Par­ty on, dude! – Wort­ge­schicht­li­ches zum »raver«

zu amazon.com

»Who wants a rewind?« In den 1990er-Jah­ren wuss­te hier­zu­lan­de plötz­lich jeder, was ein »Rave« war. Und jede unter peit­schen­den Bret­tern zucken­de Mas­se von Pil­len­freaks war bald ein Rave. Ein »Rave« war von Musik und Ecsta­sy nicht zu tren­nen. Und auf bei­des wur­de getanzt. Das ist jedoch eine rela­tiv spe­zi­el­le Defi­ni­ti­on. Die Ety­mo­lo­gie des Wor­tes geht näm­lich etwas wei­ter zurück.

Das ers­te Mal auf­ge­fal­len ist mir »rave« in Form des »ravers« Ende der 1960er-Jah­re in dem Small Faces-Hit »Lazy Sun­day After­noon«

Would­n’t it be nice to get on with me neigh­bours (da da da do)
But they make it very clear they’­ve got no room for ravers.

1968 war das. Ich hat­te damals längst begon­nen, jeden greif­ba­ren Song zu notie­ren. Was alles ande­re als ein­fach war: die Plat­ten konn­te man sich nicht leis­ten, mei­nen ers­ten Cas­set­ten­re­cor­der ver­dien­te ich mir erst ein, zwei Jah­re spä­ter mit einem Feri­en­job. In der Bra­vo gab’s dann mal Tex­te, aber die kos­te­te eine Mark. Die ich nicht hat­te. Inter­net? Pfei­fen­de­ckel! Man muss­te also zuse­hen, was man so im Radio mit­be­kam. Mal hier eine Zei­le, mal da. Und was ein »raver« ist, habe ich erst erfah­ren, als ich mit den Ame­ri­ka­nern abzu­hän­gen begann. »Einer, der gern abfei­ert«, wür­de man heu­te sagen. Aber es war kein ame­ri­ka­ni­sches Wort! (mehr …)

WeiterlesenPar­ty on, dude! – Wort­ge­schicht­li­ches zum »raver«

Queen Vic­to­ri­as gscha­mi­ge Londoner

Ich kam in mei­nem letz­ten Ein­trag – »Mee­res­früch­te – Anrü­chi­ger Rock ’n’ Roll« – auf eini­ge Bei­spie­le aus dem rei­chen Schatz an Sex­me­ta­phern in Blues­tex­ten zu spre­chen. Dabei ist mir unter ande­rem das Vor­wort zu einem der ers­ten eng­lisch-deut­schen Slang­wör­ter­bu­cher über­haupt ein­ge­fal­len: Hein­rich Bau­manns Lon­di­nis­men. Im Vor­wort dazu spricht der in Lon­don gelan­de­te Schul­meis­ter inter­es­san­ter­wei­se von der aus­neh­men­den Gscha­mig­keit der Lon­do­ner in Sachen Sex. Und da Gro­se, der Begrün­der, möch­te man fast sagen, des moder­nen Slang­wör­ter­buchs 100 Jah­re zuvor gar soviel zum The­ma zusam­men­ge­tra­gen hat­te, mut­maßt er bei ihm wenn schon nicht einen »aus­ge­bil­de­ten Geschmack« für die­ses Sprach­gebiet, so doch auf jeden Fall ein »abson­der­lich fei­nes Ohr« dafür. Soll­te sich die der vik­to­ria­ni­schen Zeit immer wie­der unter­stell­te Prü­de­rie tat­säch­lich auf die All­tags­spra­che des Lon­do­ners aus­ge­wirkt haben?

Der Fra­ge nach­zu­ge­hen, wäre sicher der Mühe wert. Aber wohl auch ein zeit­auf­wän­di­ge­res Unter­fan­gen. Ich sehe die­sen Ein­trag mal als Anfang und will es heu­te dabei belas­sen, hier erst ein­mal Bau­manns Vor­wort zu sei­nen Lon­di­nis­men zu brin­gen. Das Wör­ter­buch erschien 1887 bei Lan­gen­scheidt und bringt auf 240 Sei­ten eine groß­ar­ti­ge Samm­lung eng­li­schen Slangs sowie in sei­nen eben­so inter­es­san­ten wie umfang­rei­chen Vor­be­mer­kun­gen eine Men­ge Mate­ri­al zum Thema.

Trotz­dem sei noch eine per­sön­li­che Beob­ach­tung vor­weg­ge­nom­men: Noch jeder, der mein Ame­ri­can Slang – egal wel­che Aus­ga­be – zur Hand genom­men hat, schlug dar­in als ers­tes »fuck« nach – und nennt mich dann ein Fer­kel. In der Psy­cho­lo­gie, glau­be ich, bezeich­net man so etwas als »Pro­jek­ti­on«. Slang ist nicht größ­ten­teils vul­gär. Die zahl­rei­chen Syn­ony­me für eini­ge weni­ge sexu­el­le Hand­lun­gen oder Kör­per­tei­le gau­keln einem das ledig­lich vor. Weder Wayne’s World noch Clue­l­ess, die bei­den Teen-Phä­no­me­ne, (mehr …)

WeiterlesenQueen Vic­to­ri­as gscha­mi­ge Londoner

Mee­res­früch­te – Anrü­chi­ger Rock ’n’ Roll

bei amazon.com

Ich habe hier schon mal auf mehr oder weni­ger ein­deu­ti­ge Zwei­deu­tig­kei­ten in Song­tex­ten ver­wie­sen. Und dar­auf dass die plat­te Direkt­heit etwa im Rap­gen­re trotz net­ter Prä­gun­gen wie »kno­ckin’ boots« die sexu­el­le Meta­pher weit­ge­hend ver­drängt hat. Die Anfän­ge die­ser Ver­drän­gung fal­len in eine gan­ze ande­re Ära, näm­lich in die Zeit, in der schwar­ze Musik den wei­ßen ame­ri­ka­ni­schen Markt zu erobern begann. Und ver­drängt wur­den die Meta­phern damals mit­nich­ten durch Direkt­heit – man merz­te sie ein­fach aus. Solan­ge die schwar­ze Musik als »race music« ein vor­wie­gend schwar­zes, sexu­ell weni­ger ver­krampf­tes Publi­kum gehabt hat­te, waren die meta­phern­las­ti­gen Tex­te nie­man­dem auf­ge­sto­ßen, als man die Musik dann einem wei­ßen Publi­kum ver­kau­fen woll­te, wur­den sie zum Problem.

1954. Die hei­ße Affä­re zwi­schen Coun­try Music und Rhythm & Blues hat­te Fol­gen gehabt: Ame­ri­ka wand sich unter den Geburts­we­hen des Rock ’n’ Roll. Finan­zi­ell gese­hen hät­te der schwarz­wei­ße Misch­ling es nicht bes­ser tref­fen kön­nen, der Zwei­te Welt­krieg hat­te den Ame­ri­ka­nern einen nie gekann­ten Reich­tum beschert. Und das galt auch für die schwar­zen Ame­ri­ka­ner, (mehr …)

WeiterlesenMee­res­früch­te – Anrü­chi­ger Rock ’n’ Roll

Aben­teu­er­lich, selt­sam, son­der­bar – eine wahr­haft gro­tes­ke Unkennt­nis der deut­schen Sprache

bei amazon.com

»Daß Men­schen das­je­ni­ge noch zu kön­nen glau­ben, was sie gekonnt haben, ist natür­lich genug; daß ande­re zu ver­mö­gen glau­ben, was sie nie ver­mochten, ist wohl selt­sam, aber nicht sel­ten.«1 Die­ses Goe­the-Zitat beglei­tet mich seit Jah­ren. Es fällt mir jedes­mal ein, wenn mir wie­der ein­mal so eine Leuch­te mit einem Lan­gen­scheidt Schul­wör­ter­buch das müh­sam auf­ge­bau­te Gebir­ge einer Über­set­zung zer­sto­ßen und in die unfrucht­ba­re Schol­le ihres Unver­mö­gens ein­ge­pflügt hat. Jemand, der kei­ne Ahnung hat, wovon man spricht, wenn man ihm zu erklä­ren ver­sucht, dass hier nicht der Autor erzählt, son­dern ein Erzäh­ler, dass die­ser Erzäh­ler ein Jour­na­list ist, des­sen Höchs­tes im Leben war, Gün­ther Grass inter­viewt zu haben. Und dass der Stil sei­ner Erzäh­lung dies reflek­tiert. Eben auch vom Wort­schatz her. Das kann man eben nicht mit der arg­lo­sen Schlicht­heit einer Aga­tha Chris­tie-Über­set­zung ange­hen.2

Ich bin die­sem Zitat neu­lich wie­der begeg­net – wit­zi­ger­wei­se prak­tisch im sel­ben Kon­text. Bei der Lek­tü­re von Johann August Eber­hards Syn­ony­mi­schem Hand­wör­ter­buch der deut­schen Spra­che, das mir bei einem mei­ner ewi­gen Pro­jek­te, einer Lis­te »schö­ner und brauch­ba­rer Wör­ter«, hilft. Eine Syn­ony­mik soll­te man als Über­set­zer immer bei der Hand haben, am bes­ten natür­lich gleich meh­re­re, und wenn man sich für Wör­ter inter­es­siert, ist es zunächst ein­mal egal, wie alt sie ist. Und Eber­hards ist ein Klas­si­ker. Zu schwei­gen von einem gigan­ti­schen Werk, da es sich beim Hand­wör­ter­buch nur um eine über­ar­bei­te­te Kurz­fas­sung sei­nes 12-bän­di­gen Werks Ver­such einer all­ge­mei­nen deut­schen Syn­ony­mik in einem kri­tisch-phi­lo­so­phi­schen Wör­ter­bu­che der sinn­ver­wand­ten Wör­ter der hoch­deut­schen Mund­art han­delt. (mehr …)

  1. Goe­the, Sämt­li­che Wer­ke XIII, S. 558 []
  2. Was nicht gegen Aga­tha Chris­tie gerich­tet ist; ich mag sie, es ist nur so, dass ihr Stil schlicht und alles ande­re als lite­ra­risch ist. []

WeiterlesenAben­teu­er­lich, selt­sam, son­der­bar – eine wahr­haft gro­tes­ke Unkennt­nis der deut­schen Sprache

Der Über­mensch – Eine wort­ge­schicht­li­che Skizze

Click to order!

Nach­dem mir neu­lich die Geschich­te mit der Über-Ente unter­ge­kom­men ist, fiel mir nun der Auf­satz von Richard M. Mey­er1 wie­der ein, den ich hier schon mal ange­bis­sen habe. Es ging dabei um eine kur­ze Dar­stel­lung der Begrif­fe »Wort­ge­schich­te« und »Begriffs­ge­schich­te« am Bei­spiel des Wor­tes »Mit­tel­punkt«. Aber natür­lich waren die­se Betrach­tun­gen ledig­lich als Ein­lei­tung zum eigent­li­chen The­ma von Mey­ers Essay gedacht: Der Über­mensch: Eine wort­ge­schicht­li­che Skiz­ze. Wen also die fol­gen­den Aus­füh­run­gen inter­es­sie­ren, der soll­te also viel­leicht von vor­ne anfan­gen und sich den ers­ten Teil des Essays anse­hen:  Ein­lei­tung. – Wort- und Begriffs­ge­schich­te. – Bei­spiel: »Mit­tel­punkt«.

Wem das zu viel ist, für den sei der zum Haupt­the­ma des Ver­suchs über­lei­ten­de Gedan­ke hier noch ein­mal gesagt: Bei all den Bedeu­tungs­nu­an­cen, die der Begriff »Mit­tel­punkt« im Lauf der Zeit dazu­ge­won­nen hat, sie alle berüh­ren sich noch mit der urp­sprüng­li­chen rein geo­gra­phi­schen bzw. phy­si­schen Bedeutung:

»Immer­hin, der neue Begriff berührt sich noch mit dem alten. Die Welt als geord­ne­ter Kos­mus, von einem selbst­thä­ti­gen Cen­trum aus regiert – das war ja auch die Vor­stel­lung, die Her­der und Goe­the beseel­te, als sie das ein­zel­ne Kunst­werk als eine Welt für sich auf­fass­ten und eben des­halb einen beherr­schen­den »Mit­tel­punkt« for­der­ten. (mehr …)

  1. Prof. Dr. Richard M. Mey­er : 1860 (Ber­lin) – 1914. 1886 Habi­li­ta­ti­on (über Swift und Georg Chris­toph Lich­ten­berg) an der Fried­rich-Wil­helms-Uni­ver­si­tät, Ber­lin; 1886 dort Lehr­tä­tig­keit, zunächst als Pri­vat­do­zent; 1901 als ao. Prof. der deut­schen Lite­ra­tur­ge­schich­te []

WeiterlesenDer Über­mensch – Eine wort­ge­schicht­li­che Skizze

Hip­hop ist tot – es lebe der Hiphopreneur!

bei amazon.com

»Hip­hop ist tot. Ist mir egal, was ande­re sagen, aber Hip­hop liegt in den letz­ten Zügen.« Die­ser Satz fiel mir ges­tern auf, nicht zuletzt weil man ihn so oder so ähn­lich seit über zwan­zig Jah­ren immer wie­der mal liest. Kaum ein Gen­re dürf­te man so oft tot­ge­sagt haben wie Hip­hop. Es gehe im Hip­hop, so lese ich da, nicht mehr um Spaß und Krea­ti­vi­tät; jeder möch­te im Gefol­ge von NWA und Geto Boys Gangs­ta sein. Aber was, so heißt es wei­ter, haben die Leu­te wirk­lich erreicht? Eini­ge ver­die­nen einen Hau­fen Geld, sicher, aber letzt­lich nur Klein­geld gegen­über den wirk­lich Rei­chen. Und gehö­ren tue ihnen auch nichts– Hier stut­ze ich und suche nach dem Datum des Arti­kels. Interessant…

Beim Auf­räu­men mei­nes Archivs fand ich ges­tern einen Arti­kel aus dem Jah­re 1998 mit dem Titel »Why Hip hop is dead«. Geschrie­ben hat ihn ein »vom Hip­hop zuneh­mend frus­trier­ter jun­ger Mann« unter dem Pseud­onym Lethal Won­der. Ich den­ke, ich habe ihn mal auf Davey D’s Hip Hop Cor­ner abge­grif­fen; er ist jedoch auch im Früh­jahr 1999 in Cross­roads erschie­nen,  einer revo­lu­tio­nä­ren Pos­til­le aus Chi­ca­go, die sich dem Kampf der Schwar­zen Ame­ri­kas und Afri­kas im Sin­ne der Black Pan­thers ver­schrie­ben zu haben scheint. Jeden­falls hört sich die Rhe­to­rik, über­fliegt man die ein­zel­nen Aus­ga­ben, ganz danach an. Aber zurück zum Thema.

bei amazon.com

Wie gesagt, die Argu­men­te der Nach­ru­fe auf den Hip­hop als Gen­re sind immer die­sel­ben; es sind die oben genann­ten und vor allem, dass die Leu­te die Kunst­form nicht mehr inter­es­sie­re, es gehe allen nur ums Geld. Und trotz­dem, so der Autor des Arti­kels aus dem Jah­re 1998, gehö­re den Schwar­zen nichts. Man müss­te jetzt nach­se­hen, was die schwar­zen Rap­per damals mit ihrem Geld gemacht haben, sicher, aber das lohnt noch nicht mal; wir brau­chen nur noch mal auf das Datum sehen: 1998. Das ist von den Zah­len her ein Jahr bevor der gro­ße Kata­ly­sa­tor explo­dier­te, der wie einst Elvis dem Rock ’n’ Roll dem Rap zum gro­ßen Durch­bruch bei der zah­lungs­kräf­ti­gen wei­ßen Jugend ver­half: Emi­nem. Und weiß hin oder her, Em wirk­te auf den Ver­kauf des Gen­res. Was immer vor­her ver­dient wor­den war, mär­chen­haft wur­den die Zah­len erst mit Emi­nem. Und mit 50 Cent hat er wenigs­tens einem der Groß­ver­die­ner der Nuller­jah­re selbst zu Ruhm und Kne­te verholfen.

Und was die­se Leu­te haben? Außer Geld. Nun, ich habe kei­ne Ahnung, was die ande­ren, die älte­ren Groß­ver­die­ner der Musik­bran­che »haben«, Paul McCart­ney etwa, Mick und Keith; bei John Len­non hät­te man (mehr …)

WeiterlesenHip­hop ist tot – es lebe der Hiphopreneur!

Stu­ten­bis­sig­keit, Biß­gurn, luschig & gurkig

bei amazon.com

Was die­se Wör­ter gemein­sam haben? Nun, mehr als Sie viel­leicht den­ken. Oder weni­ger. Je nach­dem. Dum­mer­wei­se muss einer, der hier­zu­lan­de eng­lisch-deut­sche Wör­ter­bü­cher zu machen ver­sucht, alles sel­ber machen. Jeden­falls wenn es um die Umgangs­spra­che geht. Um die sich heu­te prak­tisch alles dreht. Weni­ger auf der eng­li­schen Sei­te übri­gens als lei­der auf der deut­schen. Weil der Deut­sche die Beschäf­ti­gung mit sei­ner »Umgangs­spra­che« nun mal für unter sei­ner Wür­de befin­det. Was letzt­lich wie­der zu einem Umgangs­deutsch geführt hat, das auf dep­per­ten Lehn­über­set­zun­gen basiert. Weil Über­set­zer aus Film, Funk & Fern­se­hen prak­tisch nichts zum Nach­schla­gen haben und des­halb Wör­ter statt Sinn ins Deut­sche zer­ren. Aber dar­um soll­te es hier eigent­lich gar nicht gehen…

Stu­ten­bis­sig­keit? Sie wis­sen es alle, das ist ein angeb­li­ches Phä­no­men unter mit­ein­an­der kon­kur­rie­ren­den Frau­en. Ich kann da nicht mit­re­den. Will es auch gar nicht. Tat­sa­che ist, dass es sich bei die­ser »Stu­ten­bis­sig­keit« um einen tat­säch­lich exis­ten­ten Begriff aus der Ross­psy­cho­lo­gie han­delt. Oder Sozio­lo­gie? Um die all­wis­sen­de Wiki­pe­dia zu zitie­ren: »Eine Stu­te über­nimmt in der Her­de die Rol­le der Leit­stu­te und ist unter ande­rem für die Früh­war­nung vor sich nähern­den Raub­tie­ren ver­ant­wort­lich. Die­se Rol­le erfor­dert ein hohes Maß an Ver­ant­wor­tung und Auf­merk­sam­keit und wird daher meist von erfah­re­nen, auch älte­ren Stu­ten über­nom­men. Um den Anspruch auf die­se Rol­le zu erhal­ten oder zu bestä­ti­gen, kommt es gele­gent­lich zu Ran­gaus­ein­an­der­set­zun­gen unter den Stu­ten. Die­se wer­den meist durch Bis­se ausgetragen …«

Wie ich dar­auf kom­me? Die Zeit hat­te neu­lich ein schö­nes Por­trät von Ali­ce Schwar­zer, (mehr …)

WeiterlesenStu­ten­bis­sig­keit, Biß­gurn, luschig & gurkig

Staats­macht alt und neu

Hier nun der zwei­te Teil des Abschnitts über Wil­liam Blakes Zusam­men­stoß mit der Staats­macht, hin­ter dem sein Bio­graph Ches­ter­ton1 eine Ver­schwö­rung vermutet.

Wenn Ches­ter­ton nicht aus­schlie­ßen möch­te, die Staats­macht könn­te den Jako­bi­ner Bla­ke im Zuge der im Gefol­ge der fran­zö­si­schen Revo­lu­ti­on über Eng­land her­ein­ge­bro­che­nen Schre­ckens­herr­schaft pro­vo­ziert haben, so soll das frei­lich nicht hei­ßen, dass ich die Ver­schwö­rungs­theo­rien um die Anzei­ge gegen Juli­an Assan­ge unter­schrei­be. Jeden­falls nicht was die bei­den betrof­fe­nen Frau­en angeht. Nur dass ein inter­na­tio­na­ler Steck­brief wegen eines Delikts, das sonst noch nicht ein­mal eine Mel­dung im Stadt­an­zei­ger wert gewe­sen wäre, auf die Über­le­gen­heit der Staats­macht über das Prin­zip der Rechts­st­at­lich­keit weist. Und dass man in Ame­ri­ka an einem Gesetz labo­rie­ren soll, das aus der Wiki­leaks-Geschich­te im Nach­hin­ein einen Hoch­ver­rat zau­bern und dann rück­wir­kend gel­ten soll… Da müss­te man welt­weit Mil­lio­nen von Straf­ta­ten auf der Basis im Nach­hin­ein geschlos­se­ner Geset­zes­lü­cken ahn­den. Ich brau­che kein Anwalt zu sein, um sagen zu kön­nen, dass da Staats­macht am Recht zu dre­hen versucht.

Aber hier in mei­ner Über­set­zung die betref­fen­de Stel­le aus Ches­ter­tons Bla­ke:

Eines Mor­gens im August des Jah­res 1803 trat Bla­ke hin­aus in sei­nen Gar­ten und fand dort einen Sol­da­ten der Ers­ten Dra­go­ner im schar­lach­ro­ten Rock, der sich mit der zu­frie­denen Mie­ne des Besit­zen­den die Land­schaft besah. Bla­ke äußer­te den Wunsch, der Dra­go­ner möge den Gar­ten ver­las­sen. Der Dra­go­ner äußer­te – »unter zahl­rei­chen ab­scheulichen Flü­chen« – den Wunsch, Bla­ke die Augen aus dem Kopf zu hau­en. Mit ver­blüf­fen­der Behen­dig­keit stürz­te Bla­ke sich auf den Mann, bekam ihn mit den Ellen­bo­gen von hin­ten zu fas­sen und warf ihn aus dem Gar­ten wie einen Streu­ner. Der Mann, der wahr­schein­lich betrun­ken und zwei­fels­oh­ne über­rascht war, ent­fern­te sich unter vie­len Anwür­fen, jedoch kei­ner davon poli­ti­scher Art. Kurz dar­auf jedoch tauch­te er mit einer schwer­wie­gen­den Anzei­ge auf, Bla­ke habe bei die­ser Gele­gen­heit fol­gen­de – eher unwahr­schein­li­che – Wor­te geäu­ßert: (mehr …)

  1. Der maß­geb­li­che Bio­graph Wil­liam Blakes ist übri­gens Alex­an­der Gil­ch­rist, des­sen Life of Wil­liam Bla­ke (1863) zahl­rei­che Auf­la­gen und Aus­ga­ben erlebt hat. []

WeiterlesenStaats­macht alt und neu

Statt Ver­meh­rung der Begrif­fe: Ver­meh­rung der Worte

Arthur Schopenhauer's sämmtliche Werke Parerga und Paralipomena Kleine philosophische Schriften Vereinzelte, jedoch systematisch geordnete Gedanken über vielerlei Gegenstände Kap. XXV. Ueber Sprache und Worte § 310 von Schopenhauers Betrachtungen über…

WeiterlesenStatt Ver­meh­rung der Begrif­fe: Ver­meh­rung der Worte

Aben­teu­er der Biblio­theks­re­cher­che – am Feiertag

aus The Tri­umphs of Temper

Wie­der ein­mal die Erfül­lung im Web. Früh mor­gens an einem Fei­er­tag ein kom­ple­xe­res Pro­blem bei einer Über­set­zung lösen zu kön­nen, ohne den Schreib­tisch zu ver­las­sen. Nicht dass man, Fei­er­tag hin oder her, so recht gewusst hät­te wohin um die­se Zeit. Biblio­the­ken, zumal die deut­schen, sind hin­sicht­lich ihrer Öff­nungs­zei­ten alles ande­re als ent­ge­gen­kom­mend. Und das damp­fen­de Täss­chen Tee mit dem Weih­nachts­ge­bäck dane­ben wäre dort ver­mut­lich auch nicht gern gese­hen. Zu schwei­gen von Kyle East­woods groß­ar­ti­gem Debüt From Here To The­re

Wie auch immer, bei der Über­set­zung von Ches­ter­tons Bla­ke-Bio­gra­phie, die ich mir übungs­hal­ber neben­bei gön­ne, gibt es aller­hand nach­zu­schla­gen; die Geschich­te spielt eben in einer ande­ren Zeit. So heißt es bei Ches­ter­ton über einen Gön­ner Blakes folgendermaßen:

Es leb­te zu die­ser Zeit in dem klei­nen Wei­ler Eart­ham in Sus­sex ein schlich­ter, herzens­guter, aber eini­ger­ma­ßen bedeu­ten­der Land­junker namens Hay­ley. Er war Grund­be­sit­zer und Aris­to­krat, gehör­te aber zu denen, deren Eitel­keit durch der­lei Funk­tio­nen nicht zu befrie­di­gen sind. Er sah sich als För­de­rer der Dicht­kunst; was durch­aus zutraf, nur war er– ach! – auf eine Idee ver­fal­len, die weit mehr Anlass zur Sor­ge gab: Er wähn­te sich selbst als Poet. Ob jemand die­se Ansicht teil­te, wäh­rend er noch als Herr sei­ner Güter der Jagd frön­te, ist heu­te schwer zu sagen. Mit eini­ger Sicher­heit ist dem heu­te jeden­falls nicht mehr so. »The Tri­umphs of Tem­per«, das ein­zi­ge Poem Hay­leys, an das der moder­ne Mensch sich erin­nern könn­te, ist wohl nur des­halb in Erin­ne­rung geblie­ben, weil Macau­lay damit in einem Essay spöt­tisch einen sei­ner klin­gen­den Sät­ze krön­te. Nichts­des­to­we­ni­ger war Hay­ley zu sei­ner bes­ten Zeit ein eben­so mäch­ti­ger wie wich­ti­ger Mann, als Dich­ter noch unerschüt­tert, als Grund­herr schlicht nicht zu er­schüttern. Aber wie alle schlicht unvertret­baren eng­li­schen Olig­ar­chen war er von einer unmä­ßi­gen Gut­mü­tig­keit, die irgend­wie aus­glei­chend oder schüt­zend wirk­te, was sei­ne offen­sicht­li­che Untaug­lich­keit und sein Unver­mö­gen anging. Er war fehl am Platz, hat­te aber das Herz auf dem rech­ten Fleck. Die­sem tadel­lo­sen und strah­len­den Herrn der Schöp­fung, zu selbst­zu­frieden, um arro­gant, zu solenn kin­disch, um zynisch zu sein, zu behag­lich in sei­ner Exis­tenz, um an sich oder ande­ren zu zwei­feln, die­sem Man­ne also stell­te Flax­man, ach was, schleu­der­te Flax­man die weiß­glü­hen­de Kanonen­kugel namens Bla­ke an die Brust. Ich fra­ge mich, ob Flax­man dabei wohl gelacht hat. Ande­rer­seits knit­tert und ver­zerrt Lachen die kla­re Linie des griechi­schen Profils.

Das Pro­blem dabei? Nun, vor allem zwei Namen und ein Zitat, das zwar nicht direkt zitiert wird, von dem ich aber doch ger­ne wüss­te, wor­um es dabei geht. Macau­lay ist bekannt, auch wenn ich mich nie mit ihm befasst habe, (mehr …)

WeiterlesenAben­teu­er der Biblio­theks­re­cher­che – am Feiertag

Über­le­ben vs. Über-Leben

Prak­tisch mit Beginn mei­ner eng­lisch­spra­chi­gen Lek­tü­re stieß ich im Eng­li­schen auf ein Wört­chen, das man als Deut­scher natür­lich sofort als deut­sche Prä­po­si­ti­on, bzw. als deut­sches Adverb oder – dar­um geht es letzt­lich hier – als deut­sches Prä­fix erkennt: »über« oder genau­er gesagt »uber«, schließ­lich spre­chen wir hier noch von der Schreib­ma­schi­nen­zeit. Und das ers­te, wor­an einen das Wort als Deut­scher in den 1960er-Jah­ren erin­ner­te, das war der »Über­mensch«. Und der hat­te noch rela­tiv fri­sche und damit hei­ße Kon­no­ta­tio­nen. Die haben sich ja mitt­ler­wei­le, wie so vie­les rela­ti­viert, abge­kühlt, man kann sich das ruhig etwas genau­er ansehen.

Beim Kra­men in der Biblio­thek eines Freun­des fiel mir das hier abge­bil­de­te Bänd­chen auf: Die Über-Ente. Aus dem Jah­re 1910. Und so modisch »über« im Eng­li­schen ist, muss­te ich stau­nen, dass man »über« im Deut­schen bereits vor 100 Jah­ren scherz­haft ver­wen­det haben soll­te. (mehr …)

WeiterlesenÜber­le­ben vs. Über-Leben

Ame­ri­kas Schwar­ze — Sicht­ba­rer denn je

bei amazon.com

Mein Inter­es­se an der Rap­mu­sik geht letzt­lich auf mei­ne Beschäf­ti­gung mit eng­li­schem Slang – ins­be­son­de­re in sei­ner ame­ri­ka­ni­schen Mach­art – zurück. Und da das alles zu Zei­ten vor dem all­mäch­ti­gen Inter­net begann – nun, man muss­te damals die Mucke eben noch tat­säch­lich hören, um neue Wör­ter zu ler­nen. Man konn­te sich nicht ein­fach – buch­stäb­lich sang- und klang­los – auf Ohh­la die ein­schlä­gi­gen Tex­te zie­hen. Aber im Gegen­satz zu allen mei­nen Bekann­ten in mei­nem Alter hat mir die Mucke nicht nur zum neu­es­ten Slang ver­hol­fen, sie hat mir auch zuneh­mend gefallen.

Rap habe ich, wie ver­mut­lich die meis­ten ande­ren hier­zu­lan­de, zum ers­ten Mal bei Blon­die gehört. Da mag jetzt man­cher jun­ge Gangs­ta nur müde lächeln. Aber dann hat er eben kei­ne Ahnung, denn Blon­dies »Rap­tu­re« war nicht nur einer der ers­ten rich­ti­gen Rap-Tracks,1 die put­zi­ge Debbie Har­ry hat in dem Song die Hip­hop­kul­tur in ihren Anfän­gen auch gleich erklärt. So wie sie ihr wie­der­um damals kein gerin­ge­rer als Fab 5 Fred­dy erklärt hatte:

Fab Five Fred­dy told me everybody’s fly
DJ spin­ning, I said “My my”.

Und das war 1980. Selbst in New York wuss­te da noch lan­ge nicht jeder Bescheid, was es mit die­ser neu­en Sub­kul­tur auf sich hat­te. (mehr …)

  1. Sie kön­nen es eine Pas­ti­che nen­nen, aber was ist dann Rap heu­te? []

WeiterlesenAme­ri­kas Schwar­ze — Sicht­ba­rer denn je