten Sin­ne des Wor­tes ein­ge­bil­de­te Wörtlichkeit

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Jeder kann über­set­zen. Natür­lich, so wie jeder im Prin­zip alles auf die­ser Welt kann: kochen, lau­fen, klemp­nern, Leu­te hin­sicht­lich ihrer Steu­ern bera­ten. Jeder von uns kann zu einem hohen Pro­zent­satz, was jeder ande­re kann. Nur, wenn Sie drei­ßig Jah­re Moto­ren bau­en, dann sehen Ihre Moto­ren eben anders aus als der, den sich da gera­de ein blu­ti­ger Amateur­schrauber zusam­men­zurammeln ver­sucht. Das Pro­blem ist nur, außer beim Über­set­zen müss­te man das in kei­nem ande­ren Metier auf der Welt dis­ku­tie­ren. Weder beim Moto­ren­bau, noch beim Leis­tungs­sport. Und auch die Män­gel des Ama­teur­pro­dukts wären über­all rasch zu sehen.

Ich höre als Über­set­zer immer wie­der mal, dass man denn doch lie­ber mit jeman­dem arbei­ten wür­de, der »wört­lich« über­setzt und des­sen Über­set­zun­gen sich den­noch »gut lesen«. Von mir aus. Als pro­fes­sio­nel­ler Über­set­zer bin ich die­se Dis­kus­si­on herz­lich leid. Ich ver­knei­fe mir selbst die Bemer­kung, man soll­te selbst­ver­ständ­lich dort­hin gehen, wo man gelie­fert bekommt, was man als blu­ti­ger Ama­teur für das Bes­se­re hält; es führ­te doch wie­der nur zur ewig glei­chen alber­nen, weil sinn­lo­sen Dis­kus­si­on. Ner­vig ist natür­lich, wenn man ein »redi­gier­tes« Manu­skript zur Durch­sicht zurück­be­kommt, das sich mehr oder weni­ger als eben die Inter­li­ne­ar­ver­si­on ent­puppt, die man durch mehr­ma­li­ge Über­ar­bei­tung bewusst hin­ter sich gelas­sen hat. Mehr oder weni­ger, weil plötz­lich auch mas­sen­wei­se Feh­ler drin­ste­hen, die man als Pro­fi nie gemacht hätte.

Es ist immer die­sel­be Illu­si­on: dass die­se offen­sicht­lich so wün­schens­wer­te »Wört­lich­keit« beim Über­set­zen die bes­se­re Lösung sei.1 Was man – hier wären eine Rei­he von Exkur­sen über Stil von­nö­ten – noch als Geschmack­sa­che abtun könn­te, läge das ers­te Gegen­ar­gu­ment nicht immer gleich auf der Hand: Die­se Art der wört­li­chen Über­set­zung geht so gut wie immer (es gibt natür­lich Über­set­zun­gen unter­schied­li­cher Schwie­rig­keitsgrade) Hand in Hand mit einer weit gerin­ge­ren Tref­fer­quo­te – sprich: einer grö­ße­ren Zahl von Über­set­zungs­feh­lern. War­um? (mehr …)

  1. Das hat viel mit der Ori­en­tie­rungs­lo­sig­keit zu tun, mit denen der Ama­teur in einem Wald von Wör­tern steht. Er sieht noch nicht ein­mal, dass er in sei­ner Ver­zweif­lung, sich da durch­zu­fin­den, vor lau­ter Bäu­men den Wald nicht mehr sieht. Man muss aber den Text vor­ne­weg stel­len, man muss wis­sen, was man damit machen will, was für ein Gesicht die Über­set­zung haben soll. Da hat der ein­zel­ne Satz sich dann eben unter­zu­ord­nen. []

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Darf’s ein biss­chen mehr sein? Wenn der Über­set­zer den Dau­men mit auf die Waa­ge legt…

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Das Pro­blem des Zitie­rens bei Über­set­zun­gen habe ich vor eini­ger Zeit hier ange­spro­chen. Das Zitat fügt sich in der Über­set­zung aus dem einen oder ande­ren Grund nicht immer so in den neu­en Kon­text, in dem man das ger­ne hät­te. Das ist letzt­lich frus­trie­rend, aber durch­aus inter­es­sant, sieht man sich doch gezwun­gen, sich mit dem zu befas­sen, was da zitiert wird. Und die mehr oder min­der bewuss­ten Prin­zi­pi­en der eige­nen Arbeits­wei­se zu überdenken…

Der Über­set­zer ist ein Leser mit einer gesun­den Para­noia — oder wenies­tens soll­te er das im Ide­al­fall sein. Er soll­te ver­deck­te Bedeu­tun­gen erken­nen, Zusam­men­hän­ge sehen. Und er ist ein Gärt­ner, der — je nach dem Grad die­ser Para­noia — mehr oder weni­ger bewusst Sinn auf­zu­päp­peln, sprich her­aus­zu­ar­bei­ten ver­sucht. Das gilt dum­mer­wei­se auch, wenn er sieht, dass etwas barer Unfug ist. Hier ein net­tes Bei­spiel, mit dem ich mich eben zu befas­sen hatte.

Sean Wil­entz weist in sei­nem hoch inter­es­san­ten Buch Bob Dylan in Ame­ri­ca dar­auf hin, dass Ano­ther Side of Bob Dylan, Dylans vier­te LP und das ers­te einer Hand­voll Meis­ter­wer­ke aus der Mit­te der Six­ties, so eini­ge poe­ti­sche Klöp­se ent­hält. Als Bei­spiel führt er fol­gen­den Vers an:

With unseen con­scious­ness, I pos­s­es­sed in my grip
A magni­fi­cent man­tel­pie­ce, though its heart being chipped.”
Bob Dylan, “Bal­lad in Plain D” (1964)

Bei flüch­ti­gen Lesen mag das nicht wei­ter auf­fal­len, aber wo wenn ein Dylan-Ken­ner wie Wil­entz, der sogar für Bob Dylans offi­zi­el­le Web­site schreibt eigens dar­auf hin­weist, guckt man eben noch mal hin. Und so recht will das denn kei­nen rech­ten Sinn erge­ben, auch nicht als poe­ti­sches Bild. Und als einer, in einer ande­ren Spra­che auf­ge­wach­sen ist, (mehr …)

WeiterlesenDarf’s ein biss­chen mehr sein? Wenn der Über­set­zer den Dau­men mit auf die Waa­ge legt…

Das Dre­cki­ge Dut­zend (1)

Ich schaue mir als Über­set­zer sehr vie­le Über­set­zun­gen an; zusam­men mit dem Ori­gi­nal. Satz für Satz. Seit den 1970er-Jah­ren schon. Das ist eine gute Mög­lich­keit, sich das eine oder ande­re abzu­gu­cken. Es gibt immer eine Lösung für ein Pro­blem, die auto­ma­tisch – in einer Daten­bank – parat zu haben, ganz prak­tisch ist; es gibt immer eine, auf die man selbst nicht gekom­men wäre. Und natür­lich fin­det man dabei auch jede Men­ge klei­ne­ren oder grö­ße­ren – auch him­mel­schrei­en­den – Murks. Das hat mich vor eini­gen Jah­ren auf die Idee gebracht, der­lei Klöp­se in einer Glos­se zusam­men­zu­tra­gen. Nicht alle, das wäre nicht zu schaf­fen und lang­wei­lig oben­drein, aber ein Dut­zend pro Titel scheint mir durch­aus ver­tret­bar. Also, bit­te­schön, das ers­te dre­cki­ge Dutzend.

Ich könn­te nicht sagen, ob Über­set­zun­gen heu­te schlech­ter denn je sind, das erfor­der­te etwas umfas­sen­de­re sta­tis­ti­sche Arbeit; ich kann nur sagen, dass sie trotz all der Mög­lich­kei­ten, die sich dem Über­set­zer heu­te bie­ten, nicht bes­ser gewor­den zu sein schei­nen. Aber ehr­lich gesagt, wie soll­ten sie auch? Über­set­zer­sei­tig tum­meln sich heu­te in die­sem Metier mehr blu­ti­ge Ama­teu­re denn je.1 Und ver­lags­sei­tig sieht es nicht viel bes­ser aus. Alles, was zu faul zum Arbei­ten ist, bie­tet sich heu­te als frei­er Lek­tor an. Über das Lek­to­rat – frei oder nicht – habe ich hier im Blog schon das eine oder ande­re gesagt, ich möch­te die ein­schlä­gi­ge Arie hier mal außen vor las­sen; Tat­sa­che ist, der Über­set­zer hat heu­te weni­ger über den Inhalt »sei­ner« Über­set­zung zu bestim­men denn je.2 Des­halb ist »das dre­cki­ge Dut­zend« auch kei­ne Über­set­zer­kri­tik, son­dern eine Über­set­zungs­kri­tik, will sagen eine Kri­tik des fer­ti­gen Pro­dukts, das in jedem Fal­le besag­tes Lek­to­rat zu ver­ant­wor­ten hat.3

Ich habe eben das mehr oder weni­ger ver­kaufs­fer­ti­ge Pro­dukt »mei­ner« vor­vor­letz­ten Über­set­zung zurück­be­kom­men, Teil eines Schnell­schus­ses zu einem aktu­el­len The­ma, bei dem ich einer von vie­len war.4 Im Begleit­schrei­ben aus dem Lek­to­rats­bü­ro heißt es sinn­ge­mäß, Hin­wei­se auf »Böcke« neh­me man gern ent­ge­gen, was natür­lich rei­ne Rhe­to­rik ist. Ich mei­ne, wann hät­te ein Lek­tor schon mal einen Feh­ler gemacht? (mehr …)

  1. Den Grund dafür habe ich mal ange­ris­sen. []
  2. Falls es ande­re Lek­to­ren gibt, kei­ne Ahnung, wie die guten Über­set­zun­gen, die ich so fin­de, zustan­de gekom­men sind, mel­den Sie sich doch bei mir. []
  3. Dar­über dann im Rah­men die­ser Serie ein ander­mal mehr. []
  4. Das Schnell­schüs­se von vie­len gemacht wer­den müs­sen, ist auch so eine Unsit­te der Bran­che, die noch einer nähe­ren Erklä­rung bedarf. Sie folgt irgend­wann in die­sem Thea­ter. []

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Geld von der Regie­rung? Was für ein Quatsch!

Ich tip­pe Scho­pen­hau­ers Betrach­tun­gen über Spra­che und Wor­te hier im Blog nicht nur gau­di­hal­ber ab und weil sie mitt­ler­wei­le gemein­frei sind; sie sind viel­mehr ein Stein­chen im Mosa­ik mei­ner Beschäf­ti­gung mit dem Über­set­zen und – in ihrer öffent­li­chen Dar­stel­lung – Par­ti­kel im Mosa­ik mei­ner Hoff­nung, etwas mehr Bewusst­sein für das Pro­blem des Über­set­zens könn­te der galop­pie­ren­den Ver­lu­de­rung der Bran­che durch den blu­ti­gen Ama­teur in die Zügel fal­len. Oder, was soll’s, viel­leicht auch nur um mei­nen Frust über sel­bi­ge – die Bran­che wie die Ver­lu­de­rung – abzureagieren.

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Scho­pen­hau­er sprach im letz­ten Abschnitt der hier abge­druck­ten klei­nen Phi­lo­so­phie des Fremd­spra­che­n­er­werbs – und die­ser scheint mir (ist das zuviel ver­langt?)  die Vor­aus­set­zung für das Über­set­zen wie für das Lek­to­rie­ren einer Über­set­zung – davon, bei der »Erler­nung einer frem­den Spra­che, meh­re­re ganz neue Sphä­ren von Begrif­fen in sei­nem Geis­te abzu­ste­cken«, dadurch enstün­den »Begriffs­sphä­ren wo noch kei­ne waren«, weil man eben »nicht bloß Wor­te« erler­ne, son­dern »Begrif­fe« erwer­be. Und die­ses blo­ße »Wor­te-erler­nen«1 ist letzt­lich auch der Hin­ter­grund für das Übel, auch bloß »Wor­te« zu über­set­zen, das heu­te gras­siert, das Übel der »wört­li­chen« Über­set­zung; und ich spre­che hier von »wört­lich« nicht im Sin­ne irgend­wel­cher Über­set­zungs­theo­rien, son­dern von »wört­lich« in sei­nem banal-bür­ger­li­chen Sinn.

Oder kon­kret gesagt: Erst heu­te mor­gen stieß ich wie­der, wie schon mehr­mals die­ser Tage, auf einen der Kar­di­nal­feh­ler der ama­teur­haf­ten Über­set­zung. Bei der Reche­re­che eines ganz ande­ren Pro­jekts traf ich auf fol­gen­den Satz: (mehr …)

  1. beim Ama­teur sind sie ohne­hin ledig­lich nach­ge­schla­gen bis erra­ten []

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Wie wenig ihr gan­zes Den­ken über die Wor­te hinausgeht…

Arthur Schopenhauer’s sämmt­li­che Werke
Parer­ga und Paralipomena
Klei­ne phi­lo­so­phi­sche Schriften

Ver­ein­zel­te, jedoch sys­te­ma­tisch geord­ne­te Gedan­ken über vie­ler­lei Gegenstände


Kap. XXV.
Ueber Spra­che und Worte 


§. 309.

(Zwei­ter Teil.)

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Scho­pen­hau­er beschäf­tigt sich hier mit der Bedeu­tung, die das Erler­nen einer Fremd­spra­che auf unse­re Bil­dung und damit auf unser Den­ken hat. Aus dem Umstand, dass jede Nati­on anders denkt, geht her­vor, dass das Erler­nen ihrer Spra­che unse­ren Hori­zont erwei­tert, indem es ihm eben nicht nur neue Wör­ter, son­dern auch neue Begrif­fe hin­zu­fügt. »Meh­re­re neue­re Spra­chen wirk­lich inne haben und in ihnen mit Leich­tig­keit lesen ist ein Mit­tel, sich von der Natio­nal­be­schränkt­heit zu befrei­en, die sonst Jedem anklebt.« Er spricht hier natür­lich nicht von einem Grund­kurs, der es einem erlaubt, es sich im Urlaub gut gehen zu las­sen. Ihm geht es viel­mehr dar­um, das Den­ken einer ande­ren Nati­on in sich auf­zu­neh­men und, auf der ande­ren Sei­te, sich selbst in die­ses Den­ken zu übersetzen.

Dem­ge­mäß liegt, bei Erler­nung einer Spra­che, die Schwie­rig­keit vor­züg­lich dar­in, jeden Begriff, für den sie ein Wort hat, auch dann ken­nen zu ler­nen, wann die eige­ne Spra­che kein die­sem genau ent­spre­chen­des Wort besitzt; wel­ches oft der Fall ist. Daher also muß man, bei Erler­nung einer frem­den Spra­che, meh­re­re ganz neue Sphä­ren von Begrif­fen in sei­nem Geis­te abste­cken: mit­hin ent­stehn Begriffs­sphä­ren wo noch kei­ne waren. Man erlernt also nicht bloß Wor­te, son­dern erwirbt Begrif­fe. Dies ist vor­züg­lich bei Erler­nung der alten Spra­chen der Fall; weil die Aus­drucks­wei­se der Alten von der uns­ri­gen viel ver­schie­de­ner ist, als die der moder­nen Spra­chen von ein­an­der; wel­ches sich dar­an zeigt, daß man, beim Ueber­set­zen ins Latei­ni­sche, zu ganz ande­ren Wen­dun­gen, als die das Ori­gi­nal hat, grei­fen muß. Ja, man muß meis­tens den latei­nisch wie­der­zu­ge­ben­den Gedan­ken ganz umschmel­zen und umgie­ßen; wobei er in sei­ne letz­ten Bestandt­hei­le zer­legt und wie­der rekom­po­nirt wird. Gera­de hier­auf beruht die gro­ße För­de­rung, die der Geist von der Erler­nung der alten Spra­chen erhält. – (mehr …)

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Meis­ter Pro­per der teut­schen Sprache

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Eigent­lich woll­te ich hier die Vor­re­de zu einem älte­ren deut­schen Fremd­wör­ter­buch abdru­cken, die ich heu­te Mor­gen müh­se­lig aus der Frak­tur­schrift1 über­setzt habe. Nun woll­te ich aber dazu auch erklä­ren, war­um mich so etwas inter­es­siert. Und damit wür­de der Ein­trag etwas zu kom­plex, was mir irgend­wie dem Gedan­ken eines Blogs zuwi­der zu lau­fen scheint. So denn erst mal ein paar ein­lei­ten­de Wor­te. Mor­gen dann, ohne gro­ßes Gere­de drum­rum das Vor­wort selbst.

Hier erst mal der schö­ne Titel der alten Schwar­te in sei­ner beein­dru­cken­den Gänze:

All­ge­mei­nes Fremd­wör­ter-Hand­buch für Teutsche,
oder Erklä­rung aller fremd­ar­ti­gen Aus­drü­cke der teut­schen Con­ver­sa­ti­ons-Spra­che zur Ver­stän­di­gung, Aus­schei­dung und Wür­di­gung der in teut­schen Schrif­ten und in der Kunst- und Umgangs­spra­che vor­kom­men­den fremd­ar­ti­gen Wör­ter, Aus­drü­cke, Namen und Redens­ar­ten
.

Ein gemein­nüt­zi­ges Hand­buch für alle Stän­de, Berufs­ar­ten, Küns­te, Gewer­be, Schul- und Bil­dungs-Anstal­ten, so wie für Geschäfts­män­ner, Zei­tungs­le­ser und für jeden teut­schen Vaterlandsfreund.

von

Dr. J. F. H e i g e l i n, Pro­fes­sor der teut­schen Spra­che etc. 

Zwei­te sehr ver­bes­ser­te und ver­mehr­te Auflage

Tübin­gen, Ver­lag von C. F. Osi­an­der, l838.

*

»Meis­ter Pro­per der teut­schen Spra­che« – so viel­leicht lie­ße sich eine Serie über deut­sche Sprach­rei­ni­ger beti­teln, die mich nun mal grund­sätz­lich inter­es­sie­ren. Schon des­halb, weil mich so eini­ge Ten­den­zen der letz­ten drei­ßig Jah­re doch recht irri­tie­ren. Nicht als sol­che, ganz und gar nicht, son­dern ledig­lich in ihrer Eigen­schaft als geball­te Mas­sen­er­schei­nung, die gar nicht anders kann, als Zwang aus­zu­üben. Und dann mag ich nun mal unse­re Umgangs­pra­che nicht weni­ger als einen hübsch gedrech­sel­ten deut­schen Satz. Ich lese also die Vor­re­den zu sol­chen Wör­ter­bü­chern gern auf der Suche nach einem Mit­tel­weg. Oder Argu­men­ten dafür. (mehr …)

  1. Ich weiß, sie hat vie­le Freun­de; mir per­sön­lich geht sie aber nun mal auf den Zahn. []

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Wer zum Gei­er war Larry?

Ich erin­ne­re mich noch, dass wir an der Schu­le Ende der 60er, Anfang der 70er Jah­re den Spruch hat­ten, jemand sol­le hier »nicht den Lar­ry machen«. Bis heu­te war der Spruch in allen Jahr­zehn­ten zu hören. Und sei­ne Beliebt­heit scheint eher zuge­nom­men zu haben als ab. Zumal er mitt­ler­wei­le meh­re­re Bedeu­tun­gen hat. Aber wer war die­ser sagen­haf­te Lar­ry? Dum­mer­wei­se hat­ten wir  damals was Bes­se­res zu tun, als dem Ursprung dum­mer Sprü­che nachzugehen…

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Wie bei allen Wen­dun­gen, die aus irgend­ei­nem Grund attrak­tiv, aber in ihrer Bedeu­tung unklar sind, tritt sich die ursprüng­li­che Bedeu­tung, wie immer sie gelau­tet haben mag, ziem­lich rasch breit. Oft bis ins Gegen­teil. Man den­ke an eine Wen­dung wie etwas »passt wie die Faust aufs Auge«. Das ist hier noch nicht mal der Fall. Den­noch haben wir eine gan­ze Band­brei­te von Nuan­cen: Ob heu­te nun einer »den Lar­ry macht«, »einen auf Lar­ry macht« oder »den Lar­ry raus­hän­gen lässt« oder das alles mit »Lär­ri« oder »Ler­ryn« durch­spielt, es bedeu­tet ent­we­der, dass er (mehr …)

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