Mord­sa­che ‘Dün­ner Mann’ – die Trai­ler (1)

Vor eini­ger Zeit hat­te ich hier den Phi­lo Van­ce-Kri­mi mit Wil­liam Powell vor­ge­stellt und bereits dar­auf hin­ge­wie­sen, dass der auch einen wei­te­ren berühm­ten Film­de­tek­tiv gespielt hat: Nick Charles. Powell war einer der Schau­spie­ler, denen ihre Stim­me aus der Stumm­film­zeit in die des Ton­films gehol­fen hat. Bei so man­chen Stars, vor allem weib­li­chen, lief das eher ja anders her­um. Trotz­dem war der Schau­spie­ler 1934 in Hol­ly­wood auf dem abstei­gen­den Ast, als er mit The Thin Man Film­ge­schich­te schrieb. Er wur­de für sei­ne Dar­stel­lung von Dashiell Ham­mets alko­ho­li­sier­tem Detek­tiv sogar für den Oscar nomi­niert – die ers­te von ins­ge­samt drei Nomi­nie­run­gen übri­gens. Er war 1937 der größ­te Kas­sen­ma­gnet nach Clark Gab­le und… tja, Shir­ley Temp­le.

Nun, wie auch immer, ich habe nach der Ent­de­ckung der Phi­lo Van­ce-Kis­te mei­ne alten Thin Man-Cas­set­ten (oh ja, VHS!) raus­ge­sucht und ange­schaut. Und dann die Ori­gi­nal­trai­ler für die sechs Strei­fen der Thin Man-Rei­he gesucht und hier zusam­men­ge­stellt. The Thin Man kam 1934 in die Kinos. Das Buch ent­stand wie gesagt nach einem Roman von Dashiell Ham­mett, sei­nem letz­ten übri­gens. Es geht aus dem Film nicht ganz klar her­vor, aber die Hand­lung spielt zur Zeit des Alko­hol­ver­bots… (mehr …)

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Mei­nungs­bil­dung zur Mei­nungs­ma­che in Thril­ler-Form: Die Somalia-Doktrin

Ent­wick­lungs­hil­fe ja / nein? Soll der Staat was geben und falls ja wem? Soll man gar als krö­ten­ar­mer Pri­vat­mensch spen­den? Dass einem ein Thril­ler hier bei der Mei­nungs­bil­dung hel­fen soll­te, klingt im ers­ten Augen­blick viel­leicht etwas abwe­gig. Aber so etwas gibt’s. Und Sie kön­nen das, falls Sie wol­len, so gut wie umsonst nach­prü­fen. Alles, was Sie brau­chen, ist ein Kind­le-Rea­der und knapp drei Tacken fürs ers­te Buch. Einen Hau­drauf von einem Ken­ner der Mate­rie, der Sie durch­aus zum Nach­den­ken anre­gen wird…

Wir haben das ja in der Schu­le gelernt, in Geo­gra­phie, wie ich mich erin­ne­re: Ent­wick­lungs­hil­fe ist gut.1 Die bringt unge­mein was für die armen Unter­ent­wi­ckel­ten die­ser Welt. Und dann kam als Bei­spiel Rour­ke­la, das deut­sche Stahl­werk in Indi­en aus den 1950er-Jah­ren. Den hal­ben Urwald haben sie dafür abge­holzt. Super. Stadt­pla­nung auf dem Reiß­brett. Drei Dut­zend Dör­fer umge­sie­delt. Beein­dru­ckend, sicher, aber das war irgend­wie wohl auch die Kolo­nia­li­sie­rung der hal­ben Welt durch eine klei­ne Nord­see­insel, Herr­gott­noch­mal. Ich (mehr …)

  1. Ich spre­che von den 1960er-Jah­ren. Falls dem heu­te nicht mehr so ist, hin­ter­las­sen Sie gern einen Kom­men­tar… []

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Ange­li­tos Negros – Male mir schwar­ze Engel

Klick zu Amazon!

Es gibt Songs, die einen nach dem ers­ten Hören nicht mehr, womög­lich nie wie­der los­las­sen. Egal ob “Cas­ta Diva”, “Suzan­ne” oder “Sweet Home Ala­ba­ma”, sie wol­len einem nicht mehr aus dem Kopf & kom­men einem in den merk­wür­digs­ten Augen­bli­cken in den Sinn. Und dann gibt es LPs, die fast voll sol­cher Songs sind. Wann immer man sie auf­legt, denkt man: “Okay, das war’s jetzt, das waren alle guten Songs.” Und dann kommt noch einer und noch einer. Ges­tern hat­te ich, mit jah­re­lan­ger Ver­spä­tung, wie­der mal eine sol­che – und oben­drein uralte – LP in der Post. Anlass, nach fast drei Mona­ten beruf­li­chen Ärgers eine Kan­ne Tee auf­zu­brü­hen und beim Hören des Schat­zes ein biss­chen dazu im Web zu wühlen…

Ich weiß nicht mehr, wie ich dazu kam, mir die Plat­te zu kau­fen, viel­leicht hat man sie im Baye­ri­schen Rund­funk auf­ge­legt, viel­leicht hat­te ich sie im Inter­nat (Inter­nat – nicht Inter­net!) bei einem Mit­schü­ler gehört, der ein gro­ßer Soul­fan war und eine Men­ge ein­schlä­gi­ges Vinyl dazu hat­te. Ich spre­che von First Take, dem 1969er Debüt der schwar­zen Soul­sän­ge­rin Rober­ta Flack, die schließ­lich mit “Kil­ling Me Soft­ly” einen Welt­hit  hat­te und dann, nein, nicht wie­der ver­schwand, es gibt sie ja noch, sie hat die­ses Jahr bereits eine CD (Let It Be Rober­ta) her­aus­ge­bracht, aber irgend­wie nie so prä­sent war, wie eine Inter­pre­tin von ihrem Kali­ber es ver­dient hät­te. Oder viel­leicht lag’s auch an mir…

Wie dem auch sei, First Take ist und bleibt womög­lich ihre ganz gro­ße Plat­te und eine Plat­te mit aus­schließ­lich ganz gro­ßen Songs. Und der Song, der mir nicht mehr aus dem Kopf woll­te oder den ich als ers­ten hör­te, das war “Ange­li­tos Negros”. Und es ist auch der Song, der mich jüngst wie­der auf First Take gebracht hat. Über Umwe­ge. (mehr …)

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Dai­sy – Begeg­nung der drit­ten Art

Hör­bü­cher haben Kon­junk­tur. Ob die Leu­te nun zu faul zum Lesen sind oder nur die Augen scho­nen wol­len, kei­ne Ahnung, aber ein von einem aus­ge­bil­de­ten Spre­cher gele­se­nes Buch hat sei­nen eige­nen Reiz. Aber was, wenn einen nun kei­ner der Best­sel­ler inter­es­siert, die es auf CD zu kau­fen gibt? Oder wenn man als lite­ra­risch inter­es­sier­ter Seh­be­hin­der­ter dar­auf ange­wie­sen ist, sich eine gan­ze Men­ge mehr vor­le­sen zu las­sen als das, was im Han­del erhält­lich ist? Wie wäre es denn, wenn man sich Bücher von sei­nem Com­pu­ter vor­le­sen lässt? Es gibt Soft­ware dazu seit lan­gem, und ich habe immer wie­der mal eine aus­pro­biert. Aber nie eine gefun­den, von der ich mir etwas vor­le­sen las­sen möchte.

Wer erin­nert sich nicht an sei­ne ers­te Sound­kar­te? Ein Sound­blas­ter ver­mut­lich. So groß war die Aus­wahl damals nicht. An On-Board-Sound war noch lan­ge nicht zu den­ken. Es gab zum Sound­blas­ter diver­se Soft­ware. Und damals war alles am Com­pu­ter noch so neu, dass man es auch tat­säch­lich aus­pro­biert hat. Zum Bei­spiel konn­te man sich klei­ne Sound­clips aus Fil­men machen, wenn man eine TV-Kar­te hat­te. Aus fremd­spra­chi­gen Fil­men zum Bei­spiel. Natür­lich geht das heu­te auch noch und viel ein­fa­cher, aber wen inter­es­siert es noch? Zu Zei­ten von Win­dows 3 war das neu, wit­zig, fast auf­re­gend. Und dann hat­te der Sound­blas­ter noch eine Sprach­funk­ti­on. Da konn­te man sich dann, von der einen oder ande­ren Car­toon-Figur gele­sen, an irgend­et­was erin­nern las­sen. Man brauch­te nur einen Text ein­zu­tip­pen, der wur­de dann von der Com­pu­ter­stim­me gele­sen. Die klang bes­ser als erwar­tet, egal für wel­che man sich ent­schied, aber selbst­ver­ständ­lich fehl­te jede emo­tio­nel­le Bezie­hung zum Wort. Von der doch recht eige­nen Aus­spra­che vie­ler Wör­ter ganz zu schwei­gen. Von HAL kei­ne Spur.

Sich län­ge­re Text­pas­sa­gen vor­le­sen zu las­sen, hat­te, so inter­es­sant es immer gewe­sen wäre, etwas Absur­des. Hin und wie­der hat man dann den einen oder ande­ren Rea­der aus­pro­biert, auf den man im Web gesto­ßen ist, aber geän­dert hat­te sich an der man­geln­den Qua­li­tät nichts.

Seit eini­ger Zeit sto­ße ich im Inter­net Archi­ve immer öfter auf das For­mat Dai­sy. Das ist ein Acro­nym und steht für »Digi­tal Acces­si­ble Infor­ma­ti­on Sys­tem«. (mehr …)

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Über­set­zen – schon beim Mot­to fängt es an

Der Leser einer Über­set­zung ahnt in der Regel nichts von den klei­nen und grö­ße­ren Pro­ble­men, die eine sol­che mit sich bringt. Etwa dass der Über­set­zer, stößt er im Aus­gangs­text auf ein Zitat, nach­schla­gen muss, ob das bereits mal über­setzt wur­de, und die­se Über­set­zung dann auf­zu­trei­ben hat. Was wie­der­um sei­ne eige­nen Pro­ble­me mit sich bringt; ganz zu schwei­gen davon, dass es Zeit kos­tet. Aber das gehört eben dazu. Ner­vig wird es frei­lich, wenn die nach eini­gem Suchen auf­ge­trie­be­ne Über­set­zung den gesuch­ten Satz nur halb ent­hält oder gar nicht. Oder der Satz par­tout nicht in den Kon­text pas­sen will, selbst wenn er nicht falsch über­setzt ist, oder wenn er falsch über­setzt ist, was noch mehr fuchst.

Sean Wil­entz stellt sei­nem Buch Dylan in Ame­ri­ca ein Zitat von Walt Whit­man vor­an: »Only a few hints – a few dif­fu­sed, faint clues and indi­rec­tions…« Die Zei­le ist aus dem Gedicht »When I read the book«, und das gemein­te Buch ist eine Bio­gra­phie. Whit­man stellt die Fra­ge, was einem die Bio­gra­phie eines ande­ren wirk­lich zu sagen ver­mag? Wo doch so offen­sicht­lich Zwei­fel dar­an bestehen, ob man selbst so viel über sein Leben weiß.

WHEN I READ THE BOOK.

WHEN I read the book, the bio­gra­phy famous,
And is this then (said I) what the aut­hor calls a man’s life?
And so will some one when I am dead and gone wri­te my life?
(As if any man real­ly knew aught of my life,
Why even I mys­elf I often think know litt­le or not­hing of my real life,
Only a few hints, a few dif­fu­sed faint clews and indirections
I seek for my own use to trace out here.)

Nun, ich habe nur ein altes Bänd­chen hier ste­hen, was Whit­man auf Deutsch anbe­langt: die von Wil­helm Schö­ler­mann aus­ge­wähl­te und über­tra­ge­ne Samm­lung Gras­hal­me aus dem Jah­re 1904.1 Und Schö­ler­mann macht aus dem Gedicht fol­gen­des: (mehr …)

  1. Ver­legt bei Eugen Died­richs Leip­zig. []

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Inter­net Libra­ry, Open Libra­ry & Emil und die Detektive

Wenn man als Über­set­zer von etwas nicht genug haben kann, dann sind das Bücher. Oder wenigs­tens eine Biblio­thek in der Nähe. Wes­we­gen ich immer die Kol­le­gen in Mün­chen, Frank­furt, Ham­burg oder Ber­lin benei­de. Nicht dass ich mich über die Nürn­ber­ger Biblio­the­ken beschwe­ren möch­te. Aber es ist halt kei­ne Staats­bi­blio­thek dar­un­ter. Umso wich­ti­ger ist für mich, was an Biblio­the­ken so im Web zu fin­den ist. Und an die­sem ver­reg­ne­ten Mor­gen habe ich etwas aus­pro­biert, was ich mir schon vor eini­ger Zeit notiert hatte.

Ich spre­che von mei­nem Besuch bei einer Ein­rich­tung namens Open Libra­ry. Auf die bin ich irgend­wann über das Inter­net Archi­ve gekom­men. Ich brau­che das in San Fran­cis­co behei­ma­te­te und längst als gemein­nüt­zi­ge Biblio­thek aner­kann­te Buch‑, Film- und Musik­mons­ter nicht eigens vor­zu­stel­len. Man kann sich dort aus Mil­lio­nen von gemein­frei­en Titeln bedie­nen. Im Medi­um sei­ner Wahl. Und irgend­wann begann ich dort auf Bücher zu sto­ßen, die eben nicht ein­fach als Pdf- oder txt-Datei zu zie­hen waren; sie waren mit einem Ver­weis auf eine Open Libra­ry ver­se­hen. Dort hieß es dann Regis­trie­ren, Lese­ge­rät, Bab­bel­di­ba, und das macht man nicht ein­fach so neben­bei; da zer­schießt man sich schnell mal mit­ten unter der Arbeit die Instal­la­ti­on. Zu schwei­gen, dass man sich Nut­zer­na­men & Pass­wör­ter aus­den­ken und notie­ren muss. Also hab ich’s mir notiert. Und hin und wie­der emp­fiehlt es sich, all die Noti­zen abzu­ar­bei­ten, die man sich so macht. Oder wenigs­tens ein paar davon. Heu­te habe ich mich da, wie gesagt, mal ange­mel­det. (mehr …)

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John Reed – Poet

In sei­nem Vor­wort zu der von ihm her­aus­ge­ge­be­nen Antho­lo­gie ame­ri­ka­ni­scher Lyrik From Totems to Hip-Hop gibt Ishma­el Reed sei­nem Unwil­len dar­über Aus­druck, wie vie­le gro­ße Dich­ter aus dem einen oder ande­ren Grund in den »offi­zi­el­len« Antho­lo­gien fehlen.Vor alle Schwar­ze, Lati­nos und India­ner fin­det man dar­in kaum. Reeds Ansicht nach wer­den deren Gedich­te Antho­lo­gien nur zum Schluss »auf­ge­setzt«, von Her­aus­ge­bern, die in der Regel nicht den Hauch einer Ahnung von mul­ti­kul­tu­rel­ler Lite­ra­tur haben. Die küren dann etwa den »bes­ten« schwar­zen Dich­ter, ohne auch nur einen ande­ren zu ken­nen. Und das gel­te durch­aus auch für wei­ße Dich­ter, die den Kul­tur­ver­we­sern  miss­fal­len, aus poli­ti­schen Grün­den zum Beispiel…

So schreibt er fol­gen­des, das mich aus einem ganz ande­ren Grund erstaunt:

»John Reed, ein kon­tro­ver­ser wei­ßer Dich­ter, war einer der inter­es­san­tes­ten Dich­ter des 20. Jahr­hun­derts. Sein Stil nahm den der Beats vor­weg, aber sei­ner poli­ti­schen Hal­tung wegen fehlt er in den meis­ten Anthologien.«

Man kennt John Reed vor allem als den Autor von Zehn Tage, die die Welt erschüt­ter­ten, dem Buch, in dem er die rus­si­sche Okto­ber­re­vo­lu­ti­on aus der Per­spek­ti­ve des Augen­zeu­gen schil­dert. War­ren Beat­ty hat es als Reds mit sich und Dia­ne Kea­ton in den Haupt­rol­len ver­filmt. Ser­gei Eisen­stein hat sich den Titel für sei­nen Film Okto­ber als Unter­ti­tel ausgeborgt.

Aber als Dich­ter? Nie gehört. Ob das nur an den Her­aus­ge­bern von Antho­lo­gien liegt, von denen ich auch ein paar her­um­lie­gen habe. (mehr …)

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Aben­teu­er der Biblio­theks­re­cher­che – am Feiertag

aus The Tri­umphs of Temper

Wie­der ein­mal die Erfül­lung im Web. Früh mor­gens an einem Fei­er­tag ein kom­ple­xe­res Pro­blem bei einer Über­set­zung lösen zu kön­nen, ohne den Schreib­tisch zu ver­las­sen. Nicht dass man, Fei­er­tag hin oder her, so recht gewusst hät­te wohin um die­se Zeit. Biblio­the­ken, zumal die deut­schen, sind hin­sicht­lich ihrer Öff­nungs­zei­ten alles ande­re als ent­ge­gen­kom­mend. Und das damp­fen­de Täss­chen Tee mit dem Weih­nachts­ge­bäck dane­ben wäre dort ver­mut­lich auch nicht gern gese­hen. Zu schwei­gen von Kyle East­woods groß­ar­ti­gem Debüt From Here To The­re

Wie auch immer, bei der Über­set­zung von Ches­ter­tons Bla­ke-Bio­gra­phie, die ich mir übungs­hal­ber neben­bei gön­ne, gibt es aller­hand nach­zu­schla­gen; die Geschich­te spielt eben in einer ande­ren Zeit. So heißt es bei Ches­ter­ton über einen Gön­ner Blakes folgendermaßen:

Es leb­te zu die­ser Zeit in dem klei­nen Wei­ler Eart­ham in Sus­sex ein schlich­ter, herzens­guter, aber eini­ger­ma­ßen bedeu­ten­der Land­junker namens Hay­ley. Er war Grund­be­sit­zer und Aris­to­krat, gehör­te aber zu denen, deren Eitel­keit durch der­lei Funk­tio­nen nicht zu befrie­di­gen sind. Er sah sich als För­de­rer der Dicht­kunst; was durch­aus zutraf, nur war er– ach! – auf eine Idee ver­fal­len, die weit mehr Anlass zur Sor­ge gab: Er wähn­te sich selbst als Poet. Ob jemand die­se Ansicht teil­te, wäh­rend er noch als Herr sei­ner Güter der Jagd frön­te, ist heu­te schwer zu sagen. Mit eini­ger Sicher­heit ist dem heu­te jeden­falls nicht mehr so. »The Tri­umphs of Tem­per«, das ein­zi­ge Poem Hay­leys, an das der moder­ne Mensch sich erin­nern könn­te, ist wohl nur des­halb in Erin­ne­rung geblie­ben, weil Macau­lay damit in einem Essay spöt­tisch einen sei­ner klin­gen­den Sät­ze krön­te. Nichts­des­to­we­ni­ger war Hay­ley zu sei­ner bes­ten Zeit ein eben­so mäch­ti­ger wie wich­ti­ger Mann, als Dich­ter noch unerschüt­tert, als Grund­herr schlicht nicht zu er­schüttern. Aber wie alle schlicht unvertret­baren eng­li­schen Olig­ar­chen war er von einer unmä­ßi­gen Gut­mü­tig­keit, die irgend­wie aus­glei­chend oder schüt­zend wirk­te, was sei­ne offen­sicht­li­che Untaug­lich­keit und sein Unver­mö­gen anging. Er war fehl am Platz, hat­te aber das Herz auf dem rech­ten Fleck. Die­sem tadel­lo­sen und strah­len­den Herrn der Schöp­fung, zu selbst­zu­frieden, um arro­gant, zu solenn kin­disch, um zynisch zu sein, zu behag­lich in sei­ner Exis­tenz, um an sich oder ande­ren zu zwei­feln, die­sem Man­ne also stell­te Flax­man, ach was, schleu­der­te Flax­man die weiß­glü­hen­de Kanonen­kugel namens Bla­ke an die Brust. Ich fra­ge mich, ob Flax­man dabei wohl gelacht hat. Ande­rer­seits knit­tert und ver­zerrt Lachen die kla­re Linie des griechi­schen Profils.

Das Pro­blem dabei? Nun, vor allem zwei Namen und ein Zitat, das zwar nicht direkt zitiert wird, von dem ich aber doch ger­ne wüss­te, wor­um es dabei geht. Macau­lay ist bekannt, auch wenn ich mich nie mit ihm befasst habe, (mehr …)

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Stunts, Esel, Ärsche & sons­ti­ge Stückchen

zu amazon.com

Vor Jah­ren habe ich mal für den Han­ni­bal Ver­lag einen Band mit Song­tex­ten des Rap­pers Emi­nem über­setzt. Eine eben­so inter­es­san­te wie undank­ba­re Auf­ga­be, da so etwas zwangs­läu­fig zu einer Grat­wan­de­rung zwi­schen plum­per Wört­lich­keit, asso­zia­ti­ver Frei­heit, Gereimt- und Unge­reimt­heit gera­ten muss. Die Maß­ga­be, das Gan­ze Zei­le für Zei­le rhyth­misch les­bar zu hal­ten, ließ sich als ein­zi­ge durch die Bank erfüllen.

Das Publi­kum, das sol­che Über­set­zun­gen liest, ist nicht das­sel­be, das Gedich­te liest. Es kann mit Frei­hei­ten nichts anfan­gen; das Inter­net sorgt dafür, dass es die Tex­te im Ori­gi­nal vor­lie­gen hat, da will man das wie­der­fin­den, was man ver­steht oder zu ver­ste­hen meint. Dar­aus ent­steht grund­sätz­lich ein fata­ler Zwang zu einer Wört­lich­keit, die nicht nur der Über­set­ze­rei an sich scha­det, son­dern sich längst auf die Ent­wick­lung der deut­schen Spra­che aus­zu­wir­ken begon­nen hat: Wenn heu­te alles »einen Unter­schied macht«, anstatt »eine Rol­le zu spie­len«, wenn man es heu­te »liebt, ins Kino zu gehen«, anstatt dies gott­ver­dammt­noch­mal ein­fach »ger­ne« zu tun, wenn ich für mein Han­dy einen bestimm­ten Adap­ter »möch­te«, anstatt ihn ein­fach zu »brau­chen«, dann prä­gen Über­set­zungs­feh­ler – und dar­un­ter wäre das alles bis in die 1980er gefal­len – das heu­ti­ge Deutsch.

Das Pro­blem begann übri­gens sei­ner­zeit schon mit dem Lek­to­rat, des ame­ri­ka­ni­schen – geschwei­ge denn des Hip­hop-Slangs – völ­lig unkun­dig, viel zu viel – Gott sei’s gedankt nicht alles! – auf die Über­set­zung von Wör­tern redu­zier­te, (mehr …)

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Recher­che als müßi­ges Aben­teu­er – eini­ge Betrachtungen

Müßi­ger Leser! Im letz­ten Teil von Bran­der Matthews Arti­kel über die Funk­ti­on des Slangs zitiert er Cer­van­tes’ Don Qui­jo­te, was Bil­dung und Schick­sal neu­er Wör­ter angeht. Da das Buch bereits über­setzt ist, schlägt man als Über­setzer natür­lich in die­ser bereits vor­han­de­nen Über­tra­gung nach. Nicht weil man zu faul ist, das sel­ber zu erle­di­gen, son­dern weil sich das nach den Regeln der Zunft so gehört. Und es ist meist ein rech­ter Auf­wand, der mit Biblio­theks­be­su­chen und weiß der Kuckuck was sonst noch ver­bun­den ist. Das Inter­net jedoch macht einem das alles erheb­lich leich­ter, gera­de­zu ver­gnüg­lich manchmal.

Check it out!

Vom Don Qui­jo­te gibt es meh­re­re Über­set­zun­gen, von denen die älte­ren im Web zu fin­den sind. Die neue und viel gerühm­te Über­tra­gung von Susan­ne Lan­ge steht auf mei­ner lan­gen Einkaufsliste…

Wie auch immer, bei Bran­der Matthews heißt es:

It hap­pens that Don Qui­xo­te pre­ce­ded Pro­fes­sor Whit­ney in this expo­si­ti­on of the law, for when he was ins­truc­ting Sancho Pan­za, then about to be appoin­ted gover­nor of an island, he used a Lati­ni­zed form of a cer­tain word1 which  had beco­me vul­gar, explai­ning that “if some do  not under­stand the­se terms it mat­ters litt­le, for cus­tom will bring them into use in the cour­se of  time so that they will be rea­di­ly unders­tood. That is the way a lan­guage is enri­ched; cus­tom  and the public are all-powerful the­re.“2

oder bei mir:

Ganz zufäl­lig ist Don Qui­xo­te Pro­fes­sor Whit­ney mit die­ser Aus­le­gung des Geset­zes zuvor­ge­kom­men, denn bei sei­ner Unter­wei­sung Sancho Pan­sas, der eben zum Statt­hal­ter einer Insel ernannt wer­den soll, bedien­te der Mann von der Man­cha sich einer lati­ni­sier­ten Form eines gewis­sen Wor­tes, das vul­gär gewor­den war, und erklär­te dabei: »und wenn auch man­cher die­ses Wort nicht ver­steht, so scha­det es wenig, denn der Gebrauch wird es mit der Zeit ein­füh­ren, so daß es als­dann leicht ver­stan­den wird, und die­ses heißt die Spra­che berei­chern, über wel­che die Men­ge sowie die Gewohn­heit immer ihre Macht aus­üben.«3

Die eng­li­sche Über­set­zung, die hier zitiert wird, ist rela­tiv schnell gefun­den, (mehr …)

  1. die Rede ist von rülp­sen: —Erut­ar, Sancho, quie­re decir regold­ar, y éste es uno de los más tor­pes voca­blos que tiene la len­gua cas­tel­la­na, aun­que es muy sini­fi­ca­tivo; y así, la gen­te curio­sa se ha aco­gi­do al latín, y al regold­ar dice erut­ar, y a los regüel­dos, erut­a­cio­nes; y, cuan­do algu­nos no enti­en­den estos tér­mi­nos, impor­ta poco, que el uso los irá intro­du­ci­en­do con el tiem­po, que con facil­idad se enti­en­dan; y esto es enri­que­cer la len­gua, sob­re qui­en tiene poder el vul­go y el uso. []
  2. Durch­aus inter­es­sant ist, dass Bran­der Matthews – in einem Arti­kel über Umgangs­spra­che – das Wort selbst nicht erwähnt. []
  3. Miguel de Cer­van­tes Saa­ve­dra, Leben und Taten des scharf­sin­ni­gen Edlen Don Qui­xo­te von la Man­cha Dt. von Lud­wig Braun­fels. Gibt es hier. []

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Geschich­ten direkt aus der Quel­le – Fic­tion Magazines

Selbst­ver­ständ­lich kann man von den meis­ten Autoren Antho­lo­gien ihrer Kurz­ge­schich­ten im Laden erste­hen. Aber bei den heu­ti­gen Mög­lich­kei­ten, an die Quel­len zu kom­men, ist mir das mitt­ler­wei­le zu lang­wei­lig. Das Web bie­tet dem Gedul­di­gen längst die Mög­lich­keit, nach den Ori­gi­na­len die­ser Geschich­ten zu stö­bern, in eben den Maga­zi­nen, in denen sie zunächst erschie­nen sind. Derer gab es wenn schon nicht unge­zähl­te, so doch eine gan­ze Men­ge. Eine Hil­fe beim Stö­bern für den bri­ti­schen Raum bie­tet dabei der INDEX TO BRITISH POPULAR FICTION MAGAZINES, 1880–1950 von Mike Ash­ley und Wil­liam G. Con­ten­to. Und wer sich das Suchen der Ori­gi­na­le alter Geschich­ten nicht gleich zur Lebens­auf­ga­be machen möch­te, muss auch nicht die sechs­bän­di­ge Aus­ga­be oder die CD-ROM des Index erste­hen. Für einen ers­ten Ein­blick genügt das Stö­bern auf der Web­site des Index.

Neh­men wir zum Bei­spiel Sir Arthur Conan Doyle, den Erfin­der des Sher­lock Hol­mes, des­sen 80. Todes­tag sich die­ses Jahr jähr­te. Man fin­det sei­nen Namen im Index der gelis­te­ten Sto­ries auf der Site. Das sieht dann etwa so aus: (mehr …)

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Ame­ri­ka­ni­sche Lyrik (2) — Walt Whitman

1904 erschien bei Died­richs in Leip­zig eine Aus­wahl aus Walt Whit­mans Werk in der Über­set­zung von Wil­helm Schö­ler­mann. Der Über­set­zer gab dem Bänd­chen auch eini­ge ein­füh­ren­de Wor­te zu Whit­man und sei­nem Werk mit. Aus die­sen sei fol­gen­der Abschnitt zu Whit­mans Per­son zitiert.

In Emer­son ver­kör­pert sich die rei­ne Hoff­nung, in Tho­reau der schlicht-ursprüng­li­che Natur­glau­be, in Whit­man aber die Lie­be. (mehr …)

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Ame­ri­ka­ni­sche Lyrik (1)

Der Rabe
von
Edgar Allan Poe

Deutsch von Alex­an­der Neidhardt.

Einst in mit­ter­näch­t’­ger Stunde,
Als ob lang vergess’ner Kunde
Ich in alten, net­ten Bänden
Grü­bel­te, das Her­ze schwer,
Und ich nickend kaum noch wachte,
Plötz­lich ich zu hören dachte
Klop­fen an der Thür es sachte.
“Ein Besu­cher ist es, der
Ange­klopft!” so sagt’ ich murmelnd,
“Ein Besu­cher ist es, der
Klopft, – nur dies – und sonst nichts mehr.” – (mehr …)

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Lonely Ave­nue: Nick Horn­by & Ben Folds

Ich den­ke mal, Nick Horn­by kennt man hier­zu­lan­de, und sei es nur von High Fide­li­ty – und sei es »nur« durch Ste­phen Fre­ars’ Ver­fil­mung davon. Aber okay, immer schön der Rei­he nach…

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Sams­tag Mit­tag, wahr­schein­lich habe ich es hier schon gesagt, Sams­tag Mit­tag von 11 bis 14 Uhr MEZ arbei­te ich zu Jona­than Ross auf BBC2. Heu­te gab’s, ich könn­te heu­len, die vor­letz­te Sen­dung. Ever. Die Details um Jona­t­hans Tren­nung von der BBC sind satt­sam bekannt. Bei Jona­than Ross am Sams­tag Mit­tag hat es Gäs­te, wie unse­re Schwei­zer Nach­barn sagen wür­den, Inter­views und Live-Auf­trit­te von Musi­kern, inter­es­san­te New­co­mer eben­so wie ganz gro­ße Namen. Ich habe Mit­schnit­te, die sonst kei­ner hat. In Studioqualität.
Heu­te war Nick Horn­by im Stu­dio. Und mit ihm Ben Folds. Kei­ne Ahnung, wie bekannt Ben Folds hier ist. Viel­leicht kennt jemand sein Trio, (mehr …)

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Sir Arthur Conan Doyle – zum 80. Todestag

Sher­lock Hol­mes scheint mir nicht eben Kon­junk­tur zu haben. Merk­wür­dig eigent­lich, wenn man bedenkt, wie gut gera­de die Aben­teu­er des Größ­ten aller Detek­ti­ve sich für ein intel­li­gen­tes Com­pu­ter­spiel eig­nen wür­den. Na gut, es gab gra­de wie­der mal einen Film, sogar einen ganz gro­ßen; aber ob da was nach­kommt… Ich erin­ne­re mich noch dar­an, die Geschich­ten des 1859 gebo­re­nen schot­ti­schen Arz­tes ver­schlun­gen zu haben. Im Zei­chen der Vier glau­be ich, habe ich als ers­tes gele­sen; kei­ne Ahnung, wie ich dazu gekom­men war. Und irgend­wo muss hier noch ein Zie­gel aus dem Pen­gu­in-Ver­lag her­um­lie­gen, eine herr­li­che eng­li­sche Gesamt­aus­ga­be, die mir mal weit spä­ter unter­ge­kom­men ist. Heu­te sehe ich die Geschich­ten immer noch ger­ne auf ITV; der Sen­der wie­der­holt die gro­ße alte Serie mit Jere­my Brett als Hol­mes seit Jah­ren uner­müd­lich, weil er sich, finan­zi­ell klamm wie er ist, kei­ne neu­en Seri­en leis­ten kann.*  BBC7 bringt der­zeit eine Rei­he von groß­ar­ti­gen klas­si­schen Hör­spie­len um das Gespann Watson-Holmes.

Heu­te jährt sich zum 80. mal der Todes­tag des gro­ßen Autors, der mit Hol­mes auch irgend­wie unser Bild vom Eng­län­der mit­ge­prägt hat, wie mir scheint. Ich bin kein Fach­mann, nur ein Fan, ich habe nicht wirk­lich was über den Mann zu sagen; ich möch­te hier nur auf ein paar beque­me Mög­lich­kei­ten hin­wei­sen, den Erfin­der des Sher­lock Hol­mes neu oder näher ken­nen­zu­ler­nen, viel­leicht auch ein paar neue Facet­ten des Man­nes, oder sich ein­fach die eine oder ande­re Geschich­te mal im Ori­gi­nal anzusehen.

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