Die Faszination der Fremdsprache – alles Humbug oder was?
Man kennt das: in einer anderen Sprache klingt alles irgendwie tiefer, scheint alles mehr Gewicht zu haben. Ich könnte Dutzende von Beispielen allein aus der Musik anführen, von Leonard Cohen bis Michael Stipe. Als Übersetzer spürt man das doppelt. Die Übersetzung ist in der Tat oft nur ein platter Abklatsch eines sprachlichen Reliefs. Und dann staunt man immer wieder, wenn Ausländer, sagen wir mal in Songs und Chansons, plötzlich deutsch singen – und man spürt, dass sie das Deutsche für tiefer, faszinierender halten. Sind Fremdwörter hier ein Mittelweg? Eine Brücke? Krücke? Oder sind sie, wie ich das empfinde, über die Fachsprache hinaus alberne Angeberei?
Brander Matthews, dessen Artikel über die Funktion des Slangs ich hier in Übersetzung erstmals dem deutschen Interessierten vorstellen möchte, zitiert seinen Landsmann, den Dichter James Russell Lowell, zu einigen einheimischen Wendungen. Da man als Übersetzer grundsätzlich in der Pflicht ist, von Zitaten die Originale zu finden, habe ich nach einiger Suche die Cambridge Edition von Lowells Complete Poetical Works aufgetan; hier findet sich im Anhang die »Introduction to the Second Series of the Biglow Papers« und hier wiederum das Zitat.1
Wie auch immer, Lowell erwähnt im selben Abschnitt, in dem es um das Verhältnis des Sprechers zur eigenen und zur fremden Sprache geht, (mehr …)
- Matthews hat seine Quelle nicht angegeben, nur Lowell genannt. Vor Zeiten des Interwebs hätte einem so eine Suche Tage geraubt, jetzt sind es zehn Minuten – und die sind Keine Mühe, sondern eine Freude. [↩]









Vor ein paar Tagen sprach ich hier noch von den Bedeutungsänderungen, die einem Wort so widerfahren können. Jetzt, wo ich mir die Mühe mache, das – der ollen Fraktur wegen – nur unter ziemlichen Anstrengungen zu lesende Vorwort zu Fahrenkrügers Bailey fürs fürdere Studium abzutippen, finde ich gleich ein nettes Beispiel dafür. Fahrenkrüger erklärt im Vorwort den Gebrauch seines Dictionnaires
Will man ältere Texte korrekt übersetzen, so tut man gut daran, dabei auch ältere Wörterbücher und Lexika zu Rate zu ziehen, wenigstens nebenher, um sicher zu gehen. Wörter ändern gerne mal ihre Bedeutung, schon gar im Lauf von ein‑, zweihundert Jahren. So gehören ältere Dictionnaires einfach in die Wörterbuchsammlung des Übersetzerprofis. Und manchmal ist es auch ganz einfach lehrreich bis amüsant, einen Blick in das Vorwort so einer alten Schwarte zu werfen – trotz des optischen Kleinkriegs mit der Alten Schwabacher auf vergilbtem Papier.
Gestern habe ich mir mit einiger Verspätung endlich den neuen „Szeneduden“ geleistet, das vom Trendbüro herausgegebene Wörterbuch der Szenesprachen. Ich bin ein großer Fan, letztlich schon seit dem Trendwörterbuch von Horx, das diese ebenso nützliche wie interessante „Reihe“ seinerzeit eingeleitet hat. Noch nicht mal einer wie ich, der selbst ständig in eigener Sache die Sprachfront rauf und runter hetzt, kann all die Neuschöpfungen in seiner Datenbank haben, die die völlig unübersichtliche Szenenlandschaft heute so prägen.
Neulich kam wieder mal die peinliche Frage, wie weit ich denn mit meinem nächsten Wörterbuch – British Slang – sei… Nun, ich hoffe, ich habe mit bislang 600 Seiten etwa die Hälfte des geplanten Volumens. Aber du machst doch schon gut sieben Jahre dran rum?! Im Prinzip sind es Jahrzehnte, aber konkret, doch, das kommt in etwa hin. Wieso das nicht schneller geht? Tja, weil es eine Schinderei ist, wenn man mehr machen will als eine poplige kleine Sammlung, die von Langenscheidt & Co. abgefeilt ist; wie schon mit American Slang und Hiphop Slang möchte ich Neues zum Thema bringen. Und das ist eben gar nicht so leicht.