Darf’s ein bisschen mehr sein? Wenn der Übersetzer den Daumen mit auf die Waage legt…
Das Problem des Zitierens bei Übersetzungen habe ich vor einiger Zeit hier angesprochen. Das Zitat fügt sich in der Übersetzung aus dem einen oder anderen Grund nicht immer so in den neuen Kontext, in dem man das gerne hätte. Das ist letztlich frustrierend, aber durchaus interessant, sieht man sich doch gezwungen, sich mit dem zu befassen, was da zitiert wird. Und die mehr oder minder bewussten Prinzipien der eigenen Arbeitsweise zu überdenken…
Der Übersetzer ist ein Leser mit einer gesunden Paranoia — oder weniestens sollte er das im Idealfall sein. Er sollte verdeckte Bedeutungen erkennen, Zusammenhänge sehen. Und er ist ein Gärtner, der — je nach dem Grad dieser Paranoia — mehr oder weniger bewusst Sinn aufzupäppeln, sprich herauszuarbeiten versucht. Das gilt dummerweise auch, wenn er sieht, dass etwas barer Unfug ist. Hier ein nettes Beispiel, mit dem ich mich eben zu befassen hatte.
Sean Wilentz weist in seinem hoch interessanten Buch Bob Dylan in America darauf hin, dass Another Side of Bob Dylan, Dylans vierte LP und das erste einer Handvoll Meisterwerke aus der Mitte der Sixties, so einige poetische Klöpse enthält. Als Beispiel führt er folgenden Vers an:
With unseen consciousness, I possessed in my grip
A magnificent mantelpiece, though its heart being chipped.”
Bob Dylan, “Ballad in Plain D” (1964)
Bei flüchtigen Lesen mag das nicht weiter auffallen, aber wo wenn ein Dylan-Kenner wie Wilentz, der sogar für Bob Dylans offizielle Website schreibt eigens darauf hinweist, guckt man eben noch mal hin. Und so recht will das denn keinen rechten Sinn ergeben, auch nicht als poetisches Bild. Und als einer, in einer anderen Sprache aufgewachsen ist, (mehr …)