Ein altes neu­es Pro­blem – Sprach­rei­ni­gung à la 1878

Wem all die pseu­do­deut­schen Flos­keln auf­sto­ßen, die die letz­ten 30 Jah­re durch Über­set­zun­gen von blu­ti­gen Ama­teu­ren so ins Deut­sche gelan­gen, der sol­le sich damit trös­ten, dass dies bei­lei­be kein neu­es Pro­blem ist. Ich mei­ne damit, dass es schon immer Leu­te gege­ben hat, denen der­lei »sprach­li­che Ver­un­rei­ni­gung« auf­stößt. Wobei natür­lich die unten monier­ten Fremd­wör­ter und mein per­sön­li­ches Gräu­el, das Pseu­do­deutsch, zwei ver­schie­de­ne Paar Stie­fel sind. Oder wenigs­tens zwei­er­lei Aus­prä­gun­gen ein und des­sel­ben Pro­blems – des Unge­nü­gens an der eige­nen Spra­che (man­gels Fer­tig­keit im Umgang mit ihr viel­leicht?). Aber wie wir an Flos­keln wie “es lie­ben, etwas zu tun”, “lose Kano­nen” und “am Ende des Tages” sehen, bür­gern sich von den einen wie von den ande­ren eine gan­ze Men­ge der sprach­li­chen Gast­ar­bei­ter ein. Lesen Sie selbst …

Unter­hal­tungs­blatt des Frän­ki­schen Kurier
29. Sep­tem­ber 1878, Jahr­gang 26. Num­mer 291

Ernst- und Scherz­haf­tes über Sprachreinigung.

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  1. Der ver­gilb­te alte Fet­zen Papier war nicht immer leicht zu ent­zif­fern. Bit­te also etwa­ige Feh­ler mach­zu­se­hen. []

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Kacke hoch­mo­dern: Pennsylvanisch-deutsch

Ich weiß nicht war­um, aber alte Zei­tun­gen sind für mich inter­es­san­ter als neue. Ich bin sicher, beim nächs­ten Wei­ßeln der Küche wer­den die alten Aus­ga­ben der SZ auf dem Boden erst so recht inter­es­sant. Und das Bis­sel-Far­be-an-die-Wand wird sich schon des­halb über zwei Tage zie­hen. Aber selbst Blät­ter, die man nun sicher nicht beim Heim­wer­ken auf den Boden schmei­ßen wür­de, haben es in sich. Und das obwohl – buch­stäb­lich – immer der­sel­be Scheiß drinsteht…

1878 ist ja durch­aus ein paar Jähr­chen her. Und »Ame­ri­ka« womög­lich auch noch wei­ter weg von uns als heu­te. Und trotz­dem fan­den die Abkömm­lin­ge deutsch­spra­chi­ger Aus­wan­de­rer aus dem Elsass und der Schweiz offen­sicht­lich den­sel­ben Mist für nicht weni­ger sau­ko­misch als die Arsch­kram­pen, die heu­te hier­zu­lan­de etwas nicht »sup­port­en« oder »es nicht lie­ben, ins Kino zu gehen«. Es wirft kein gutes Licht auf die einen wie die ande­ren. Hier ein Bei­trag aus der Nürn­ber­ger Pres­se von 1878. Wo die das her haben, steht lei­der nicht dabei. Die Fuß­no­ten sind jedoch original.

Herbst­lied

In Penn­syl­va­nisch-deutsch

13. Jan. 1878 S. 1
»Haus & Welt«, Nürn­ber­ger Pres­se, Jg.VI Nr. 2

Die Luft ist rein, der Him­mel blau,
Herbst ist es den­noch anyhow,1
Von man­chem Baum die Blät­ter fallen,
Jetzt ist es Zeit, bei ihr zu cal­len.2 (mehr …)

  1. anyhow, (vul­gär, rich­tig semehow [sic]) unter allen Umstän­den. []
  2. to call, einen Besuch machen. []

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Inter­net – Para­dies für Hörspielnarren

Sind Sie auch so ein Hör­spiel­narr? Ich mei­ne jetzt nicht die Tei­le, die man in bei­gen Reclam-Heft­chen in der Schu­le lesen muss­te. Herr­gott­noch­mal! Ein Hör­spiel lesen? Das kann doch nur einer Dumpf­ba­cke von Deutsch­leh­rer in den Sinn kom­men … Hör­spie­le muss man hören … Vor­zugs­wei­se mit geschlos­se­nen Augen … in Ste­reo … und näch­tens im Bett …

Das Inter­net ist ist die Erfin­dung für Hör­spiel­n­ar­ren. Als ich so jung war wie die Zip­fel, die heu­te nicht Bes­se­res zu tun haben, als sich auf Face­book und ähn­li­chen Foren foto­tech­nisch im Suff zu prä­sen­tie­ren, da muss­te man aller­hand Ver­ren­kun­gen unter­neh­men, um ab und an mal das Fami­li­en­ra­dio in der Küche für sich zu bekom­men. Aber das war, als wür­de jemand über die Schul­ter in dei­nem Buch mit­le­sen. Und als man dann mal einen Som­mer lang Glä­ser gespült hat­te, um sich einen Kof­fer­ra­dio mit Cas­set­ten­re­cor­der zu leis­ten, war man zwar unab­hän­gig von der Fami­lie, aber hör­spiel­tech­nisch immer noch auf das Pro­gramm des Baye­ri­schen Rund­funks ange­wie­sen. Na gut, im AFN gab’s ein­mal die Woche einen Gru­sel­kri­mi. Mit­tel­wel­le. Und France Inter hat­te nach­mit­tags einen kur­zen Kri­mi. Da muss­te man aber mit ver­dammt spit­zen Fin­gern an der Lang­wel­le dre­hen. Und die Ton­qua­li­tät war immer noch mau. Aber so rich­tig schlimm war das alles auch wie­der nicht; es war eben der Stand der Tech­nik, und man war froh, dass man üer­haupt was reinbekam.

Dann, vie­le Jah­re spä­ter, kam der Satel­li­ten­funk und mit ihm Astra Digi­tal Radio. Da hat­te man dann sage und schrei­be sämt­li­che deut­schen Rund­funk­an­stal­ten in der längst ordent­li­chen Ste­reo­an­la­ge. (mehr …)

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Deut­scher Slang à la 1892 (8)

Im Mosa­ik mei­ner Bemü­hun­gen, ein Bild des­sen zu ver­mit­teln, was wir – heu­te und his­to­risch – als »Slang« bezeich­nen, möch­te ich hier eine der ers­ten Samm­lun­gen vor­stel­len, die – nach eng­li­schem Vor­bild – unter die­sem Begriff für die deut­sche Spra­che zusam­men­ge­tra­gen wur­den. Die Ein­lei­tung die­ser Samm­lung ist eben­so inter­es­sant wie auf­schluss­reich. Sie ist außer­dem einer der ers­ten Bele­ge für die Aner­kennt­nis einer gesamt­deut­schen Umgangs­spra­che, an die wir im Augen­blick, dank des Inter­nets, in rasen­dem Tem­po letz­te Hand anzu­le­gen schei­nen. Ich per­sön­lich neh­me das Fol­gen­de als ers­tes Kapi­tel mei­ner Mis­si­on, mehr Umgangs­spra­che aus allen deut­schen Gegen­den bei der Über­set­zung aus Fremd­spra­chen zu verwenden.

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Das Vor­wort zu Arnold Gen­thes, Deut­sches Slang habe ich bereits hier vor­ge­stellt. Ich möch­te im Lau­fe der nächs­ten Zeit die Samm­lung selbst vor­stel­len. Inter­es­sant dabei ist, dass Gen­the 1892 kaum ein Wort bzw. eine Wen­dung bringt, die wir nicht auch heu­te noch als soli­des Umgangs­deutsch bezeich­nen wür­den. Um der Samm­lung etwas mehr Gewicht zu geben, wer­de ich den einen oder ande­ren Ein­trag durch einen Blick in ande­re Wör­ter­bü­cher oder ins Inter­net aus­füh­ren bzw. kom­men­tie­ren. Das kann durch­aus dau­ern, schließ­lich ich muß das in Frak­tur gehal­te­ne Bänd­chen abtip­pen, lässt sich aller­dings beschleu­ni­gen, wenn die ein­schlä­gi­gen Sei­ten öfter auf­ge­ru­fen werden…

Arnold Gen­the, Deut­sches Slang

Eine Samm­lung fami­liä­rer Aus­drü­cke und Redensarten
Straß­burg: Ver­lag von Karl J. Trüb­ner, 1892.

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ein­spin­nen, v. tr., jem. verhaften.

ein­spin­nen:
1. sich e., von Rau­pen, Spin­nen Allg. —
2. trans. jem. e., ins Gefäng­nis set­zen Kobl-Ben­dorf und sonst1

ein­spin­nen st.: ‘ins Gefäng­nis ste­cken’, vgl. PfWB ein­sper­ren 1 a. Sie han ene inge­spunn (xxx). In Kai­slt wur­de 1619 ein Bür­ger ein­ge­spon­nen, weil er in betrun­ke­nem Zustand gegen einen Rats­herrn aus­fäl­lig gewor­den war [Küch­ler 131]. Süd­hess. II 141; RhWB Rhein. VIII 354; Saarbr. 108. —2 (mehr …)

  1. Rhei­ni­sches Wör­ter­buch. Bearb. und hrsg. von Josef Mül­ler, ab Bd. VII von Karl Mei­sen, Hein­rich Ditt­mai­er und Mat­thi­as Zen­der. 9 Bde. Bonn und Ber­lin 1928–1971. []
  2. Pfäl­zi­sches Wör­ter­buch. Begrün­det von Ernst Christ­mann. Fort­gef. von Juli­us Krä­mer. Bearb. von Rudolf Post. Unter Mit­arb. von Josef Schwing und Sig­rid Bin­gen­hei­mer. 6 Bde. und ein Bei­heft. Stutt­gart 1965–1998. []

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Deutsch-Ame­ri­ka­ni­sche Freund­schaft – Freun­de oder »Part­ner Drit­ter Wahl«?

Unse­re Freun­de & Ver­bün­de­ten, die Ame­ri­ka­ner, hören uns ab. Im gro­ßen Stil. Um die­se Ent­hül­lung macht man die­ser Tage einen Mords­auf­riss. Aber so ganz schlau möch­te man nicht wer­den um das Gewe­se: Gilt es haupt­säch­lich der Tat­sa­che, dass die Ame­ri­ka­ner uns abhö­ren oder dass in die­sem Kon­text ruch­bar wur­de, dass sie uns angeb­lich als Part­ner »drit­ter Klas­se« sehen? Ich ver­mag das irgend­wie nicht so recht zu sagen. Ich mei­ne aber klä­ren zu kön­nen, dass die Auf­re­gung über Zwei­tes eher unan­ge­bracht ist und wir uns auf Ers­tes kon­zen­trie­ren kön­nen.

Zunächst mal die Stel­le aus dem Spie­gel, die für all den Lärm um nichts ver­ant­wort­lich scheint: 

Vor der Spio­na­ge­wut [der NSA] ist nie­mand sicher … Nur eine hand­ver­le­se­ne Grup­pe von Staa­ten ist davon aus­ge­nom­men, die die NSA als enge Freun­de defi­niert, Part­ner zwei­ter Klas­se („2nd par­ty“), wie es in einem inter­nen Papier heißt: Groß­bri­tan­ni­en, Aus­tra­li­en, Kana­da und Neu­see­land. Die­se Län­der sei­en für die NSA „weder Zie­le, noch ver­langt sie, dass die­se Part­ner irgend­et­was tun, was auch für die NSA ille­gal wäre“, heißt es in einem „streng geheim“ ein­ge­stuf­ten Doku­ment. Für alle ande­ren, auch jene Grup­pe von rund 30 Län­dern, die als Part­ner drit­ter Klas­se („3rd par­ty“) zäh­len, gilt die­ser Schutz nicht. „Wir kön­nen die Signa­le der meis­ten aus­län­di­schen Part­ner drit­ter Klas­se angrei­fen – und tun dies auch“, brüs­tet sich die NSA in einer inter­nen Prä­sen­ta­ti­on.“1

Die Ame­ri­ka­ner haben als laut die­sem Arti­kel »Part­ner zwei­ter Klas­se« und »Part­ner drit­ter Klas­se«. Merk­wür­di­ger­wei­se scheint sich kei­ner so recht Gedan­ken dar­über gemacht zu haben, wer denn dann für die Ame­ri­ka­ner nun »Part­ner ers­ter Klas­se« sei­en. Die es die­ser Rech­nung nach ja eigent­lich geben müss­te. (mehr …)

  1. http://www.spiegel.de/spiegel/print/d‑101368241.html []

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Euro­pa? Logisch …

»Geord­ne­te Auf­lö­sung des Euro-Gebiets«? Ich will mich noch nicht mal damit befas­sen, ob das bis zur Auf­lö­sung Euro­pas an sich und zur Aus­ru­fung eines König­reichs Bay­ern füh­ren soll. Nach allem, was wir jetzt hin­ter uns haben? Tre­tet den Steu­er­hin­ter­zie­hern rund ums Mit­tel­meer in den Arsch, nicht zu ver­ges­sen allen ande­ren in allen ande­ren Staa­ten Euro­pas, und die Kar­re ist aus dem Dreck.

Nein, im Ernst. Man muss doch den Arsch offen haben, und zwar sperr­an­gel­weit, wenn man wie­der zurück will zu dümms­ter Klein­staa­te­rei. Und die­se Rück­kehr fängt mit der Rück­nah­me des Euro-Expe­ri­ments an…

»Ger­mans have not tas­te for peace.« Wis­sen Sie, woher das kommt? Dass der Deut­sche »kei­nen Sinn für den Frie­den« habe? Taci­tus hat das geschrie­ben, anno dun­nemals, in sei­ner Ger­ma­nia:

»Si civi­tas, in qua orti sunt, lon­ga pace et otio tor­peat, ple­ri­que nobi­li­um adu­le­s­cen­ti­um petunt ult­ro eas natio­nes, quae turn bel­lum ali­quod gerunt, quia et ing­ra­ta gen­ti quies et faci­li­us inter anci­pitia cla­res­cunt magnum­que comi­ta­tum non nisi vi bel­lo­que tuea­re …«1

Man kann das jetzt kom­pli­zie­ren: (mehr …)

  1. Taci­tus, Ger­ma­nia, 14.2 []

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Jäger, Samm­ler, Hams­ter & Simplicius

Wie­so ich von der »fora­ging socie­ty« am hel­lich­ten Tag auf »hei­li­ge Ein­falt!« kom­me? Kann ich Ihnen ger­ne erklä­ren. Kei­ne Ahnung, wie es Über­set­zer­kol­le­gen so geht, aber ich mache mir den lie­ben lan­gen Tag lang Noti­zen zu Inhal­ten oder Wör­tern, die mir bei der Arbeit so unter­kom­men. Nicht nur brin­gen einen Inhal­te der Bücher, die man so ins Deut­sche zerrt, auf Gedan­ken, auch Wör­ter an sich las­sen einen stut­zen, regen zum Über­le­gen an. Da war doch was …

So die­ser Tage der eng­li­sche Begriff der »fora­ging socie­ty«, d.h. einer Gesell­schaft, die sich auf der Suche nach Nah­rung befin­det, was wir Deut­sche ger­ne als »Jäger und Samm­ler« bezeich­nen – und ich mei­ne jetzt nicht die Schnäpp­chen­jä­ger, die ger­ne mal was kau­fen, was irgend­wo vom Las­ter gefal­len ist, son­dern Stein­zeit. Da kennt das Eng­li­sche schon auch die »hun­ter-gathe­rers«, sicher, aber in dem Buch, das ich gra­de über­set­ze, war eben wie­der mal von einer »fora­ging socie­ty« die Rede. Wie­der mal. Aber dies­mal fiel mir aus irgend­ei­nem uner­find­li­chen Grund der Sim­pli­ci­us Sim­pli­cis­si­mus ein. Oder der Aben­theur­li­che Sim­pli­cis­si­mus Teutsch,  wel­ches der Titel ist, unter dem er sei­ner­zeit an den Tag geben ward. (mehr …)

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Wenn Über­set­zen (mal wie­der) so gar kei­nen Spaß mehr macht.…

… dann liegt das bei mir weni­ger am Schwie­rig­keits­grad oder an der lau­si­gen Hono­rie­rung der Bran­che, son­dern dar­an, dass man Lösun­gen benut­zen soll, die ein­fach falsch sind. Und jeder Pro­fi weiß, dass sie falsch sind. Aber die ers­te Über­set­zung hat nun mal kein Pro­fi gemacht, son­dern irgend­ei­ner ver­bro­chen, der von Tuten & Bla­sen kei­ne Ahnung — und kein Wör­ter­buch — hat. Und was er damit anrich­tet! Frü­her war das viel­leicht noch nicht mal so wild, da ließ sich womög­lich gegen­steu­ern, aber heu­te mit all den elek­tro­ni­schen Medi­en, da sitzt das im Hand­um­dre­hen in der DNA.

Sehen Sie: DNA? Das ist so ein Fall. Jeder von uns hat in Bio gelernt, was  es mit der Des­oxy­ri­bo­nu­kle­in­säu­re auf sich hat. Und auch wenn man das im Ein­zel­nen alles wie­der ver­ges­sen hat, es blieb DNS. Was jetzt nicht unbe­dingt ein Pro­blem sein mag, hat unser­eins damit eh nur im Kri­mi zu tun.

Apro­pos Kri­mi: Man möch­te schier nicht glau­ben, wozu man sich in über­setz­ten Kri­mis so alles »ver­schwört«! (mehr …)

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Zitie­ren als Rei­gen oder die Bür­de des Zitats für den Übersetzer

Immer wie­der bei der Über­set­zung eines Sach­buchs fällt einem auf, dass Autoren Stel­len aus ande­ren Büchern zitie­ren, die selbst nur Zita­te sind. Ich habe bis­her noch nicht erlebt, dass auch nur einer auf das ursprüng­li­che Zitat zurück­ge­gan­gen wäre. Er hät­te dann viel­leicht die eine oder ande­re Über­ra­schung erlebt. Da fehlt dann durch­aus mal ein Wort des Ori­gi­nal­zi­tats. Wenn es durch vie­le Hän­de bzw. Bücher gegan­gen ist, dann feh­len auch mal mehr oder es kommt was dazu.

So es ist auch schon vor­ge­kom­men, dass die – womög­lich in einem lan­gen Rei­gen – tra­dier­te Stel­le, wenn schon nicht das Gegen­teil des­sen aus­sagt, was der Autor damit bele­gen woll­te, so immer­hin sein Argu­ment nicht in dem Maße för­dert, wie er sich das vor­ge­stellt hat.
Aber las­sen Sie mich hier nur ein klei­nes Bei­spiel aus mei­ner jüngs­ten Arbeit anfüh­ren, weil die Anek­do­te doch alles in allem auch für sich allei­ne ganz wit­zig ist.

Der Autor1, den ich gra­de in der Mache habe, möch­te einen Beleg dafür anfüh­ren, wie gewalt­tä­tig das rit­ter­li­che Mit­tel­al­ter doch war, bevor sich die höfi­sche Kul­tur – er beruft sich da auf Nor­bert Eli­as – Schluss mach­te mit der Feu­dal­an­ar­chie und hin­ter­fot­zi­ge­re Metho­den des Durch­set­zens ersann – die man heu­te so als Mob­bing bezeich­nen würde.

Es sei sei­ner­zeit im rit­ter­li­chen Euro­pa zuge­gan­gen wie in den Stein­zeit­ge­sell­schaf­ten (mehr …)

  1. da es sich um ein Manu­skript han­delt, nicht um ein bereits gedruck­tes Buch, asse ich den namen mal lie­ber weg []

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Ein Schuss und sie­ben Lei­chen wälz­ten sich in ihrem Blut…

So oder so ähn­lich, mei­ne ich, hieß es mal. (Oder bil­de ich mir das nur ein?) Ver­wechs­le ich das mit »Drin­nen saßen ste­hend Leu­te…«? Na, sei’s drum, jeden­falls haben wir eine Schwä­che für unter­halt­sa­men Mord und Tot­schlag. Solan­ge er auf Papier, Lein­wand oder Bild­schirm beschränkt bleibt. Logisch. Und wir sind uns ver­mut­lich alle einig, dass wir noch nie so mas­siv mit »fik­ti­ver« Bru­ta­li­tät bom­bar­diert wur­den wie heu­te. Aber war das tat­säch­lich jemals anders? Mal abge­se­hen davon, dass es nie sovie­le Autoren und Leser gab. Aber gra­de mal »sie­ben«? Dass ich nicht lache …

Wir sind ja alle damit aufgewachen:

Da Hero­des nun sah, daß er von den Wei­sen betro­gen war, ward er sehr zor­nig und schick­te aus und ließ alle Kin­der zu Beth­le­hem töten und an sei­nen gan­zen Gren­zen, die da zwei­jäh­rig und dar­un­ter waren, nach der Zeit, die er mit Fleiß von den Wei­sen erlernt hat­te. Mat­thä­us 2,161

Egal, ob wir nun katho­lisch oder evan­ge­lisch erzo­gen wur­den, die Weih­nachts­ge­schich­te ist uns wohl allen prä­sent. Mehr oder weni­ger. Und wo wir schon bei Kin­dern sind. Die Hexe aus Hän­sel und Gre­tel ist auch nicht von Pap­pe. Sie hät­te die Klei­nen auch noch schmack­haft gewürzt ver­tilgt. Wir ken­nen das, es ging uns allen genau­so zum einen Ohr rein wie zum ande­ren raus, die Bibel wie Grimms Mär­chen, mit all den ent­setz­li­chen Sachen, die da pas­sie­ren. Oder schlim­mer noch, sind wir nicht alle mit der Figur des ans Kreuz Geschla­ge­nen auf­ge­wach­sen? Ein Skan­dal? Hm. Ver­mut­lich wenn es Ted­dy oder Bar­bie gewe­sen wäre.

Trotz­dem kann man nicht umhin, sich hin und wie­der zu Ver­glei­chen gezwun­gen zu sehen. (mehr …)

  1. Luther Bibel (1912 []

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Deut­scher Slang à la 1892 (7)

Hier die nächs­ten bei­den Sei­ten von Arnold Gen­thes Slang-oder-was auch ‑immer-er-dafür-hielt-Samm­lung  aus dem Jah­re 1892. Ich den­ke, mitt­ler­wei­le ist rela­tiv klar, dass das heu­te recht haus­ba­cke­ne Kost ist. Es wäre wirk­lich inter­es­sant zu wis­sen, inwie­fern das alles – oder wenigs­tens ein Gut­teil davon – tat­säch­lich »Mode­wa­re« war, denn das ist ja Slang, Mode­wort­schatz. Sprich, ein gewis­ser Zeit­be­zug soll­te gege­ben sein. Wenn wir heu­te von »gut­ten­ber­gen« oder dem »Gut­ten­berg-Prin­zip« spre­chen oder davon, »den Gut­ten­berg zu machen«, dann ist das Slang; wenn Gen­the nun 1892 in eine Slang­lis­te »Drü­cke­ber­ger« auf­nimmt, hat­te das dann auch die­sen Zeit­be­zug, die­sen beson­de­ren Grund, dass das Wort damals der­art im Schwan­ge war? Falls es denn tat­säch­lich der­art im Schwan­ge war…

Arnold Gen­the, Deut­sches Slang

Eine Samm­lung fami­liä­rer Aus­drü­cke und Redensarten
Straß­burg: Ver­lag von Karl J. Trüb­ner, 1892.

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[page 13]

Drü­cke­ber­ger, m., heißt einer der sich drückt.

Wenn wir mal davon aus­ge­hen, dass es sich dabei in ers­ter Linie um jeman­den han­del­te, der sich vor dem Wehr­dienst drückt und Küp­per1 das Wort auf »etwa seit 1850« datiert, könn­te das durch­aus in Mode gewe­sen sein in einer Zeit, in der man noch »gedient« haben muss­te, um eine ordent­li­che Stel­le zu krie­gen. Bei Röh­rich heißt es: »Wer sich wie­der­holt erfolg­reich einer Pflicht ent­zo­gen hat, wird seit dem Ende des 19. Jahr­hun­derts auch ›Drü­cke­ber­ger« genannt.«2

druck­sen, v. int., (an etwas rum­druck­sen); an etwas län­ger Zeit ohne Ergeb­nis arbeiten.

drum, adv., dar­um; Red.; drum rum kom­men = um einen erhoff­ten Genuß kom­men. (mehr …)

  1. Wör­ter­buch der deut­schen Umgangs­spra­che []
  2. Lexi­kon der sprich­wört­li­chen Redens­ar­ten []

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Deut­scher Slang à la 1892 (6)

Herz­lich zahm bis­lang, der deut­sche »Slang« aus der Zeit des Fin de Siè­cle. Die sechs­te Lie­fe­rung wird an die­sem Ein­druck nichts ändern. Was mit­nich­ten bedeu­tet, dass die Samm­lung nichts Inter­es­san­tes birgt. Als eine der ers­ten Samm­lun­gen, die man – nach eng­li­schem Vor­bild – unter dem Begriff Slang hier­zu­lan­de zusam­men­ge­tra­gen hat, bringt Arnold Gen­thes Deut­sches Slang für heu­te Begrif­fe eher Alt­ba­cke­nes, wor­in ande­rer­seits aber auch gera­de wie­der die Fas­zi­na­ti­on die­ser Samm­lung liegt. Schließ­lich muss es doch erstau­nen, wie lan­ge sich man­che Wör­ter im Zwi­schen­reich zwi­schen Lite­ra­tur­deutsch und Ver­ges­sen zu hal­ten ver­mö­gen. Sie sind über 100 Jah­re in jeder Mun­de und stie­gen doch nie so recht auf in die Sphä­re der Hoch­an­stän­dig­keit, leg­ten ihre »Flap­sig­keit« nie so recht ab.

Gen­thes Samm­lung ist außer­dem einer der ers­ten Bele­ge für die Aner­kennt­nis einer gesamt­deut­schen Umgangs­spra­che, an die wir im Augen­blick, dank des Inter­nets, in rasen­dem Tem­po letz­te Hand anzu­le­gen schei­nen. Ich per­sön­lich neh­me das Fol­gen­de als Etap­pe mei­ner Mis­si­on, mehr Umgangs­spra­che aus allen deut­schen Gegen­den bei der Über­set­zung aus Fremd­spra­chen zu ver­wen­den. Das Vor­wort zu Arnold Gen­thes, Deut­sches Slang habe ich bereits hier vor­ge­stellt.

Arnold Gen­the, Deut­sches Slang

Eine Samm­lung fami­liä­rer Aus­drü­cke und Redensarten
Straß­burg: Ver­lag von Karl J. Trüb­ner, 1892.

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[page 11]

dabei, adv., Red.; was ist denn dabei? = was scha­det das?

Dach, n., Red.: jem. auf’s Dache stei­gen, ihn stra­fen, zur Rechen­schaft zie­hen, ihm Ver­nunft machen.

dahin­ter, adv., Red.: sich dahint legen, machen, setz­ten = anfan­gen, etwas eif­rig zu betreiben.

dal­bern, v., lär­men­den Spaß, Unsinn machen, sich kin­disch betra­gen. Sub­st. Dal­be­rei, f. (mehr …)

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nuts

SlangGuy's Online-Slang-Wörterbuch: Englisch-Deutsch 1 Adj note: in dieser Bedeutung seit 1846 (!) belegt [verrückt; wahnsinnig] [bekloppt; plemplem; bescheuert; beknackt; spinnert; spinnig; jd spinnt; jd hat sie nicht merh alle; jd…

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